Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
194. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1647 Januar 3

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Lamberg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1647 Januar 3

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53a fol. 1–5, praes. 1647 Januar 21 = Druckvorlage – Kopie:
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KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.; Giessen 208 nr. 82 p. 301–310.

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De la Court: Auftrag Serviens in Den Haag. Löben: Erneute schwedische Forderung nach ganz
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Pommern; Drohungen Oxenstiernas; keine Unterstützung für Kurbrandenburg bei vielen
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Reichsständen. Die schwedischen Gesandten: Bei fortgesetzter kurbrandenburgischer Weigerung
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Forderung nach ganz Pommern.

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Auf die ksl. Weisung vom 14. Dezember 1646

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Ausf.: RK FrA Fasz. 51b fol. 100–100’ – Kopie: Giessen 208 nr. 81 p. 300–301 –
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Konzept: RK FrA Fasz. 51b fol. 99.
. Und ist immitls gestern der
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Frantzösische resident de la Court bey unß gewesen und ein glückseliges
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newes iahr angewünscht, bey welcher gelegenheit wir nachfrag gehabt, wie
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mans dan endtlich werde angreiffen wöllen, dhamit diese tractaten zu
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gewünschten ende gebracht und der liebe friede in kurtzem möege erhoben
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werden. Der hat geantwortet, daß der comte de Servient nacher Hollandt
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verreist, würde etwoh in 14 oder 15 tagen wieder zurückkommen und alßdan
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das werck mit allem ernst durch die Frantzösische abgesandten befördert
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werden. Wie wir darauf zu verstehen geben, daß uber gedachtes Servient
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unvermutete abreiß allerhandt discursus vorgehen und es von etlichen
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dhavorgehalten werden wölte, ob würde derselb gar nit wieder nacher
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Münster zurückkommen, hat der geantwortet, er könne es wol glauben, daß
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es an dergleichen ungleichen außdeuten nit ermanglen werde. Er wiße, daß
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derselb nit lang außpleiben, sondern sich zu Münster wieder einstellen werde.
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Die ursach von deßen abreiß seie ihme unbewust, aber unschwehr zu
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ermeßen, daß es waß wichtigs und etwoh krieg oder frieden antreffen müeße
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oder, wie die formalia gewesen, „profectionem illius procul dubio debere esse
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in re ardua et pacem vel bellum spectare“. Ist sonsten bey selbigen gesprach,
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so einiger relation würdich, nichts fürgelauffen.

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Selbigen tags ist bey mir, dem graffen von Lamberg, der Churbrandeburgi-
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scher gesandter von Löwen, freyherr, geweßen und dieses berichtet, daß er
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gleich von dem Oxenstern khomme und von demselbigen verstanden, daß
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sein abgefertigter currier nacher Schweeden wieder zurückkommen. Der
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bringe diese instruction und befehl mit, daß sie, Schweedische abgesandten,
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bey dem puncto satisfactionis auf gantz Pommern bestehen sölten

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Wahrscheinlich die kg.liche Resolution vom 28. November/8. Dezember 1646 (Druck: APW
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II C 3 nr. 62), praes. 1646 Dezember 15/25 ( Ebenda S. 163 Z. 20–23), oder die Resolution
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vom 5./15. Dezember 1646 (Druck: Ebenda nr. 71).
. Es wehre
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ihnen selbiges gantzes fürstenthumb von Kayserlicher mayestätt und des
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Reichs wegen angetragen worden, so könten sie es auch also schlechterdin-
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gen nit auß handen laßen, zumaln dha sie es schon in iren gewaldt hetten.
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Würde sich aber dhagegen die cron angelegen sein laßen, dem churfürsten ein
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aequivalens zu verschaffen. Er, der von Löwen, hette dem Oxenstern darauf
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gar Teütsch zu verstehen geben, daß sein gnädigster herr, der churfürst, in
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ewigkeit darzu nit verstehen würden. Der würde amore pacis wegen Vor-
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pommern , wan dhamit der friede erkaufft werden könte, iedoch gegen
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anderwertige erstattung noch wol waß gethaen haben, aber von gantz
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Pommern seie nichts zu reden. Darauf gleich der Oxenstern mit diesen
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formalibus heraußgangen: „So müßen wir krieg führen“. Der von Löwen, so
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müße mans Gott befehlen, es würde die cron aber gnug zu schaffen finden,
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das landt mit den waapffen zu behaubten. Der Oxenstern, darzu würden sich

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die mittel schon finden; Kaißerliche mayestätt und das Reich hetten angedeü-
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tete offerta nur zwar in wortten gethaen, es seie ihnen aber mit wörtlichen
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offerten nit gedient. Wölten die würckliche uberlaßung, auch versicherung
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dergestalt darbey haben, daß das Reich der cron Schweeden würde 20 000
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man in perpetuum underhalten und Pommern dhamit besetzt werden müe-
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ßen ; dha wölte er gern sehen, wer inen bey sölcher bewandtnuß Pommern
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wieder abnhemmen wölte. Hetten darzu die assistentz der cron Franckreich
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an der handt. Es laße sich auch das landt Pommern nit zertheilen, müße
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nothwendig zusamen und von einem behalten werden. Der von Löwen hette
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replicirt, daß es schon hiebevor zertheilt gewesen, auch bey fürstlichen
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heüßern im Reich dergleichen zertheilung nit ungewöhnlich, wie es der
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augenschein gebe beym hauß Sachßen, Brandeburg und Braunschweig Lüne-
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burg . Der Ochßenstern seie aber auf seinem vorigen bestanden, daß er seiner
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königin befehl hiebey müße nachkommen, und wölle er, von Löwen, nit
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zweiflen, es würde von diesem werck, sönderlich waß den punctum assecura-
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tionis von den 20 000 man anlangt, von denen Schweedischen gesandten
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selbst ahn unß gebracht werden. Batte derhalben, es biß dhahin in geheimb
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zu halten, setzte aber zum beschluß diese frag, wie mir das werck vorkomme.
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Ob ich glauben könte, daß von diesen tractaten ein friede zu verhoffen. Die
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Schweeden fielen auf so unbillige praetensiones, die Frantzosen wehren auch
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noch nit mit ihren postulatis zufrieden, wölten noch mehr haben und hetten
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seinem gnädigsten hern, dem churfürsten, durch den de Saint Romain eben
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bey dieser negotiation von uberlaßung der Lipstatt

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Lippstadt an der Lippe (Samtherrschaft der Gf.en zur Lippe und der Gf.en zur Mark,
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1614/1666 der Kf.en von Brandenburg); seit 1633 Dezember 29 (st..?) in hessen-kasselscher
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Besetzung ( Fahlbusch ).
und Ham ahn die
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landtgrävin von Heßen insinuiren lassen. Die protestirende stendte würden
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auch verleitet; deren etliche hetten ihnen, Churbrandeburgischen, an die
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handt geben, wegen der inhabenden stiffter Brandeburg, Havelberg und
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Lebuß sessionem et votum in comitiis Imperii zu praetendirn

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Die Hochstifter Brandenburg, Havelberg und Lebus, seit 1540 bzw. 1555 prot., waren in der
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zweiten Hälfte des 16. Jh.s dem Kft. Brandenburg einverleibt worden, und zwar 1571, 1553
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und 1598 ( LThK II Sp. 645–646, V Sp. 38–40, VI Sp. 870). Für die ersten beiden erschien
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auf den RT des 16. Jh.s nur noch einmal ein Ges. , für das Hst. Lebus des öfteren ( Aulinger S.
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361). Alle drei Stifter waren an den Matrikeln des 16. und 17. Jh.s mit eigenen Anschlägen
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aufgeführt, doch verweigerten zuerst sie selbst, dann Kurbrandenburg die Zahlung der
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Reichssteuern ( Cortreius I.5 S. 57, 157, 165, 182).
. Es führten
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dieienige, die ahm weenigsten darbey zu verlieren hetten und das weenigste
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zu thuen vermöegten, die allerhitzigste consilia. Er sähe nit, wie man auß
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dem krieg komme, solang man sich nit zu einer rechtschaffenen zusamenset-
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zung resolvirn und die feindte des reichs mit gewalt von des Reichs boden
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abtreiben werde.

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Ego: Wünschte, wan ie khein friede von diesen tractaten zu verhoffen sein
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solte, daß sölches baldt geschehen und Ewer Mayestätt von chur-, fürsten
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und stendten des Reichs nötigen beystandt darzu haben möegten. Bedanckte

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mich in übrigen der beschehener communication, und solte alles in der enge
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gehalten werden.

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Es haben auch die königlich Schweedischen abgesandten diesen morgen iren
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secretarium nomine Bernclaw bey unß gehabt, ein glückseligs new jahr
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ahnwünschen und darbey dieses anzeigen laßen, daß ihnen von dem Schwee-
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dischen residenten zu Münster, Rosenhaen, zugeschrieben worden, selbst auß
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mundt deß de Saint Romain zu haben, daß sich der churfürst zu Brandeburg
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wegen zurucklaßung Vorpommern und andern dhabey außgedingten stücken
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allerdings wiedrig bezeige und gar nit darzu verstehen wölte. Sölte es sich
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nun dhamit also verhalten und dergleichen erclehrung auch gegen den von
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Plettenberg beschehen sein, so hetten sie dieselbe für bekhandt anzunhem-
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men und wolten solchsfalß sich nuhmehr dahin erclehrt haben, daß sich
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ferners wegen des churfürsten consens nit aufhalten, sondern alteram partem
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alternativae acceptirn und gantz Pommern behalten wölten. Begehrten, von
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unß zu vernhemen, waß unß uber solche particularia für bericht zukommen,
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deme wir neben gebührlicher dancksag für beschehenen guten wunsch zur
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antwort geben, daß unß zwar nit eigentlich dergleichen particulariteten,
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sondern nur dieses zugeschrieben worden, daß der von Plettenberg mit einer
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dilatorischen antwort des inhalts abgefertigt seie, daß der churfürst mit den
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Pommerischen landtständten zuvorderist darauß communicirn und ire
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eigentliche erclehrung, waß sie der cron Schweeden ahn denn Pommerischen
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landen zu überlaßen und hingegen für ein aequipollens zu haben gemeindt,
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innerhalb weinig tagen deroselben alhie und zu Münster anweesenden
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gesandtschafften uberschrieben und folgents ahn die Kaiserliche gesandten
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gebracht werden solte. Es wehren aber beede, die Kaiserliche und Frantzösi-
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sche gesandtschafften, mit dergleichen aufzuglichen antwort nit zufrieden,
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und könte die christenheit, bevorab das Römische Reich, lenger nit im krieg
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gelaßen werden. Seie an dem gewest, daß sich die Kayserliche gesandten zu
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Münster mit denen Frantzösischen derentwegen, wie die sach nuhmehr
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ferners anzugreiffen, hetten underreden wöllen. Sopaldt unß darab waß
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weiters fürkommen würde, wölten wir ihnen von allem parte geben. Seie unß
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immitls lieb, von iren gedancken zu vernhemmen, und thaten unß der
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eröfnung halben in schüldiger gebühr bedancken.

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