Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
142. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 November 30

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Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III.


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Münster 1646 November 30

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Kopie: KHA A 4 nr. 1628/42 unfol. = Druckvorlage; Giessen 208 nr. 19 p. 67–79; ÖstA
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Tirol Fasz. 20f. p. 2761–2768 – Konzept: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1544 fol. 134–137’.

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Bemühungen Contarinis und der kaiserlichen Gesandten um eine zumindest vorläufige Abhand-
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lung der schwedischen Satisfaktion mit Salvius. Schwedische Forderung auf das Hochstift
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Minden, die Grafschaft Schaumburg und die Immediatisierung der Stadt Osnabrück. Contarini
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und die französischen Gesandten bei Salvius: Dessen Vollmacht zu abschließenden Verhandlun-
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gen ?; Absprache einer Alternative über die schwedische Satisfaktion und die kurbrandenburgische
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Entschädigung; Disposition über Stettin und Garz; Berechtigung der Armeesatisfaktion?; Verein-
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barung eines befristeten Waffenstillstands. Abweisung des letzteren durch die kaiserlichen
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Gesandten. Verhandlung mit den protestierenden Ständen; Herausgabe je einer Erklärung von
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beiden Seiten in Kürze?

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Verweis auf nr. 138 und die dort erwähnte Zusage von Salvius, die endgültige
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Erklärung über die schwed. Satisfaktion herauszugeben. Wiewoll er nun eben
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dergleichen erbieten gegen ermelten Venetianischen bottschaffter selbst
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gethan, derselbe auch solches auff unser begehren bei den Frantzosen
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angebracht, so haben eß diese iedoch von dem Salvio dergestalt uber sich zu
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nehmen bedenckens getragen, inmaßen beide herren mediatores am nechst-
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vergangenen mittwoch

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Mittwoch, den 28. November 1646. Ein Protokoll dieser Konferenz ist nicht überliefert.
unß sambtlichen referirt. Und dieweil dan er, Salvius,
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entzwischen sich auch gegen unß selbsten verlauten laßen, wie daß er zwar
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seine meinung, welchergestalt dieser punct satisfactionis auff unser erbieten

[p. 262] [scan. 338]


1
dermahlen zu ent gebracht werden mögte, seinem collegae, den Oxenstirn,
2
uberschreiben

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Vgl. die gegenseitige Korrespondenz der beiden Ges. vom 24. Oktober/3. November 1646 bis
40
zum 18./28. November 1646 (Drucke: APW II C 3 nr.n 11, 13, 16, 17, 20, 22, 25, 27,
41
32–35, 37, 38, 40, 45, 47, 49).
und

35
2 seinen beyfall daruber] Verbessert nach dem Konzept ( RK FrA Fasz. 92 XI fol. 134’) aus
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beiwalt.
seinen beyfall daruber zu erhalten verhoffet, so hette
3
derselb sich iedoch entschuldiget, daß er in diesem haubtpuncten sich uber
4
landt nicht erklehren könte, sonderen die nohturfft erfordern wolte, sich mit
5
ihme persohnlich zu unterreden, mit erforderen, daß er, Salvius, sich alsobalt
6
wiederumb nach Oßnabruck erheben solte, alß haben wir mit gedachten
7
mediatorn fur guet befunden, daß der Venetianischer ambassadeur sich
8
nochmahlen zu ihme, Salvio, verfuegen und versuchen solte, ob er ihne dahin
9
disponirn mogte, daß ein zusamenkunfft von unß und ihme bei den
10
Frantzosen in sein, ambassadeurs, beisein angestelt und mit solcher gelegen-
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heit diese satisfactionshandelung weinigst bieß auff den hernach mit dem
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Oxenstiern erfolgeten endtlichen beschluß verglichen wurde.

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Und haben folgents wir beide, der graff von Naßaw und Volmar, unß auch
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zu ihme, Salvio, begeben und, wan eß zu angedeuter conferentz kommen
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solte, warauff dan entlich seine postulata bestehen wurden, zu vernehmen
16
begehrt, damit wir auch der sachen etwaß mehrers nachzudencken wusten.
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Der ist aber nochmahlen auff denienigen, waß in unserer negstvorgehender
18
relation

42
Druck: Nr. 138.
begriffen, verblieben und hat praetendirt, daß der cron Schweeden
19
anstatt einer aequivalente vor Hinderpommeren daß bistumb Minden sambt
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der graffschafft Schawenburg abgetretten, sodan die stadt Oßnabruck

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Osnabrück (Hst. Osnabrück); landsässige Hansestadt in fast reichsunmittelbarer Stellung
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( HHStD II S. 364–368; zu den Bemühungen um die Reichsstandschaft auf dem WFK:
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Knoch S. 114–116).
zu
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einer reichsstatt erhebt werden muste.

22
Nachdeme nun auff diese mit dem Salvio furgangene handelung

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22–23 beede mediatores] verbessert nach dem Konzept ebenda fol. 135) statt bei den
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mediatores.
beede
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mediatores den Frantzosen vorgehalten, waßgestalt sie obbedeute zusamen-
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kunfft zu beforderung deß haubtwerckes dienstlich zu sein erachten theten,
25
da haben zwar ermelte Frantzosen sich der ursachen darzu nicht verstehen
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wöllen, dieweilen noch etliche puncten mit unß nit verglichen wehren und
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sich nit woll schicken wolte, daß sie in unseren beisein sich mit dem Salvio in
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disputat inlaßen solten, vieleicht auch in einen und anderen sich unß
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opponirn musten. Haben sich aber erbietich gemachet, mit und neben dem
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Venetienischen bottschaffter bei dem Salvio sich einzufinden und die not-
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turfft zu verhandelen, wie dan unß gestern abents von ihme, Veneto, deß
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gantzen verlauffes außfuhrliche relation gethan worden: Und nahmblich so
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hetten die Frantzosen an den Salvium diese frage gesetzet, ob er bevolmechti-
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get wehre, den satisfactionspunct alhie schließlich abzuhandelen. Darauff

[p. 263] [scan. 339]


1
hette derselbe mit ‘nein’ geandtwortet und sich mithin auff deß Oxenstirns
2
schreiben, daßelbe in originali vorweisent, bezogen, warin er ihne gahr starck
3
ermanete, sich alhie lenger nicht auffzuhalten, anders wurde erß gegen der
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cron Schweden, alß deren reputation hierunter leiden wolte, nicht zu
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verandtworten haben. Hierauff hetten die Frantzosen sambtlich, wie nicht
6
weiniger er, Venetianischer bottschaffter, auch, ihme starck zugesprochen,
7
daß diese auffzuchligkeit nicht zu verandtworten sein konte. Die Frantzösi-
8
sche herren plenipotentiarii weren alle drei zu Oßnabruck gewesen, hetten
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sich aller sachen mit ihnen bieß auff der königin resolution, darumb sie
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allerseites geschrieben, verglichen. Die resolution wehre einkommen, beide
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Schwedische plenipotentiarii wehren alhier erschienen, und anstatt daß sie
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vermeinten, daß noch in beisein deß Oxenstirns alles beschloßen werden
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solte, were derselbe in der nacht unverrichter ding davongezogen. Er, Salvius,
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sei nun in die vier wochen alhier, und werde auch nichts gerichtet. Wan sie
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sich nur mit den protestirenden uffhalten und den catholischen allerhandt der
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catholischen religion nachtheilige conditiones abtringen wolten, so musten
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sie wißen, daß die cron Franckreich solches nicht zugeben wurde. Ihr krieg
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wehre nicht der religion halber, sondern causa status gefuhret worden. Deme
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allen nach wehre entlich vor daß mittel gehalten worden, daß man sich
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weinigst eventualiter veranlaßen solte, warauff eß dan entlich in puncto
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satisfactionis wurde zu beruhen haben, so der Salvius alßthan gleichwoll mit
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dem Oxenstirn zu conferirn, sie beide sambtlich aber innerhalb acht tagen
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ihre genembhaltung alher berichten solten. Also wehre die abrede darauff
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bestanden, daß die cron Schweden sich neben den beiden stiffteren Bremen
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und Verden auch den port Wißmar, wie von unß erbotten worden, mit
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Vorpommeren sambt der insul Wollin zu begnugen, soviel aber Stetin und
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Garts anlangete, da sölte vor diese plätze entweder der cron Schweden oder
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dem churfürsten von Brandeburg 1 200 000 reichsthaler durch eine gemeine
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reichescontribution zu gewißen auff negstfolgenden reichstag vergleichenden
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terminen bezahlet, auch den churfursten neben annehmung deß bistumbs
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Halberstatt, so ihme wegen Vorpommeren zu uberlaßen, die wahll freigela-
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ßen werden, daß gelt oder bestimbte beide plätze anzunehmen. Und in fahll
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er die restitution derselben erwehlen wurde, so sollen die alßthan der cron
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Schweden loco hypothecae, solange bieß die verglichene geltsummen bezah-
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let , in handen verpleiben. Solte aber der herr churfurst weder daß eine noch
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daß ander annehmen wollen, so sollen die Schweden gantz Pommeren
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behalten, dem churfursten auch daß bistumb Halberstatt nicht gefolget
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werden.

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Alßthan [ ist ] solchennach auch von bezahlung der armada geredet und von
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den Frantzosen selbst solche bezahlung in der formb, wie eß die Schweden
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sucheten, vom Reich zu nehmen, vor unbillig gehalten, dabei aber Salvius
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befraget worden, ob sie, beide Schwedische plenipotentiarii, so viel authoritet
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hetten, auff erfolgeten friedenschluß ihrer soldatesca alßbalt denselben nach-
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zukommen zu befehlen, und sie deß gehorsambß versichert wehren, hette er,

[p. 264] [scan. 340]


1
ebenmeßig wie oben, mit ‘nein’ geandtworttet und bekent, daß die soldatesca
2
dießohrtes an sie nicht gewiesen noch ihnen obedieren wurden, sonderen eß
3
hette ihnen der Torstensohn

39
Lennart Torstenson (1603–1651); 1647 Gf.; 1624 in militärischem Dienst, 1634 Reichszeug-
40
meister , 1641 Feldmarschall und bis 1646 Oberbefehlshaber der schwed. Truppen in
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Deutschland; 1641 Reichsrat und Generalgouverneur von Pommern, 1648 Generalgouver-
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neur von Västergötland, Värmland, Dal und Halland ( SMK VIII S. 19–20). Sein erwähntes
43
Schreiben an die schwed. Ges. auf dem WFK wurde nicht ermittelt.
geschrieben, man solte sich woll fursehen und,
4
sobalt der friedt geschloßen oder die sachen dahin gebracht, daß man deß
5
schlußes in bälde versichert, daran zu sein, daß ein anstandt der wapffen
6
geschloßen und mit solcher gelegenheit die regimenter außeinanderen gezo-
7
gen und hin und wieder vertheilet werden mögten. Dan wo dieß nicht
8
geschehen solte, wurde man sich woll einer meutenation zu befahren haben.
9
Hierauff hetten die Frantzosen mit ihme, Salvio, fur guet befunden, weilen
10
man bei der armada vieleicht weinig lust darzu haben mögte, man solte sich
11
alhier solchen anstandts alsobalt und zwar nur etwan auff drei oder vier
12
wochen vergleichen, dergestalt daß die Schwedische und Frantzösische
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volcker dießeit, die Keiserliche aber ienseites der Donaw stehen bleiben
14
mögten.

15
Waß nun den ersten punct anlanget, darauff haben wir geandtwortet, daß wir
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darwieder kein bedencken. Mit dem armistitio aber habe ich, graff von
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Trautmansdorpff, mich erinnert, waß deßwegen Euer Kayserliche Mayestätt
18
mir von eigenen handen gnädigstes zugeschrieben

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Konnte nicht ermittelt werden (vgl. Einleitung S. LXXII).
, und darumb mich keines
19
anderen erklehren können, alß daß ich so viel gewaltes nicht hatte, sonderen
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erbietig wehre, ihrer furstlichen durchlauchtt herrn ertzhertzogen Leopolden
21
darunter zuzuschreiben. Dabei könte ich aber dieß versicheren, daß dieser
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vorschlag gantz inpracticabilis und unmöglich wehre, in solcher enge diese
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beide starcke kriegesher ohne auffstandt zu erhalten, sonderen, wo den
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Schweden zum frieden ernst, wurden sie sich einmahl uber den Thuringen-
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walt an die Weser und Elbstromb in Oberen- und Niedersachsischen kraiß
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reterirn mußen. Deß Salvii vorgescheinte impossibilitet wehre allein daher
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genohmen, daß er den protestirenden ein placebo singen und sie deß lastes
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gern entheben, selben aber hingegen auff die catholische trechen wolte, neben
29
deme ich nit sehe, wan ich gleich in vergleichung dieses armistitii einwilligen
30
solte, wie man deßen gesichert sein könte, seintemahlen die Schwedische
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plenipotentiarii rundt bekennen, daß sie hierzu nicht bemechtiget, auch nicht
32
versicheren könten, ob die Schwedische generales deme statt thuen wurden.
33
Dieweilen dan nun alles auff diesen terminis stehet und gleichwoll von
34
beiden Schwedischen plenipotentiariis der verbundtlichen erklehrung noch
35
so viel weinig zu erwarten und aber weiter nicht zu bringen, alß wollen wir
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gehorsambst verhoffen, Euer Kayserliche Mayestätt, auch chur-, fürsten und
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stände deß Reiches entlich die veranlaßende summa der 1 200 000 reichstha-
38
ler einzuwilligen kein bedenckens finden werden. Waß aber daß armistitium

[p. 265] [scan. 341]


1
anlanget, da haben wir höchstgemelter fürstlicher durchlaucht mit heutiger
2
ordinarie alles dieses verlauffes, laut der beilage A zu sehen, umbständtlich
3
berichtet und zu dero belieben gestellet, waß sie unß hinwiederumb in der
4
sachen zu thuen zuschreiben mögten.

5
Soviel dan solchennach die handlung mit den protestierenden anlanget, da
6
haben wir mit dennselbigen die angestelte conferentz nechstverwichenen
7
erichtages bieß in die nacht vollfuhret

44
Dienstag, den 27. November 1646 (vgl. [ nr. 138 Anm. 6 ] ).
. Und dieweilen sie gleich woll
8
vermercket, in welchen puncten ihre exorbitancen kein statt finden wurden,
9
so haben sie sich untereinander eines newen auffsatz verglichen und seint
10
willens gewesen, noch heutigen tages denselben ihren noch übrigen religions-
11
genoßen nach Oßnabruck umb deroselben genembhaltung zu uberschicken.
12
Dieweil wir aber ebenmeßig in verfaßung endtlichen vergleiches begrieffen
13
und nit rahtsamb befinden, daß sie den ihrigen anvor in sambtliche beschlie-
14
ßung bringen solten, alß haben wir verordnung gethan, daß sie damit noch
15
ingehalten. Und wollen unß angelegen sein laßen, daß sie zu annehmung
16
deßienigen, so von unß auffgesetzet ist, behandelt werden; davon wir auch
17
Euer Kayserliche Mayestätt mit negstkunfftiger ordinarie allerunterthänigste
18
relation zu erstatten nicht unterlaßen wollen.

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Recepisse auf zwei Schreiben vom 12. Oktober [!] 1646

45
Gemeint sind die beiden Schreiben vom 12. November 1646 (Ausf.: RK FrA Fasz. 92 XI nr.
46
1539b fol. 119–119’ und Ausf.: Ebenda nr. 1539c fol. 124–125; Kopie: KHA A4 nr.
47
1628/42 unfol.; Konzept: RK FrA Fasz. 52b fol. 96–96’).
.


20
Beilage


21
A Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich, Münster
22
1646 November 30. Kopie: KHA A 4 nr. 1628/42 unfol. = Druckvorlage; Giessen 208 nr.
23
20 p. 79–82 – Konzept: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1545 fol. 129–139’.

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Verweis auf nr. 138 und die schwed.-frz. Absprache über die Vereinbarung eines befristeten
25
Waffenstillstands auf dem WFK. Dies stellen wir Euer Durchlaucht anheim.

26
Eß ist aber auß diesem vorschlag zu vermercken, daß vorderist die Frantzosen dießeit
27
Rheinß vor ihre soldatesca sich hierdurch der quartier zu versicheren, die Schweden aber
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ihr absehen dahin gerichtet, wie sie ihrer anhängeren, den protestirenden in Obern- und
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Niedersachsischen craiß, verschonen, ihre armata in gueten standt erhalten und hergegen
30
ihre Kayserliche mayestätt und ihre churfürstliche durchlauchtt zu Baieren mit ihren
31
eigenen volckeren in wehrenden anstandt erhalten und vollendts zugrundt richten
32
mögen, da dan, wo etwan der friedenschluß, wie mit vergleichung der instrumenten
33
sonderlich an seiten der Schweden gahr leichtlich geschehen kan, sich noch lang und
34
weit hinaußverzögeren solt, die sachen mit den Kayserlichen wapffen in viel ärgeren
35
standt, alß, da dennselben die operationes gelaßen, iemahlen geschehen köndt, gerahten
36
dörffen; derentwegen auch desto weiniger verandtwortlich sein wolle, unß hierunter in
37
einige handelung einzulaßen. Wafern aber Euer Ertzfürstliche Durchlauchtt gnädigst
38
darfür halten wolten, daß wir auff ein oder andere condition mit den Frantzosen und
39
Schweden in handlung tretten solten, so wollen wir auff dero einlangenden befehlich der
40
sachen fernerer nachzusetzen nit ermangelen. Pitten allein underthänigst, sie geruhend
41
ihre gnädigste resolution zu beförderen und unß, ob hierzwischen mit der gegenpart
42
einige tractation vorgenohmen und angefangen worden, einigen bericht zukommen
43
laßen.

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