Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
40. 23. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 März 20 7 Uhr

23
40

24

23. Sitzung des Städterats


25
Osnabrück 1646 März 20 7 Uhr

26
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 53–55 = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol. 69’–
27
72; Ulm A 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 83–86;
28
vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.

29
Bitte Ölhafens um sofortige Übersendung des städtischen Bedenkens zur ersten Klasse der schwedischen
30
Replik. Bevorstehende Übergabe der Bedenken der drei Reichsräte an die kaiserlichen Gesandten in
31
Münster. Befremden über Verbandlungsmodus. Entsendung einer Deputation.

32
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Bremen, Herford auf der Rheinischen, Ulm, Eßlingen und Lindau
33
auf der Schwäbischen Bank.

[p. 143] [scan. 215]


1
Directorium berichtet: Es habe bey ohneins lezterm congress die meinung
2
gehabt, daß, nachdem die Münsterischen monita dem auffsaz an dienlichen
3
orten werden beygeruckt und in eine rechte form gebracht sein, man als
4
dann selbige dictiren laßen, wiederumb zusammenkommen und, was ein
5
oder der ander dabey noch ferners zu erinnern haben möchte, anzeigen solle.
6
Demnach aber gestern von herrn Dr. Ölhafen an herrn Gloxinum ein schrei-
7
ben von Münster des inhalts einkommen, daß das städtische bedenken über
8
die vier membra classis primae noch selben tags, und zwar aus der ursachen
9
überschikt werden sollte, weiln er nachricht erlangt, daß beede chur- und
10
fürstliche collegia ihren aufsaz über bemeldte erste class denen Kayserlichen
11
herren plenipotentiariis morgendes tages zu übergeben vorhabens seyen

42
Getrennte Übergabe der Conclusa der drei Reichsräte anstelle eines Gesamtgutachtens, vgl. Be
43
schluß des KfR vom 28. März 1646 (APW [ III A 1, 1 S. 559f ] ; F. Dickmann S. 256–259).
,
12
habe er diese zusammenkunfft, und zwar etwas früher als sonsten üblich,
13
anstellen und zum bericht andeuten wollen, daß er die res judicatas in eccle-
14
siasticis et politicis darumb zusammengezogen habe, weilen der fäll so man-
15
cherley , daß man nicht wißen könne, von welchen circumstantiis sie eigent-
16
lich participiren, und also beßer seye, daß man dieselben cumulire und un-
17
unterbrochen nacheinander seze als separire und voneinander trenne. Hier-
18
nechst werde schon ein ieder daraus nehmen und ad factum appliciren kön
19
nen , was ihme dienlich seye. Wiewol zu besorgen, man werde den friedens
20
schluß nicht eben nach dem stättischen modell einrichten. Daß sonsten die
21
sach etwas außführlicher gesezt worden als in dem fürstlichen bedenken,
22
seye diß die ursach, weiln die stätt viel größere interesse bey denen rebus
23
judicatis haben als die fürsten. Worauf die correctio verlesen.

24
Lübeck. Verlißet zuvorderist obberührtes schreiben und berichtet dabey,
25
es seye an etliche fürstliche abgesanden gleichen inhalts geschrieben worden,
26
daß nemlich morgendes tages an statt der re- et correlation zu gewinnung
27
der zeit aller dreyer reichs rähte zu Münster gefaßtes gutachten über die erste
28
class in pleno verlesen, hernach denen Kayserlichen herren plenipotentiariis
29
in gesambter chur-, fürsten und stände nahmen übergeben und zugleich
30
denenselben gewalt aufgetragen werden solte, das ienige heraußzunehmen,
31
was dem reich nuzlich, dem frieden beförderlich und denen reichs constitu-
32
tionibus und herkommen gemäs were. Auf welches man gestern abends
33
noch bey dem Magdeburgischen zusammengetreten und gleich anfangs da-
34
vor gehalten, daß man ein schreiben des inhalts unverweilt hinüberschicken
35
solle, daß man sich zu diesem modo procedendi et insinuandi im geringsten
36
nicht verstehen könne; werde dardurch alles vorige über einen haufen ge-
37
worfen und bey der cron Schweden nicht wenig jalousie erweken; hette
38
zuvor communication davon geschehen sollen, oder sie mögten es suo peri-
39
culo thun, hiesige wolten daran nicht gebunden sein. Österreich solle
40
darunter angesprochen werden, daß er hinüber schreibe, daß man dem
41
werkh etwas anstand gebe. In omnem eventum auch darwider protestiren.

[p. 144] [scan. 216]


1
Halte, daß man stättischen theils andere considerationes habe, weiln beede
2
höhere collegia drüben re- und correferiren, die stätte aber negligiren
3
wollen, daß directorium werde wißen, ob der auffsaz noch heut hinüber zu
4
schiken sein werde, könne ohne protestation nicht geschehen. Die stättische
5
zu Münster sollten billich an ein ganzes collegium geschrieben haben, ihr
6
gutachten seye erst dieser tagen herüber kommen, iezund soll man sich über
7
hals und kopff darauff erklären. Solle ihnen zu verstehen geben, daß man sich
8
in modo gewaltig verstoßen habe, sollte das bedenken drüben insinuirt wer-
9
den , müst es hier nohtwendig bey den Kayserlichen und königlichen auch
10
geschehen, sonsten würde es große jalousie bey den cronen gebehren.

11
Eßlingen. Berichtet ebenmäßig, daß er nachricht habe, die drüben solten es
12
billich an das directorium haben gelangen laßen; habe es erst heut emp-
13
fangen , sonsten wollte er nicht unterlaßen haben, solches zu communiciren.
14
Lase es ab, und gienge der inhalt dahin, daß nur beede höhere collegia, weiln
15
die stättische mit ihrem auffsaz nicht gefaßt sein sollen, zusammenkommen,
16
derselben gutachten verlesen, von Mainz ein eingang darzu gemacht und
17
sofort denen Kayserlichen herren plenipotentiariis drüben mit oberzehlten
18
conditionen überraicht werden sollten, darein aber die evangelische nicht
19
consentirt hetten, mit dem ferneren umbstand, daß das Churbrandenburgi-
20
sche votum dem churfürstlichen bedacht nicht inserirt noch als eine beylag
21
beygelegt werden wolle. Herr von Löben

38
Johann Friedrich Freiherr von Löben (1595–1666/7), Geheimer Rat, kurbrandenburgischer Ver-
39
treter am Kongreß (ADB XIX S. 39f ; UuA IV S. 348; APW [ III A 1, 1 S. LXXff ] ).
habe es bereit bey denen könig
22
lichen Schwedischen herren plenipotentiariis geklagt, die sich offerirt, ferner
23
nicht zu tractiren noch etwas anzunehmen, sie seyen dann auch admittirt

40
Vgl. J. Oxenstierna an Salvius 19. März 1646 APW [ II C 2 S. 214f ] (. Druck des kurbranden-
41
burgischen Votums zur Amnestie in Meiern II S. 931–935 ; vgl. dazu Sitzung des KfR vom
42
28. März (APW III A 1, 1 S. 555f).
.

24
In der umbfrage ist dafür gehalten worden, man solle gleich ab initio des
25
auffsazes eine generalregul der restitution halber in ecclesiasticis et politicis
26
sezen und darbey der anseestätte in specie gedenken, des Kayserlichen edicts
27
aber nicht, weiln es erst anno 1629 ergangen und schon vorhero die meisten
28
geistlichen güter angesprochen worden. Ferner disputat dadurch zu prae-
29
caviren . Neben dem ist auch davor gehalten worden, daß man den para-
30
graphum , welcher von execution der amnistiae redet und aigentlich ad quar-
31
tam classem gehört, außlaßen, hingegen darinn behalten solle, was de iure
32
confiscationis gemeldet, weiln den stätten daßelbe sowohl als anderen stän
33
den gebühre.

34
Directorium. Fraget ferner, ob und was man neben überschikung des
35
bedenkens schreiben solle?

36
Lübeck. Wann das bedenken ingrossirt, könne man zugleichen an das ge-
37
samte stättische collegium zu Münster dieses ungefährlichen inhalts schrei-

[p. 145] [scan. 217]


1
ben , demnach diß orts, wiewol ohne ihr collegial avisation, kunth worden
2
seye, daß die abhör- und außlieferung der chur- und fürstlichen bedenken
3
morgenden tags geschehen solle, habe man nicht unterlaßen, davon zu
4
reden, was dabey stättischen theils zu thun seyn möchte. Ob nun wol in so
5
kurzer zeit mit einrichtung der vor wenig tagen überschikten erinnerungen
6
schwerlich aufzukommen gewesen, habe man dannoch sein eußerstes dabey
7
gehtan. Daneben aber mit höchster befrembdung vernommen, daß der auß
8
liefferung allerhand conditionen mit angehenkt werden wollen, welche
9
wider hiesiger stände intention und ihrer majestät aigene verwilligung
10
laufen. Werde also darwider zu protestiren und zu bitten sein, wann der-
11
gleichen sachen vorgehen, re adhuc integra parte davon zugeben und
12
daßelbe publico nomine, und solch schreiben were heutiges tags noch mit
13
eigenem botten, damit er morgen bey guter zeit drüben sich einfinden
14
könnte, zu überschiken.

15
Directorium erinnert, ob nicht nöhtig seye, daß iemand aus dem collegio
16
einen ritt hinüber thue, der sachen wichtigkeit erheische es, man werde bey
17
einem und anderem puncten obstat finden, könnten die rationes, warumb
18
eines und anders bey dem aufsaz also eingerichtet, remonstrirt werden.

19
Ulm. Wiße nichts dabey zu erinnern, beliebe den vorschlag, sowol quoad
20
formam als materiam.

21
Bremen. Ist einig, daß der auffsaz hinüber geschikt und collegialiter ge-
22
schrieben werde.

23
Eßlingen. Stelle dahin, wer einen ritt thun solle.

24

40
24–25 Lindau – könne] Fehlt in Isny .
Lindau. Conformirt sich mit vorhergehenden, seye nöthig, daß einer abge-
25
ordnet werde, damit, wann dubia vorfallen, man bericht geben könne.

26
Directorium. Die contenta des schreibens belangend, were vorderst zu
27
anden, daß die avisation privatim und nicht collegialiter geschehen. 2. Daß
28
denen herren Kayserlichen keine freye hand hierbey zu laßen, mit außschlie
29
ßung der stätte gutachten. 3. Daß nicht nur drüben, sondern auch hier
30
denen Kayserlichen herren commissariis und königlichen plenipotentiariis
31
die bedenken zu insinuiren. 4. Im fall der beeden höheren collegiorum
32
bedenken allein abgelesen werden sollten, were das stättische bedenken ab-
33
sonderlich und mit gehöriger protestation zu übergeben. Wolle im übrigen
34
nichts unterlaßen, was zu befürderung des geschäffts immer dienlich, habe
35
bereits einen anfang mit dem abschreiben machen laßen, wolle ferner befeh-
36
len , daß darinnen continuirt werde, möchte wünschen, daß iemand von
37
denen herren collegis sich hinüber bemühen laßen wollte, were viel vorträg
38
licher , es könne nicht alles in ein schreiben gebracht werden. Ward darauf
39
umbgefragt, wer zu deputiren.

[p. 146] [scan. 218]


1
Lübeck. Seye nöhtig, daß man man´s nicht nur anfange, sondern auch außmache;
2
damit die catholische stätte nicht sagen können, daß diß orts etwas verab-
3
saumet worden seye. Stellts, ob Ulm, Bremen oder Eßlingen hinüber
4
wolle.

5
Ulm. Entschuldiget sich, ernennt Bremen.

6
Eßlingen. Ut Ulm. Were zwar willens gewesen, verschienenen mitwoch
7
hinüberzuraisen, habe es aber auß gewisen ursachen bis dato müßen an-
8
stehen laßen.

9

32
9–10 Bremen – werden] Fehlt in Isny .
Bremen. Liese es ihme zwar wolgefallen, förchte aber, dörffte noch vor
10
Ostern nach haus erfordert werden.

11
Herford. Ernennt Bremen.

12
Lindau und Straßburg similiter.

13
Conclusum. Solle der Bremische herr abgesande ersucht werden, neben
14
einem schreiben anstatt gewöhnlichen credentials, die raiß auf sich zu
15
nehmen und heut noch zu verraißen, damit er sich morgen bey guter zeit
16
drüben einfinden könne.

Documents