Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
319. Trauttmansdorff, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1647 März 18

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–/ 319 /–

5

Trauttmansdorff, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III.


6
Osnabrück 1647 März 18

7
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53a fol. 75–75’, 102, praes. 1647 April 1 = Druckvorlage –
8
Kopie: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1631 fol. 511–512; KHA A 4 nr. 1628/43 unfol.; Giessen 208
9
nr. 198 p. 1035–1038.

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Religions- und hessische Satisfaktionsverhandlungen: Fürsprache d’Avaux’; Diskussion mit den
11
schwedischen Gesandten über die neue kaiserliche Erklärung; kein Weiterkommen; direkte
12
Wendung an die protestierenden Stände.

13
Verschienenen freytag, den 15. dieses, haben wir unsere gegenerclehrung in
14
puncto gravaminum auf der Schweedischen gesandten außgehendigtes Latei-
15
nisch proiect

34
Gemeint ist wahrscheinlich das Projekt der prot, Reichsstände vom 25. Februar/7. März 1647
35
(vgl. nr. 304 Beilage [1]).
, inhalts abschrifft sub numero 1, denen Schweedischen außge-
16
antwortet , selbige in deren gegenwarth von punct zu punct durchgangen und
17
bey ein und andern die ursach, warumb man sich dergestalt und anderst nit
18
erclehren könte, angezeigt, mit ersuchen, weiln gleichwol in solcher ercleh-
19
rung von Ewer Kaißerlicher Majestätt und catholischen chur-, fürsten und
20
stendten alles daßienig eingewilligt, waß nun immer ehren und gewißens
21
halber hette beschehen, auch chur-, fürsten und stendte der Augspurgischen
22
confession zu versicherung irer religion in iren angehörigen chur-, fürsten-
23
thumben , landt und leüthen in geist- und weltlichen immer verlangen
24
könten, daß sich die königlich Schweedischen gesandten irem wolvermöegen
25
nach belieben laßen wölten, denen protestirenden stendten zuzusprechen,
26
dhamit sich dieselbe mit selbiger erclehrung möegten vergnügen laßen und
27
denen catholischen stendten darüber ferners nichts zumuthen. Wiedrigenfalß
28
würde mans dhafür halten müeßen, daß es selbigen protestirenden stendten
29
so weenig alß den cronen, umb den frieden zu befordern, rechter ernst
30
seye.

31
Waß aber der Schweedischen gesandten erclehrung darüber und wie weinig
32
dieselbe dhahin zu bewegen gewest, daß uber sich heten nhemmen wöllen,
33
die protestirende stendte zu beliebung solches unsers aufsatzs waß anzumu-

[p. 632] [scan. 708]


1
then , solches geruhen Ewer Mayestätt auß beyverwahrten protocollo sub
2
numero 2 iro allergnädigst referiren zu laßen. Bey welcher bewandtnuß und
3
dha die sach gleichwol bey der friedenshandlung nuhmehr in sölchen standt
4
gerathen, daß die cronen auf erlangte satisfaction ferners den krieg zu
5
continuiren keine ursach haben, sondern aller aufhalt, daß der schluß noch
6
weiters in beschwehrliche verlengerung gezogen wirdt, vornhemblich von
7
dem puncto gravaminum herrühret, [ habe ] ich, der graff von Trautmansdorff,
8
gestriges tags sämbtliche protestirende stendte, soviel dern alhie sein, zu mir
9
erfordert und dennselben in aller unser gegenwarth solche beschaffenheit,
10
inhalts beyliggender proposition, numero 3, vorgehalten. Weiln aber die
11
protestirende solche proposition der wichtigkeit zu sein erachtet, daß diesel-
12
be vorhero in bedencken ziehen müesten, ehedan sich stante pede darüber
13
erclehren könten, alß ist inen solches zu thuen anheimbgestelt worden. Und
14
stehen wir in erwartung, weßen sie sich darauf werden wöllen vernhemmen
15
laßen, warab alßdan Ewer Mayestätt gebührende relation gehorsamst soll
16
erstattet werden.


17
Beilagen


18
1 Gravaminaartikel (Art. V IPO) – Kaiserliches Projekt (lat.), Osnabrück praes. den schwedi-
19
schen
Gesandten 1647 März 15. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 82–93; StK FrA Ka. 11 fol.
20
159–189; GehStReg Rep. N Ka. 97 Fasz. 69 pars 2 nr. 14 (das Projekt der protestierenden
21
Stände mit den Änderungen der kaiserlichen Gesandten) – Druck: RK FrA Fasz. 98e nach
22
fol. 725; Meiern , APW IV S. 118–128.

23
2 Protokoll, [Osnabrück] 1647 März 15. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 94–101 = Druckvorla-
24
ge
; RK FrA Fasz. 91 II fol. 427–436; RK FrA Fasz. 92 XII nr. 1726b fol. 60–68; KHA A 4
25
nr. 1628/43 unfol.; Giessen 208 nr. 194 p. 1010–1018, nr. 195 p. 1018–1032; Giessen 209
26
nr. 57 p. 408–428.

27
Hat ahn ir excellentz herrn obristhofmeistern conte d’Avaux begehrt, daß ich, Volmar, zu
28
ihm kommen möegt, sachen halben, so er mir, ehedan wir unß bey denen Schweedischen
29
einstellen theten, anzuzeigen hette. Und alß ich zu ime kommen, hat er sich vorderist
30
entschüldigt, daß er sich zwar selbst zu herrn obristhofmeistern verfüegen wöllen, weilen
31
er aber gestern abendts spaet vernhommen, daß wir zu denen Schweedischen gehen und
32
unß in puncto gravaminum erclehren würden, er auch kurtz zuvor mit inen eben in diser
33
materi einen starcken aufstoß gehabt, so hete er, umb ungleichen verdacht zu vermeiden,
34
vor dießmahl solche visita einstellen müeßen. Erzehlete darauf, daß er gestern die Heßen
35
Caßelische deputatos bey denen Schweedischen angetroffen, welche dan uf behaubtung
36
irer praetensionum nit allein wegen der Marpurgischen successionsach, sondern auch,
37
daß man inen den angeforderten theil des bisthumbs Paderborn und daßienige, waß sie
38
mehrers ahn Churmaintz, Cölln, auch den abt von Fulda

45
Gf. Joachim von Granegg (gest. 1671); 1644 Abt von Fulda ( Zedler IX Sp. 2304).
praetendirt, uberlassen sölte,
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verharret, dhahingegen er, conte d’Avaux, solches inen starck wiedersprochen und
40
remonstrirt, daß die cron Franckreich hirin nit willigen könte, sondern, wie inen bewust,
41
von der gantzen Frantzösischen gesandtschafft uf ein stück gelts geschloßen worden, auf
42
welchen terminis dan die handtlung volnführt werden müeße. Hirauf sagte ich, daß diese
43
praetension ia aller billigkeit zuwieder und zumaln den ietzigen tractaten in puncto
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gravaminum entgegenlauffen thete. Dan wan denen uncatholischen alle geistliche güeter,

[p. 633] [scan. 709]


1
so sie anno 1624 in handen gehabt, uberlaßen werden solten, so wehre ia billig, daß auch
2
denen catholischen daßienig, so sie hoc anno in posseß gehabt, uberlaßen werden sölte.
3
Und wehr ahn sich selbst clar und offenbar, daß anno 1624 Heßen Caßel dergleichen
4
dem bisthumb Paderborn, Churmaintz, Cölln und abten zu Fulda zugehöriger stücken
5
nichts in handen gehabt. Conte d’Avaux replicirt, man hete denen Schweeden Bremen
6
und Verden uberlaßen, so selbige auch anno 1624 nit in besitzung gehabt. Respondi: Es
7
hetens aber dhomals die protestirende ingehabt, also wehren die Schweeden diesorts
8
successores protestantium und nit catholicorum. Ille: Dem wehr also. Doch wolt er sich
9
mit dieser sach nit aufhalten, sondern erzehlete darauf weiters: Alß die Caßlische
10
abgetretten, wehre er mit denen Schweeden in puncto gravaminum in disputation
11
gerathen und hete vorderist vermerckt, daß des herrn obristhofmeisters gegen dem Salvio
12
gebrauchtes ernsthafftes zusprechen

50
Vgl. nr. 304.
inen nit weinig nachdenckens gemacht. Doch hette
13
hernach Oxenstirn vermeldt, alß er von demselben vergangnen erchtag besucht worden,
14
von deme vermerckt zu haben, daß er sich allein wegen der erblanden so hoch
15
beschwerdte und hofnung gebe, daß ubrige sich leicht würde vergleichen laßen. Er, conte
16
d’Avaux, hete replicirt, daß er wol wüste, die Kayserliche nit nur diesen, sondern viel
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andere puncten mehr für gantz unleidentlich aufnemmen theten. Wölte mich derentwe-
18
gen verwahrnet haben, wan wir zu denen Schweeden kommen theten, wir solten unß in
19
keinem weeg zu einigem nachlaß vermercken laßen, dan sie ergrieffen sölches alsogleich
20
und erzeigen sich hernach desto unschleüniger. Er könte mich versichern, daß sie in
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vielen puncten mehrers erhalten, alß ire instruction sie gebunden hette, indeme sie sich
22
dern uf dieser seithen verspührter gelindigkeit bedient. Sein disputation wehre mit inen
23
vornhemblich wegen des stiffts Oßnabrück gewesen, dha er dem Oxenstirn vorgeruckt,
24
daß er selbst zu Münster hirvon mit der gantzen Frantzösischen gesandtschafft gehandt-
25
let , ime aber anderer gestalt der cron Schweden satisfaction uf beede stiffter Bremen und
26
Verden zu suchen nit nachgeben worden, alß daß sie hingegen alle anforderung uf
27
Oßnabruck und Minden fallen laßen solten. Es würde auch die cron Franckreich in
28
vergebung des stiffts Oßnabruck nimmer consentiren noch einig temperament dhamit
29
admittiren. Oxenstirn hete zwar eingewendt, ja dies verstünde sich nur auf die cron
30
Schweeden, die begehrte auch diese stiffter nit vor sich, sondern vor andere, denen
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gleichwohl auch ein contento müeste gemacht werden. Conte d’Avaux replicirt aber, die
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cron Franckreich hete selbige der cron Schweeden nit darum abgeschlagen, daß die
33
anderen protestirenden geben werden solten, sondern würde solches viel weeniger alß
34
gegen der cron Schweeden nachgeben. Man hab khein ursach, dem hauß Braunschweig
35
einige recompens wegen seiner praetension ahn Halberstatt und Magdeburg zu verschaf-
36
fen , dan sie wehren weder mit Franckreich noch mit Schweden alliirt, und alß sie mit
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dem Kayser anno 1643 [!] in tractatu concordiae gestanden, hete er, conte d’Avaux, sie
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gewarnet und von solchem tractat abgemahnet. Sie heten aber geantwortet, wan es zu
39
denen universaltractaten kommen solt, werden sie daß irig pro communi libertate zu
40
thuen nit unterlaßen, vor dießmahl aber müesten ires eignen interesse in acht nhemmen
41
und sich, so guet sie könten, vergleichen. Dhaher hab man sich anietz irer desto weeniger
42
anzunhemmen.

43
Ferner hett er inen vorgehalten, daß der Frantzösische resident

51
Chanut (vgl. [ nr. 227 Anm. 1 ] ). Das angesprochene Schreiben wurde nicht ermittelt; vgl. jedoch
52
APW II C 3 S. 350 Z. 28–32.
wegen dieser stifft mit
44
der königin in Schweeden selbst geredt und von derselben in antwort entfangen, daß sie
45
der cron Franckreich zu gefallen selbige unangefochten laßen wolt, allein des Gustaf
46
Gustavi praetension recommendirt. Dieser hete auch in conformitet solcher resolution
47
ahn die Frantzösische gesandtschaft geschrieben, ime zum weenigsten uf ein viermonatli-
48
che contribution auß dem gantzen bisthumb, so sich etwan in 70 000 thaler belauffen
49
möegt, verholffen zu sein. Der Salvius het hirauf gantz still geschwiegen, Oxenstirn aber

[p. 634] [scan. 710]


1
zwar gesagt, uf solche weiß werdt kein friedt, aber dhabey sich gleichsamb uberwunden
2
erzeigt und nit gewüst, waß er repliciren solte. Hoffe dhaher, wan wir nur festhalten, sie,
3
Schweeden, werden sich ergeben.

4
Der Heßisch gesandter, der von Croßeck

52
Krosigk (vgl. [ nr. 6 Anm. 5 ] ).
, het vor seinem hinweggehen vermeldt, ob
5
wehr herr obristhoffmeister entschlossen, biß nachkommenden erchtag von hir ab nach
6
Münster zu reisen. Oxenstirn hete es nit gerne gehört und gesagt, dies würde nit gut sein.
7
Er, d’Avaux, hete es zwar wiedersprochen, aber dhabey vermeldt, wir Kaiserliche würden
8
unß vorderist uber die gravmina erclären und vernhemmen, waß man ahn der gegensei-
9
then darauf thuen wölt, und sofern nichts wilfärigs erfolgte, alßdan dörffte gedachter herr
10
obristhofmeister wol hinwegziehen. Oxenstirn fragte, ob er dan nit wiederkommen
11
würde; so d’Avaux mit ‘nein’ beantwortet und verspürt, daß Oxenstirn sich etwaß
12
darüber bestürtzt erzeigt. Halte also dhafür, wan die Schwedische ie uf iren extremis
13
beharren wölten, daß beste zu sein, daß herr obristhofmeister sich alhie nit aufhalten,
14
sondern nach Münster begeben thet. Die Schweedische und protestirende werden paldt
15
nachfolgen.

16
Unter wehrendem colloquio hat Oxenstirn zweymahl einen diener geschickt, mir
17
andeüten zu lassen, daß auch wegen der Heßen Caßlischen sach mit eingebender
18
erclerung in puncto gravaminum ein entliche resolution uberbracht werden sollte.
19
Respondi: Dieses werck sei von denen gravaminibus ein abgesondertes werck und könte
20
sine consensu interessatorum nit erledigt werden. Doch werde man der sachen ferners
21
nachdencken und sich darauf mit negsten vernhemben laßen.

22
Folgents habe ich ime [, d’Avaux, ] communicirt, waß wir denen Schweeden uf iren
23
aufsatz in ein und andern puncten ratione gravaminum für ein resolution zu geben
24
gedächten, so alles approbirt und ermahnet, dhabey zu pleiben.

25
Eodem nachmittag umb 2 uhr seindt herr graff von Lamberg, herr Crane und ich zu
26
denen Schweeden kommen und haben ihnen vorgehalten: Nachdem iüngst durch herrn
27
Salvium ein proiect, waßgestalt die bißher bestrittene gravamina gegeneinander verglie-
28
chen und in daß instrumentum pacis einverleibt werden solten, dem herrn obristhofmei-
29
ster communicirt worden, hetten wir zwar solches noch allerdings auf die vorige
30
postulata gestelt und noch darzu mit vielen newen clausulis erweitert befunden, daß wir
31
dhaher nit weinig angestanden, waß unserstheils darauf weiter gethan werden könte, in
32
erwegung, auß unseren vorigen unterschiedtlichen erclärungen soviel erscheine, daß ir
33
Kaißerliche majestätt, auch die catholischen chur-, fürsten und stendte irestheils alles
34
daßienig eingewilligt, waß nun immer ehren und gewißens halber hette geschehen
35
können und zu wiederbringung eins algemeinen friedens im Reich Teütscher nation
36
ersprießlich sein möegen. Nichtsdestoweiniger so haben wir zu bezeigung, daß ir
37
Kaißerliche maiestätt nichts anders dan die befürderung eins wahrn und aufrichtigen
38
friedens suchen und verlangen thue, nit unterlaßen wöllen, unß in dem uberlaßenen
39
proiect nochmaln zu ersehen und nach gehaltner communication mit etlich vornhemen
40
catholischen stendten unß eins entlichen zu ercleren. Hetten demnach solche unsere
41
erclehrung in gleicher formb, wie die ex parte protestantium außweisen thet, verfast, und
42
woh es inen nit entgegen, wölten wir selbige von punct zu puncten durchgehen, auch bey
43
ein und andern ursach anzeigen, warumb wir unß dergestalt und anderst nit erclären
44
könten. Hiebey wölten wir auch unverhalten laßen, daß wir bereits von diesem unserm
45
vorhaben dem herrn Frantzösischen gesandten conte d’Avaux communication gethaen,
46
welcher derentwegen auch sonder zweifl mit inen zu handtlen nit underlaßen würde.
47
Oxenstirn antwortet darauf, sie ließens inen nit entgegen sein, soviel dießmal die kürtze
48
der zeit leiden möegt. Es wehre sönst der vom Salvio unß communicirter aufsatz nit von
49
inen, sondern von denen evangelischen verfast worden, und hetten sie dhabey noch eines
50
und anderes zu erinnern gehabt. Demnach hab ich, Volmar, ihme ein abschrifft unserer
51
erclärung zugestelt und, alß bey ablesung des eingangs angezeigt worden, warumb man

[p. 635] [scan. 711]


1
denselben etwaß zu endern nötig erachtet, [ erklärt, ] daß nhemblich dieser aufsatz ein pars
2
instrumenti pacis sein sölte, so wir auch geschehen ließen, und aber im eingang und
3
schluß deßelben die partes transigentes gnugsamb vermeldt, also wehre unnötig, ahn
4
diesem ortt zu dergleichen specialiteten zu gehen. Hirauf hat es Oxenstirn auch seinsorts
5
dhabey bewenden laßen. Salvius sagte, auch gnug zu sein, wan man nur per brevem
6
transitionem von andern im instrumento pacis vorgehenden materien auf diese komme.

7
Articul 1: Wolten sie erstens die aequalitatem exactam per omnia mantenirn. Folgents
8
disputirte Oxenstern die wortt, „formae rei publicae“, meint, man solts außlaßen. Entlich
9
waren sie der meinung, daß die clausula de aequalitate gantz außgelaßen werden solt.
10
Respondimus per nos licere.

11
Bey dem articulo 2 wolten sie die wortt „utriusque religionis“ nit leiden, weil hirdurch
12
die reformati außgeschloßen würden. Respondimus, in instrumento pacis würde ein
13
besondere clausula einkommen, wie diese auch in participationem des religionfriedens
14
aufgenhomben sein sollen. Aber die Schweeden waren dhamit nit zufrieden. Ratione
15
antegravatorum bekenten sie zwar, daß die Durlachische praetension wegen Oberbaden
16
hieher nit gehörig, geben aber zu verstehen, daß auch selbig urtl retractirt werden müest.
17
Sie könten auch nit zugeben, daß die ubrige antegravati außgesetzt werden solten. Den
18
vorbehalt wegen der stifft Minden wolten sie gantz nit admittirn. Alß inen hingegen
19
replicirt, articulo 7

51
Im Projekt der prot. Reichsstände für den Gravaminaartikel (Art. V IPO) vom 25. Februar/7.
52
März 1647 (vgl. nr. 304 Beilage 1).
geben sie selbst nach, daß die canonici catholici, so gleichwol noch
20
anno 1624 auf dieienige stiffter, woh beeder religion canonici gedüldet werden, zu iren
21
canonicatibus kommen, darbey ad dies vitae gelaßen werden sollen, also wehre solches ex
22
identitate rationis ebenmeßig dem episcopo zu vergönnen, wüsten sie zwar nichts zu
23
repliciren, bleiben aber nichtsdestoweiniger uf irer meinung und wolten sich weder ad
24
restitutionem noch ad alternationem verstehen.

25
Ad articulum 3 wegen außlaßung des worts „primas“, seindt sie entlich uf deme
26
bestanden, wan Churbrandeburg zufrieden, haben sie irestheils auch kein groß bedencken
27
dhabey. Alß sie dan vermerckt, daß hiebey, daß wortt „evangelicus“ allenthalben
28
außgemustert, zumaln die catholische alzeit vorgesetzt, hat Oxenstirn vermeldt, sie
29
wölten sich der humilitet und christlicher demuth befleißigen und solche verenderung der
30
ordtnung so hoch nit wiederfechten, aber wegen des worts „evangelisch“ wüsten sie nit,
31
warumb wir unß deßen beschwehren sölten. Nos: Sie thuen ihnen dhamit selbst unrecht,
32
sie beruffen sich iederzeit auf die bibel und geben mit diesem wort zu erkennen, daß sie
33
nit die gantze bibel, sondern nur ein theil, alß daß newe testament, glaubten. Item im
34
religionfrieden und sönst in allen reichshandtlungen wehrn diese termini gebraucht
35
worden, also blieben wir beym herkommen, und hete sich niemandt dhawieder zu
36
beschwehren. Sodan wegen des bisthumbs Oßnabruck wölten sie die restitution einmahl
37
nit willigen. Und alß wir replicirten, catholischentheils könte man einmahl nit dhavon
38
weichen, sagte Oxenstirn, er stelte es zwar dhahin, wan man es aber also setzen wölt, so
39
würden sie irestheils auch nit weichen, und wehre entlich eben so guet, man breche uber
40
diesen punct alß waß anders.

41
Ad articulum 5, seindt mit der clausula de executione iurium Pontificiorum non
42
impertienda noch nit zufrieden, sondern wöllen vom kaiser und den catholischen ein
43
mehrere assecuration haben.

44
Ad articulum 6 wegen der alternation zwischen Saltzburg und Magdeburg, haben erstens
45
starck urgirt, solche einzuwilligen. Alß inen aber replicirt worden, daß Magdeburg
46
niemaln etiam statu religionis integro catholico in possessione praecedentiae auf alternati-
47
vae gewesen, darumb es auch noch nit nachgeben werden könte, haben sie entlich
48
vermeldet, deßenthalb würde sich der friedt nit stecken.

49
Ad 7., beharren die admission der Lutherischen ad canonicatus ecclesiae Argentoraten-
50
sis .

[p. 636] [scan. 712]


1
Ad articulum 9, wöllen, daß die bona mediata ecclesiastica perpetuo denen Augsburgi-
2
schen confessionsverwandten bleiben und die clausula „donec controversia religionis
3
etc.“ außgelaßen werden solle. Wöllen die exception wegen der drey Württenbergischen
4
clöster Blabeüren, Reichenbach und Sankt Georgen, auch Heidenheimb nit zugeben,
5
sondern den hertzog völlig restituirt haben, desgleichen das ius devolutum in catholicis
6
beneficiis für sich haben. Ibidem wegen der pfandtschafften, erkennen zwar die unbillig-
7
keit , wöllen aber alle durante bello eingezogene pfandtschafften restituirt haben.

8
Ad articulum 10, begehrn, daß wortt „notorie“ beysetzt zu laßen.

9
Ad articulum 11 wegen Augspurg, seye der evangelischen religion unehrlich, vom chor
10
außgeschloßen zu pleiben. Sed replicatum, daß dergleichen exempla im Reich nit
11
obhanden. Desgleichen wöllen sie die commissiones wegen Bibrach, Dinckelspiel und
12
Kaufbeüren nit leiden; man werde de facto procedirn, weil bewust, wie es mit dergleichen
13
commissionibus herzugehen pflege. Replicatum, daß sie übl informirt; es seyen solche
14
commissiones nit executivae, sondern informativae, und werde darauf causa cognita
15
verfahren

44
Zum Institut der ksl. Kommissare vgl. Weber , Ksl. Kommissionen S. 205–216.
. Mit der statt Aach tringen sie auf den vergleich de anno 1612, so tempore
16
vicariatus et interregni gemacht worden

45
Vgl. den sogenannten Vikariatsrezeß vom 9. Mai (st..?) 1612, der in Aachen die prot.
46
Religionsübung gestattete und die Wahl des Rates ohne Beachtung der Konfession der
47
Kandidaten vorschrieb ( Schmitz S. 285). – Zu der Zeit seiner Vereinbarung hatte im Reich
48
ein Interregnum geherrscht, da Ks. Rudolf II. am 20. Januar 1612 gestorben war und Matthias
49
erst am 13. Juni desselben Jahres zum Ks. gewählt wurde. Das Vikariat hatten Kf. Johann
50
Georg I. von Sachsen (1585–1656; 1611 Kf.) und Hg. Johann II. von Pfalz-Zweibrücken
51
(1584–1635; 1604 Hg.) als Vormund Kf. Friedrichs V. von der Pfalz (1596–1635; 1610 Kf.)
52
ausgeübt ( Ritter III S. 359–375).
. Sed replicatum, daß solches in keinen weeg
17
zu[ ge ]geben werden könte.

18
Ad articulos 12 et 13 seindt sie uber alle maaß übl zufrieden gewest, sönderlich waß die
19
Kaißerliche erblande betrifft. Sagt Oxenstirn, sie begehren der ehr nit, daß sie diesorts vor
20
intercessores söllen angesehen sein.

21
Nachfolgende articul haben sie zwar ohne weiter disputat ablesen laßen, aber entlich
22
gesagt, sie wölten der sach gleichwol etwaß mehrers nachgedencken und mit den
23
intereßirten darvon reden. Befinden iedoch, daß wir unserstheils wie lenger, ie weiter
24
zurückgehen theten und were uf solche weiß kein friedt zu hoffen. Wan es auch bey
25
diesem pleiben solt, so wüsten sie nit, waß in der sach weiters zu thuen, sondern sie
26
würden es Gott bevehlen und dem krieg den lauf laßen müeßen. Sie heten zwar auch
27
noch andere puncten mit unß zu reden, alß wegen Heßen Caßel und der Pfaltzischen
28
sach. Verlangten vorderist von unß ein entliche erclehrung wegen Caßelischer satisfaction
29
in puncto der Marpurgischen succession wie auch wegen der stiffter, mit ersuchen, wir
30
wölten die entweder schrifftlich oder mündtlich geben. Wegen der Pfaltzischen sach
31
würde fast vergebens sein, sich viel zu bemüehen, dan wan es mit denen gravaminibus zu
32
keiner richtigkeit komme, so seie unnötig, sich umb daß ander anzunhemben. Nos: Wir
33
hofften gar nit, daß sie auß unserm verlesenen proiect einig ursach zu verhinderung des
34
friedens anzuziehen. Wir heten ia alles dasienig eingewilligt, waß die chur-, fürsten und
35
stendte des Reichs Augspurgischer confession zu versicherung irer religion in iren
36
angehorigen churfürstenthumb, fürstenthumb, landt und leüthen in geist- und weltlichen
37
immer verlangen könten. Der haubtstreitt wehre anietz allein ahn deme, daß ir Kaiserli-
38
che majestätt, auch chur-, fürsten und stendte catholischentheils in dem irigen ein
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gleiches recht erhalten möegten. Die heten respective ir landt und leüth ebensowol von
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Gott und dem Reich, wehren ebensowol freye ständt alß andere und heten von iren
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mitstendten weder maaß noch ordtnung anzunhemmen. Die Augspurgische confessions-
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verwandte werden auß heyliger göttlicher schrifft kein bevelch finden, daß sie gewißens
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halber befuegt seien, andere inen nit unterworffene ständt der religion halber anzufechten

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oder, wie selbe ire unterthane tractirn sollen, maaß und ordtnung vorzuschreiben. Man
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hete sich nichtsdestweeniger also erclehrt, daß sich niemandt darab mit fueg beschwehren
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köndt. Wir versehen unß, sie werden die sachen beßer bedencken und denen Augsburgi-
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schen confessionsverwandten, bey denen sie großes ansehen heten, beßer zusprechen. Illi
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bleiben uf vorigen einwendungen, könten gewißens halber die stendt zu beliebung unsers
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aufsatzs nit anmuethen. Wüsten gewiß, wan ir königin deßen berichtet wehre, daß sie
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alßpaldt bevehlen würde, man solt die waaffen fortsetzen und weiter nit tractirn. Salvius
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sagt, man thue die evangelische ärger alß Juden, Türck und haiden tractirn. Diesen gebe
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man unterschlaiff, iene iage man zum landt auß, daß ius reformandi ratione territorii sey
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ein gottlose tyranney und christlicher gewißensfreyheit zuwieder und waß dergleichen
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mehr. Weil wir dan gesehen, daß nichts fruchtbarlichs mehr außzurichten, haben wir der
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Heßischen sach halber gemeldt, die stündte nit in unser, sondern der intereßirten händen,
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ohne deren bewilligung wir nichts richten könten. Wölten zwar nit ermanglen, mit
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denselben weiter auß der sach zu communicirn, und sehen, waß darauf für ein weitere
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antwortt ahn sie, die Schweedischen plenipotentiarios, zu bringen sein werde. Es sey aber
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dies ein particularwerck, und hielten wir vor daß beßer, vorderist daß universal richtig zu
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machen, waran allen stendten gelegen. Daß ubrig würde sich alßdan selbst schicken.
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Außerhalb deßen könten wir nit sehen, waß es nutzen würde, wan man schon diese und
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mehr andere particulardifferentz componiren thet. Und haben hirauf unsern abschiedt
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genhommen.

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3 Kaiserliche Proposition an die protestierenden Reichsstände betreffend die Gravamina,
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[Osnabrück] 1647 März 17. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 76–79; GehStReg Rep. N Ka.
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97 Fasz. 69 pars 2 nr. 15; KHA A 4 nr. 1628/43 unfol.; KHA A 4 nr. 1628/56 unfol.;
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Giessen 208 nr. 199 p. 1038–1048; Giessen 209 nr. 58 p. 427–437 – Druck:
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Praeliminaria Pacis II S. 248–252; Londorp VI S. 276–277; Meiern , APW IV S.
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129–131 – Kopie einer lat. ÜS: KHA A 4 nr. 1628/43 unfol. – Konzept: GehStReg Rep.
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N Ka. 97 Fasz. 69 pars 2 nr. 16.

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