Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
189. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Dezember 31

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Lamberg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1646 Dezember 31

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 59–61’ = Druckvorlage – Kopie: RK FrA Fasz. 92 XI
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nr. 1592 fol. 303–304’; Giessen 208 nr. 75 p. 279–283.

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Scheitern von Ausgleichsbemühungen zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt. Sinold:
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Keine Ernsthaftigkeit bei den Verhandlungen; Streit zwischen Salvius und Oxenstierna über die
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Forderungen der protestierenden Stände; noch unsicherer Abschluß bei der schwedischen
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Satisfaktion und der pfälzischen Restitution.

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Weiln der von Plettenberg noch nit von Churbrandeburg zurückkommen

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Plettenberg war schon am 28. Dezember 1646 nach Münster zurückgekehrt ( APW III C 2 S.
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762 Z. 5–9).
,
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alß pleiben die sachen bey dieser friedenshandtlung noch in vorigen unverän-
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derlichen standt. Immitls haben sich die Hessische auf veranlaaßete interposi-
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tion hertzogs Wilhelmbs von Sachßen Weymar befangene tractaten auch
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zerschlagen

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Als Mitglied der hessisch-sächsisch-kurbg. Erbeinung (vgl. [ nr. 126 Anm. 5 ] ) hatte Hg. Wilhelm
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IV. von Sachsen-Weimar (1598–1662; 1605 Hg.) Ende 1646 einen Ausgleich zwischen den
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hessischen F.enhäusern zu vermitteln versucht. Hessen-Kassel hatte darauf sehr reserviert
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reagiert ( Beck S. 57; Druck verschiedener dazugehöriger Akten: Weber , Hessenkrieg S.
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192–196).
, und sollen die Heßen Caßlische wie |:mich, Crane, der Hessen
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Darmbstattische gesanter Dr. Schüz berichtet,:| gar nit dhabey erschienen
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sein, sondern sich durch schreiben unterm vorwandt, gleichsamb selbe sach
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zu den generalfriedenstractaten und für die cronen gehörig und sy dhahero
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solcher interposition nit statt thuen khönten, entschüldigt haben. So seie auch
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itzo der iunger landtgraff Wilhelmb zu Heßen Caßel nacher Franckreich
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geschickt

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Lgf. Wilhelm VI. von Hessen-Kassel (1629–1663); 1637/1650 Lgf.; gen. „der Gerechte“
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( ADB XLIII S. 54–60). Ende 1646 brach er zu einer mehrmonatigen Kavalierstour nach
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Frankreich auf ( Philippi , Dörnberg S. 241–245).
und demselben, weiln er schwach von complexion, zweyen
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doctores medicinae beygeordtnet worden. Gebe noch weinig hofnung, daß
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sich die Heßen Caßlische von der cron Franckreich separirn oder selbige
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cron, solang sie dergleichen appogio im Reich hab, auß den waapffen
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begeben werde. Maßen es dan selbiger abgesandter höchlich beclagt, daß sich
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bey dem gegentheil, beyden, den Frantzosen sowohl alß Schweeden, noch so
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schlechter ernst zu beförderung dieser tractaten vermercken laße. Der
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Frantzösischer cantzleydirector Godefredus

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Théodore Godefroy (1580–1649); 1617 historiographe de France; 1643 conseiller d’Etat;
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1636 als frz. Ges. für den Kölner Kongreß vorgesehen, 1643–1649 Geheimsekretär der frz.
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Gesandtschaft auf dem WFK ( Bosbach S. 38; DBF XVI Sp. 448–449).
zu Münster beclage es selbst
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und laße sich ungeschewet mit diesen worten herauß „video rem non agi

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serio“. Die Schweeden bemüeheten sich, die stendte nur aneinanderzuhenk-
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ken , zu Münster (welches er gebetten, in höhister geheimb zu halten) seie
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iüngsthin, alß die protestirende mehrentheils aldha gewest, ein newes proiect
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in materia gravaminum underm nahmen, alß komme es von dem Salvio her,
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fürgebracht worden

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Wahrscheinlich das Projekt von Salvius betr. die Gravamina von [vor dem 12./22. November
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1646] (Druck: Meiern , APW III S. 425–435 ).
, warüber hernacher der Oxenstern, wie es demselben
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fürkommen, mit dem Salvio dergestalt ahneinander gerathen, daß auch
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endtlich der Salvius, zu seiner entschüldigung, sich zu solchen proiect nit zu
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bekennen genötigt worden. Ob nun selbigs proiect des Salvii aufsatz seie oder
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ob man des Salvii nahmen darbey, umb der sach eine mehrere authoritet zu
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geben, spendirt, wiße er nit. Einmahl gehe man in selbigem proiect sehr
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weith, und würden es die catholische und protestirende ständte solchergestalt
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wol in ewigkeit nit einig werden. Der Oxenstern selbst improbire es, und seie
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denen protestirenden in vielen sachen, sönderlich in puncto autonomiae sehr
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zuwieder. Sage es ihnen under gesicht, daß es unbillige postulata sein.
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Darumb hielten sich die protestirende itzo mehrentheils ahn den Salvium,
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deme gelte es gleich, wan er nur zum tantz führe, der seie nullius religionis.
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Sölches gebe aber große gelosey zwischen dem Oxenstern und Salvio. Er
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vermercke auch, daß der punctus satisfactionis pro corona abermals werde in
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newe schwihrigkeit gerathen, sowol wegen des newen vorschlags der fünff
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stiffter, so von denn protestirenden sehr apprehendirt würde, alß auch, daß
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die cron Schweeden auch gantz Pommern invito electore nit werde annhem-
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men wöllen. Für zurückkhombst des nacher Schweeden abgefertigten cur-
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riers würden sich die Schweedische gesandten in hac materia wol zu nichts
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herauslaßen. Imgleichen werde die Pfaltzische sach von denen Schweeden
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und interessirten, unangesehen, waß zu Münster darüber mit denen Frantzo-
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sen abgehandtlet sein möegte, noch immerforth allerdings für unrichtig und
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unvergliechen gehalten. Die Pfaltzische alhie anweesende ministri

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Kurpfälzische Ges. auf dem WFK waren ( APW III D 1 S. 348): Philipp Streuff von
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Lauenstein (gest. 1647) ( RK FrA Fasz. 54a fol. 9). – Dr. Jonas Meisterlin (Lebensdaten und
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-umstände konnten nicht ermittelt werden); 1653–1654 Ges. für die Pgft. Pfalz-Simmern auf
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dem Regensburger RT ( Repertorium S. 410). – Joachim Camerarius (1603–1687); 1631 in
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schwed. Dienst, 1633 schwed. Resident in der Kurpfalz, 1645 kurpfälzischer GR ( Zedler V
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Sp. 396–397; NDB III S. 105 ).
ließen sich
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öffentlich verlauthen, daß ire herrschafft in ewigkeit zu dergleichen conditio-
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nes nit verstehen würden, es käme darüber, waß dha wölle. Der printz
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Robert

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Pgf. Ruprecht (Rupert) (1619–1682); gen. „der Cavalier“. Im Juli 1646 hatte er, nachdem er
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nach der Übergabe von Bristol 1645 in Ungnade gefallen war, England verlassen, um in die
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frz. Armee einzutreten ( ADB XXIX S. 743–746 ; Trevor-Roper ).
, pfaltzgraff, seie itzo zu Pariß, umb einige völcker, seines behalts
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achttaußendt man, so die cron Franckreich dem könig in Engellandt

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Kg. Karl I. von England (1600–1649); 1625 Kg. ( NEB III S. 112–113).
zum
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succurs schicke und sönsten durch den duc d’Anguien hetten hineingeführt
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werden söllen, abzuholen. Der habe sich gegen den Schweedischen gesandten

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de la Garde aldha vernhemmen laßen, ehender alles zurückzulaßen alß die zu
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Münster aufgesetzte conditiones anzunhemmen. Sie wölten iren alten sitz im
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churfürstenrath wiederhaben und sich nitt octavo loco setzen laßen. Wan
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durch die tractaten khein beßers zu erhalten, müsten sie der zeitt erwarten
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und die sach Gott befehlen.

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Weiln dieses nun particularia, so Ewer Mayestät zu wißen angelegen, haben
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wir gehorsamst dhavon berichten und unß so beharlichen Kayserlichen
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gnaden allerunderthänigst empfehlen söllen.

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