Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
238. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Juli 5

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–/ 238/–

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Lamberg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1646 Juli 5

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 20–20’, 29 = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 IX
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nr. 1331 fol. 397–397’; Giessen 207 nr. 173 S. 674–676.

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Ablehnung mündlicher Abmahnung der kursächsischen Gesandtschaft wegen Konferenz mit
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Schweden. Oxenstierna nach Münster. Abreise Salvius’ nach Münster?

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Auf ein Schreiben vom 19. Juni

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Ferdinand III. an Lamberg und Krane, Linz 1646 Juni 19. Ausf.: RK FrA Fasz. 51b
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fol. 71–71’ – Kopie: Giessen 207 nr. 167 S. 658–660 – Konzept: RK FrA Fasz. 51b
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fol. 70–70’.
; die beigefügten Abmahnungsschreiben an prote-
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stantische
Fürsten haben wir ebenso zur Kenntnis genommen wie das Schreiben an
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Kursachsen

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Ferdinand III. an die Hg.e von Braunschweig-Lüneburg (vgl. [nr. 183 Anm. 2] ), Linz 1646
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Juni 14. Kopie: RK FrA Fasz. 51b fol. 72–73; Giessen 207 nr. 168 S. 660–663. – Ferdi-
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nand III. an Kf. Johann Georg von Sachsen, Linz 1646 Juni 14. Kopie: Giessen 207 nr. 164
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S. 664–666.
. Diese Schreiben werden wir weiterleiten. Daß wir aber deswegen
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bey ein oder anderm waß mündtlich erinnern sölten, dha wirdt nach itzigen
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umbstendten bey so weith gebrachten sachen, dha man noch in hofnung lebt,
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es sölte endtlich in puncto compositionis mit den protestirenden ein schluß
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getroffen werden, solches allerseits für nit rathsamb, sondern dhafürgehalten,
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daß es mehr schaden alß früchten dörffte und der sachen vorträglicher seie,
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daß denen gesandten solches ihr unverantwortliches anhangen von iren obern
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selbsten undersagt werde.

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Der Oxenstern ist endtlich vorgestern nacher Münster verreiset. Der Salvius
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hat ihme das gleidt geben, aber darumb nit mit hinüberreisen wöllen, weiln
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noch niemaln (wie derselbe meinem, des graven von Lamberg, secretario
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selbst erzehlet) zu einer zeit zween von denen Frantzösischen gesandten hie
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gewest, also sich die Schweeden auch beede zu einer zeit zu Münster einzu-
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finden billich bedencken trügen. Heüd aber hat unß der Churbrandeburgi-
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scher gesandter nomine graff von Wittgenstein berichtet, daß der Oxenstern
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auß Lengeringen zurückgeschrieben und des Salvii auch begehrt. Also würde
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derselbe nachfolgen und er, graff von Wittgenstein, sich auch morgen dhahin
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erheben. Dem Oxenstern ist im herausreißen der waage underm stadtthor
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alhie zerbrochen, daß sich auß seiner gutschen in des Salvii setzen müßen.
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Hinweis auf Beilage.

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Beilage [ 1] zu nr. 238


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Protokoll, [ Osnabrück] 1646 Juli 2, 3. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 21–24 = Druckvorlage;
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ebenda fol. 25–27; ebenda fol. 11–13; ebenda Fasz. 92 IX nr. 1331 fol. 398–400; ebenda
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Fasz. 91 II fol. 167–170; Giessen 207 nr. 171 S. 668–670, nr. 172 S. 670–674.

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Montag, den 2. Julii 1646, ist der Frantzösische resident, monsieur de La Barde, von hie
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abgereist, hat vorhero von unß und wir hingegen von ihme abschiedt genhommen, ahn
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deßen platz, wie er unß berichtet, soll ein Frantzose mit nahmen monsieur de La Court
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Garlard

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Henri Groulart sieur de La Court (gest. 1658), 1646 Oktober-1648 frz. Res. in Osnabrück,
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1649 auf dem Nürnberger Exekutionstag ( Chéruel, Groulart; DBF XIII, 1357; Reperto-
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rium
, 213; APW III D 1, 346).
khommen, mueß also der nomine Glaßer von Straßburg entweder deßen adiunc-
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tus, oder demselben sönst zur handt zu gehen verordtnet sein.

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Mit dem monsieur de La Barde sein wir uber diese friedenshandlung und sönderlich der
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religion halben, wie dieselbe hiebey leide und waß für eine schwehre verantwortung bey
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Gott dieienige, die daran ursach sein, auf sich laden theten, zu reden kommen. Der hat
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dhagegen höchlich contestirt, daß die cron Franckreich in religionssachen denen protesti-
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renden die geringste assistentz zu leisten nit gemeindt, dero krieg auch die religion nit an-
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gehe, und es für eine verwunderung angezogen, daß die catholische stendte so faciles und
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denen protestirenden stendten mit einraumung sessionis et voti fur die uncatholische einha-
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ber der ertz- und stiffter gewiechen hetten, warzu die cron Franckreich seins dhafürhaltens
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niemaln würde eingewilligt haben. Also würde zwar auch selbe cron dem pfaltzgraffen pro
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plenaria restitutione sowol quoad dignitatem electoralem (welches wol zu mercken) alß
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quoad provincias et terras beystehen, in ewigkeit aber nit zugeben, daß einige veränderung
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in religionssachen in selbigen landen solle vorgenhommen werden.

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Dhagegen wir erinnert, daß die cron Franckreich, indeme sy die catholische ständte in
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Teütschlandt mit irem krieg dergestalt divertire, daß sich dieselbe umb errettung der reli-
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gion nit annhemben könten, der religion eben selbigen schaden zufüegen thete, den dieselbe
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immer zufüegen möegte, wan sie würcklich mit denen protestirenden coniungirt wehre.
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Wüsten wol, daß dergleichen scheinpraetext itziger zeit von etlichen politicis wöllen iustifi-
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cirt werden, obs aber bey Gott gelten werde, würde iener tag offenbahr machen. Der resi-
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dent hat es seinem gebrauch nach mit einem gelechter außgemacht.

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Martis, den 3. eiusdem, haben die fürstliche Sachßen Altenburgische und Wirtenbergische
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dieienige designation der immediatstifft und -clöster, so die protestirende unlengst uberge-
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ben

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Bezug auf die Anlage A der Ferneren Erklärung vom 18. Juni 1646 (vgl. nr. 203 Beilage [1])
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mit einer Aufstellung des damals noch katholischen und des evangelischen Reichskirchenguts
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( Meiern III, 168 –170). – Maulbronn, 1147 gegründetes Kloster (OCist.), seit 1534 refor-
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miert, 1629 den Katholiken zurückgegeben ( HHStD VI, 517f.). – Königsbronn, 1303 gegrün-
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detes Kloster (OCist.), 1553–1630 in prot. Hand; das Kloster mußte infolge des Restitutions-
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ediktes den Zisterziensern zurückgegeben werden ( HHStD VI, 415ff.). – Vgl. zur irrtümlichen
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Bezeichnung der beiden Klöster als reichsunmittelbar und kath. nr. 225 und Philippe, 83ff.
, gegeneinander außzuwechßlen begehrt mit vermelden, daß in der ersten ein verstoiß
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beschehen und die clöster Maulbrun und Königsbrun inter monasteria catholicorum mit
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designirt worden, so aber denen protestirenden zugehörten. Respondimus, daß des herrn
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graven von Trautmansdorff exzellentz selbe designation mit sich nacher Münster genhom-
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men, wölten nit underlaßen, irer exzellentz von diesem anbringen gebührlich zu überschrei-
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ben. Illi: Es würde der Wirttenbergischer gesandter nacher Münster verreisen und sich des-
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wegen bey irer exzellentz selbst anmelden, bitten, deßen in unserm schreiben zu gedencken,
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dhamit demselben gemelte erste designation gegen einlieferung einer andern möege außge-
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folgt werden, quod nos facturos repromisimus.

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Eodem hatt unß der Chursachßischer abgesandter nomine Pistorius heimbgesucht und mo-
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ram entschüldigt, warumb sie sich uber ire ubernhommene negotiation wegen vergleichung

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der reichsgravaminum

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Vgl. nr. 220.
biß dato gegen unß nichts erclehren khönnen, mit vermelden, daß
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sie zwar irestheils nit underlaßen gehabt, dieienige vorschläge, so bey iüngst gehaltener con-
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ferentz hinc inde wehren vorkommen, denen fürstlichen Sachßen Altenburgischen alß vor-
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sitzenden standt, dhamit sie vermitls derselbigen ferners ahn die protestirende stendte hin-
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derbracht werden möegten, zu communicirn, auch memorialsweiß schriftlich zuzustellen.
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Es seie ihnen, Chursachßischen, aber baldt darauf angezeigt worden, daß selbe negotiation
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pro specie interpositionis wolle außgedeütet und nit allerdings von denen stendten wie auch
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Schweedischen gesandten beliebt worden, derentwegen sie die handt abthuen und selbe
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negotiation ersitzen laßen müßen. Es hetten theils der stendte selbigs werck für so praeiudi-
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cirlich apprehendirt, daß auch etliche tagen angestanden, ob man dhavon ahn die übrige
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ferners überbringen sölte. Endtlich sein gleichwol beede memorialia verschienenen sontag
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[ 1. Juli] ad dictaturam khommen; ob nun darüber einige erclehrung ahn unß oder ahn sie,
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Chursachssische, erfolgen werde, khönte er nit eigentlich wißen, habe aber soviel penetrirt,
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daß mans werde ersitzen laßen und nur der catholischen stendten fernere erclehrung, waß
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sich dieselbe über der protestirenden letzte eröfnete vorschläge werden wöllen vernhemmen
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laßen, erwartten.

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Es beclagte es der Chursachßischer, daß sich etliche von den stendten fast zu sehr von denen
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Schweedischen ließen einnhemmen. Würde denselben große sperantz gemacht, die sach
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weiter zu pringen, und suchten die Schweedische nur ihren eignen vortheil darunder. Wir
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haben unß der eröfnung halben gebührlich bedanckt mit vermelden, daß es einige entschül-
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digung ratione morae nit vonnöthen hette. Seie unß der Chursachßischen abgesandten
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trewer eiffer und sorgfalt, auch aufrichtige intention, wie gern dieselbe gutes vertrawen und
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einigkeit zwischen denen stendten gestifftet sehen wolten, gnugsamb bekhandt. Dha die-
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selbe aber sölchergestalt von iren löblichen vorhaben abgehalten und verhindert würden,
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müste mans Gott befehlen und würden es hirnegst dieienige, so sich solchergestalt von de-
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nen Schweedischen verleithen ließen, zu verantworthen haben. Man sehe es für augen, und
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erkhenneten es die protestirende stendte selbst, daß die außwertiche cronen unter diesem
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praetext der religionsfreyheit mehr der stendte verderben alß nützen suchten, und dannoch
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wolle man auf deren verheißung grosse fundamenta setzen. Seie ein anzeig, daß Gott die
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straff über Teütschlandt noch nit wölle aufheben, man werde alle darbey verderben und
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vergehen, wan nit saniora consilia solten ergrieffen werden.

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