Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
51. 34. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 April 27 8 Uhr

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34. Sitzung des Städterats


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Osnabrück 1646 April 27 8 Uhr

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Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 73–76 = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol. 111–
20
116; Ulm 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol.
21
135–140’; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.

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Unterhalt des Markgrafen Christian-Wilhelm von Brandenburg. Satisfaktion Hessen-Kassels. Zu
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rücksetzung
des Städterats durch Kurmainz.

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Anwesend: Straßburg, Kolmar, Bremen, Herford auf der Rheinischen, Nürnberg, Ulm, Eßlingen
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und Lindau auf der Schwäbischen Bank.

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Directorium referirt: Daß das Churmainzische directorium ihme gestern
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abends spät durch einen secretarium andeuten laßen, daß man anheut im
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fürstenraht zusammen kommen werde, 1. wegen marggraff Christian Wil-

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1
helms zu Brandenburg Fürstliche Gnaden alimentation; worüber bereits zu
2
Münster deliberirt, auch deßwegen sowol an Ihre Kayserliche Majestet als
3
Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen und herrn administratoris des erz-
4
stiffts Magdeburg Fürstliche Durchlaucht (welche vorbemeldem herrn marg-
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grafen zu Brandenburg, krafft Prager friedensschlußes, alle iahr 12000
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reichsthaler zu seiner sustentation von des erzstiffts einkünfften und renten
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zu zweyen terminen reichen laßen sollen) intercessionales verwilliget wor-
8
den

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Christian Wilhelm (1587–1665), Mgf. von Brandenburg, 1598 zum Eb. von Magdeburg ge
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wählt , nahm 1614 aufgrund seiner Eheschließung den Titel Administrator an, im 30jährigen
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Krieg von Wallenstein vertrieben, kämpfte er auf dänischer und schwedischer Seite, 1628 vom
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Magdeburger Domkapitel abgesetzt, 1629 Flucht zu Gustav Adolf, 1630 Rückkehr ins Reich,
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1631 von den Kaiserlichen gefangengenommen, 1632 Konversion zum Katholizismus, erhielt durch
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den Prager Frieden aus den Einkünften des Erzstifts jährlich 12000 Reichstaler, die zu zwei
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Zielern an Ostern und Michael (29. September) auf der Leipziger Messe zu erlegen waren. Das
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Erzstift selbst ging endgültig von Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich auf Hg. August von
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Sachsen über. 1648 wurden dem Markgrafen dafür die Ämter Loburg und Zinna zugewiesen (über
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ihn ADB IV S. 164–168 ; NDB III S. 226 ; APK 2914–2916; zum Prager Frieden K.
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Bierther S. 110f.; Meiern I S. 721 ; ds. III S. 484f.; vgl. auch APW [ II C 2 S. 310 Anm. 4 ] ; APW [ II C 3 S. 251 Anm. 4 ] ).
. 2. Wegen der Heßen Caßellischen satisfaction, weilen sich Ihre Fürst
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liche Gnaden mit lehren worten nicht abspeisen laßen wollen, mit dem
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ferneren ansinnen, die acta über den ersten puncten von dem Österreichi
11
schen directorio zu erheben, von beeden puncten auch diß orts reden und
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das conclusum, so darauff außfallen möchte, dem Churmainzischen direc-
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torio hinterbringen zu laßen. Worüber er zur antwort geben hette, daß er die
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gebühr dabey auff vorhergehende des Churmainz- und nicht des Österrei
15
chischen directorii communication, weiln dieses wieder den stylum comitio-
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rum laufe, beobachten wolle. Seye aber biß hieher nichts erfolget und beede
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puncten ziemlich weit außsehend, halte aber doch davor, daß man even-
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tualiter davon reden könnte. Stellte sie demnach zur umbfrag.

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Kolmar. Anlangend die vom herrn directore zween proponirte puncten,
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deren erster des herrn marggraf Christian Wilhelms Fürstliche Gnaden, in
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dem Prager frieden ad dies vitae jährlich alimentationis loco, von dem erz-
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stifft Magdeburg versprochene 12000 reichsthaler betrifft, und ob zwar an
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sich selbsten die sach favorabel scheinet, so ist doch bekannt, daß bereits
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öffters, bey unterschiedlich gehaltenen sessionen, die herrn Magdeburgi-
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schen bezeuget, daß vorgedacht erzstifft a tempore pacis Pragensis bis auff
26
heutigen tag die summam der 12000 reichsthaler nicht ertragen habe,
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wohero die lieferung unmöglich gefallen, und hette man zu besorgen, daß
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die herren catholische unter sothanem begehren was verborgen hielten, in
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deme sie so leichtlichen, wo man den Prager frieden in einem passu anneh-
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men solte, ad reliquos articulos ejusdem pacificationis argumentiren dörff
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ten , habe auch der herr director daran sehr rühmlich gethan, daß er auf
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erbieten deß Churmainzischen directorii von dem Österreichischen die acta
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nicht abholen laßen, sondern sich auf den stylum comitiorum et observan-

[p. 198] [scan. 270]


1
tiam imperii bezogen; maßen dergleichen communicationes billich per dic-
2
taturam geschehen sollten. Den andern puncten, nemlich satisfactionem
3
Hassiacam berührend, thue er sein hiebevor zu Münster abgelegtes votum
4
hieher repetiren und widerholen

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Vgl. SR Münster vom 16. März 1646 ( Nürnberg 18 fol. 92–95’, hier fol. 93–93’ ).
, halte doch unmaßgeblich dafür, daß man
5
in einem und andern der höhern evangelischen stände gutachten füglich
6
erwarten könne; et ita quoque sentit nomine civitatum Kaysersberg, Mona-
7
sterii in vallo valle St. Gregorii et Turgemii.

8
Nürnberg. So viel den in die umbfrag gestellten ersten puncten belange,
9
ob nemlich marggraff Christian Wilhelms gewesten administratoris des erz-
10
stiffts Magdeburg Fürstliche Gnaden, mit den begehrten intercessionalibus
11
an die Römische Kayserliche Majestet, Churfürstliche Durchlaucht zu Sach-
12
sen und herrn erzbischoffs zu Magdeburg Fürstliche Durchlaucht wegen der
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praetendirten alimentationsgelder auch stättischen theils zu willfahren, er-
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innerte er sich, daß der Magdeburgische herr abgesande circa hanc materiam
15
sich derogestalt heraußgelaßen, daß sein gnädiger fürst und herr das ganze
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erzstifft Magdeburg, so lang er daßelbe im besiz, nicht umb 12000 thaler
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genoßen, welche doch jährlichen praetendirt werden wollten. Welches auch
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darumb wol zu glauben, weiln bekannt, daß nicht allein die statt Magdeburg
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continuirlichen mit einer starken guarnison, sondern auch das ganze stifft
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mit vielen regimentern, ja wol ganzen freund- und feindsarmeen belegt
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gewesen; inmaßen dann erst fertig jahr die Kayserliche ihre retirada dahin
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genommen, denen die Schwedische gefolgt und diß jahr unterschiedliche
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Schwedische regimenter, so die statt Magdeburg ploquiren sollen, sich
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daselbst aufgehalten, welche die leut dergestalt ruinirt, daß sie dem lands
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fürsten vermuhtlich wenig reichen können. Dahero hielte er auch auch er dafür, daß
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man sich stättischen theils nicht zu übereilen, sondern vielmehr zu erwarten
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hette, wie die fürstliche sich hierinnen comportiren würden, zumaln ohne
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das die herren churfürstliche gar bald zur offension aufnehmen, was von
29
denen stätten herkomme, inmaßen man bey jüngster re- und correlation
30
erfahren

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Zu den einzelnen Kritikpunkten der Kurfürsten vgl. die [ S. 196 Anm. 2 ] genannten Sitzungen der
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Reichsräte, dazu ferner W. Becker S. 257 Anm. 165, G. Buchstab S. 129ff.
. Sollten aber die höhere ständ darzu incliniren, hette man es stätti
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schen theils umb soviel weniger zu difficultiren, weiln es gleichwol causa
32
favorabilis were, doch hette man auf selben fall in generalibus zu verbleiben
33
und keine gewiße summam zu benennen.

34
Der herr director hette sich zu abermaliger Mainzischen exorbitanz billich
35
nicht verstanden, weiln die materiae deliberandae denen ständen nicht von
36
Österreich, sondern dem reichsstylo gemäß von Churmainz communicirt
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werden müsten.

38
Die Heßische satisfaction betreffend seye nicht ohn, daß neben andern auch
39
er in der meinung gestanden, weiln nicht allein die frau landgräfin, sondern
40
fast alle stände des reichs bey diesem leidigen krieg umb viel millionen

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1
damnificirt worden, daß Ihre Fürstliche Gnaden sich hierinnen amore pacis
2
publicae so ferne überwinden und von ihren satisfactionsbegehren abstehen
3
sollte, zumaln weiln sie auch ansehliche contributiones vieler orten erhoben.
4
Nachdem aber die Kayserliche herren plenipotentiarii selbsten diese mate-
5
riam nochmals denen ständen ad deliberandum hetten geben und zu ver-
6
muhten , zumaln auch die beyde cronen sich in diesem stukh Ihrer Fürst
7
lichen Gnaden sehr eiferig annehmen, daß ohn derselben satisfacirung das
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friedenswerkh sich steken möchte; als seye er der meinung, man sollte
9
zuvorderst erwarten, was die höhere stände in hoc passu sich werden ver-
10
nehmen laßen; sollten dieselbe darzu geneigt sein, sehe er nicht, warumb die
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stätt ein vergeblich odium auf sich laden und eben allein der fürstlichen frau
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wittib die satisfaction disputiren wollten, weiln

41
12 bevorab] Strassburg , Ulm , Esslingen , Isny zumaln. In Nürnberg durchgestrichen
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und verändert.
bevorab einem evangeli-
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schen stande, welcher nicht allein diß, sondern auch ehe deßen des evangeli-
14
schen wesens mit ansehlichem nachdrukh sich angenommen und was er
15
praestiren könne, im werkh erwiesen, ein ziemlich increment nicht zu miß
16
gönnen , sondern habe man sich vielmehr zu erfreuen ursach, wann mehrere
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stimmen evangelischen theils in comitiis künfftig dadurch erhalten werden
18
mögen.

19
Bremen. Was den ersten puncten anlange, erinnere er sich, was deßwegen im
20
Prager frieden disponirt und enthalten, seye bekannt, daß die reditus kaum
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soviel ertragen, daß seine Fürstliche Durchlaucht die lebensmittel davon
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haben, und die media auffbringen mögen, diesen convent zu beschiken,
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werde also deroselben unmöglich fallen, mit einer so starken summa gelds
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aufzukommen; halte, daß man zu erwarten, wie sich die herrn fürstliche in
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diesem puncto comportiren werden.

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Punctum satisfactionis Hassiacae betreffend, wolle er zuvorderist sein
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votum, so er deßwegen ad protocollum geliefert, hiehero repetirt und
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wiederholet haben. Und weiln sie indeßen noch ein additamentum über
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geben und nicht von ihro allein, sondern auch denen herrn Schwedischen
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das werkh getrieben werde, auch der frau landgräfin petitum pro parte suae
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satisfactionis halten und darauf bestehen wollen, als möchte er ihro das stifft
32
Paderborn zu haben und zu behalten wol wünschen. Conformire sich mit
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Nürnberg, daß man auf höhere sehen und sich mit denenselben vergleichen
34
solle, nicht zweifelnd, sie werden dahin gehen, daß ihro aliquatenus satis-
35
faction gegeben werde.

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Ulm. Ad 1. sagt, seye was besonders darunter verborgen, halt, wie vom
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herrn Collmarischen angeführet, daß die herren Kayserliche und catholische
38
einen versuch thun wollen, ob wir uns dem Prager frieden wollen unter-
39
geben . Und in diesem puncten denselben applacitiren, wann es in diesem
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geschehe, würden wir uns die übrige auch müßen gefallen laßen.

43
40 Halte] Einschub in Strassburg , Ulm , Isny auch dafür.
Halte, daß

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1
man zu sehen habe, wohin die fürstliche incliniren und diß orts auch also zu
2
gehen. Magdeburg seye gar nichts geständig, sondern weise das begehren

39
2–3 an das stifft] Strassburg , Ulm , Isny vor das stifft gar ab.
an
3
das stifft, zu geschweigen, daß es mit denen intraden in so schlechtem
4
zustand, daß nichts davon zu entbehren.

5
Der andere punct seye ein inventum catholicum, uns auff die prob zu sezen,
6
ob wir von unserem voto abweichen oder bey demselben bestehen werden.
7
Bleibe man dabey, so schieben sie invidiam auf die evangelische; weiche man
8
aber, werden sie sagen, wir seyen ex alieno liberales, consequenter behutsam
9
bey der sach zu gehen und zu erwarten, was die herren fürstliche diß orts
10
thun werden. Bekenne, daß die frau landgräfin sich iederzeit treulich erwie-
11
sen , möchte wol leiden, daß ihro umb etwas satisfaction, doch sine prae-
12
judicio evangelicorum geschehe.

13
Herford. Ad 1. seye mit vorstimmenden einig, daß etwas sonders darunter
14
verborgen liege, conformirt sich ebenmäßig, daß man erwarten solle, was
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fürstliche in diesem puncten thun werden. Könnte in eventum intercessio-
16
nales , weiln es eine favorable sach, abfaßen, doch nur in generalitate, auß
17
mangel berichts, verbleiben.

18
Ad 2. Möchte der frau landgräfin ihre satisfaction wol gönnen; weiln aber zu
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besorgen, catholische werden ihre lande nicht mißen wollen, sondern die
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satisfactio auf geld außlaufen und die stätte treffen, were sie zu ersuchen, von
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ihren postulatis von selbsten abzustehen, doch könne man erwarten, was die
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fürstliche thun wollen, damit die ungunst nicht auf die stätt derivirt werde.

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Eßlingen. Halte seines theils für sehr nachdenklich, daß Churmainz die
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stätte zusammenfordern laße und ihnen materiam deliberandam nicht zu-
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gleich communicire, sondern erst an Österreich verweise. Gibt zum nach-
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denken , im fall die communicatio nicht erfolgen sollte, ob es nicht bey Mainz
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zu anden? Indeßen habe man sich nicht einzulaßen. Bey neulicher conferenz
28
habe man den stätten das jus fortificationis disputirt, das votum decisivum
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zu Münster gänzlich abgesprochen und die reichsritterschafft den stätten
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vorgezogen. Wiße nicht, ob die stätte gehalten seyen, alles mit stillschweigen
31
so fürüber gehen zu laßen, man habe ursach, sich an diesem ort zu regen.
32
Wolle sein votum suspendiren. In eventum aber könne nicht schaden, daß
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man intercessionales an Magdeburg ertheile, damit sie sich an in ansehung der
34
billichkeit miteinander vergleichen; seyen unverfänglich, man habe hier kein
35
judicium, parteyen werden von uns den außschlag nicht annehmen.

36
Ad 2. Weiln Ihre Fürstliche

40
36 Gnaden] Zusätzlich in Esslingen von dero satisfactionspostulaten.
Gnaden nicht abweichen, noch mit disputiren
37
das werkh sich außmachen laßen wolle,

41
37–38 und – weren] Ulm , Isny hingegen aber weren sie.
und sie, die Heßen Caßelische, sich
38
alhie vernehmen laßen, sie weren durch die Ligistische und Tillische

42
Zu Tilly vgl. [ S. 217 Anm. 6 ] .
armee

[p. 201] [scan. 273]


1
so greulich

39
1 verderbt – worden] Ulm , Isny verderbt worden, das sie sich selbsten vernemmen
40
lassen.
verderbt und auch betrohet worden, den herrn landgrafen also
2
zuzurichten, daß er selb ander wie ein edelmann reiten müse und

41
2–5 nun – werde] Ulm , Isny man aniezo das hefft in den händen habe, also seie.
nun sie
3
aniezo das hefft, die waffen und assistenz der cronen in handen und man auch
4
soviel vernehme, daß die herren Kayserliche selbsten zu etwas satisfaction
5
nicht abgeneigt, also werde auch anderst bey der sach zu gehen und dahin zu
6
sehen sein, daß der friede quibuscunque conditionibus erraichet und beför
7
dert werden möge; wann man der höheren gedanken vernehme, werde man
8
sich dißorts auch resolviren können.

9
Lindau. Weiln die alimentationsforderung auf den Prager frieden gegrün
10
det , seye es dahin angesehen, umb zu vernehmen, ob man denselben agnos-
11
ciren wolle; in unserm bedenken seye man auf cassation deßelben gangen,
12
wann man affirmative in einen puncten ginge, würde man im übrigen auch
13
also gehen müsen; weiln nun ohnwißend, was Magdeburg für einreden dar-
14
wieder habe, könne man erwarten, wohin die intention im fürstlichen collegio
15
außfallen möchte. Irre nicht, daß die Münsterische affirmative geschloßen,
16
dann sie alle catholisch, daß man die abforderung der acten von dem Öster
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reichischen directorio recusirt, seye wol gethan, Churmainz exorbitire ie
18
länger ie mehr vom stylo, man könne künfftig davon reden, seye bekannt,
19
wann man sich bey ihnen legitimiren wolle, daß sie die Kayserliche ein-
20
ladungsschreiben oder vidimirte copien davon begehren, welches denen
21
ständen praejudicirlich, weiln sie jure suo erscheinen können.

22
Ad 2. Weiln

42
22 sie] Zusätzlich in Esslingen die Hessen-Caßelische frau wittibe.
sie über jüngst eingegebenes memorial de novo replicirt, sich
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auch nichts hindern laßen wolle, sondern durch die Französ- und Schwe-
24
dische postulata animirt werde, als werde man sich ihrer schwerlich erweh-
25
ren können, halte, daß man, was die fürstliche gut befinden werden, erwar-
26
ten und sich alsdann mit denenselben conformiren solle. Repetirt diß sein
27
votum nomine Weißenburg am Nordgau und Kempten.

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Directorium. Formalia betreffend halte er nicht dafür, daß man große
29
contestationes deßwegen einzuwenden und sich zu praecipitiren haben
30
würde, weilen die acta nicht debito modo, wie per dictaturam billich gesche-
31
hen sollen, communicirt seyen und materia an sich selbsten so odiosa, daß
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man der deliberation lieber gar geübrigt geblieben were. Wann Mainz den
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schluß zu wißen begehre, hette man anzuzeigen, daß auß mangel der acten
34
nicht habe von dem werkh geredet werden können. Wolle man also der-
35
selben vorderist, wie gebräuchlich, erwarten.

36
Quoad materialia seye man in dem einig, daß desjenigen, was die herren
37
fürstliche in diesem puncten thun werden, zu erwarten, hoffe nicht, daß sie in
38
das erste bewilligen verwilligen werden, weiln es ohne approbation des Prager friedens

[p. 202] [scan. 274]


1
und retractation desjenigen, was in übergebenem bedenken placitirt, nicht
2
geschehen könnte.

3
Die intercessionales seyn ein stratagema strategema catholicum, was sie directo nicht
4
können bekommen, das unterstehen sie, per indirectum zu erlangen. Ver-
5
meinen , weiln sie den Prager frieden pro norma et regula aller ihrer hand-
6
lungen gesezt, die evangelische allgemächlich in denselben einzuflechten.
7
Die intercessionales können auf nichts anders, als den Prager frieden fundirt
8
werden, sollte man denselben in diesem passu erkennen, würde er in anderen
9
merklich praejudiciren. Erinnert, was neulich bey der re- und correlation
10
vorgangen; der erzbischoff habe sich wieder seinen eigenen herrn vettern in
11
puncto der vier ämter aufgelehnet und derselben restitution begehrt, unan-
12
gesehen selbige im Prager frieden außtruklich vorbehalten. Wieviel weniger
13
werde er sich zu diesem gesuch verstehen.

14
Cassellanam satisfactionem betreffend were zu wünschen, daß die frau land
15
gräfin auf remonstration der rationum und fundamenten acquiescirt hette.
16
Weiln aber die Kayserliche selbsten davor halten, daß der abgezielte frie-
17
denszweckh nicht zu erlangen, es geschehe dann auch ihro satisfaction und
18
sie sich mit lähren worten nicht abweisen laßen noch die cronen davon auß
19
sezen , sondern als ihre eigene sach treiben wollen, zumaln weiln die armee in
20
der nähe und das land noch mehr verwüstet werde, deßwegen sie auch kein
21
geld, sondern land und leut begehre, als hette man diese sowohl als der
22
cronen satisfactiones denen Kayserlichen herren plenipotentiariis anheimzu-
23
stellen . Die stätte haben damit nichts zu thun, weniger der frau landgräfin
24
die sach schwer zu machen. Sie gehe catholische stiffter an, mögen also die
25
interessenten gleichwol mit ihro tractiren.

26
Was in dem Eßlingischen vortrefflichen voto angeregt, daß man zu denen,
27
von dem Churmainzischen directorio bißhero verübten exorbitanzen nicht
28
stillschweigen, sondern das maul aufthun und dieselben gebührlich anden
29
solle, vermeine er, es seye die gebühr dabey bereits dergestalt, so schrifft- so
30
mündlich in acht genommen worden, daß die herren principalen allerseits
31
damit werden können zufrieden sein. Durch dergleichen protestationes,
32
andungen und reprochen werde der friede mehr gehindert als befürdert.
33
Man habe noch viel miteinander zu thun und also nicht ursach, sich aller
34
orten abzuwerfen und verhaßt zu machen. Wann iemand davor halten
35
sollte, daß ihme in particulari noch kein genügen geschehen were, der
36
möchte gleichwol suo nomine agiren. Indeßen bleiben die stätte im besiz
37
ihrer rechten, biß sie davon verdrungen werden.

38
Was des voti decisivi halben zu Münster vorkommen, bringe keinen nach-
39
theil , wiewol es stättischen theils nicht geandet worden. Angeführte rationes
40
bleiben unterdeßen in vigore und zwar umb soviel mehr, weiln man sich hier
41
darob beschwert, daß die stätt ein gravamen daraus gemacht, da doch
42
niemand denselben statum controversiae iemaln zu moviren begehrt habe.
43
Wann aber das instrumentum pacificationis bey der stell sein werde, werde
44
man die augen aufzuthun haben, damit denen stätten kein praejudicium

[p. 203] [scan. 275]


1
zuwachse und auf den hals gelaßen werde. Die herren Schwedische seyen
2
dergestalt mit geschäfften überhäufft, daß sie gleichsam alle stunden abge-
3
theilet und nicht wol zu behelligen. Wann aber einer oder der andere zu
4
denenselben komme, könne er diese puncten bestmöglichst unterbauen, und
5
sich zu fernerer information erbietig machen.

6
Conclusum. Man solle noch zur zeit erwarten, was höhere evangelische
7
stände thun werden und sich alßdann solcher gestalt vernehmen laßen, wie
8
in votis eventualiter per majora geschloßen, daß man nemlich in begehrte
9
intercessionales nicht bewilligen verwilligen könne, bey der Heßischen satisfaction aber
10
nichts schwer machen, sondern denen herrn Kayserlichen die tractaten über
11
laßen solle.

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