Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
109. 91. Sitzung des Städterats Osnabrück 1647 Mai 22 8 Uhr

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91. Sitzung des Städterats


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Osnabrück 1647 Mai 22 8 Uhr

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Strassburg AA 1144 fol. 376’–379 = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.; MEA Fr A Fasz.
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17 o. F. ( Conclusum ).

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Gewährung weiterer Zieler zum Unterhalt des Reichskammergerichts.

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Anwesend: Straßburg, Frankfurt auf der Rheinischen, Nürnberg und Memmingen auf der Schwä
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bischen Bank.

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Herr Director proponirt: Es werde denen herren abgesandten zweiffels-
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frey bekandt sein, warum dieser convent angestellet seye, nemblich zu resol-
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viren , was denen herren cameralibus zu Speyer auff ihr an der anwesenden
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chur-, fürsten und stände abgesandten wegen ihrer underhaltung abermah-
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len abgelaßenes inständiges bittschreiben in antwortt zu erteilen sein wolle

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Schreiben des Reichskammergerichts vom 8./18. Mai 1647 mit Angabe der auf der Frankfurter
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Ostermesse erlegten Kammerzieler ( Meiern V S. 297 –299).
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Werden also die herren abgesandten, ihre gemüthsmeinungen dabey zu eröff
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nen , ohnbeschwert erscheinen.

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Frankfurt sagt: Er habe sowohl das gestriges tages per dictaturam com-
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municirte schreiben der herren cameralen als auch beygeführte listam der-
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jenigen , welche ihre gebühr zum theil abgestattet haben, gesehen. Seiner
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herren und oberen halber habe er, weiln sie ihre quotas, wie vorhin, also
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auch jetztmahlen erleget, anderst nichts zu erinnern, alß daß die herren
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camerales ihre underhaltung leichtlich erlangen wurden, wann andere stände
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dergleichen theten, sonsten aber sich mit demjenigen, was im fürstenrath
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deßwegen geschloßen werden möchte, zu conformiren

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FR Osnabrück vom 22. Mai 1647 ( Meiern V S. 299–303 ).
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Neben diesem habe der herr Lindauische ihme commission auffgetragen,
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sein votum dahin abzulegen, er hette nemblichen, soviel seine herren und
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oberen betreffe, darum nichts zu erinnern, weiln sie ihr contingent, ob es
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zwar schwär hergehe, soviel möglich jederzeit entrichtet. Wegen Wimpffen
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aber wiße er sich nichts zu erclären, weiln ihnen, an ihren quoten etwas bey-
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zutragen , gantz ohnmöglich fallen wolle, in betrachtung sie zu auff bringung
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ihrer kriegscontribution die glockhen und kupfferne badtkeßel hingeben
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müßen; seyen aber erbietig, wann sie ad pinquiorem fortunam kommen, das
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ihrige auch dabey zu thun.

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2. Habe die statt Heilbronn auch an ihn geschriben, daß sie ihr letzteres
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ziehl ohn eines abgestattet hette und erbietig were, künfftige Franckforter
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herbstmeß das letztere ebenmäßig zu erlegen, bitte allein, ihrer mit außzie
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hung der processen so lang zu verschonen. Wegen übriger stätt hette er

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keine commission, sie werden sich aber verhoffentlich mit denen majoribus
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auch vergleichen.

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Nürnberg sagt: Seine herren und oberen seyen zwar auch ein ziehl oder et-
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lich , als vom 192. biß 196. noch schuldig, deren abstattung durch die bestän
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dig umbliegende armeen biß dato retardirt worden, werden aber dahin
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trachten, daß von denenselben, wo nicht alles, jedoch etwas bezahlet werden
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könne. Seye allein dieses verdrießlich zu vernemen, daß die stätt nur allein
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das ihrige gethan, von denen höheren ständen aber, welche doch die meisten
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posten schuldig, die wenigsten etwas entrichtet haben; dahero billich eine
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gleichheit gehalten und die höhere eben so wenig übergangen werden sol-
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ten , wie er dann auch vermög seiner instruction angewiesen seye, dahin zu
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trachten, daß die in retardatis stehende mit etwas commination zur bezah-
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lung angemahnet werden möchten. Wolle sich im übrigen mit deme, was die
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herren fürstliche concludiren werden, conformiren. Repetirte diß sein
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votum auch suo loco et ordine nomine Regenspurg.

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Memmingen sagt: Er habe zwar seinen herren und oberen deßwegen bereits
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zugeschriben, aber noch keine antwortt erhalten, wie er sich dabey erzeigen
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solte; es werden aber dieselbe nicht gern versprechen wollen, was sie zu
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praestiren nicht vermögen und also leichtlich für entschuldiget gehalten
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werden können.

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Herr Director sagt: Nachdem eben in dieser, die herren camerales betreffen-
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den sache der schluß in neulichkeit dahin gegangen, daß man allerseits prin-
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cipalen davon parte geben, interim aber, auff 2 termin zu bezahlen, sich auß
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laßen solte, habe er solches an seine herren und committenten gleicher ge-
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stalt schrifftlich gelangen laßen und darauff von Straßburg aus volgende
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instruction bekommen: An unserem orth köndten wir uns mit fuegen gäntz
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lich entschuldigen, weiln unsere kauff- und schiffleuth, der Krebsischen
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praetension halben

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Gemeint ist der kurmainzische Gesandte Dr. Johann Adam Krebs, der offensichtlich die kollektive
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Verantwortung von Kaufleuten für ihre Heimatstadt vertrat und sie – bei einem Fehlverhalten ihrer
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Kommune – mit Repressalien bedrohte.
, die meßen nicht besuchen können, sondern umb sol-
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cher händel willen, die sie alß privati nicht, sondern wir zu vertretten haben,
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mitt im heyligen reich verbottenen ohnverantworttlichen repressalien be-
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schwerdt und, ohnerachtet wir unß öffters des rechten erbotten, auch hin-
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widerumb zu abtreibung angeregter widerrechtlichen arresten um verhelf-
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fung deßen durch mandata und dienliche process das hochlöbliche Kayser-
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lichen cammergericht ersucht, die desiderirte hülffe dannoch nicht erlangen
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mögen. Gestalten wir kein bedenckhen haben, daß mit dieser gelegenheit ihr
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euch deßen sowohl im stättrath als gegen anderer höherer stände gesandten,
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zuvorderst aber der confoederirten cronen plenipotentiarien beclaget.
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Gleichwohl aber, damit wir unß nicht allein die schuldt oder den verdacht,
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als ob wir dismembration und zerrüttung der höchsten justitien im reich

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belieben trügen, über den halß ziehen, stellen wir es dahin, wofern andere
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und sonderlich die außschreibende die abstattung zweyer ziehl innerhalb
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monatsfrist einwilligen, welches ihr bey ihren abgesandten zu erkundigen
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wohl vermöget, daß wir uns mit ihnen conformiren und auf einlangende
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notification keinen mangel scheinen laßen wollen.

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Von Ulm: Was erstlich dem den cammergerichtlichen underhalt anlangt, weil
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unserthalb ein schlechtes hinderstehet, so laßen wir es bey dem stättischen
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anderwerts gemachten schluß bewenden.

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Von Speyer: Wie nun unseres wenigen orths wir nicht zu verbeßern wißen,
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was der erbaren frey- und reichsstätt löbliches collegium, gedachten cam-
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mergerichtlichen underhalts halben, vor rathsam und guth befunden, also
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mögen dem herren wir benebenst freundtlich nicht verhalten, welcher maßen
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wir an statt der jährlichen den ständen obligenden underhaltungsziehler
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angeregtes cammergericht mit bequemlichen hochkostbarlichen gebäu und
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beholtzung bißher jederzeit versehen müßen, wie noch, daß also gedachtes
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collegium camerale des geclagten underhalts halben, so fern an unß weiters
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nichts zu praetendiren und wir dahero unß den majoribus dißfalls umb so da
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mehr conformiren können. Sonsten kombt unß sehr nachdenckhlich vor,
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warum die herren camerales in ihrem letztern nacher Münster gethanem
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schreiben hiesiger statt securitet halber nicht allein nichts gedacht, sondern
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auch, warum solches im churfürstlichen collegio ebenmäßig nicht in einige
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proposition oder deliberation gestellet worden?

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Von Colmar: Ob nun wohl bey noch wehrenden beschwärlichen außgaben
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und dagegen aller orthen gesteckhten gefällen, darmit übel auffzukommen, in-
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dem wir ohne das bisher unß auch gleichsam über vermögen, damit alle
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widrige clagen und verweiß zu verhütten, angegriffen, laßen wir jedoch
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auch unß nicht zuwider sein, da es bey den übrigen stätten auch beliebt
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werden möchte, daß der schluß dahin gemacht und dardurch das collegium
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noch auffrecht erhalten werden möchte; seindt auch an unseren orth auff
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weittere avisation, die schuldigkeit in acht zu nemen, erbietig.

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Conclusum. Weßen man sich zu ohnzertrenter auffrechterhaltung des hoch
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löblichen Kayserlichen cammergerichts an seitten hiesigen stättcollegii, den
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26. Martii nächsthin, erbotten, nemblich wegen vorgeschlagener beytragung
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zweyer verfallener ziehler allerseits herren principalen instruction und spe-
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cialbevelch mitt erstem einzuhohlen, das ist nicht allein der gebühr beobach-
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tet und werckhstellig gemacht, sondern auch die resolutiones, außer denen
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reichsstätten, welche entweder nichts restiren oder durch das verderbliche
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kriegsunwesen von allen mitteln kommen, dahin ertheilt und eingerichtet
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worden, daß, wie schwär es gleich bey anderen obhabenden vielfältigen
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expensen und dagegen aller orthen gesteckhten intraden und gefällen, damitt
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hergehen möchte, sie dannoch auff den fall, da von denen höheren ständen
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des reichs ein gleichmäßiges ervolgen solte, der erlag zweyer restirender
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termin sich nicht entziehen, sondern über bereits dargeschossenes noch fer-

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ner angreiffen und den einen inner monatsfrist, den anderen aber auff nechst-
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kommende Franckforter herbstmeß abstatten zu laßen, mit der maß beque-
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men wollen, wofern der bißher, sonderlich auff offentlichem Rheinstrom zu
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höchstschädlicher behinderung der commercien, dannenhero doch die
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underhaltungsmittel vornemblich erhoben werden müßen, verhengte thät
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lichkeiten , arresta und repressalien, und darunder in specie die Millendonk-
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kische , abgestellet, der executions ordnung inskünfftig nachgegangen und
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denen reichsstätten sowohl als anderen ständen des reichs in billichmäßigen
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und der cammergerichtsordnung fundirten desideriis schleunige justitia ad-
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ministriret und mittgetheilet wirdt. Weiln auch die herren camerales von ab
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führung der in Speyer ligenden guarnison und neutralisirung gemeldter statt
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ein merckliche erleichterung empfinden würden, alß erhohlt man die deß
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wegen stättischen theils öffters geschehene wohlmeinende erinnerungen und
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bittet höchstes fleißes, derenselben an dienlichen orthen per deputatos auß
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allen dreyen reichscollegiis deren mahl eines dahin eingedenckh zu sein, da-
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mitt besagte höchstbetrangte statt derselben auff allen fall habhafft werden
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möge.

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