Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
129. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXXIV) Osnabrück 1647 März 6/16

2

Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXXIV)


3
Osnabrück 1647 März 6/16

23
Diktiert 1647 IV 9/19.

4
Braunschweig-Calenberg B I fol. 369’–392’ (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
5
Durlach A I fol. 381–403’, Braunschweig-Celle A I fol. 17–51’, Braunschweig-Celle B
6
I unfol., Braunschweig-Wolfenbüttel B I fol. 272’–297, Braunschweig-Wolfenbüttel
7
C I fol. 367–396’, Hessen-Kassel A XIII fol. 406–410 (unvollständig

24
Endet nach dem Magdeburger Votum.
), Magdeburg E
8
fol. 447–452, 453–463, 464–477, 478–480, Magdeburg Ea fol. 530–557’, Pommern A I
9
fol. 465–484, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 389–409, Sachsen-Gotha A V fol. 307–322’,
10
Sachsen-Lauenburg B S. 765–803, Sachsen-Weimar A V fol. 302–316, Sachsen-Weimar
11
B VIII fol. 97–123’, Grafen von Schwarzburg A I fol. 281–303’, Wetterauer Grafen
12
( Nassau-Dillenburg) C 2 fol. 62–84, Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A III
13
4 fol. 220–247, Wetterauer Grafen ( Ysenburg) A I unfol., Württemberg A I S. 759–806,
14
(ab dem österreichischen Votum) Würzburg A I 1 fol. 189–222, Druck: Meiern IV, 367–383;
15
vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol. (Notiz), Braunschweig-Celle B I unfol.
16
(Konzept), Magdeburg D fol. 292–311’ (Mitschrift), Pfalz-Neuburg (3609) fol. 402–412’
17
und (damit identisch

25
Pfalz-Neuburg (3610) enthält die ksl. Proposition (s. folgende Anm.), Pfalz-Neuburg
26
(3609) nicht.
) Pfalz-Neuburg (3610) fol. 12–22’.

18
Beratungsvorlage: Kaiserliche Proposition in der pfälzischen Sache

27
Text, s. l., s. d.: Londorp VI, 253; Meiern IV, 383 ff.; APW III A 1/1, 729 Z. 1–732 Z. 2;
28
zur ksl. Überlieferung s. APW II A 5 Nr. 313 Beilage 1 (praes. [Osnabrück] 1647 III 13
29
dem Kurmainzer Reichsdirektorium). Inhalt: [1.] Die Übertragung der Pfälzer Kur auf
30
Hg. Maximilian von Bayern und die ganze Wilhelminische Linie der Wittelsbacher sowie
31
die Überlassung der (bislang pfandweise besessenen) Oberpfalz sollen bestehenbleiben;
32
[2.] eine achte Kur soll errichtet und diese mit der Unterpfalz unter bestimmten Bedin-
33
gungen (s. Anm. 8) auf die Heidelberger Linie des Hauses Pfalz übertragen werden. Zur
34
Errichtung einer achten Kur erbittet der Ks. die Zustimmung der Reichskurien. FRM und
35
SRO berieten gleichzeitig mit dem FRO darüber, während der KFR nur die Proposition
36
anhörte und am 18. März abstimmte ( APW III A 6 Nr. 97; 1/1 Nr. 111, 112; Immler,
37
Kurfürst, 383f. [S. 383 zur Formulierung der Proposition]; Albrecht, Maximilian, 1028).
38
– Die Wilhelminische Linie der Wittelsbacher ist die auf Hg. Wilhelm V. von Bayern
39
(1548–1626, 1579–1597 Hg.), den Vater Kf. Maximilians I., zurückgehende Deszendenz
40
( Schwennicke I.1 T. 107; Sammer, 189–201).
.

19
1. Beibehaltung der Kurtranslation und der Übertragung der Oberpfalz auf Kurfürst Maxi-
20
milian
I. von Bayern und die Wilhelminische Linie der Wittelsbacher; 2. Zustimmung zur
21
Errichtung einer achten Kur zur Lösung der Pfalzfrage? (vgl. später Art. IV,3,5 IPO = §§ 11,
22
13 IPM)

[p. 100] [scan. 216]


1
Eine Umfrage sowie Vorbehalt aller Anwartschaftsrechte auf die Pfälzer Kur und die Pfälzer
2
Kurlande durch Pfalz-Lautern, -Simmern, -Zweibrücken und -Veldenz; Übergabe einer
3
„Nebenproposition“ (wegen seiner Nachfolgerechte in der Pfälzer Kur und den Kurlanden)
4
und eines Antrags durch Pfalz-Neuburg

39
Zu Textnachweis, weiterem Inhalt der „Nebenproposition“ sowie zu Textnachweis und
40
Inhalt des Antrags s. Anm. 74 und 76.
mit Bitte um Diktatur; Bitte Pfalz-Neuburgs und
5
anderer um Diktatur der kaiserlichen Proposition; Beschwerde Pfalz-Neuburgs und anderer
6
über Verzögerung der Diktatur von Reichssachen durch das Kurmainzer Reichsdirektorium;
7
Bitte Magdeburgs und anderer evangelischer Reichsstände um vorrangige oder gleichzeitige
8
Behandlung der Religionsgravamina mit der Pfalzfrage; Protest Pfalz-Zweibrückens gegen
9
die Führung des Pfalz-Veldenzer Votums nach dem württembergischen, Rechtsvorbehalt
10
namens des Gesamthauses Pfalz wegen des Ranges der pfälzischen Voten in der Votierord-
11
nung
sowie Protest gegen die Bezeichnung des Pfalz-Veldenzer Votums; Gegenprotest und
12
Rechtsvorbehalt durch Pfalz-Veldenz wegen des Standes und Ranges Pfalzgraf Leopold Lud-
13
wigs
; Rechtsvorbehalt und Eventualprotest Sachsen-Altenburgs namens des Gesamthauses
14
Sachsen wegen des Ranges der sächsischen Voten in der Votierordnung.

15
Mehrheitsbeschluß: Prinzipielle Zustimmung zu Punkt 2 der kaiserlichen Proposition ohne
16
Stellungnahme zu Einzelheiten.

17
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Pfalz-Lautern, Salz-
18
burg, Magdeburg, Würzburg, Pfalz-Simmern, Hildesheim, Pfalz-Neuburg, Basel

41
Die Vertretung des Hst.s Basel ist unsicher (s. S. 125 Z. 30ff.).
, Pfalz-
19
Zweibrücken, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sach-
20
sen-Eisenach, Brandenburg-Kulmbach, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle, Braun-
21
schweig-Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel (durch Braunschweig-Grubenhagen),
22
Braunschweig-Calenberg, Baden-Durlach (durch Braunschweig-Grubenhagen), Pommern-
23
Stettin, Pommern-Wolgast, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Württemberg (votiert auch
24
für Pfalz-Veldenz), Mecklenburg-Schwerin (durch Braunschweig-Grubenhagen), Mecklen-
25
burg-Güstrow (durch Braunschweig-Grubenhagen), Sachsen-Lauenburg, Anhalt, Wetter-
26
auer Grafen, Fränkische Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Per-
27
sonenregister.)

28
Österreichisches Direktorium. Es hetten die Kayserlichen herrn ple-
29
nipotentiarii dem Churmaynzischen reichsdirectorio unnd daßelbe des
30
fürstenrahts directorio zu erkennen gegeben, wasgestalt sie desiderirten,
31
daß dasiennige, was etwan wegen der Churpfälzischen difficultäten hin
32
unnd her tractiret worden, bey churfürsten, fürsten unndt ständen in pro-
33
position unnd consideration gezogen und deroselben einwilligung unnd
34
consens darüber vernommen werden möchte. Und weil nun das Pfälzi-
35
sche wesen ein brunquel aller motuum gewesen und ihnen allerseits nicht
36
unwißend, daß an deßen hin- unndt beylegung dem Heyligen Römischen
37
Reich zu beforderung des ganzen haubtfriedenwercks hoch unnd viel gele-
38
gen, hette man es auch vorm iahr, am 25. Augusti iüngsthin, wie bewust,

[p. 101] [scan. 217]


1
zu Münster fürnehmen wollen

24
Der gesamte Komplex der Pfalzfrage hatte im August 1646 in den Reichskurien proponiert
25
werden sollen. Es kam nicht zu den in Münster auf den 27. August anberaumten Sitzun-
26
gen, weil Ernst aus Osnabrück meldete, die Protestanten hielten zum damaligen Zeitpunkt
27
mit Rücksicht auf Schweden eine Beratung nicht für günstig; denn die Schweden verlang-
28
ten, die Reichsberatung aufzuschieben, bis die Pfalzfrage mit ihnen abgehandelt sei. Die
29
(Kur-)Bayern bemühten sich demgemäß in den folgenden Monaten um schwed. Wohl-
30
wollen in der Pfalzfrage, nachdem ein mehrheitlich positives Votum der Rst. bereits sicher
31
schien ( Immler, Kurfürst, 307f.; Albrecht, Maximilian, 1027).
, darumb man sowol a parte directorii alß
2
an seiten der Kayserlichen herrn plenipotentiariorum etc. keinen zweifel
3
trage, fürsten unnd stände würden indeßen der sachen reiflich nachgedacht
4
haben unndt nun hierüber begertermaßen ihre gedancken eröfnen. Ihre,
5
der herrn Kayserlichen, mainung aber laute also:

6
(Wie er dieselbe formaliter ablase unndt [sie] hernach unterm Churmain-
7
zischen reichßdirectorio publice dictiret worden etc. Finita lectione [con-
8
tinuabat]:) Aus welchem sie dann sehen, worinnen der scopus et nervus
9
praesentis quaestionis bestehe, nemblich auf’m octavo electoratu etc. Weil
10
nun ein sölches mittell zu beruhigung des lieben vaterlandes hochnötig,
11
so würden sie es wol zu herzen führen unndt sich also darauf resolviren,
12
damit das friedenswerck lenger nicht aufgehalten werde, sondern durch
13
hinlegung unnd accommodirung dieser schweren sache die allgemeine
14
hochverlangte beruhigung desto ehe erfolgen möge etc.

15
Österreich. (Dieses votum würde dahin abgeleget, wie hierbey sub
16
numero 16 in forma zu befinden etc.:) Man befinde Osterreichischen
17
theils, das die proposition in zweyen puncten beruhe: 1. Waßgestalten
18
die Römische Kayserliche mayestät bey der translation der churdignität
19
unnd der Obern Pfalz nochmahln verpleiben, 2. ihre Kayserliche mayestätt
20
churfürsten, fürsten unndt stände gnedigst ersuchen, in das mittel des
21
electoratus octavi zu verlangter hinlegung der Pfälzischen sache umb des
22
lieben friedens willen auch zu consentiren und einzuwilligen, auf maaß
23
unndt wege, wie die conditiones in der proposition sich verhalten

32
Die ksl. Proposition (Anm. 4, hier Meiern IV, 384 f.) nennt als Bedingungen für die Errich-
33
tung einer achten Kur für die Heidelberger Linie des Hauses Pfalz: [I.] ihre Unterwerfung
34
unter den Ks.; [II.] die letzte Stelle in der Rangordnung für die neu geschaffene Kur;
35
[III.] fünf Bedingungen für die gleichzeitige Investitur mit der Unterpfalz: 1. Fortbe-
36
stand der aktuellen konfessionellen Verhältnisse; 2. Verbleib der verpfändeten Teile der
37
Bergstraße bei Kurmainz gegen Erlegung des Pfandschillings; 3. Verbleib des Stifts Neu-
38
hausen im Besitz des Hst.s Worms; 4. Rechtsgültigkeit der Übertragungen pfälzischer
39
Lehen durch den Ks. oder den bay. Kf.en seit 1623; 5. Erhalt von Reichsunmittelbarkeit
40
und Privilegien für die Freie Reichsritterschaft in Franken, Schwaben und am Rhein. – Zu
41
Punkt 1 s. Anm. 19, zu 2 Anm. 20, zu 3 Anm. 22, zu 5 Anm. 23.
.

[p. 102] [scan. 218]


1
Nunn hette man sich gegen der Kayserlichen mayestätt allerunterthenigst
2
zu bedancken, daß sie aus so trewer väterlicher fürsorg zu bestendiger
3
beruhigung des Heyligen Römischen Reichs immerdar und so embsig
4
trachten, mit gehorsambster bitt, darinnen also zu continuiren, damit der
5
liebe friede sowoll in dieser sachen alß andern dabey fürlauffenden dif-
6
ficultäten umb der eußersten noht willen fordersambst erlanget unndt
7
dadurch das Reich hinwieder zu seinem vorigen wolstand, hoheit unndt
8
glori erhoben werde etc.

9
[1.] Soviel den ersten punct betrifft, weil gedachte translation vermöge der
10
güldenen bull unndt reichsconstitutionen bey ihr Kayserlicher mayestätt
11
bestanden

20
Kap. VII [2] der Goldenen Bulle von 1356 gibt dem Ks. oder Röm. Kg. bei Vakanz eines
21
Kft.s das Recht der freien Vergabe, als sei es an ihn und das Reich rechtmäßig heimgefallen,
22
eingeschränkt nur durch die besonderen Rechte des Kgr.s Böhmen ( MGH LL IV t. XI.VII,
23
586, 588). Ein RHR -Votum über den Kuranspruch Pgf. Wolfgang Wilhelms von 1621 II
24
5 hatte dem Ks. das Recht zur Vergabe der pfälzischen Kur zugesprochen (Text: BA I 2
25
Nr. 23, hier 72f.; Dokumente I.3,2 Nr. 222, 895f.; Albrecht, Politik, 52; Steiner, 58); doch
26
wurde es von den Agnaten des geächteten Kf.en Friedrich V. von der Pfalz bestritten (s.
27
Anm. 16 und 68). – Zu Friedrich V. s. jetzt Zeeden, Friedrich V, 152f.; Croxton / Tischer,
28
96f.
unndt dieses alles vom churfürstlichen collegio, auch auf offe-
12
nen reichstägen, approbiret worden

29
Die ksl. Proposition (Anm. 4, hier Meiern IV, 384 ) bezieht sich, genauer, auf das Ga.
30
zur Pfalzfrage des KFT Mühlhausen von 1627 XI 4, insbesondere Punkt 3, das als eine
31
Bedingung für die Aufhebung der Acht den Verzicht Pgf. Friedrichs V. auf die Pfälzer
32
Kur empfahl (Regest: BA II 3 Nr. 470, hier 738; s. Breuer, 83f.). Ferner verweist die ksl.
33
Proposition auf die Zulassung Kf. Maximilians I. zu allen KFT, RT und RDT seit 1627
34
(genannt in APW III A 1/1, 729 Anm. 3), der Maximilians Aufnahme in den Kurverein am
35
27. Juli 1624 vorausgegangen war; die fehlende Zustimmung Kurbrandenburgs war durch
36
dessen Anerkennung der bay. Kur auf Lebenszeit am 22. Mai 1624 nachgeholt worden
37
( BA II 1, 567f. Anm. 2; Regest der Erklärung Kurbrandenburgs, Königsberg 1627 V 22:
38
BA II 3 Nr. 398; Albrecht, Maximilian, 665f., 671).
, es auch an ihme selbsten die un-
13
erhörteste unbilligkeit were, das die Römische Kayserliche mayestätt den
14
kriegescosten, so sich nicht alleine auf 13

39
Kf. Maximilian I. hatte seine Kriegskosten für den böhmisch-pfälzischen Krieg auf 13 Mil-
40
lionen fl. beziffert. 1628 erhielt er dafür bei Rückgabe des ihm 1623 verpfändeten Ober-
41
österreich die Oberpfalz und die bay. besetzten Ämter der Unterpfalz als Reichslehen
42
( APW III A 3/3 [Nr. 111 Anm. 76] ).
, sondern anderweit mehrere
15
millionen, so ihre mayestätt anderwerts außlegen müßen, belauffen unnd
16
von dem pfalzgraf Friederichen

43
Gemeint ist der 1621 wegen Reichsrebellion geächtete Kf. Friedrich V. von der Pfalz.
durch das von ihm begangene unnd von
17
aller welt für unrecht erkandte factum veruhrsachet worden, ohne einige
18
ergezligkeit ihrer leute unndt verderbten land allein tragen sollen, als hatt
19
es billig bey sölcher disposition sein unverenderliches verpleiben, bevor-

[p. 103] [scan. 219]


1
derist das

20
das bedeutet hier weil ( Grimm II, 817 s. v. dasz Punkt 6).
wißend ist, das die cron Franckreich sölches alles approbiret
2
unndt ihre churfürstliche durchlaucht aus Bayern dabey zu manuteniren
3
versprochen

21
Frk. hatte sich 1621 für die Kurübertragung auf Hg. Maximilian von Bayern eingesetzt
22
und in den folgenden Jahren daran festgehalten. Die (kur-)bay. Ges. Haslang und Krebs
23
erhielten am 14. September 1646 die frz. Zusage, den bay. Standpunkt in der Pfalzfrage bei
24
den Schweden zu unterstützen, indem die fünfte Kur und die Oberpfalz bei Bayern ver-
25
bleiben sollten, während die Heidelberger Linie der Wittelsbacher eine neu zu errichtende
26
achte Kur und die Unterpfalz erhalten würde. Die Franzosen sagten dies damals auch den
27
Ksl. mündlich zu ( Immler, Kurfürst, 279; Albrecht, Maximilian, 1022–1025).
.

4
[2.] Den anderen punct betreffend, ist es zwart schwer, wieder die her-
5
gebrachte ordnung den octavum electoratum einzuführen; demnach aber
6
kein anders mittel zu beyseitslegung dieser sachen unndt zu erlangung
7
des lieben friedens zu finden, so wirt man auch mit den legibus und dem
8
herkommen in etwas dispensiren und von demselben communi consensu
9
abweichen müßen. Dann weil die Römische Kayserliche mayestät nebst
10
churfürsten, fürsten unndt ständen die güldene bull aufgerichtet, so ste-
11
het auch bey denselben, urgente necessitate et ne tota res publica pereat,
12
einen oder andern punct in derselben zu verendern, zu vermehren oder
13
zu verbeßern

28
S. Anm. 44.
. Und demnach dann die Kayserliche mayestätt selbsten als
14
hierbey der vornembste interessirender kein bedencken tragen, die herrn
15
pfalzgrafen

29
Gemeint sind die Söhne des geächteten Kf.en Friedrichs V. Der Prätendent Pgf. Karl Ludwig
30
betrieb die Restitution seiner Familie von London aus, wo er seit 1644 als Parteigänger des
31
Parlaments lebte. Von seinen Brüdern lebten damals noch Ruprecht, Moritz, Eduard und
32
Philipp. Ruprecht (auch Rupert), seit 1644 earl of Holderness und duke of Cumberland,
33
mußte auf Befehl des Parlaments im Juli 1646 England verlassen, übernahm in Frk. ein
34
Truppenkommando und kämpfte im Sommer 1647 gegen die Spanier in Flandern. Keiner
35
der Pgf.en hatte 1647 einen männlichen Erben ( Schwennicke I.1 T. 95; Morrah, 213ff.;
36
Trevor-Roper, 245f., 251f.; Croxton / Tischer, 54f.; zu Prinz Ruprecht s. BBA I 954,
37
139–238; II 1745, 248; NEB X, 242). Nach ksl. Auffassung hatten sich auch die Söhne
38
gegen Ks. und Reich vergangen (ksl. Proposition, hier Meiern IV, 384 ) und damit ihr
39
Recht auf Nachfolge verwirkt, doch wollte Ks. Ferdinand III. sie aus politischen Gründen
40
begnadigen.
mit dem octavo electoratu also Kayserlich zu begnaden, und
16
sonsten kein mittel zu finden, das einer unnd anderer parthey zugleich
17
könne satisfaction gegeben werden, entlich auch der frieden fast an diesem
18
hafften will, als hat man hierwieder wegen des hochlöblichsten erzhauß
19
Österreich kein bedencken (wie man dann auch die gewiße nachricht hat,

[p. 104] [scan. 220]


1
das beede cronen wegen des octavi electoratus kein bedencken tragen

10
Frk. befürwortete die Errichtung einer achten Kur (s. Anm. 14). Schweden setzte in einem
11
Textvorschlag für eine Übereinkunft zwischen Ks. und Reich sowie Schweden und Frk. über
12
die pfälzische Sache, praes. den Ksl. 1647 II 28, zwar die Errichtung einer achten Kur voraus,
13
forderte aber den Wechsel der Münchener Wittelsbacher in diese achte Kur nach dem Tod
14
Maximilians. Die Ksl. lehnten diesen Wechsel in ihrer diesbezüglichen Erklärung in Causa
15
Palatina ab (Text des schwed. Vorschlags, s. l., s. d., diktiert 1647 III 1 durch Magdeburg:
16
Meiern IV, 356 f., hier 356, zweiter Absatz des Textvorschlags, beginnend Primo omnium;
17
Text der ksl. Erklärung in Causa Palatina zum schwed. Vorschlag, Osnabrück 1647 III 4:
18
Meiern IV, 358 f., hier 358, vierter Absatz der Erklärung, beginnend Ad § „Ita tamen“; zur
19
ksl. Überlieferung des schwed. Textvorschlags und der ksl. Erklärung s. APW II A 5 Nr. 280
20
Beilage [1] und Nr. 290 Beilage B; zur schwed. Überlieferung der ksl. Erklärung s. APW
21
II C 3 Nr. 149 Beilage H; ebenda, Beilage G, ist der schwed. Textvorschlag als Eingabe der
22
Kurpfälzer Ges. zur Pfalzfrage bezeichnet). Zu dieser ksl. Erklärung vom 4. März hatten
23
die Schweden noch nicht Stellung genommen. Am 11. März signalisierte Oxenstierna
24
erstmals Entgegenkommen gegenüber den kurbay. Ges. , indem er sie zur Visite empfing,
25
während des Gesprächs Maximilian als „Kf.“ titulierte und nichts dagegen einzuwenden
26
hatte, daß in den drei Kurien über die Pfalzfrage beraten wurde. Bei Vorliegen des rst.
27
Ga. s würde Schweden die erwartete Erklärung zur Pfalzfrage abgeben ( APW II A 5, 614
28
Z. 4–22; II C 3, 322 Z. 29–333 Z. 44; III C 2/2, 826 Z. 8–12, 17f.; Albrecht, Maximilian,
29
1025–1028).
),
2
sondern lest’s auf maß unnd weise, wie sölches bedinget worden

30
Bezug auf Punkt [III] 1–5 der ksl. Proposition (s. Anm. 8).
, aller-
3
dings dabey verpleiben. Dann es (1.) für sich selbst billig, das es in dem
4
stande der religion verpleibe, wie sich derselbe anizo befinde

31
Während in der Unterpfalz vor dem Dreißigjährigen Krieg das reformierte Bekenntnis
32
(gemäß der Konfession des Pfälzer Kf.en) herrschend gewesen war und fast keine Katholi-
33
ken dort gelebt hatten, gab es am Ende des Krieges bedeutende luth. und kath. Minderhei-
34
ten neben dem weiterhin dominierenden reformierten Bekenntnis. In einzelnen Ämtern
35
(wie Boxberg und Mosbach im kurbay. verwalteten, rechtsrheinischen Teil) war sogar die
36
Mehrheit kath. ( Warmbrunn, Simultaneen, 102; Maier, 289–292; Schindling / Ziegler,
37
42; Warmbrunn, Bistum, 202).
. (2.) Ist es
5
mit der Bergkstraße eine richtige, pilliche sache, weil sölche von Churpfalz
6
nur pfandtsweise beseßen, auch in der pfandtverschreibung von Churpfalz
7
versprochen worden, gegen erlegung des pfandschillings alsobalden undt
8
ohne einige process unnd weigerung abzutreten

38
Kurmainz hatte 1463 die zur Bergstraße gehörigen Städte und Schlösser Starkenburg,
39
Heppenheim, Bensheim und Mörlenbach sowie die Vogtei über das Kloster Lorsch für
40
100 000 fl. und 1544 bei gleichzeitiger Erhöhung des Pfandschillings um 10 000 fl. die Orte
41
Sobernheim, Monzingen und Böckelheim an Kurpfalz verpfändet, 1621 die Pfandschaf-
42
ten mit der vorgesehenen einjährigen Frist gekündigt, 1622 einen vergeblichen Versuch
43
zur Wiedereinlösung unternommen und sie 1623 mit ksl. Zustimmung in Besitz genom-
44
men. Seither waren sie (abgesehen von der schwed. Besatzung 1631–1634) in Kurmainzer
45
Besitz (s. Revers Kf. Friedrichs I. von der Pfalz, Heidelberg 1463 XI 27, mit Zusage der
12
Wiedereinlösbarkeit und inserierter Verschreibung des Kf.en und Domkapitels Mainz, s. l.
13
1463 XI 27, diktiert 1647 III 3 durch Kurmainz, Text: DuMont III.1 Nr. CCXXVI,
14
291ff.; Meiern IV, 362 –366; ferner zwei Notariatsinstrumente, Aschaffenburg 1621 I 20
15
und Frankfurt 1622 II 4, über Aufkündigung und Einlösungsversuch der Pfandschaft
16
durch Kurmainz, Text: HStA Stuttgart A 90 D Bd. 8 fol. 114–117’, 118–121’; Gustav
17
Christ, 103f.; Fabricius, 117–126; Schaab, Bergstraße, 263; Jürgensmeier, Schönborn,
18
125f.; Schaab II, 117, 119, 125; Jürgensmeier, Kurmainz, 91ff.; Albrecht, Maximilian,
19
572; Croxton / Tischer, 28f.; s. auch Anm. 79).
. Dahero dan sölche
9
pfandtschafft die herrn pfalzgrafen, wann ihnen gedachte Bergstraße izt

[p. 105] [scan. 221]


1
schon restituiret werden soll, alsbalden wiederumb abtreten müßen. Turpe
2
est

20
Turpe est bedeutet es verstößt gegen gute Gesetze und Sitten (vgl. Oberländer, 699 s. v.
21
Turpis und Turpiter ).
autem petere id, quod mox restituere oportet eundem. [(3.)] Das stifft
3
Newhausen betreffend, ist es in den reichsacten notorium, das sich die
4
Churpfalz ihrer Kayserlichen mayestät und aller churfürsten, fürsten unnd
5
stände auf offenem reichstage ergangenen urthell wiedersezet

22
Kf. Friedrich III. von der Pfalz widersetzte sich auf dem Augsburger RT 1566 dem Dekret
23
Ks. Maximilians II. vom 14. Mai, das ihm die Wiederherstellung aller widerrechtlich aufge-
24
hobenen Klöster und Stifte befahl, zu denen das Stift St. Cyriakus in Neuhausen bei Worms
25
gehörte, das dem Hst. Worms und der kurpfälzischen Schirmvogtei unterstand. Hst. und
26
Stiftsherren hatten sich beim Ks. über die vom Kf.en im Mai 1565 gewaltsam durchgeführte
27
Säkularisation beschwert. Ein Ständedekret, Augsburg 1566 V 11, empfahl, dem Kf.en die
28
Restitution und Abstellung aller Neuerungen aufzuerlegen; die Ermahnung des Kf.en
29
könne eine ksl. Kommission regeln. Der Kf. berief sich in seinen Gegenberichten auf den
30
ARF , der ihn zur Reformation der Stifte berechtige, s. RTA RV 1566 I Nr. 460 Anm. 30
31
(Ständedekret), Nr. 313 (ksl. Dekret gegen den Kf.en von 1566 V 14), Nr. 314 (Vortrag des
32
Kf.en vor Ks. und Rst. n von 1566 V 14), Nr. 460 Anm. 33 und 37 (1. und 2. Gegenbericht
33
des Kf.en von 1566 V 14 und 23). 1626 wurde St. Cyriakus mit ksl. Genehmigung dem Hst.
34
restituiert und mit päpstlicher Zustimmung in ein bfl. Tafelgut umgewandelt ( Villinger,
35
20f., 101ff.; Hollweg, 49f., 329–349; Abmeier, Sötern, 151f.; Schaab II, 43f.; Keilmann,
36
Bistum, 178; Edel, 223ff.; Warmbrunn, 199; zu Kf. Friedrich III., 1515–1576, 1557 Pgf.
37
zu Simmern, 1559 Kf., 1546 luth., 1560/61 reformiert, s. Schwennicke I.1 T. 94; Fuchs,
38
Friedrich III., 530ff.; Zeeden, Friedrich III., 152f.; Nischan, 140f.; zu Ks. Maximilian
39
II., 1527–1576, 1562 Röm. Kg., 1564 Ks., s. Rudersdorf, 78–97; Press, Maximilian II.,
40
471–475).
; dahero
6
dan nichts mehr als pillich, alß das das stifft Wormbs bey sölcher pos-
7
session manuteniret werde. Die (4.) und (5.) bedingnüß tragen für sich
8
selbsten diese billigkeit auf dem rücken, weiln sonsten die possessores der
9
lehn und lehnsleute wieder recht beschweret und umb das ihrige gebracht
10
werden; die freye reichsritterschafft aber ihrer exemtion und immedietet
11
nicht zu entsezen sein noch zu gestatten, daß sie von iemandt darwieder

[p. 106] [scan. 222]


1
beschweret werden, weil dem Römischen Reich an erhaltung derselben
2
exemtion, bevorders ihr mayestätt selbsten, mercklich gelegen etc.

20
Die Reichsritterschaft war reichsunmittelbar (bestätigt in IV,17 IPO =§ 25 IPM), unter-
21
stand nur den höchsten Reichsgerichten, war exemt von allen Reichsanlagen und weder
22
Kreis- noch Rst. Für den Ks. war sie durch ihre „Charitativsubsidien“, deren Höhe die
23
Ritterkreise Schwaben, Franken und Rhein sowie die keinem Kreis zugeordnete unter-
24
elsässische Reichsritterschaft fallweise aushandelten, eine zuverlässige Geldquelle. Die
25
Reichsritter unterstützten den Ks. durch Kontributionen und Quartierleistungen, stellten
26
gelegentlich Reiterkontingente und gaben ihm Einfluß auf geistliche Ft.er, in denen sie oft
27
hohe Stellungen bekleideten ( APW III B 1/1, 10, 103; Hellstern, 36–65; Press, Reichs-
28
ritterschaft; Derselbe, Reichsritterschaft im Reich; Derselbe, Kaiser, 170–173; Neuhaus,
29
Reich, 36f.).

3
Pfalz-Lautern. Hette mit mehrerm vernommen, was vom Österrei-
4
chischen hochlöblichen directorio wegen der Churpfälzischen sache were
5
proponiret worden, und sey anfangs darmit einig, daß ihr Kayserlicher
6
mayestät vor dero reichsväterliche Sorgfalt und friedensbegierde allerun-
7
terthenigst danck zu sagen. Es weren auch dieselbe allergehorsambs zu
8
ersuchen, daß sie in sölchem höchstrümblichsten proposito noch ferner
9
verharren wolten.

10
Soviel aber das haubtwerck anlanget, hielte er an seinem ohrt auch dafür,
11
das es uf des directorii abtheilung bestehe; dann der 1. punct beruhe uf der
12
translation der churdignität und der Obern Pfalz. Da er dann alles, was
13
in facto allegiret, ganz nicht berüren, sondern an seinen ohrt gestellet sein
14
laßen, nicht weiniger aber ihr fürstlicher gnaden, wie hiebevor mehrmahls
15
geschehen, alle competentia iura wolle reserviret haben

30
Pgf. Ludwig Philipp behielt sich die Anwartschaftsrechte auf Kurwürde und -lande vor,
31
die er als Bruder des geächteten Kf.en Friedrich V. von der Pfalz und allgemein als Mitglied
32
der Linie Pfalz-Simmern hatte (s. Anm. 68). Seine Anwartschaft war bis 1623 Gegenstand
33
diplomatischer Erwägungen, hatte aber wegen seines Festhaltens am Kalvinismus keine
34
Aussicht auf Erfolg. Auf dem Regensburger Fürstentag 1623 ersuchte der Pgf. den Ks. um
35
die Übertragung der Kur ( Riezler, 233; Rödel, 415); im FRO hatte er sich seine Rechte
36
bislang noch nicht vorbehalten lassen.
.

16
2. Was den octavum electoratum betrifft, würden verhoffentlich ihre fürst-
17
liche gnaden, wann umb des lieben friedens willen derselbe vor das hauß
18
Bayern eingeführet werden solte

37
Die achte Kurwürde sollte für die Heidelberger Linie des Hauses Wittelsbach eingeführt
38
werden, d. h. für die Deszendenz des geächteten Friedrich V. von der Pfalz, nicht für die
39
bay. Linie, die vielmehr die fünfte Kur behalten sollte und damit einen höheren Rang
40
einnehmen würde (s. Anm. 52). Anscheinend wollte Milagius sagen, daß Pgf. Ludwig
41
Philipp wahrscheinlich damit einverstanden sei, wenn für Bayern eine achte Kur geschaffen
42
würde (so Immler, Kurfürst, 383). Das entsprach nicht den Ausführungen der Proposition.
, darein willigen und den frieden des-
19
wegen nicht aufhalten.

[p. 107] [scan. 223]


1
Salzburg. Sie, die Salzburgischen , hetten angehöret unnd vernommen,
2
was von dem Österreichischen directorio mit mehrerm proponiret und
3
vorgetragen worden. Weren fürders mit demselben auch der meinung, das
4
ihr Kayserlicher mayestät für dero zur beruhigung des lieben vaterlandes
5
tragende sorgfalt danck zu sagen undt zu bitten, das sie noch weiters und so
6
lang dabey verharren wolten, bis dermahleinsten der hochverlangte zweck
7
des algemeinen friedens erreichet werden müge.

8
Das haubtwerck an ihme selbst betreffend, hette der hochwürdigste etc.,
9
ihr gnedigster fürst und herr, von dieser hochwichtigen deliberation, wel-
10
che unter andern die verenderung der churdignitäten und consequen-
11
ter der güldenen bul betreffe, nichts gewust, viel weiniger von deme,
12
was izo proponiret worden, und dahero auch sie nicht darauf instrui-
13
ren können. Nachdem sie aber unlengst vernommen, das diese sache in die
14
drey reichsrähte würde gebracht werden, hetten sie unterthenigste relation
15
gethan, nicht zweiffelend, sie würden in kurzen instruction erlangen, als
16
sie dann immittels ihrer hochfürstlichen gnaden die notturfft vorbehielten.

17
Magdeburg. Waß vom hochlöblichen directorio uf veranlaßung der
18
Kayserlichen hochansehnlichen herrn plenipotentiariorum wegen der
19
Pfälzischen sache vor dießmahl in proposition unnd umbfrage gestel-
20
let, daß hette er nach der lenge verstanden und, hoffentlich, recht ein-
21
genommen. Sey darauf anfangs damit einig, das ihr Kayserlicher mayestät
22
allerunterthenigster danck zu sagen für die zue beruhigung des geliebten
23
vaterlandes angesehene reichsväterliche sorgfalt und darbenebenst aller-
24
gehorsambst zu ersuchen, bey sölcher löblichen intention noch ferner zu
25
beharren und nicht ehe abzulaßen, bis durch Gottes gnade der fürgesezte
26
zweck erreichet und ein christlicher, bestendiger und der lieben posterität
27
erfrewlicher friede erlanget und aufgebawet werden müge.

28
Gleichwie nun aber Salzburg sich entschüldiget, das sie hierauf noch nicht
29
mit instruction versehen, also gehe es ihme auch; dahero er sich dann noch
30
zur zeit haubtsachlich nicht erklehren könne, sondern sein votum sus-
31
pendiren und ihrer fürstlichen durchlaucht wegen die notturfft reserviren
32
müße.

33
Befünde sonst das werck so hochwichtig und von großer importantz,
34
das es seines ermeßens reiffes nachdenckens vonnöthen und demnach ex
35
stapede nicht stracks resolviret werden könne, zumahln er auch nicht
36
sehe, warumb diese particularsache ante punctum gravaminum zu erörtern,
37
sondern, wie die gravamina die vornembste uhrsach und rechte brunquel
38
dieses leidigen, so lang gewärten krieges weren, also müste auch derselbe

[p. 108] [scan. 224]


1
zuvorderst gestopfet unnd die gravamina erlediget werden, da sich dann
2
hernach auch der Pfälzischen sache halber leichtlich mittel zur güetlichen
3
accommodation ergeben würden

18
Vom 7. Februar 1647 an fanden in Osnabrück ksl.-schwed. Konferenzen über die Gra-
19
vamina statt, die nach der dritten Sitzung unterbrochen und im März und April in unre-
20
gelmäßigen Abständen fortgesetzt wurden. Am 14. März waren die ksl. Ges. der (irrigen)
21
Ansicht, die Verhandlungen mit den Schweden am folgenden Tag abschließen zu können.
22
Während der erfolglosen ksl.-schwed. Verhandlungen am 15. März (also am Vortag) äußer-
23
ten die Schweden, daß es fast vergebens sein würde, sich wegen der pfälzischen Sache viel
24
zu bemühen; denn wenn man wegen der Gravamina zu keiner Übereinkunft komme, sei
25
es unnötig, sich der anderen Sachen anzunehmen ( APW II A 5, 624 Z. 11f. und 25–28, 625
26
Z. 1ff.; 636 Z. 30ff.; Wolff, 169 Anm. 108).
. So wüste er auch nicht, ob und wie
4
hiervon zu deliberiren, weil albereit zwischen denen interessenten selbsten
5
güetliche tractaten angetreten

27
Am 30. September 1641 hatten auf dem Regensburger RT unter Vermittlung des dän.
28
Kg.s und des Kurkollegs Ausgleichsverhandlungen über die Pfalzfrage begonnen, die auf
29
Initiative des Ks.s am 16. November 1641 in Wien fortgesetzt wurden. Sie scheiterten, da
30
England und die Pfalz auf der einen und Bayern auf der anderen Seite zu wirklichen Kon-
31
zessionen nicht bereit waren. Der Ks. bestimmte den 11. Januar 1643 zur Wiederaufnahme
32
der Verhandlungen; doch fanden sich weder an diesem noch an zwei weiteren Terminen
33
die Verhandlungspartner ein, so daß die Pfalzfrage auf diesem Wege nicht gelöst werden
34
konnte ( Jüdel, 50; Steiner, 132–140; zu den Wiener Verhandlungen s. auch Anm. 54). –
35
Zu den ksl.-schwed. Verhandlungen über die Pfalzfrage im Februar/März 1647, auf die
36
hier auch angespielt sein könnte, s. Anm. 17.
. Dahero sich’s gar nicht schicken wolle,
6
in dieselbe zu greiffen noch etwas zu schließen, so denen interessenten
7
vielleicht zu einigem praeiuditz gereichen möchte.

8
Würzburg. (Hat sein votum schrifftlich communiciret, hierbey sub nu-
9
mero 17:) Praemissis praemittendis, zuvorders erholet man die von den
10
herrn vorsizenden beschehene dancksagung unndt fernere bitt an ihre
11
mayestätt etc. Wie schwer sonst undt ungewohnet diese izt vorgestellete
12
frage sey, hat man albereit von theils herrn vorstimmenden zimblicher
13
maßen vernommen und gibt es auch das werck selbst, in deme man
14
von vermehrung des hochlöblichen churfürstlichen collegii handeln solle,
15
gnungsamb zu erkennen. Dann wie es ohne zweifel anfangs, da dieses
16
collegium gerichtet

37
gerichtet bedeutet hier eingerichtet ( Grimm XIV, 869 s. v. richten Punkt II.2b). Die seit
38
dem MA umstrittenen Ursprünge des Kf.enkollegs sind, im Gegensatz zur mittelalterli-
39
chen Kf.enfabel, nicht als Einsetzung, sondern als Entstehungsprozeß zu sehen, der nicht in
40
allen Einzelheiten aufgehellt werden kann. Am Ende des 13. Jh.s waren die 1298 zuerst als
41
Kf.en bezeichneten und als collegium charakterisierten sieben Fürsten als ausschließliches
42
Kg.swahlgremium im Prinzip unumstritten. Durch die Goldene Bulle von 1356 als Wahl-
43
gremium reichsrechtlich verankert, griff das Kollegium auch bei anderen Gelegenheiten in
24
die Geschicke des Reichs ein und verstand sich seit dem frühen 15. Jh. als dessen korporativer
25
Bestandteil (Winfried Becker, 23–74; H.-J. Becker, Kurverein, 1277–1293; Kaufmann,
26
Kurfürsten, 1277–1290; Ernst Schubert, Kurfürsten, 1581ff.; Derselbe, Kurfürst, 77–89;
27
Erkens, 1–4, 91–97).
und die sonsten allen den fürsten und ständen des
17
Reichs gemeine wahl eines kaysers auf etliche weinige eingezogen wor-

[p. 109] [scan. 225]


1
den, gar schwer und hart hergangen, das sich die übrige zu diesem modo
2
bekennet etc.

28
Der Enstehungsprozeß des Kf.enkollegiums (s. vorige Anm.) in seiner Funktion als allei-
29
nigem Wahlorgan des Röm. Kg.s wurde nicht gegen den Widerstand der übrigen Fürsten
30
durchgesetzt, sondern durch deren abnehmendes Interesse an der Wahl begünstigt. Mit aus-
31
laufender Tendenz wirkten noch bis 1314 einzelne Große an der Kg.serhebung mit, ohne
32
daß es Zeugnisse für den Widerstand gegen die Einschränkung des aktiven Wahlrechts
33
auf die Kf.en gäbe ( Lintzel, 453–463; Kaufmann, Kurfürsten, 1289; Ernst Schubert,
34
Kurfürsten, 1582).
, also scheinet, das es auch izt eben eine dergleichen beschaf-
3
fenheit habe. Das es aber anfangs viel difficulteten und wiedrige einwen-
4
dungen geben haben müste, ist vielleicht auch aus deme abzunehmen, das
5
unsere voreltern ohne einiges vorhergehendes exempel zu dieser wahl-
6
formb gegriffen, angesehen man in keinen historiis befinden wirt, das die
7
gerechtigkeit

35
gerechtigkeit bedeutet hier das Recht (zur Wahl eines Röm. Kg.s) s. DRW IV, 274 s. v.
36
Gerechtigkeit Punkt II.2.
auf etliche weinige gewidmet worden, sondern vielmehr,
8
daß sie oder bey allen ständen eines königreichs oder dem raht unnd landt-
9
herrn oder bey dem kriegesvolck bestanden sey. Alldieweil nun dieses also
10
ohn einiges exempel vorgenommen worden, so muß es ohne zweifel son-
11
derlich bey unsern alten Teutschen, die ihre rechte unnd gerechtigkeiten
12
treflich wol in acht genommen unnd sich derselben nicht baldt begeben,
13
große uhrsache gehabt haben, von denen gleichwol in actis der Kayser-
14
lichen, churfürstlichen unnd fürstlichen canzley und archivis weinig zu
15
sehen ist, sondern muß man sich deriennigen, welche die historici hin-
16
terlaßen, behelffen. Unnd obzwar auch diese weder in der zeit, zu wel-
17
cher sölches collegium gerichtet worden, weder in der formb deßelbigen
18
und der zahl der churfürsten einig, so stimmen sie doch in den uhrsa-
19
chen dieses hiebevor nie geschehenen wercks übereins und wollen, das es
20
vornemblichen darumb beschehen, die inner- undt eußerlichen unruhen,
21
krieg und dergleichen höchstschädtliche ungelegenheiten zu verhüeten.
22
Und seind sonderlich dieiennige dieser mainung, welche den anfang ad
23
Friderici II. tempora ziehen

37
Panvinius setzte die Anfänge des Kurkollegs in die Zeit nach dem Tod Ks. Friedrichs II.,
38
mit dem er das nach seiner Rechnung 23 Jahre währende, durch innere Kriege in Dtld.
39
und Italien geprägte Interregnum beginnen ließ, s. De comitiis imperatoris liber (zuerst
40
1588), hier 359. Dieser Datierung stimmte die Rechtswissenschaft des 17. und 18. Jh.s im
41
allgemeinen zu (Winfried Becker, 25). Zu Onuphrius Panvinius (Onofrio Panvini(o))
42
OESA (1530–1568) und seinem Werk s. Buchner, 309ff.; Ganzer, 1322.
, zu welchen zeiten es nicht weiniger als

[p. 110] [scan. 226]


1
izo greuliche kriege in Teutschland und Italia abgeben und von denen
2
damahls vielfeltig entstandenen partheyen verschiedene Römische könige
3
als Conradus

12
Kg. Konrad IV. wurde 1236 von seinem Vater, Ks. Friedrich II., anstelle des wegen Rebellion
13
abgesetzten ältesten Ks.sohns Heinrich (VII.) zum Stellvertreter des Ks.s in Dtld. ernannt
14
und im Februar 1237 in Wien in dessen Beisein zum Röm. Kg. gewählt, im Juli 1237 von der
15
Fürstenversammlung in Speyer bestätigt, aber niemals gekrönt. 1250 mußte er sich nach
16
dem Tod des Ks.s gegen Gf. Wilhelm II. von Holland durchsetzen, den die antistaufische
17
Partei zum Gegenkg. erhoben hatte (Anm. 36; Schwennicke I.1 T. 15; Engels, Staufer,
18
158–169; Boockmann, 169f.; zu Kg. Konrad IV., 1228–1254, s. Schaller, 500f.; Thorau,
19
Konrad, 1340f.; zu Heinrich (VII.), 1211–1242, 1212–1220 Kg. von Sizilien, 1220–1235
20
Röm. Kg., 1222 gekrönt, s. Walter Koch, 2047).
, Friderici sohn, Alphonsus

21
Kg. Alfons X. (der Weise) von Kastilien reklamierte als Enkel Kg. Philipps von Schwaben
22
1255 das Hgt. Schwaben für sich und wurde 1257 IV 1 durch die Kf.en von Trier, Sachsen
23
und Brandenburg und frz. Unterstützung als Konkurrent Richards von Cornwall (s. fol-
24
gende
Anm.) in Frankfurt zum Röm. Kg. gewählt, konnte sich aber ebensowenig wie dieser
25
durchsetzen ( Koller, 400; Engels, Halbinsel, 965ff.; Boockmann, 182f.; Engels, Staufer,
26
189f.; zu Kg. Alfons X. (1221–1284, 1252 Kg. von Kastilien und León, 1275 Verzicht auf
27
das Röm. Kgt.) s. ABEPI I/26, 280–328; II/34, 243–382; III/19, 298–313; Europäische
28
Stammtafeln NF II T. 63; Steiger, 198f.; Sáez/ Engels, 396f.; Engels, Alfons, 386f.;
29
zu Kg. Philipp von Schwaben (1177–1208, 1196 Hg. von Schwaben, 1198 Röm. Kg.) s.
30
Schwennicke I.1 T. 15; Thorau, Philipp, 2056f.; Hucker, Philipp, 370ff.; Csendes ).
, könig zu Castilia, prinz
4
Reichardt in Engelandt

31
Gf. Richard von Cornwall (1209–1272, 1225 Gf.), ein Schwager Ks. Friedrichs II., wurde
32
mit Hilfe jener antistaufischen, proenglischen Kreise, die zuvor Wilhelm von Holland (s.
33
folgende Anm.) unterstützt hatten, durch die Kf.en von Köln, Mainz und Pfalz gegen
34
den Konkurrenten Kg. Alfons X. von Kastilien (s. vorige Anm.) 1257 I 13 vor der Stadt
35
Frankfurt zum Röm. Kg. gewählt und am 1257 V 17 in Aachen gekrönt ( Koller, 400;
36
Boockmann, 182; zu Richard von Cornwall s. BBA I 926, 396–403; Europäische Stamm -
37
tafeln NF II T. 83; Schwab, 809f.).
und graf Wilhelm zu Holland

38
Gf. Wilhelm II. von Holland (1228–1256, 1234 Gf.) wurde 1247 X 3 von antistaufischen,
39
niederrheinisch-westfälischen, vornehmlich geistlichen Wählern zum Gegenkg. erhoben.
40
Auch nach dem Tod Kg. Konrads IV. (s. Anm. 33) konnte er sich nicht überall durchsetzen
41
( Boockmann, 180; Hägermann, 125f.).
etc. erwehlet
5
worden. Unnd nachdem das Reich, sonderlich aber unser geliebtes vater-
6
land Teutscher nation, unter so vielen Römischen königen mehr turbiret
7
alß regieret worden, über die maßen gelitten und denn genzlichen unter-
8
gang man ohn zweifel befahren müßen, man entlich, deme zu begegnen, uf
9
dieses mittel gefallen, unnd auch darauff erfolget, daß nach und nach das
10
Reich zu seiner vorigen ruhe, einigkeit und wolstand gebracht worden.
11
Wann nun unsere voreltern (man nehme die sach oder ab Otthonis III.

42
Als erster datierte Martin von Troppau OP 1271 die Anfänge des Kurkollegs in die nachot-
43
tonische
Zeit. Nachdem ihm eine Reihe spätmittelalterlicher Autoren darin gefolgt war
44
oder die Ursprünge in die Zeit Ks. Ottos III. gesetzt hatte, findet sich diese Datierung
27
auch noch bei Schard (1566, 2 1608), Freher (1599, 2 1613, 3 1686, 4 1748), Gewold (1616,
28
2 1621, 3 1629) und Windeck (1616), s. Buchner, 312–320; Bezzel, Freher, 60; Winfried
29
Becker, 23ff. – Zu Ks. Otto III. (980–1002, 983 Röm. Kg., 996 Ks.) s. Struve, 1568ff.;
30
Althoff, 529f.; Görich, 662–665; zu Marquard Freher (1565–1614, 1586 kurpfälzi-
31
scher
Hofgerichtsrat) und seinen Origines Palatinae (hier cap. XV, 105f.) s. Dürrwächter,
32
34; Fuchs, Freher, 392f.; Press, Calvinismus, 465f.; Hoke, Freher, 1214ff.; zu Dr. iur. utr.
33
Christoph Gewold (1556–1621, 1595–1617 hgl. hay. GR -Sekretär) und seinem Kommentar
34
De sacri Romani Imperii septemviratu s. Dürrwächter; Heydenreuter, Hofrat, 330f.;
35
Albrecht, Maximilian, 169; zu Martin von Troppau (gest. 1278) und seiner Chronik
36
s. Winfried Becker, 23; von den Brincken, 1429; zu Simon Schard (1535–1573, 1566
37
Assessor am RKG ) und seinem Werk De principum, quibus electio Imperatoris in Ger-
38
mania commendata est origine et institutione (hier 870f.) s. Eisenhart, 581ff.; Winfried
39
Becker, 23; zu Dr. theol. Johann Paul Windeck (gest. 1620, 1605–1618 Prof. in Freiburg)
40
und seinem Kommentar De principum electorum […] origine (hier cap. XVIII, S. 51f.) s.
41
Lauchert, 387f.; Sitzmann, 1004f.

[p. 111] [scan. 227]


1
oder ab Friderici II. temporibus) eines dergleichen absehen gehabt und
2
unß mit einem so schönen exempel vorgangen, so werden wir ia von der
3
werthen posterität auch nicht zu verdencken sein, wann wir ihnen ein
4
ebenmeßiges hinterlaßen und vornemblich dahin sehen, das unser gelieb-
5
tes vaterland Teutscher nation aus diesen blutigen euserlichen und inner-
6
lichen kriegen dermahleins gerißen werde, deren ihre mayestätt in dem
7
vorschlage selbsten und Österreich in seinem voto gnungsamb gedacht
8
etc. Dieselbigen haben auch lang gnug gewehret und so viel leudt und
9
länder erbärmblich verzehret, auch gleichsamb nichts mehr ubrig gelaßen.
10
Man hatt nicht weiniger alles versuchet, dieses obstaculum pacis aus dem
11
wege zu reumen; man hat aber kein rechtes, proportionirtes mittel erfin-
12
den können, und ist entlich die sache dahin gerahten, das viel friedlie-
13
bende, unpartheiische und den Untergang des vaterlandes ungern sehende
14
gemüeter auf die achte chur gedencken und dieses mittel vor das beste,
15
aus diesem iammer und elend zu kommen, halten müßen, maßen ihrer
16
mayestätt iziger vorschlag in terminis ist etc., und zwar unangesehen, das
17
man einstrewen könte, wasgestalten das fewer nicht allerdings geleschet,
18
sondern allein durch die inskünfftige befahrende paria vota gedempfet
19
werde. Dann nachdeme diesem unheil, wie es die erfahrenheit nicht nur
20
einmahl geben, nicht allerdings vorgebawet noch in den menschlichen
21
sachen ein gewißes bestendiges gemachet werden kan und sich wol fälle
22
begeben mügen, in welchen paria vota auch bey den 7 churfürsten her-
23
auskommen dürfften, exempli gratia wann 3 competitores oder vor sich
24
selbsten oder bey den herrn churfürsten, wie mehrmahls geschehen, in dem
25
vorschlag weren und dem einen nur ein votum, den andern aber drey gege-
26
ben werden solten, gestalt wir noch ein frisches exempel nach tödtlichen

[p. 112] [scan. 228]


1
abgang kaysers Maximiliani I. bey der darauffolgenden wahl anno 1519
2
haben

15
Nach dem Tod Ks. Maximilians I. (1519 I 12) bewarb sich neben seinem Enkel, dem span.
16
Kg. Karl I. (1516 Kg.), Kg. Franz I. von Frk. (1494–1574, 1515 Kg.) um die Wahl zum
17
Röm. Kg. Kf. Friedrich III. (der Weise) von Sachsen (1463–1525, 1486 Kf.), den die Kurie
18
favorisierte und Frk. für den Fall einer Wahlniederlage des frz. Kg.s bevorzugte, lehnte die
19
Kandidatur ab. Kf. Joachim I. von Brandenburg (1484–1535, 1499 Kf.) hatte ursprünglich
20
Kg. Franz I. sein Votum zugesagt und vielleicht sogar eine eigene Kandidatur erwogen,
21
stimmte dann aber am 28. Juni 1519 wie die übrigen sechs für Karl ( Weicker; Kötzschke/
22
Kretzschmar, 179f.; F. H. Schubert, Friedrich, 570; Delius; Schultze, 435; Brandi,
23
83–92; Neugebauer, 79f.; Kohler, Franz, 62f.; Kohler, Karl, 68–72; Schulin, 86ff.;
24
Neuhaus, Kurfürsten, 55).
, bey welcher zwey könige publici competitores und churfürst
3
Friederich zu Sachsen auch in vorschlag gewesen unndt der dahmahlige
4
churfürst zu Brandenburg wie auch hiebevor marggraf Sigismundus

25
Kg. Sigismund von Ungarn (1368–1437, 1373 Mgf. von Brandenburg, 1387 Kg. von
26
Ungarn, 1410/1411 Röm. Kg., 1420 Kg. von Böhmen, 1433 Ks.) wurde am 20. September
27
1410 von Kurpfalz und Kurtrier sowie seinem eigenen Ges. , dem Burggf.en Friedrich VI.
28
von Nürnberg (ca. 1371–1440, 1397 Burggf., 1415 als Friedrich I. Kf. von Brandenburg),
29
gewählt. Burggf. Friedrich führte unrechtmäßig die kurbg. Stimme, da Sigismund die
30
Mark 1388 verpfändet und Kg. Wenzel (1361–1419, Röm. Kg. 1376–1400) sie 1397 an Mgf.
31
Jo(b)st von Mähren (1354–1411), Sigismunds Gegenkandidaten bei der Röm. Kg.swahl, zu
32
Lehen gegeben hatte ( Leuschner, 509ff., 527f.; Assing, 160ff., 168; Wefers, 1868–1871;
33
Hoensch, 149–152; Neugebauer, 32f.; Dieter J. Weiss, 27–30).
sich
5
selbst das votum gegeben und also uf die ubrige zwey competitores wol
6
paria vota sein können, unndt demnach sich dergleichen fälle zutragen
7
mügen, als ist hieraus wol zu sehen, das ebensowoll in septenario numero
8
diese ungelegenheit nicht allerdings verhüetet werden kan und deswegen
9
auch in der achten zahl nicht so hoch zu bedencken sey, daß man darumb
10
das vaterland verderben laßen wolle, gestalt auch anfangs unsere vorel-
11
tern ein dergleichen fall nicht so starck zu gemüete gezogen noch, weil
12
communis opinio ist, das anfangs nur 6 churfürsten gewesen

34
Die anfängliche Zahl der Kf.en war umstritten. Nach Panvinius, 359, und Windeck cap.
35
XVIII, 51, gab es von Beginn an sieben Kf.en. Nach Goldast, 371, hatte Ks. Otto IV.
36
1209 das Kurkolleg als prinzipiell sechsköpfig, in Ausnahmefällen siebenköpfig, eingeführt,
37
indem bei zwiespältiger Wahl der Kg. von Böhmen als siebter Kf. kooptiert werden sollte,
38
um den Ausschlag zu geben. Diese Theorie ist ein Reflex der Darstellung des Sachsenspiegels
39
(entstanden zwischen 1220 und 1235), der den Böhmen zwar an siebter Stelle nennt, ihn
40
aber als Nichtdeutschen von der Kur ausschließt. Deshalb war lange umstritten, ob und
41
wie der Böhme in der Frühzeit des Kurkollegs an der Wahl beteiligt gewesen war (Winfried
42
Becker, 29; Kaufmann, Kurfürsten, 1283ff.; Ernst Schubert, Kurfürsten, 1581f.). – Zu
43
Ks. Otto IV. (1175 oder 1176–1218, 1198 Kg., 1209 Ks.) s. Thorau, Otto, 1570ff.; Hucker,
44
Otto, 665ff.; zur Datierung des Sachsenspiegels s. Lieberwirth, 1241.
, die paria
13
vota, das sie darumb dieses mittel unterlaßen hetten, so hefftig betrach-
14
tet haben müßen. So ist es entlichen aliquid ex raro contingentibus und

[p. 113] [scan. 229]


1
derhalben, was etwan künfftig beschehen mag, die erwegung der izigen
2
noht und

15
2 deren] So Sachsen-Altenburg A II 1 und Grafen von Schwarzburg A I; Magdeburg
16
E: der〈o〉; Druckvorlage, die übrigen diktierten Protokolle und Meiern IV: der.
deren vermittelunge

17
vermittelunge bedeutet hier Abhilfe (vgl. Grimm XXV, 880 s. v. Vermittlung ).
nicht beyseits zu sezen, sondern unsern
3
nachkömblingen, das sie an ihrem ortte nicht weiniger ein wachendes auge
4
haben unnd das dergleichen nicht vorgehe, verschaffen

18
verschaffen (Partizip Perfekt bei starker Flexion) bedeutet hier durch Erbschaft vermacht
19
( Grimm XXV, 1049f., 1054 s. v. verschaffen Punkt 5).
zu überlaßen.
5
Die aurea bulla, weil sie von dem damahligen regierenden Römischen
6
Kayser mit raht unnd einwilligung der sembtlichen churfürsten, fürsten
7
unnd stände gerichtet worden

20
Die Goldene Bulle von 1356 war der äußeren Form nach ein ksl. Privileg, wurde von Ks.
21
Karl IV. als sein rechtbuch bezeichnet und in ihrem ersten Teil (cap. 1–23) auf dem RT
22
zu Nürnberg am 10. Januar 1356, in ihrem zweiten (cap. 24–31) auf dem RT zu Metz am
23
25. Dezember 1356 promulgiert, ohne daß die Rst. kurienweise gemäß dem späteren (auch
24
auf dem WFK praktizierten) RT -Modus darüber abgestimmt hätten. Ihre Beteiligung ist
25
im einzelnen nicht genau bestimmbar; wahrscheinlich hat neben den Kf.en ein größerer
26
Kreis von Fürsten und Städten darüber beraten und Einfluß genommen, wobei aber wich-
27
tige (wie die Hg.e von Bayern, Braunschweig, Geldern, Holstein, Jülich, Mecklenburg,
28
Österreich, Pommern, Sachsen-Lauenburg, Schleswig) fehlten. Die Textredaktion wird im
29
wesentlichen dem ksl. Hofkanzler Johann von Neumarkt zugeschrieben ( Laufs, Bulle,
30
1739–1746; Hergemöller, 35–72, 224; Wolf, Bulle, 1542f.; zu Johann von Neumarkt,
31
ca. 1320–1380, 1353–1374 mit kurzer Unterbrechung Kanzler Ks. Karls IV, 1352, 1353,
32
1364, 1380 Bf. von Naumburg, Leitomischl/Litomysl, Olmütz, Breslau, s. Hlaváček, 518).
, ist zwar festiglich zu halten, es folget aber
8
hieraus nicht, das man sie nit der zeiten unnd sachen beschaffenheiten nach
9
mehren oder mindern könne. Nam leges omnes sicut ferri, ita et abrogari
10
possunt, nedum explicari aut variari

33
Es entsprach neuzeitlichem Rechtsdenken, daß der Gesetzgeber Gesetze verändern (und
34
aufheben) könne (Hermann Krause, 238f.). Im Hinblick auf die Goldene Bulle von 1356
35
enthielten die ksl. Wahlkapitulationen die Verpflichtung des Ks.s, sie (wie auch andere
36
Reichsgesetze) zu bestätigen und zu erneuern und sie, falls nötig, mit Zustimmung der
37
Rst. zu verbessern, wie es der Zustand des Reichs erfordere (so die Wahlkapitulation Ks.
38
Karls V. von 1519 VII 3, s. Christoph Ziegler, 8). Seit Ks. Ferdinand I. wurde der Zusatz
39
aufgenommen, daß Bestätigungen, Erneuerungen und Änderungen dem Augsburger RA
40
von 1555 nicht widersprechen dürften (s. z. B. die Wahlkapitulation Ks. Ferdinands III.
41
von 1636 XII 24, Christoph Ziegler, 125).
.

11
Man leßet es also a parte Würzburg dahingestellet sein, das ihr mayestät
12
einzurahten, das, wie anfangs die hohe notturfft die einführung der sechs
13
oder auch sieben churfürsten erfordert, also auch izt die beyrückung der
14
achten chur hochnohtwendig und fürderlich, auf diß mittel zu verhüetung

[p. 114] [scan. 230]


1
weitern bluhtvergißens zu gedencken und ihrer majestät wolgemeinter
2
vorschlag zu erfüllen

23
2 sey] In Sachsen-Gotha A V, Sachsen-Weimar A V und Sachsen-Weimar B VIII
24
folgt: und zwar für dießmahl allein in quaestione „an“; in Meiern IV folgt: und dieses
25
zwar vor dießmahl in quæstione An?
sey.

3
Die übrige miteinlauffende puncten hat man habender instruction nach zu
4
überlegen nicht zeit gehabt. Wann sie aber nochmahls vorgetragen werden
5
solten und man in so schwerwichtigen sachen dieselbe gebührendermaßen
6
zu bedencken gnungsamb zeit haben mag, so wil man alsdan in denselben
7
sich auch vernehmen laßen.

8
Pfalz-Simmern. Wie Pfalz Lautern.

9
Hildesheim

26
Ges. des Hst.s Hildesheim waren Wartenberg (zu ihm jetzt Schwaiger, 981f.; Struif,
27
105–138) und Dr. iur. Joachim Stein (gest. 1649 IX 18, 1630 Rat, 1643 Kanzler des Hst.s
28
Hildesheim), s. APW III D 1, 349; Joachim Foerster, 6; Aschoff, 258. Da Wartenberg
29
während des WFKin Osnabrück nicht offiziell auftrat ( Steinwascher, 228), votierte Stein.
. (Hat gleichsfalß sein votum schrifftlich communiciret.
10
Numero 18:) Praemissis praemittendis, aus dem verlesenen wie auch
11
mündtlichen fürtrag des hochlöblichen Österreichischen directorii hat
12
man Hildesheimischen theils angehöret unndt vernommen, waß der viel-
13
beschreyeter und beschwerlicher Pfälzischer sache halber zur umbfrag
14
und der hochlöblichen churfürsten, fürsten und stände gutachten gestel-
15
let, nicht zwart der meinung, das dasiennige, was weyland ihre Kayserliche
16
mayestätt Ferdinandus II. glorwürdigsten andenckens der churwürde und
17
Pfälzischer landen halber nach anleitung der güldenen bull unndt reichs-
18
constitutionen uf einrahten unnd gutachten des churfürstlichen collegii
19
mehr alß für 20 jahren zu behuef ihr churfürstlichen durchlaucht in Bay-
20
ern und deroselben churhauses Wilhelmischer lini sowoll der churwürde
21
unndt Oberpfalz halber schon allergnedigst geschaffet und verordnet

30
Von den in Mühlhausen anwesenden bzw. vertretenen Kf.en hatten die drei geistlichen
31
Ks. Ferdinand II. in einem Sondervotum, datiert auf den 12. November 1627, (gegen die
32
Stimmen Kursachsens und Kurbrandenburgs) geraten, den Besitz der pfälzischen Kur von
33
Kf. Maximilian auf die gesamte Wilhelminische Linie der Wittelsbacher auszudehnen. Der
34
Ks. belehnte daraufhin mit Urkunde vom 4. März 1628 Maximilian und dessen männli-
35
che Erben und bei deren Fehlen die Nachkommen seiner Brüder mit der pfälzischen Kur
36
sowie dem Ft. der Oberpfalz und den noch nicht anderweitig vergebenen Gebieten der
37
rechtsrheinischen Unterpfalz (Regest des Sondervotums der geistlichen Kf.en, [Mühlhau-
38
sen] 1627 XI 12: BA II 3 Nr. 470, hier 697f. Anm. 1; archivalischer Nachweis und Regest
39
der Belehnungsurkunde, Prag 1628 III 4: Albrecht, Maximilian, 606 Anm. 83, dort 605f.
40
auch zur Vorgeschichte).
,
22
von newen in disputat oder zweifel gezogen werden solle, welches dan

[p. 115] [scan. 231]


1
auch an ihme selbsten eine gleichsamb praepostera quaestio unnd inver-
2
sus, auch zumahl zu berühigung des Römischen Reichs nicht, sondern
3
vielmehr deßen fernere zerrüttunge dienender modus agendi sein würde,
4
voraus

15
voraus bedeutet hier besonders ( Grimm XXVI, 833 s. v. voraus Punkt 3).
da ihr churfürstliche durchlaucht in Bayern etc. in so vieliähri-
5
ger possession der churwürde und titulo onerosissimo der Oberpfalz
6
sein

16
Kf. Maximilian I. von Bayern war seit 1621 bzw. 1623 (durch geheimes bzw. öffentliches
17
Verfahren) Inhaber der pfälzischen Kur, die ihm zunächst auf Lebenszeit und 1628 als
18
Erblehen übertragen worden war ( APW III A 3/1 [Nr. 24 Anm. 51] ). 1628 erhielt er die
19
ihm schon 1623 verpfändete Oberpfalz zusammen mit den bay. besetzten Ämtern der
20
Unterpfalz unter Rückgabe Oberösterreichs ersatzweise für seine Kriegskosten (Anm. 11)
21
als Reichslehen ( APW III A 3/3 [Nr. 111 Anm. 76] ). Der Erwerb war also mit einer (großen)
22
Gegenleistung verbunden und somit unter sehr beschwerlichen Bedingungen, nämlich
23
titulo onerosissimo (Z. 5), erfolgt ( Oberländer, 690 s. v. Titulus onerosus).
, dieselbe auch zu der churfürstlichen verayn vorlengst auf- und
7
angenommen

24
1624 (s. Anm. 10).
unnd nicht alleine von allen churfürsten, fürsten und
8
ständen des Römischen Reichs, sondern auch fast allen auswertigen kö-
9
nigen, potentaten und respubliquen fur einen churfürsten erkand, geeh-
10
ret und gehalten worden

25
Die röm. Kurie und Frk. erkannten Maximilian gleich nach der Kurtranslation 1623 als
26
Kf.en an, während Spanien ihm etwas verzögert im August 1623 als neuem Kf.en gratulierte
27
( BA II 1, Nr. 16, hier 79 Anm. 2; Albrecht, Politik, 62ff., 87ff.; derselbe, Maximilian,
28
572). Eine förmliche Anerkennung durch Schweden hat es nicht gegeben, doch wurde
29
Maximilian in der (von Maximilian zurückgewiesenen) Erklärung Kg. Gustavs II. Adolf
30
über die gegenseitige schwed.-bay. Neutralität und Freundschaft, Bärwalde ([1631 I]), Kf.
31
tituliert ( ST V.1, 441f., hier 442; vom Kf.en im Herbst 1631 zurückgewiesen; Albrecht,
32
Politik, 305, 326); auch im schwed.-bay. Waffenstillstandsvertrag von 1647 III 14 bzw.
33
27 wird er Kf. genannt ( ST VI.1, 58–78, hier 58f. und öfter; Immler, Kurfürst, 507).
34
Dänemark und die Republik Venedig behandelten Maximilian ebenfalls als Kf.en (s. z. B.
35
seine Bezeichnung als Erztruchseß in Dänemarks Vermittlungsangebot in der Pfalzfrage
36
an das Kurkolleg von 1640 I 23/II 2, Londorp IV, 792–796, hier 793, sowie in der
37
Finalrelation des venezianischen Ges. in Wien von 1641 III 13, Relazioni III, hier (953)).
38
England gab bei den Wiener Verhandlungen (Anm. 54) zu erkennen, daß es bereit war,
39
Maximilian als Kf.en anzuerkennen. Von den Gst., die den geächteten Friedrich V. von
40
der Pfalz samt Familie und Hofstaat 1621 aufgenommen und ihn größtenteils finanziert
41
hatten ( Mout, 257f.), konnte keine Äußerung über das Kft. Maximilians ermittelt werden.
und sowol durch dero vortrefliche gesanten
11
alß auch in selbsteigener churfürstlichen persohn das churfürstliche und
12
erztruchseßenambt bey reichsdeputation-, wahl- und crönungstägen ver-
13
treten haben

42
Kf. Maximilian I. von Bayern nahm an Wahl und Krönung Kg. Ferdinands von Ungarn
43
und Böhmen zum Röm. Kg. am 22. und 30. Dezember 1636 in Regensburg teil, ließ sich im
44
übrigen aber während des Regensburger KFT 1636/1637 zeitweise und auf dem Frankfur-
31
ter RDT 1643–1645 ständig durch Ges. vertreten. Beim Wahl- und Krönungsakt versah er
32
das Erztruchsessenamt, das Ks. Ferdinand II. ihm 1623 verliehen hatte ( Londorp IV, 606–
33
619; Theatrum Europaeum III, 659–663, 670f.; Khevenhiller XII, 1923–1950; Haan,
34
210–223; Kietzell, 104 Anm. 28; Albrecht, Maximilian, 954–958, 1004; Andermann,
35
Truchseß, 375ff.).
, auf die angehörte proposition und vielmehr reichskündige
14
notorietät geliebter kürze halber bezogen, sondern ist izo diß die frage und

[p. 116] [scan. 232]


1
verus status quaestionis, was dann für ein expediens zu ergreiffen unnd an
2
hand zu nehmen oder, vielmehr und magis ad rem zu rehden, denn herrn
3
pfalzgrafen für eine gnade zu thun, damit dieser beschwerlichen sachen
4
außm grund, iedoch ohne verdrießliche weiterung (welche bey recapitula-
5
tion des numehro zum theil obliterirten Pfälzischen unwesens nicht aus-
6
pleiben, zu dem fürhabendem friedenswerck aber gar nicht dienen würde)
7
abgeholffen und also das Römische Reich Teutscher nation, unser gelieb-
8
tes vaterland, in völlige ruhe unnd sicherheit wieder gesezet und dabey
9
erhalten werden möge. Sonderlich weiln aus der leidigen unndt zumahln
10
vieliähriger erfahrung bekand, das ohne würckliche accommodation die-
11
ser sachen kein bestendiger frieden noch ruhe im Reich zu gewarten, alß
12
helt man Hildesheimischen theils mit den vorstimmenden Österreichi-
13
schen und Würzburgischen dafür, das der vorschlag octavi electoratus ein
14
sölches mittel sey, dadurch sowol das Römische Reich hinwieder beru-
15
higet als auch die pfalzgrafen absonderlich inß churfürstliche collegium
16
alßbaldt wieder kommen unndt zur churwürde und dignität octavo loco
17
gelangen, sie sich auch damit wol contentiren laßen können, zumahl in
18
der churfürstlichen dignität qua talis keine praeeminenz, sondern dieselbe
19
gleicher dignität, standes unndt würde sein

36
Es gab innerhalb des Kurkollegs eine Rangfolge, die in in den Sitz-, Stimm- und Prozes-
37
sionsordnungen, wie sie in der Goldenen Bulle von 1356 festgelegt war, ihren Ausdruck
38
fand. 1356 waren auch die Erzämter (Anm. 97) endgültig jeweils mit einer Kurwürde ver-
39
bunden worden. Den ersten Rang nahm der Kf. von Mainz ein, den letzten der Kf. von
40
Brandenburg ( Wolf, Rechtbuch, 14ff.; Aulinger, Reichstag, 101–104, 229–233).
, die natur aber von sich gibt,
20
das in einem collegio et inter plures numero collegas ein anfang unndt ende
21
sein müße, sölche termini aber anfangs und ende neque magis neque minus
22
in der churwürde geben, wie sölches an dem hochlöblichsten churhause
23
Brandenburg, so bis herzu in den churfürstlichen versamblungen die lez-
24
tere stelle genommen, augenscheinlich erhellete, deme sölche session et
25
votum an seiner churfürstlichen dignität unnd würde das geringste nicht
26
entzogen oder benommen hette.

27
Wann man aber sagen wolte, wann dann kein unterscheid in der churdi-
28
gnität, warumb nehmen dann ihre churfürstliche durchlaucht in Bayern
29
nicht den octavum locum? Die antwordt ist albereit oben gegeben, unndt
30
der unterscheid ist alsbaldt da unnd dieser: Ihre churfürstliche durchlaucht

[p. 117] [scan. 233]


1
seind schon vor viel jahren in actuali possessione der vorhin Pfalzischer
2
churfürsten stelle unndt haben ex investitura Caesaris ius quaesitum

26
Der juristische Terminus technicus ius quaesitum bedeutet ein gesuchtes und erlangtes
27
Recht ( Oberländer, 425 s. v. Jus quæsitum ).
, die
3
herrn pfalzgrafen aber kommen ex gratia wieder ins churfürstliche col-
4
legium und müßen den ohrt nehmen, der vacant ist und ihnen von ihrer
5
Kayserlichen mayestät und dem Reiche assigniret wirt. Unnd haben dan-
6
noch die herrn pfalzgrafen bey so gestalten sachen gegen ihr Kayserliche
7
mayestät unnd alle, die zu sölcher ihrer restitution ins churfürstliche col-
8
legium cooperiren, allerunterthenigst unnd zum höchsten sich zu bedan-
9
cken, sonderlich das sie gleich izo zum churfürstlichen collegio verstattet
10
werden, welches der comte d’Acondell und Thomas Robbe alß königlich
11
Englische gesanten nur allein post longa temporum intervalla für dießen
12
gesuchet gehabt

28
Bei den Regensburger und Wiener Verhandlungen schlug Thomas Howard earl of Arundel
29
and Surrey (ca. 1585–1646) als Ges. Kg. Karls I. von England 1636 zuletzt vor, daß die
30
Kurwürde nach dem Tod von Kf. Maximilians Sohn wieder auf die pfälzische Linie überge-
31
hen möge ( BBA I 579, 38–48; Haan, 107f., 233–238; Parker, 283; Albrecht, Maximilian,
32
958f.). Sir Thomas Roe (1581–1644) forderte bei den späteren Wiener Verhandlungen am
33
10. Mai 1642 als äußerstes Zugeständnis Englands die Alternation der Kurwürde nach dem
34
Tod Kf. Maximilians (Erklärung Roes: Londorp V, 786; s. BBA I 942, 304–329; Steiner,
35
135–139; Parker, 309).
. Unndt obwol dieser anordnung des achten electoratus
13
die güldene bull dem ersten ansehen unnd buchstaben nach im wege zu
14
stehen scheinen möchte, so ist doch bekandt, das man bey diesen paci-
15
fications- unndt friedenshandlungen in mehr andern sachen [um] des so
16
hochnötigen unnd lenger ohnentbehrlichen friedens willen von den gemei-
17
nen reichssazungen gewichen, unnd zumahl finis et scopus der besagten
18
güldenen bull zur conservation des Römischen Reichs unnd sonderlich
19
zu vereinigung der Kayserlichen mayestätt mit ihren ständen unnd dann
20
dieser unter sich gerichtet unnd angesehen

36
Das Prooemium der Goldenen Bulle gibt als Zweck des Gesetzeswerks die Förderung der
37
Einigkeit unter den Kf.en und Einhelligkeit bei der (Kg.s-)Wahl an, wodurch die dem Reich
38
verderbliche Zwietracht unterbunden werden sollte; die anderen Rst. sind nicht erwähnt
39
( MGH LL IV t. XI.VII, 562 Z. 9–27, 563 Z. 1–13).
unnd ohnedem das[!] salus
21
populi billig suprema lex sein soll unndt muß

40
Nach Cicero, De legibus 3,3,8 (s. APW III A 3/1 [Nr. 7 Anm. 35] ).
, so ist de intentione des
22
damahligen Römischen kaysers Caroli IV. und der zeit churfürsten, fürsten
23
unndt stände, so dickbesagte

41
dickbesagte (Kanzleistil) bedeutet oftgenannte ( Grimm II, 1077f. s. v. dick Punkt 7).
güldene bull einrichten unnd formiren
24
helffen, so gar nicht zu zweiffelen, das, wann sie diese zerrüttung unndt
25
höchstgefehrliche zeiten des Römischen Reichs erlebet haben solten, sie

[p. 118] [scan. 234]


1
ultro hierin würden dispensiret und pro tranquillando et salvando Imperii
2
statu das mittel des achten electoratus gewilliget haben, wie man dann auch
3
Hilldesheimischen theils mit andern vorstimmenden unndt insonderheit
4
Österreich unnd Würzburg aus angeführten, überwegenden

23
überwegend bedeutet ausschlaggebend, entscheidend ( Grimm XXIII, 626 s. v. überwägen,
24
überwegen Punkt 2c).
uhrsachen
5
darin hiemit consentiren und verwilligen thut.

6
Die Pfälzischen lande betreffend, obwol dieselbe wegen bekanten Pfälzi-
7
schen excessus ihrer Kayserlichen mayestät Kayserlichen disposition
8
heimbgefallen

25
Anspielung auf Reichsrebellion und Ächtung Kf. Friedrichs V. von der Pfalz. Es war
26
umstritten, ob der Ks. bei der Wiedervergabe frei über die Kurpfalz verfügen konnte oder
27
Rücksicht auf die Agnaten unter Beachtung des Verwandtschaftsgrades zu dem Geächteten
28
nehmen mußte (s. Anm. 9).
, weiln dennoch ihr Kayserlichen mayestät allergnedigsten
9
vorschlage nach die herrn pfalzgrafen zu der churwürde unnd -dignität
10
octavo loco praevia tamen debita submissione hinwieder zu admittiren,
11
so erfordert der churfürstliche standt, ambt unnd würde, auch demselben
12
anhengende onera, daß auch behuefige mittell unnd zu dem ende die Unter-
13
pfalz (iedoch mit vorbehalt deren in propositione gesazter ausnahm

29
Bezug auf Punkt [III] 1–5 der ksl. Proposition (s. Anm. 8). Punkt 1 betrifft die konfessio-
30
nellen Verhältnisse in der Unterpfalz, die so bleiben sollten, wie sie damals waren (s. dazu
31
Anm. 19).
, die
14
einestheils unterschiedtlich der religion halber an sich selbst billig unnd der
15
von den Augspurgischen confessionsverwanten in puncto religionis beger-
16
ten aequalität unndt reciprocation gemeeß

32
S. den Textvorschlag des CE für Art. V IPO, Osnabrück 1647 II 25/III 7, praes. den Ksl.
33
und Schweden 1647 III 9, Punkt 1 (nach der lat. Fassung für die Ksl.: Meiern IV, 89–99
34
hier 89): In reliquis omnibus autem, inter utriusque Religionis Electores, Principes, Status,
35
omnes & singulos, sit æqualitas exacta mutuaque, violentia omni & via facti, uti alias, ita &
36
hic inter utramque Partem perpetuo prohibita. (Vgl. die dt. Fassung für die Schweden, s. l.,
37
s. d.: ebenda, 99–109, hier 100; zur ksl. und schwed. Überlieferung s. APW II A 5 Nr. 304
38
Beilage [1] und II C 3 Nr. 157 Beilage A).
, die Bergstraße auf clahren
17
siegul und briefen, auch erwiederten

39
erwiederten bedeutet hier wiederholten ( Grimm III, 1063 s. v. erwidern, erwiedern ).
unnd beschwornen, unverneinli-
18
chen reversalen, die dritte ausnahm aber wegen des stiffts Newhauß in
19
re iudicata beruhet, die 4. und 5. auch in denen rechten unnd reichscon-
20
stitutionen ihre ohnwiedertreibliche fundamenta haben) restituiret wer-
21
den, welche dann der sustentation, fertilitet unndt nuzbarkeit halber also
22
important unnd eintragend, das dieselbe zur churfürstlichen hofstadt,

[p. 119] [scan. 235]


1
regierung unnd stande gnugsamb b〈e〉stand

20
b〈e〉stand bedeutet imstande, in der Lage ( Frühneuhochdeutsches Wörterbuch III.1,
21
99 s. v. bastand ). – Zu dem von Kurmainz an Kurpfalz verpfändeten, aber wiederein-
22
gelösten
Besitz an der Bergstraße s. Anm. 20.
, wie die noch ohnvergeßene
2
experienz für diesem im augenschein selbst geben und bezeuget hat, da
3
auch noch gute nachricht verhanden, das zu dero zeit entweder gar nichts
4
oder doch gar weinig aus der Oberpfalz, sonderlich bey Anhaltischer
5
stadthalterey

23
Während der Statthalterschaft Fürst Christians I. von Anhalt-Bernburg in der als arm
24
geltenden Oberpfalz hatte der Kf. dort mehrfach zeitlich befristete Steuerbewilligungen
25
und neue oder erhöhte Verbrauchssteuern durchsetzen können, dazu Sondersteuern wie
26
1616 eine Fräuleinsteuer von 32 000 fl. für die Hochzeit der Prinzessin Elisabeth Charlotte
27
mit Kf. Georg Wilhelm von Brandenburg (zu ihm jetzt Gotthard, Luthertum, 87–
28
94). Angesichts der Wahl Kf. Friedrichs V. zum Kg. von Böhmen wurde neben einem
29
Vorschuß von 100 000 fl. im Spätherbst 1619 noch einmal dieselbe Summe bewilligt. Nach
30
Kurpfälzer Quellen betrugen die Einnahmen aus der Oberpfalz jährlich ca. 30 000 fl.
31
( Kauw, 88–92; Press, Fürst, 449–452; Schaab II, 90; Volkert, Pfalz, 98–101; zu Prinzessin
32
Elisabeth Charlotte (1597–1660) s. Schwennicke I.1 T. 95; zu Fürst Christian I. (1568–
33
1630, 1595–1620 Statthalter) s. Schwennicke I.2 T. 191; F. H. Schubert, Christian,
34
221–225; Ambronn, 22f.; Westerburg.
, zu der Heydelbergischen cammer kommen oder einbracht
6
worden.

7
Soviel aber die Oberpfalz betrifft, weiln dieselbe, wie bekandt, titulo one-
8
rosissimo an ihr churfürstliche durchlaucht in Bayern kommen, es auch
9
nicht soviel höchstgedachter ihr churfürstlicher durchlaucht alß der Kay-
10
serlichen mayestätt selbsteygene, gleichwol aus dem Pfälzischen unwesen
11
einzig undt alleine herfließende sache seye

35
Ks. Ferdinand II. hatte sich 1628 verpflichtet, Kf. Maximilian I. von Bayern bei Verlust der
36
ihm als Kriegskostenersatz verpfändeten pfälzischen Territorien Einkünfte aus Oberöster-
37
reich in Höhe der Kriegskosten zu überlassen ( APW III A 3/3 [Nr. 111 Anm. 76] ).
, so müße es billig und umb
12
soviel mehr dabey gelaßen werden, weiln sonsten wieder aller völcker, ja
13
natürliche unndt Göttliche rechte erfolgen würde, daß allerhöchstgedachte
14
ihr Kayserliche mayestät alß pars insons, provocata et summe laesa das ver-
15
brechen sontis, provocantis et extreme laedentis tragen unnd über vorhin
16
ohnschäzliche schäden auch diese bürden übernehmen müsten, welches
17
aber ihr Kayserlicher mayestät desto weiniger zuzumuthen, das sie, wie
18
bekand, eben des Pfälzischen krieges halber ihrer churfürstlichen durch-
19
laucht zu Sachsen die beede marggrafschafften Ober- unnd Unterlaußniz

[p. 120] [scan. 236]


1
anno 1635

21
Ks. Ferdinand II. hatte Kf. Johann Georg I. von Sachsen die beiden Mgft.en 1623 als
22
Pfand und 1635 als Lehen der böhmischen Krone für seine Kosten im böhmischen Krieg
23
abgetreten ( APW III A 3/2 [Nr. 32 Anm. 82] ).
und unter werenden diesen tractaten ihre uhralte erblande am
2
Rhein der cron Franckreich laßen müßen etc.

24
Über die (das Haus Österreich betreffende) Abtretung der Lgft. des Ober- und des Unter-
25
elsaß, des Sundgaus und der Reichslandvogtei Hagenau über die Dekapolis sowie über die
26
Stadt Breisach an Frk. wurde im Grundsatz bereits 1646 entschieden. Der FRO beriet am
27
13. März 1646 über die entsprechenden frz. Satisfaktionsforderungen (s. APW III A 3/3
28
Nr. 113). Die beabsichtigte Zession war festgelegt in den (allerdings nicht veröffentlichten)
29
ksl.-frz. Satisfaktionsart.n von 1646 IX 13 (Text: Repgen, Satisfaktionsartikel, 205–213,
30
hier Teil I, Punkt 2, 206ff.). Die Zessionsklauseln gingen redaktionell stark überarbeitet,
31
doch sachlich unverändert in das IPM ein (s. §§ 73 und 74 IPM; Repgen, Hauptprobleme,
32
429–434).

3
Pfalz-Neuburg. (Gleichergestalt sub numero 19:) Praemissa gratiarum
4
actione,

9
4 man – Neuburgischen theils] Pfalz-Neuburg (3610): Nachdem die Gesandten der kai-
10
serlichen
Proposition sowie den Voten Österreichs und Hildesheims entnommen haben,
11
was für irrige, praeiudicirliche praesupposita dabey gemacht werden wolten, welche
12
doch zu ihrer durchlaucht, unßers gnedigsten fürsten und herren, und allen unschuldi-
13
gen agnaten Rudolffischer lini unwiederbringlichen praeiuditz gereichen, auch wieder der
14
Kayserlichen majestät erclerungen de annis 1623, 1627 und 1635, dan aller churfürstlichen
15
und fürstlichen haußeren libertet unnd freyheit, ia wieder die guldene bull selbsten alß
16
praecipuam legem Imperii fundamentalem, pacta familiae, confirmationes Caesareas et
17
simultaneas investituras directo streitten thetten, da es [!] ob unius delictum alle innocen-
18
tes et proximi agnati excludirt werden solten, so könten wir nisi praeiudiciali quaestione
19
prius discussa; fehlt in Magdeburg D; berührt sich zum Teil wörtlich mit dem Votum
20
Pfalz-Neuburgs am 28. März 1647 [s. Nr. 131].
man könte Neuburgischen theils gar nicht zulaßen, das man diesen
5
punct inverso plane ordine und stückweiß vornehmen, consultiren und
6
resolviren solle, sondern erachten pillig und hochnötig zu sein, da man
7
sonsten zu verfang ihres gnedigsten fürsten und herrn fürstlicher durch-
8
laucht und dero unschüldigen agnaten

33
Der einzige Sohn Pgf. Wolfgang Wilhelms zu Neuburg, Pgf. Philipp Wilhelm (1615–1690),
34
führte seit dem 10. November 1644 die Regierung des Ft.s Pfalz-Neuburg ( Schmidt,
35
Philipp Wilhelm; Nebinger, 23; Schmidt, Pfalz-Neuburg, 119f., 126; Schaab II, 145f.).
36
Die in der Textvariante Z. 12f. erwähnten unschuldigen Agnaten der Rudolfinischen Linie
37
meinen alle von Pgf. Rudolf I. abstammenden Pgf.en, sofern sie sich nach Pfalz-Neuburger
38
Meinung nicht an der Rebellion Kf. Friedrichs V. von der Pfalz beteiligt hatten. Damit
39
war Pgf. Ludwig Philipp (Anm. 24) ausgeschlossen, weil er nach Ansicht Pgf. Wolfgang
40
Wilhelms in die Rebellion seines Bruders verstrickt war. Von den weiteren Mitgliedern
41
der Rudolfinischen Linie, die mit der Pfälzer Kurlinie aus dem Hause Simmern näher
42
verwandt waren als die bay. Wittelsbacher, sind neben den Söhnen Kf. Friedrichs V. (s.
43
Anm. 16) Pgf. Friedrich, Hg. von Zweibrücken, und Pgf. Leopold Ludwig zu Veldenz zu
7
nennen, die ihre Rechte auf die pfälzische Kur zu behaupten suchten; Pgf. Friedrich hatte
8
dies bereits auf dem Regensburger Fürstentag 1623 getan ( Riezler, 233; Bezzel, Kur, 6,
9
17; Steiner, 56; [Nr. 126 Anm. 11] ; unten Anm. 104).
diese sache nicht praecipitiren

[p. 121] [scan. 237]


1
wolle (welches doch verhoffentlich churfürsten, fürsten und stände nicht
2
verhengen

10
verhengen bedeutet hier zulassen ( Grimm XXV, 524 s. v. verhangen, verhängen Punkt 3).
werden), das vor allen dingen ihrer fürstlichen durchlaucht
3
numehro zu Münster und alhie durch das löbliche Maynzische reichsdi-
4
rectorium loco dictaturae distribuirte und in der güldenen bull

11
Nach Kap. VII [1] der Goldenen Bulle von 1356 hatten die weltlichen Kf.en Stimme und
12
Sitz bei der Kg.swahl kraft ihrer Ft.er, deren Unteilbarkeit Kap. [XX] und [XXV]festschrie-
13
ben ( MGH LL IV t. XI.VII, 586 Z. 5ff.; 610 Z. 1–24, 620 Z. 5–23). Kurtranslation und
14
Abtrennung der Oberpfalz widersprachen diesen Bestimmungen, denn die Oberpfälzer
15
Landesteile Amberg, Nabburg und Kemnath gehörten zum Kurpräzipuum, nämlich den
16
„ewigen“, d. h. unveräußerlichen, Teilen der Pfalz ( Schaab I, 96, 235; Schindling / Zieg -
17
ler, 9). Im Pfalz-Neuburger Votum von 1647 III 28 sind diese Bezüge deutlicher als hier
18
(s. Nr. 131 bei Anm. 34).
, pactis
5
familiae, confirmationibus Imperialibus, tot tamque diversis investituris
6
simultaneis

19
Gemäß den Regelungen des Heidelberger Vertrags zwischen den Pgf.en der Rudolfinischen
20
Linie von 1553 XI 2 (Text: DuMont IV.3, 61ff.; Bestätigung 1557, s. Häberlin III, 76f.)
21
war die Pfalz-Neuburger Linie seit 1559 nächster Anwärter im ungeteilten Kft. Pfalz
22
bei Erlöschen der regierenden Linie. Entsprechend hatten Pgf. Wolfgang zu Neuburg
23
(der Großvater Pgf. Wolfgang Wilhelms) und seine Söhne 1566 die ksl. Bestätigung der
24
Anwartschaft auf Kur, Kurlande und Erztruchseßamt erhalten, und dem Pgf.en war die
25
Eventualbelehnung mit der Kur erteilt worden. Die Anwartschaft wurde 1570 bestätigt
26
und die Eventualbelehnung für die Söhne Pgf. Wolfgangs 1570, 1580 und 1615 erneuert
27
( Häberlin VIII, 48; Sicherer, 66; Bezzel, Kur, 17 Anm. 1; Kossol, 4); zu Pgf. Wolfgang
28
(1526–1569, 1559 Hg. zu Neuburg) s. Ney, Wolfgang, 76–87; Ney, Pfalzgraf, 1–124;
29
Kurze, 292–322; Nebinger, 17f.
et de annis 1623, 1627, 1635 Caesareis declarationibus

30
Ks. Ferdinand II. hatte Pgf. Wolfgang Wilhelm zu Neuburg am 30. März 1623 eine bedingte
31
Anwartschaft erteilt: Falls ihm die pfälzische Kur durch einen Schiedsspruch zugesprochen
32
würde, sollte er sie nach dem Tod Kf. Maximilians I. von Bayern erhalten; falls sie bei
33
den bay. Wittelsbachern bleiben oder an die Heidelberger Linie zurückfallen würde, sollte
34
Pfalz-Neuburg nächster Anwärter nach diesen Linien sein (Text: DuMont V.2, 425–430;
35
s. BA II 1 Nr. 34, hier 114 Anm. 1; Bezzel, Kur, 6). Ferner sagte der Ks. noch im selben Jahr
36
zu, die Kurwürde beim Tod Kf. Maximilians vor einer rechtlichen Entscheidung nur mit
37
Zustimmung der Kf.en zu verleihen. Falls die Kur bei Bayern verbleibe, sollten Wolfgang
38
Wilhelm und seine Nachkommen die nächste Anwartschaft auf sie bei Aussterben der
39
Wilhelminischen Linie erhalten (Regest, Prag 1623 s. die: Häberlin-Senkenberg XXV,
40
307f.). 1628 X 4 sicherte der Ks. dem Pgf.en die Überprüfung der Rechte der Agnaten
41
auf einer späteren Reichsversammlung zu (Regest: BA II 4 Nr. 70, 67f.; Bezzel, Kur, 13).
42
Zwei ksl. Erklärungen von 1635 VIII 29 und IX 17 bewogen den Pgf.en, im Januar 1636
43
dem PF beizutreten, obwohl dieser durch Art. [32] die ehemals pfälzische Kur mit der
44
Wilhelminischen Linie der Wittelsbacher erblich verband: Der Ks. hatte ihm versichert,
45
seine Rechte durch den PF nicht vermindern zu wollen; er beabsichtige, Kf. Maximilian
10
von Bayern und der Wilhelminischen Linie die Kur nur so lange zu sichern, bis der Pgf.
11
oder seine Erben durch einen Schiedsspruch eine andere Lösung erreicht hätten ( BA II
12
10.4 Nr. 564 A, 1615; Küch, 150f.; Steiner, 125f.).
so

[p. 122] [scan. 238]


1
statlich fundirte haubtproposition

13
Münster 1646 XII s. die; Druck (p. 1–16), s. l., s. d., ohne Lemma, im Text (p. 16, letzter
14
Absatz, beginnend So haben mehrhoestchgedachte[!]) als proposition bezeichnet: HHStA
15
MEA FrA Fasz. 26 unfol. Inhalt: Schilderung des Pfalz-Neuburger Anspruchs auf Nach-
16
folge in der Pfälzer Kur und den damit verbundenen Rechten und Territorien; Bitte an
17
die Reichskurien um Vermittlung bei Ks., Frk. und Schweden, damit diese Rechte durch-
18
gesetzt oder die Nachfolgerechte in der Heidelberger und bay. Linie der Wittelsbacher
19
wenigstens gewahrt werden, sowie um Satisfaktion für den Fall, daß sie nicht vollständig
20
realisiert werden können; Mahnung an die Ges. betroffener Rst. , von den Beratungen in
21
den Reichskurien fernzubleiben. Die Hauptproposition nennt fünf numerierte Beilagen,
22
von denen zwei beigefügt sind (Drucke, s. l., s. d., ohne Numerierung und Lemma): [2]
23
(= Lehnsbrief für Hg. Maximilian von Bayern, Regensburg 1623 II 25; zu Ausf. und Edi-
24
tion s. Albrecht, Maximilian, 572 Anm. 111), [4] (= ksl. Erklärungen von 1635 VIII 29
25
und IX 17, s. vorige Anm.). Fehlende Beilagen, 1: Erneuerung der Anwartschaftsrechte
26
Pfalz-Neuburgs auf die Pfälzer Kur von 1623 (s. Anm. 72); 3: ksl. Revers für Pgf. Wolfgang
27
Wilhelm, ausgestellt bei der Belehnung Hg. Maximilians von Bayern 1623, mit Vorbehalt
28
der Pfalz-Neuburger Rechte; 5: ksl. Zusage von 1627 zur Behandlung der Pfalzfrage auf
29
dem nächsten RT oder RDT mit Wissen und Berücksichtigung der Rechte Pfalz-Neuburgs.
30
– Nur der KFR hatte bisher darüber beraten (1647 I 21, s. APW III A 1/1, 701 Z. 19–703
31
Z. 13).
und darbey angehengte pilligmeßige
2
petita bey allen dreyen reichsrähten berahtschlaget und ex fundamento
3
decidiret werde. Solte man alsdan nach sölcher consultation befinden, das
4
bey dieser coniunctur zu erhaltung des so lang erwünscheten friedens diese
5
sache nach inhalt gedachter haubtproposition nicht entlich und völlig zu
6
dero pilligen contento in der güete oder mit recht entschieden werden
7
könte, so möchten es ihre fürstliche durchlaucht amore pacis mit denn in
8
dieser hiemit überreichter nebenproposition

32
An die Reichskurien. Text, s. l., s. d., praes. 1647 II 22 den Schweden (s. APW II C 3,
33
287 Z. 16ff. und 291 Beilage I): Stockholm Riksarkivet Diplomatica Germanica vol. 6
34
fol. 211–217. Inhalt: [1.] Wiederholung der Bitten Pfalz-Neuburgs wegen seiner Anwart-
35
schaft auf die Pfälzer Kur und die damit verbundenen Rechte und Territorien aus sei-
36
ner „Hauptproposition“ (s. vorige Anm.); [2.] bei Abschlagung derselben und Restitution
37
der Heidelberger Linie Bitte um Zusicherung der Anwartschaft Pfalz-Neuburgs nach
38
deren Erlöschen sowie um Unteilbarkeit der kfl. Territorien nach den Bestimmungen der
39
Goldenen Bulle von 1356; [3.] zur Entschädigung für Verstöße gegen Pfalz-Neuburger
40
Nachfolgerechte und erlittene Kriegsschäden Bitte um Zusicherung des Amts Pleystein,
41
der Hälfte von Stadt und Amt Parkstein-Weiden, der Stadt Pfreimd, der Belehnung mit
42
den Kurpfälzer Lehen im Hgt. Jülich; ferner um die Nachfolge in Kurpfalz und demjeni-
43
gen, was an Kurpfälzer Rechten und Territorien durch den Westfälischen Frieden an die
44
bay. Linie übergeht, im Fall des Erlöschens der bay. Linie nach der Heidelberger; um die
45
Nachfolge in der achten Kur bei Erlöschen der bay. Linie vor der Heidelberger und dem
10
dann erfolgenden Rückfall der vierten Kur an diese; [4.] um das Recht, bei Differenzen
11
mit Kurbayern ein ständisches Austrägalgericht anrufen zu können; [5.] um Präzedenz des
12
regierenden Hg.s von Pfalz-Neuburg vor den Hg.en der bay. Linie. – Das Kondominium
13
Parkstein-Weiden gehörte zur Hälfte zum Ft. Pfalz-Neuburg, während die zweite Hälfte
14
(aus Kurpfälzer Besitz), um deren Zusicherung der Pgf. bat, 1623 infolge der Ächtung
15
Kf. Friedrichs V. von der Pfalz an Pfalz-Neuburg gekommen war ( Sturm, 39f.). Auf die
16
Stadt Pfreimd (nördlich von Nabburg) aus dem Besitz der im November 1646 ausgestor-
17
benen Lgf.en von Leuchtenberg ( Europäische Stammtafeln NF XVI T. 97; Volkert,
18
Reichsstände, 329) meinte der Pgf. aufgrund alter Nachfolgerechte Anspruch zu haben.
19
Das Amt Pleystein (im Oberpfälzer Wald) hatte er 1626 von Kf. Maximilians Bruder Hg.
20
Albrecht VI. von Bayern (1584–1666) gekauft, der es 1623 als heimgefallenes böhmisches
21
Lehen aus Kurpfälzer Besitz von Ks. Ferdinand II. erhalten hatte ( Schwennicke I.1 T. 107;
22
Poblotzki, 38; Volkert, Pfalz, 102, 125).
(so dem löblichen Mainzi-
9
schen reichsdirectorio schon übergeben und hoffentlich alsbaldt ad dic-

[p. 123] [scan. 239]


1
taturam kommen wird) ausgetrückten conditionibus und anderergestalt
2
nicht geschehen laßen.

3
Weiln auch

8
3 unterschiedene] In Magdeburg E von Werner ergänzt. Ursprünglich stand in dem
9
schriftlich eingereichten Votum: sub littera B designirte.
unterschiedene reichsfürsten und stände directo vel indirecto
4
hierbey interessiret sein

23
Österreich gehörte zu den Betroffenen, weil Ks. Ferdinand II. sich 1628 verpflichtet hatte,
24
Kf. Maximilian bis zu 13 Millionen fl. der Einkünfte Oberösterreichs zu überlassen, falls
25
dieser oder seine Erben die pfälzischen Territorien, die er 1628 als Reichslehen für seine 1619
26
bis 1622 entstandenen Kriegskosten erhalten hatte, wieder verlieren würden (Tauschver-
27
trag von 1628 II 22 sowie Kauf- und Übergabebrief von 1628 III 4, Texte: Dokumente
28
I,3,2 Nr. 272, 273; Albrecht, Maximilian, 606f.). Kurköln gehörte zu den Betroffenen,
29
weil Kf. Ferdinand von Köln Deszendent der Wilhelminischen Linie und potentieller Erbe
30
seines Bruders Maximilian war. Der Fbf. von Osnabrück, Franz Wilhelm von Wartenberg,
31
gehörte insofern zu den Betroffenen, als Ks. Ferdinand II. in dem genannten Kauf- und
32
Übergabebrief von 1628 III 4 für sich und seine Nachkommen die Verpflichtung einge-
33
gangen war, bei Aussterben der gesamten Wilhelminischen Linie und der Verleihung der
34
pfälzischen Territorien an andere Agnaten oder ihrem Heimfall ans Reich den Nachfolgern
35
in den Hgt.ern Ober- und Niederbayern sowie den Allodialerben der Wilhelminischen
36
Linie 13 Millionen fl. zu zahlen. Zu diesen potentiellen Erben gehörten Franz Wilhelm
37
bzw. andere Angehörige des Hauses Wartenberg (s. Schwennicke I.1 T. 109). Hessen-
38
Darmstadt gehörte wegen der Ämter Umstadt und Otzberg (s. [Nr. 131 Anm. 56] ) zu den
39
Betroffenen. Bei den Beratungen über die Pfalzfrage blieb (Kur-)Bayern fern, während
40
die übrigen nach Pfalz-Neuburger Ansicht betroffenen Rst. teilnahmen (so Kurköln an
41
den KFR-Sitzungen am 21. Januar, 16. und 18. März 1647, s. APW III A 1/1, 701 Z. 17f.,
42
38ff., 728 Z. 14, 733 Z. 4; Österreich, Hildesheim [Fbf. Ferdinand] und Hessen-Darmstadt
43
an der gegenwärtigen FRO -Sitzung).
, alß wollen ihre fürstliche durchlaucht sich genz-
5
lich versehen, es werden dieselbe, auch dero rähte unnd gesante, ihrer bey-
6
wohnenden eigenen discretion nach von den deliberationibus, welche in
7
dieser Pfälzischen sache gehalten werden, sich ultro selbst absentiren noch

[p. 124] [scan. 240]


1
vor sich selbsten oder wegen ihrer inhabenden stiffter oder landen weder
2
auch im nahmen anderer reichsständ, die ihnen bey dieser friedenshand-
3
lung ihre vota aufgetragen haben, einige stimme nicht führen, noch auch
4
sölches der löbliche fürstliche reichsraht ihnen zu thun nicht gestatten.

5

19
5 Bathe – proposition] Nach Magdeburg D übergab Cloet anschließend das Pfalz-Neu-
20
burger
Votum et alia dem Fürstenratsdirektor. Nach Pfalz-Neuburg (3610) übergab der
21
Gesandte außer der nebenproposition eine recusationschrift.
Bathe im übrigen umb communication der Kayserlichen proposition

27
Pfalz-Neuburg übergab außer der „Nebenproposition“ (Anm. 74) eine recusationschrift
28
(Textvariante Z. 21), die sehr wahrscheinlich identisch ist mit einem Pfalz-Neuburger
29
Antrag aus Münster von 1647 II 16; Text: Österreich A III (XXXVII) fol. 92–93’.
30
Inhalt: Antrag, daß Österreich, (Kur-)Bayern, Kurköln, das Hst. Osnabrück und Hessen-
31
Darmstadt als Betroffene den Beratungen über die pfälzische Sache fernbleiben und ihre
32
Ges. auch nicht namens anderer Rst. daran teilnehmen möchten. – In dieser Sitzung
33
konnte Pfalz-Neuburg, abgesehen von Hessen-Darmstadt, auch an der Vertretung des
34
Hst.s Hildesheim Anstoß nehmen, da Kf. Ferdinand von Köln Fbf. von Hildesheim war.
.

6
Österreichisches Direktorium. Was die ubergebene schrifften anlan-
7
ge, würden sie deswegen an das Churmainzische reichsdirectorium sich
8
finden

35
an das Churmainzische reichsdirectorium sich finden bedeutet hier bei dem Churmainzi-
36
schen reichsdirectorium sich einfinden (vgl. Grimm III, 1647 s. v. finden Punkt 7c).
und es daselbst übergeben.

9
Pfalz-Neuburg. Hetten es gethan, könten aber nicht erlangen, das es
10
dictiret werde etc.

37
Die Diktatur war auf Wunsch der Ksl. unterblieben, weil sie eine Lösung der Pfalzfrage im
38
Zusammenwirken mit dem KfR, ohne Rücksicht auf Pfalz-Neuburg, erstrebten (Winfried
39
Becker, 240).

22
10–11 Bethen – laßen] Pfalz-Neuburg (3610): Die Gesandten baten inständig, mit itzigen
23
consultationibus et resolutionibus so lang einzuhalten, biß vorangeregte dictatur vorher-
24
gangen und ihre[r] fürstlichen durchlaucht billichmäßige petita sowol wegen der haubt-
25
alß nebenproposition und recusationschrift vor allen dingen in berathschlagung gezogen
26
und resolvirt worden seien.
Bethen derowegen, denen herrn fürstlichen es dictiren
11
zu laßen.

12
Pfalz-Lautern und andere. Beschwerten sich gleichergestalt, das es
13
ihnen auch in anderen dergleichen fällen begegnet etc.

14
Österreichisches Direktorium. Das wolte sich nicht schicken, son-
15
dern das reichsdirectorium müste die dictatur anordnen.

16
Braunschweig-Celle, Sachsen-Altenburg und andere. Es ge-
17
bühre sich gleichwol nicht unnd stünde dem directorio nicht frey, dictiren
18
zu laßen, was es wolle, sondern was einkehme und sonderlich, was reichs-

[p. 125] [scan. 241]


1
sachen weren. Churmaynz hette eine zeithero ein hauffen privata in sei-
2
nen eigenen sachen, die Bergkstraße betreffend, dictiren laßen

34
Kurmainz hatte am 3., 5. und 6. März 1647 ein Memorial über die Bergstraße und andere
35
Pfandschaften, das seine Ges. 1642 I 16 bei den Wiener Verhandlungen über die Pfalzfrage
36
vorgelegt hatten, samt zehn Beilagen diktieren lassen (Text: Meiern IV, 359 –362; Text der
37
Beilagen A, B, C, D, G, H, I, K: ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E 6 fol. 182–209’; Druck
38
der Beilage G [= Revers von 1463]: s. Anm. 20).
, andere
3
reichssachen aber blieben darüber liegen.

4

30
4–5 Basel – Simmern] Ergänzt nach Magdeburg D und Pfalz-Neuburg (3610). In
31
Braunschweig-Celle B I (Konzept) folgt auf das Votum Pfalz-Neuburgs das Votum
32
Pfalz-Zweibrückens; das Votum Basels fehlt. In Pfalz-Neuburg (3610) folgt auf das
33
Votum Pfalz-Zweibrückens: Pfalz-Veldenz. Wie Lautern und Simmern.
Basel. Wie zuvor.

5
Pfalz-Zweibrücken. Wie Pfalz Lautern und Simmern.

6
Sachsen-Altenburg. Man habe a parte Sachsen Altenburg mit meh-
7
rem verstanden, was vom hochlöblichen Österreichischen directorio zur
8
umbfrage proponiret. Man habe auch angehöret, was von denen vorsi-
9
zenden in dieser sachen für vota gefallen, unter welchen man sich, soviel
10
die quaestionem „an“ betrifft, gar wol mit dem vernünfftigen, wolaus-
11
geführten Würzburgischen voto conformiren könne. Und weil es an deme,
12
daß dieser Pfälzischen sachen halber das liebe vaterland so lang im krieg
13
stecken und fast gar darüber zugrund gehen müßen, so gebühre ihrer
14
Kayserlichen mayestät für dero sorgfalt allerunterthenigster danck, daß
15
sie diese schwere sache absque ulteriori mora bestendigerweise und aus
16
dem grunde beylegen zu laßen begerten. Es theten auch ihre Kayserli-
17
che mayestät höchstlöblichst, das sie es bey allen dreyen reichsrähten in
18
deliberation bringen ließen; dann einmahl sey gewiß, das die churwürden
19
anfengklich nicht von sich selbst entstanden, sondern zum theil tacito,
20
theils aber expresso in der güldenen bull befindtlichen consensu omnium
21
statuum eingeführet

39
Die Anfänge des Kf.enkollegs waren damals und sind heute umstritten (s. Anm. 29).
. Dahero dann auch billig, das dergleichen mutatio-
22
nes nicht nur mit eines und des andern, sondern gesambter churfürsten,
23
fürsten und stände des Reichs vorwißen unnd einwilligung vorgenommen
24
werden müßen.

25
Die sache nun an sich selbst bestünde vornemblich in 3 puncten: 1. [in]
26
dignitate electorali Palatinatus, 2. concernire ipsum principatum, 3. statum
27
ecclesiasticum.

28
Soviel erstlich die churwürde betrifft, sey vorgeschlagen worden, das der
29
octavus electoratus eingeführet werden müchte, weil sonst ganz kein ander

[p. 126] [scan. 242]


1
mittel zu finden, wie und welchergestalt aus der sachen zu gelangen. Nun
2
sey es zwart an deme, das bey den fundamentalgesezen freylich und in alle
3
wege zu beharren, und were zu wünschen, das man den numerum elec-
4
torum, so in der aurea bulla verordnet, darbey man sich etliche 100 jahr
5
woll befunden, noch weiter behalten künte. Wann er aber hergegen die
6
rationes, so Würzburg angeführet, bedencke, müße er bekennen, das ob
7
maius malum evitandum die aurea bulla wol könne geendert werden.
8
Zudeme sey es mit dem numero electorum ohnedas also beschaffen, das
9
derselbe nicht allezeit einerley gewesen, wie dann bekandt, was die scrip-
10
tores davon schreiben, darunter sonderlich des kaysers Friderici I. secre-
11
tarius Amandus

34
Angeblicher Sekretär Ks. Friedrichs I., den zuerst Windeck 1616 mit einem bis dahin
35
unbekannten libellus als Zeugen für die Kg.swahl 1152 angeführt hat, bei der sechs oder
36
acht Fürsten gewählt hätten ( Commentarius V, 15). Weder in dem libellus noch bei Windeck
37
oder Gewold, der Amandus als Gewährsmann in seinen Kommentar über das Kf.enkolleg
38
übernommen hat (s. Dürrwächter, 43 Anm. 1), wird die Wahl Ks. Friedrichs als Beginn
39
des Kurkollegs gedeutet. Durch Gewold geriet Amandus in die spätere Staatsrechtsliteratur
40
(s. z. B. Pfeffinger I.2, 125).
in zweifel gezogen, ob die anzahl vom anfang uf sechs
12
oder acht bestanden sey. Halte also dafür, es werde nicht allein gegen die
13
posterität zu verantworten sein, sondern sie würden es auch noch darzu
14
loben, das man den gegenwertigen zustand des nohtleidenden vaterlandes
15
in consideration gezogen und daßelbe aus dem augenscheinlichen unter-
16
gang herauszureißen ein sölches mittel ergriffen hette. Dieses periculum
17
sey zwar dabey, das dergestalt der numerus electorum par und dahero
18
auch bey vorgehenden electionibus und sonsten paria vota zu besorgen
19
sein müchten, jedoch könten vielleicht auch, [um] dieser gefahr fürzu-
20
bawen, noch wol mittel gefunden werden. Pliebe demnach nochmahls
21
dabey, das ratione octavi electoratus die quaestio „an“ affirmative zu re-
22
solviren.

23
Ein andere quaestio aber sey „quomodo“, wie nemblich derselbe zu intro-
24
duciren und einzuführen. Welche quaestion dann, wie auch die anderen
25
beeden betreffend, halte man Sachsen Altenburgischen theils dafür, daß
26
izo darüber füglich nicht votiret werden könne, und zwar darumb, weil
27
die cronen dieser sachen sich so starck theilhafftig machen. Derowegen
28
unsere deliberationes vergeblich sein würden, wann man nicht vorhero
29
wüste, ob es auch bey denen cronen mit guter manier zu erheben were.
30
Dann solte man etwas statuiren, darzu die cronen nicht zu disponiren,
31
möchte gar leicht anstadt des lieben friedens die continuation des krieges
32
veruhrsachet werden. Halte also nochmahls dafür, daß man die quaestio-
33
nem „quomodo“ und die übrigen beyde, sowol was die restitutionem

[p. 127] [scan. 243]


1
terrarum alß den statum ecclesiasticum betreffe, denen herrn Kayserli-
2
chen und königlichen plenipotentiariis zur verhandlung übergebe und sie
3
dabey ersuche, das wie sie vermöge der ausgegebenen proiecten

24
Bezug auf den schwed. Textvorschlag für eine Übereinkunft zwischen Ks. und Reich sowie
25
Schweden und Frk. über die pfälzische Sache, [Prooemium], praes. 1647 II 28 (s. Meiern
IV, 356 , erster Absatz des Textvorschlags): Quod Causam Palatinam attinet, visum est ex
27
re & tranquillitate Imperii, ut & hæc controversia absque ulteriori mora componeretur.
28
Die Ksl. haben in ihrer darauf bezüglichen Erklärung von 1647 III 4 ihr Einverständnis
29
erklärt ( Meiern IV, 358 , zweiter Absatz der Erklärung).
beeder-
4
seits selbst der mainung weren, das ohne weitern verzug die sache güetlich
5
beyzulegen, so müchten sie in denen tractaten weiter fortfahren unnd
6
dahin trachten, damit es dermahleinsten zum entlichen schluß kommen
7
unndt gedeihen möge; doch mit dieser austrücklichen condition und vor-
8
behalt, das 1. wolgedachte herrn plenipotentiarii von demiennigen, was
9
abgehandelt, churfürsten, fürsten und ständen iedesmahls communication
10
wiederfahren laßen und dero gutachten, genembhaltung und ratification
11
darüber vernehmen unnd einhohlen, unndt könne man 2. evangelischen-
12
theils auch nicht geschehen laßen, das man den punctum gravaminum ganz
13
beyseits- und zurückseze, sondern es müste derselbe, wo nicht vorhero,
14
doch pari passu erörtert werden. Es sey ia denen herrn catholischen eben-
15
sowol als ihnen, denen evangelischen, an deren erledigung zum höchsten
16
gelegen; dahero ia zu gewinnung der zeit diese beede puncta gar wol
17
zugleich verhandelt und componiret werden könten. Solte es aber nicht
18
geschehen, würde man Sachsen Altenburgischen theils nicht allein weiter
19
hierinnen zu votiren oder in dasiennige, was gehandelt würde, zu willigen
20
bedencken tragen, sondern wolle auch dieses votum hiemit revociret und
21
wiederruffen haben. Man hoffe, weil dieses begeren und conditiones dem
22
vorigen reichsbedencken gemeeß

30
S. das Bedenken der Reichsräte, praes. Osnabrück 1646 IV 17/27, hier die Correlation
31
des FR zu Klasse II bis IV der Repliken der Kronen ( Meiern II, 895 f., letzter/erster
32
Absatz, beginnend Uber die von der Cron Schweden, hier 896, letzter Satz des Absatzes):
33
Die Erledigung der Reichssachen (d. h. die Behandlung der Gravamina) soll unverzüglich
34
fortgeführt werden (s. dazu auch APW III A 3/3, XCII). – Thumbshirn hatte sich (im
35
Namen des CE ) schon früher für die Gravaminaverhandlungen eingesetzt, z. B. am 5.
36
Februar 1646 im FRO (s. APW III A 3/3, 36 Z. 13–16; zu der inzwischen begonnenen neuen
37
Phase der Gravaminaverhandlungen s. Anm. 27). Am Tag nach der FRO -Sitzung, am 17.
38
März 1647, forderten die ksl. Ges. (Trauttmansdorff, Lamberg, Volmar und Krane) die ev.
39
Ges. zu sich. Volmar hielt ihnen in einer später schriftlich mitgeteilten Proposition vor, daß
40
sie bei ihren ersten Forderungen verharrten ( Meiern IV, 128 f., Text der Proposition, s. l.,
41
s. d.: 129ff.; APW III C 4, 175 Z. 10f.; Wolff, 169 Anm. 108).
und zur sachen dienlich, so würden es
23
die herrn Kayserlichen nicht übelnehmen oder sie deßen verdencken.

[p. 128] [scan. 244]


1
Und wie Pfalz Lautern erinnerung gethan, also wolle man gleicherge-
2
stalt umb communication der verlesenen Kayserlichen proposition sowol
3
deßen, was Pfalz Newburgk izo eingereichet, gebeten haben etc.

4
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburg und gleichstimmende etc.

5
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Wegen ihrer fürstlichen
6
gnaden zu Sachsen Weymar, Gotha unnd Eisenach

36
Hg. Wilhelm von Sachsen-Weimar und Hg. Ernst von Sachsen-Gotha (zu Hg. Ernst s. jetzt
37
Ignasiak, Ernst; Jacobsen/ Ruge ).
sey er imgleichen der
7
meinung, daß ihr Kayserlicher mayestät für die reichsväterliche sorgfalt
8
allerunterthenigst danck zu sagen und darbey allergehorsambst zu bitten,
9
so lang darinnen zu verfahren und nicht abzulaßen, bis dermahleins ein
10
bestendiger friede durch Gottes gnade erlanget werde.

11
Die vorgelegte proposition antreffend, befinde er, das dißmahl ein mehres
12
nicht in umbfrage gestellet sey, alß ob churfürsten, fürsten unnd stände in
13
die einführung des octavi electoratus willigen könten. In hac quaestione,
14
und zwart noch zur zeit nur abstractive, hielten ihre fürstlichen gnaden
15
dafür, weil bishero sehr viel und unterschiedtliche vorschläge ins mittel
16
kommen, aber keiner practicabel gewesen, so were entlich umb des lieben
17
friedens willen der octavus electoratus einzureumen und nachzugeben,
18
jedoch das dieses extraordinarium in consequentiam durchaus nicht gezo-
19
gen noch dieser numerus perpetuiret werde.

20
Das concretum sey noch nicht in die umbfrage kommen, wolle dem-
21
nach das Magdeburgische, Würzburgische und Sachsen Altenburgische
22
votum repetiret und gleich ihnen seine meinung suspendiret haben, mit
23
bitte wie Sachsen Altenburg, das die Kayserlichen herrn plenipotentiarii
24
mit denen hochlöblichen cronen in denen angetretenen tractaten fortfah-
25
ren und dieselben zum guten ende hinnausführen, auch was iedesmahls
26
gehandelt unnd abgeredet worden, churfürsten, fürsten und ständen zu
27
dero

34
27 genembhaltung] Sachsen-Altenburg A II 1, Sachsen-Gotha A V, Sachsen-Weimar
35
A V, Sachsen-Weimar B VIII und Meiern IV: gutachten und genembhaltung.
genembhaltung hinterbringen müchten.

28
Im übrigen wiederhole er die von Sachsen Altenburg beygebrachte und
29
vorhero von Magdeburg auch berürte bedingung, das nemblich die grava-
30
mina nicht postponiret, sondern zum weinigsten pari passu abgehandelt
31
werden, oder würde wiedrigen verpleibenden falß dieses sein votum nicht
32
pro suo erkennen und hette schließlich gleichergestalt umb communica-
33
tion zu bitten.

[p. 129] [scan. 245]


1
Brandenburg-Kulmbach. Gleichwie man an seiten Brandenburg
2
Culmbach, als hiebevorn in puncto amnistiae gerahtschlaget worden, da-
3
fürgehalten

26
Müller muß sich auf die Beratungen im FRM über die Amnestiefrage bezogen haben, da er
27
an der entsprechenden Sitzung des FRO am 29. Januar/8. Februar 1646 nicht teilgenommen
28
hatte (s. APW III A 3/3 Nr. 98).
, das kein bestendiger frieden zu hoffen, wann nicht auch die
4
Pfalzische sache hin- und beygeleget werde, also vernehme er ganz gerne,
5
das numehr auch dieselbe zur reichsdeliberation gebracht würde, wie er
6
dann die gegen ihre Kayserliche mayestät von denen vorsizenden abgelegte
7
dancksagung wiederholete.

8
Das werck an ihm selbst befinde er von großen difficulteten, schwerer
9
importantz und gefehrlicher consequentz, und weil die proposition zimb-
10
lich weitleuftig und nachdencklich, so wolle er gleichsfals umb communi-
11
cation derselben per dictaturam und umb verstattung bedenckzeit gebeten,
12
zuvorderst aber auch, was von Sachsen Altenburg wegen der gravaminum
13
erinnert worden, brevibus repetiret haben etc.

14
Brandenburg-Ansbach. Wie zuvorn.

15
Braunschweig-Celle. Hette verhoffentlich wol eingenommen, was
16
sowol von dem hochlöblichen Österreichischen directorio in causa Pala-
17
tina proponiret als von denen vorsizenden darüber votiret worden. Nun
18
sey es an deme und hette das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg alle-
19
zeit dafürgehalten, das an güetlicher accommodation dieser Pfälzischen
20
sache hoch unnd viel gelegen, dahero sie dann uff und bey allen collegial-,
21
reichs- und deputationtägen dahin gezielet unnd votiret

29
Die Braunschweig-Lüneburger Ges. , die auf dem KFT zu Nürnberg 1640 auf die Einbe-
30
rufung eines RT zu Friedensverhandlungen hinwirkten, waren von Braunschweig-Celle,
31
-Calenberg und -Wolfenbüttel instruiert worden, 1612 als Grundlage allgemeiner Friedens-
32
verhandlungen anzustreben und somit implizit die Behandlung der Pfalzfrage zu fordern.
33
Auf dem Regensburger RT 1640–1641 forderten sie in einem gemeinsamen Memorial mit
34
Hessen-Kassel (Text: Londorp V, 568–572) am 22. August 1641 vor dem Plenum des RT
35
eine allgemeine, unbeschränkte Amnestie unter Einbeziehung der Söhne des geächteten
36
Kf.en Friedrich V. Auf dem Frankfurter RDT plädierte Braunschweig-Lüneburg in der
37
Sitzung am 17. März 1643 erneut für eine unlimitierte Universalamnestie ( Brockhaus,
38
207; Langenbeck, 16f., 250ff.; Bierther, 18f., 138f., 198f.; Philippe, 36; van den Heuvel,
39
129f.; APW III A 3/3 [Nr. 101 Anm. 48] ).
, das auch diese
22
sache in der güete hin- und beygeleget werden möchte. Unnd hette dahero
23
das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg ganz gerne vernommen, daß
24
zwischen ihrer Kayserlichen mayestät, den beyden cronen und beyderseits
25
interessenten die tractaten für die handt genommen worden. Ihre fürstli-

[p. 130] [scan. 246]


1
chen gnaden würden auch nicht unterlaßen, darbey nach mügligkeit gerne
2
zu cooperiren.

3
Man habe sonst Braunschweig Lüneburg Zellischen theils vernommen, das
4
die fürgelegte proposition fürnemblich uf zweyen fragen bestehe: 1. wegen
5
der churwürde etc., 2. wegen der lande etc. Da sich dann die 1. wiederumb
6
in zwey membra oder quaestiones abtheile: (1.) „an“, ob nemblich der
7
octavus electoratus zu gestatten; (2.) „quomodo“, wie dann sölches zu
8
vermitteln undt einzuführen. Deßgleichen die 2. frage betreffe (1.) die
9
Ober- und (2.) die Unterpfalz etc.

10
Nun möchte es zwart ad primum super quaestione „an“ an seiten des
11
fürstlichen hauses Braunschweig Lüneburgk so gar groß bedencken nicht
12
haben, sich darüber herauszulaßen. Weil man aber aus der verlesenen Kay-
13
serlichen proposition wahrgenommen, das die quaestio „an“ mit der quae-
14
stione „quomodo“ wie auch mit der andern haubtfrage, die restitution der
15
lande betreffendt, combiniret, auch allerhand conditiones darbey prae-
16
supponiret werden wollen, so müße man bekennen, das man nicht so weit
17
instruiret sey, sondern müße wie Magdeburg und Salzburg sein votum
18
suspendiren unnd die notturfft bis zu anderer zeit unnd gelegenheit reser-
19
viren.

20
Österreichisches Direktorium. (Interloquendo:) Were nicht dahin,
21
das man mehr quaestiones machen oder izt stracks resolviren wolte, ange-
22
sehen, sondern nur, damit sie vernehmen, was bishero in der sachen fürgan-
23
gen, auch derselben desto beßer nachdencken und sich soviel ehe darauf
24
erklehren könten. Dißmahl aber sey es vornemblich umb die quaestionem
25
„an“ ratione octavi electoratus zu thun.

26
Braunschweig-Celle. Man halte soviel mehr nachdencklich, über de-
27
nen andern puncten sich heraußzulaßen, weil albereit die tractaten würck-
28
lich angetreten. Hette auch noch nicht vernommen, das dieselbe etwan in
29
stecken gerahten weren. Wolte demnach am besten sein, dieselbe in ihrem
30
lauf zu laßen, und weren ihre Kayserliche mayestätt allerunterthenigst zu
31
ersuchen, in sölchem tramite zu pergiren und die handtlung fortsezen zu
32
laßen, doch mit der maße unnd condition wie Sachsen Altenburg, daß
33
alles denen ständen communiciret unndt nichts ohne deren consens unnd
34
bewilligung geschloßen werde. Dann solte man in denen deliberationi-
35
bus fortfahren, könte 1. nicht allein denen interessenten leichtlich prae-
36
iudiciret werden, sondern es were auch 2. noch ungewiß, ob die cronen
37
dasiennige, was man dergestalt consultire unnd schließe, auch genemb-
38
halten müchten, da dann uf den wiedrigen fall das Reich nichts anders
39
ausrichten, als odia und invidias uf sich landen, auch churfürsten, fürsten

[p. 131] [scan. 247]


1
unndt ständen schimpflich sein würde, wann sie hernach ex post facto ihre
2
mainung endern solten.

3
Weil nun 1. noch die gravamina als einer von denen schweresten ad pri-
4
mam classem gehörigen haubtpuncten

27
Bezug auf die schwed. Replik von 1646 I 7, deren erste Klasse die Res & Negotia Imperii
28
umfaßt, und zwar 1. die Amnestie, 2. die Privilegien und Rechte der Rst. , 3. die Gravamina
29
und 4. den Handel ( Meiern II, 185 ).
verhanden unnd noch nicht erle-
5
diget, auch 2. noch keine andere particularsachen in den reichsraht gezogen
6
worden

30
Das war insofern nicht korrekt, als die Reichskurien über die hessen-kasselschen Grava-
31
mina
und Postulata beraten hatten, zu denen z. B. Forderungen gehörten, die aus dem
32
Marburger Erbfolgestreit resultierten. Dazu hatte Österreich bei der Beratung im FRO
33
am 14. März 1646 erklärt, das seien particularia unter den beyden fürstlichen heusern, über
34
die sich die Betroffenen einigen würden. Auch der braunschweigische Ges. hatte damals
35
geäußert: Theils sachen weren particularia (APW III A 3/3, 323 Z. 17ff., 326 Z. 6f.).
, so were die Pfälzische sache zwart uf die tractaten zu verstellen
7
und hergegen vor allen dingen dahin zu sehen, wie zuvorderst der passus
8
gravaminum erlediget und in richtigkeit gebracht werden möge. Wann es
9
aber so weit in denen tractaten kommen undt alsdan die sache hinwie-
10
der zur reichsconsultation gebracht werden solte, so were man alsdan von
11
seiten Braunschweig Lüneburg Zelle sich der gebüer zu erklehren und
12
dasiennige, was dem Heyligen Römischen Reich nüzlich, auch deßen con-
13
stitutionibus unndt der pilligkeit gemeß, mit beytragen zu helffen erböttig
14
etc.

15
Hierauf begerte daß Österreichische Direktorium nochmahls zu
16
wißen, wohin dann sein votum ratione quaestionis „an“ eigentlich ginge.

17
Braunschweig-Celle. Welches er kürzlich und ohngefehrlichen inhalts
18
nochmahls dahin erklehrete, das es circa quaestionem „an“ in abstracto
19
seu abstractive kein bedencken haben würde, sondern wolte dieselbe, also
20
abstractive, affirmative resolviret haben.

21
Braunschweig-Grubenhagen. Hette gleichergestalt wol eingenom-
22
men, was vor dißmahl in umbfrag gestellet. Weil aber vom Österreichi-
23
schen directorio diese fernerweite erklehrung geschehen, das izo nur de
24
octavo electoratu abstractive zu reden sey, so wolle er sich auch nur dar-
25
auf heraußlaßen. Nun sey zwar von seinem collega herrn Dr. Langenbeck
26
schon angeführet

36
S. das Votum Braunschweig-Celles. Normalerweise wurden die Ft.er Braunschweig-Celle
37
und -Grubenhagen gemeinsam von einem Ges. vertreten, wie Lampadius, der hier für
38
Braunschweig-Grubenhagen votiert, am 27. September 1646 erläuterte (s. Nr. 125 bei
39
Anm. 24). Es ist nicht ersichtlich, warum die Braunschweiger Ges. hier von dieser Regelung
40
abwichen.
, daß das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg in

[p. 132] [scan. 248]


1
quaestione „an“ wol keine sonderbahre große difficulteten machen würde,
2
dieweil aber unter den reichssachen nicht allein die causa Palatina zu
3
accommodiren, sondern auch die gravamina gutentheils noch unvergli-
4
chen weren, welche dann viel mehr nach sich trügen und sowol ihr Kay-
5
serliche mayestät alß beyderseits stände concernirten, respectu deren die
6
causa Palatina nur für ein privatwerck zu achten, so were ia billig unndt
7
nötig, das dieselben zuerst erörtert unnd beygeleget werden; welches er
8
nicht zu dem ende anführe, als wan die causa Palatina gar zu postponiren.
9
Es sey aber bekandt, das ihr Kayserliche mayestät selbst gestanden, das die
10
vornembste ursach alles unglücks und dieses so lang gewerten krieges von
11
den gravaminibus herkomme

32
Es ist unwahrscheinlich, daß der Ks. sich so geäußert hat. Ursprünglich sollten die Gra-
33
vamina
gar nicht auf dem WFK, sondern auf einem ao. RDT behandelt werden. Die Ksl.
34
gaben der schwed.-rst. Forderung nach ihrer Behandlung auf dem Friedenskongreß nach,
35
da es ihrer (bzw. Trauttmansdorffs) Taktik entsprach, durch eine rasche Einigung mit den
36
Rst. n eine sichere Basis für die Verhandlungen mit den Kronen zu schaffen ( Bierther,
37
193; Ruppert, 239). Im hier referierten Sinne hatten sich vielmehr die Schweden geäußert,
38
s. die schwed. Replik von 1646 I 7, schwed. Protokoll, Klasse IV,3 ( Meiern II, 196): In
39
mehrer Erwegung, daß die Gravamina zu diesem Kriege die rechte Brunquell waeren […].
. So hetten auch herrn graf Trautmansdorfs
12
excellenz zum öfftern erinnerung gethan, das doch die sache maturiret wer-
13
den möchte. Also concludire er nochmahls dahin, das zwart die Pfälzische
14
sache gar wol tractiret unnd abgehandelt werden könne, sed ita tamen, ut
15
praemittantur gravamina etc.

16
Das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg werde, wie gedacht, in even-
17
tum die quaestionem „an“ gar nicht difficultiren. Weil man es aber im
18
übrigen auch mit den cronen zu thun hette, so würden ihre Kayserliche
19
mayestät wol [daran] thun, wann sie mit denenselbigen tractiren ließen,
20
jedoch mit denen conditionibus, wie Sachsen Altenburg, das nemblich
21
1. ohne ratification und genembhaltung der stände nichts geschloßen, 2. die
22
gravamina nicht nach-, sondern vorgesezet werden. Solte es aber pari passu
23
sein können, hette es entlich seine maße, doch müsten die gravamina fürge-
24
hen.

25
Unnd dieses sein votum wiederhole er auch wegen Braunschweig-
26
Wolfenbüttel und -Calenberg wie imgleichen wegen Mecklen-
27
burg
-Schwerin und -Güstrow, auch Baden-Durlach, doch suo
28
quodvis [!] loco et ordine atque citra cuiusque praeiudicium.

29
Pommern-Stettin und -Wolgast. Man habe zuvorders ihr Kayser-
30
licher mayestätt für die reichsväterliche sorgfalt sowol auch dero herrn
31
plenipotentiariis für beschehene apertur ihrer Kayserlichen majestät aller-

[p. 133] [scan. 249]


1
gnedigsten resolution und mainung danck zu sagen. Weil aber die propo-
2
sition zimblich weitleufftig und viel sachen darinnen praemittiret, so in die
3
merita causae

36
Der juristische Terminus technicus merita causae bedeutet die Haupt=Sache; das Recht,
37
darueber gestritten wird ( Zedler XX, 1008 s. v. merita causæ; Oberländer, 471 s. v.
38
Meritæ causæ ).
mit hinneinlauffen unnd darauf die haubtfrage ihr ganzes
4
fundament als auf einen medium terminum seze, so hette er mit vorstim-
5
menden gleichsfals umb communication derselben zu bitten. Unndt weil
6
erwehnte praesupposita also beschaffen, das sie reiffes nachdenckens wol
7
vonnöthen, er auch über dieses verspüret, wie etliche defectu mandati sich
8
entschüldiget, etliche umb bedenckzeit gebeten, der mehrer theil mit den
9
gravaminibus es conditioniret unnd das die tractaten fortgestellet werden
10
möchten, also in effectu fast alle ihre vota suspendiret, so könte man sich
11
zwar wol herauslaßen unnd in quaestione „an“ ratione octavi electoratus
12
keine sondere difficultet machen, man wolle aber auch andern hierunter
13
nicht praeiudiciren, sondern sein votum gleichsfalß reserviren etc.

14
Braunschweig-Lüneburg. Hierzwischen begerten die herrn Braun-
15
schweig Lüneburgische interloquendo communication sowol des Kayser-
16
lichen fürtrags alß was Pfalz Neuburg übergeben etc.

17
Österreichisches Direktorium. Die cronen wolten aber in denen trac-
18
taten nicht ehe weiter fortfahren, bis die stände ihr bedencken gegeben
19
hetten.

20
Pommern. An seiten Pommern hette man deßen kein groß bedencken,
21
wann von denen vorsizenden desgleichen geschehen were. Weil aber deren
22
vota nicht pure oder cathegorice gefallen, müße er seine erklehrung gleichs-
23
fals differiren.

24
Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach. (Interloquendo:) Weil es
25
nur umb die quaestionem „an“ ratione octavi electoratus zu tun sey, so
26
wolle er keine difficultet deswegen machen, sondern sich denen maioribus
27
gerne conformiren.

28
Hessen-Kassel. Ex parte Heßen Caßel hette er angehöret, was vom
29
directorio verlesen und in umbfrage gestellet worden, das nun ihre Kay-
30
serliche mayestät nichts ermanglen laßen wollen, was pro tranquillitate
31
des lieben vaterlandes dienlich, unnd demnach deroselben deswegen aller-
32
unterthenigster danck zu sagen: hiermit könne er sich leicht conformiren.
33
Das ende sonst dieser consultationum sey nicht, durch deliberationes oder
34
decreta eins und anders zu behaubten oder durchzutringen, sondern durch
35
güetliche tractaten zu accommodiren und beyzulegen, wie man sich dann

[p. 134] [scan. 250]


1
auch eines gewißen modi et ordinis deliberandi verglichen. Weil dann ein-
2
mahl beliebet, das der passus satisfactionis et gravaminum der Pfälzischen
3
sache fürgehen solte

31
Ein solcher Beschluß konnte nicht ermittelt werden. Hinsichtlich der Gravaminaverhand-
32
lungen waren Ksl. und Schweden bereits 1645 übereingekommen, daß sie gleichzeitig mit
33
den übrigen Verhandlungen, und zwar æquis & Christianis modis, geführt werden sollten,
34
s. die ksl. Responsion an Schweden von 1645 IX 25, zu Punkt 7 ( Meiern I, 621 ).
und also diese proposition noch etwas zu frühezei-
4
tig, so müße er sein votum, bis dieselben erörtert, suspendiren undt es bey
5
der einmahl verglichenen ordnung bewenden laßen.

6
Österreichisches Direktorium. (Wiewol ganz unvernemblich:) Man
7
tractire unter der hand eines neben dem andern, und werde baldt in diesem,
8
balt in jennen ein stück fürgenommen unndt abgehandelt. So werde es auch
9
nicht viel deliberirens in der Pfälzischen sache bedürffen, sondern wan nur
10
diese quaestio de dignitate electorali octava resolviret, würde das übrige
11
doch zu tractaten ausgestellet werden müßen.

12
Hessen-Darmstadt. Ihrer Kayserlichen mayestät were zuvorders für
13
die reichsväterliche sorgfalt danck zu sagen unnd umb fernere continuation
14
zu bitten. Die in die umbfrage gestellete proposition betreffend, verstehe
15
er, das es izo vornemblich uf die quaestion de novo electoratu angesehen,
16
daher dasiennige, was izo de modo et ordine fürkommen und was in theils
17
vorsizenden votis wegen des loci ultimi wol distinguiret und das der locus
18
neque magis neque minus attribuire, angeführet worden, sich leichtlich
19
erörtern laßen, die gravamina auch seines erachtens wol pari passu tractiret
20
werden könten.

21
Quaestionem ipsam betreffend, wolten ihr fürstliche gnaden wünschen,
22
das es bey der güldenen bull unndt hergebrachten observantz verpleiben
23
möchte. Weil aber summa necessitas salusque rei publicae ein anders erfor-
24
dere[n], so sehe er nicht, warumb der liebe friede des numeri wegen noch
25
lenger aufzuhalten; dann es sey bekand, wie Würzburg angeführet

35
S. bei Anm. 44.
, quod
26
omnes leges eadem ratione, qua latae sunt, abrogari possint, wie dann die
27
güldene bull selbst communi Imperatoris omniumque statuum consensu
28
aufgerichtet, mit deren consens unndt bewilligung dann auch wol eines
29
und anders hinwieder zu endern stünde etc. Die ration oder obstat

36
ratio bedeutet als juristischer Terminus technicus Beweisgrund ( Zedler XXX, 1005f. s. v.
37
ratio [3]); obstat bedeutet im juristischen Sinn das, was entgegensteht, Widerstand, Wider-
38
spruch (vgl. Zedler XXV, 299 s. v. obstare und Obstatt; Oberländer, 407 s. v. Obstare ).
aber
30
de paritate votorum etc. determinire die aurea bulla selbst, das nemblich ad

[p. 135] [scan. 251]


1
iura collegii und nicht ad solum numerum zu sehen sey

18
Steht so nicht in der Goldenen Bulle von 1356, die nichts über die Vorgehensweise bei
19
Stimmenparität enthält, da sie die Zahl von sieben Kf.en implizit voraussetzt und durch
20
Zulassung der Selbstwahl, falls ein Kf. selbst Kandidat ist, die Mehrheitsbildung ermöglicht
21
(Kap. II.4–5, MGH LL IV t. XI.VII, 576, 578; Wolf, Rechtbuch, 5). Indem sie aber
22
die Mehrheitswahl zuläßt und auch in Betracht zieht, daß ein Kf. oder sein Ges. sich
23
verspäten oder ganz ausbleiben könnte, bietet sie einen Ansatzpunkt für die Ansicht, daß
24
es nicht auf die einzelnen (in der Goldenen Bulle genannten) Kf.en ankomme, sondern
25
auf das Wahlrecht des (möglicherweise anders zusammengesetzten, hier also vergrößerten)
26
Gesamtkollegiums.
. Könten sich also
2
propter urgentem necessitatem in quaestione „an“ mit denen vorstimmen-
3
den [votis] affirmativis conformiren, doch mit der cautel und versicherung,
4
das es zu keiner consequentz gezogen werde.

5
Was die quaestionem „quomodo“ anlange, alldieweil das hochlöbliche
6
directorium selbst dieselbe ausgesezet, laße er’s auch dahingestellet sein.
7
Und würde noch viel bey der herrn churfürsten declaration mehr als uf
8
der stände deliberation bestehen, verbi gratia, ob der octavus elector in die
9
churfürstliche verain

27
Verein ist im oberdt. Sprachgebiet auch als Femininum belegt ( Grimm XXV, 272 s. v.
28
Verein). – Kf. Maximilian war seit 1624 Mitglied des Kurvereins (s. Anm. 10).
mit einzunehmen, was ihme für ein reichsofficium
10
zu geben

29
Die sieben Kurwürden waren fest mit Erzämtern verbunden, indem die Kf.en von Mainz,
30
Köln und Trier die Ämter der Erzkanzler von Deutschland, Italien sowie Gallien und Are-
31
lat innehatten, während Böhmen das Schenkenamt, Pfalz das Truchsessenamt, Sachsen das
32
Marschallamt und Brandenburg das Kämmereramt bekleidete (anerkannt in der Golde-
33
nen Bulle von 1356, s. Wolf, Rechtbuch, 16; Laufs, Erzämter, 1012). Für Pfalz mußte mit
34
der achten Kur ein neues Erzamt geschaffen werden, weil das Amt des Erztruchsessen mit
35
der Pfälzer Kurwürde auf Hg. Maximilian von Bayern übertragen worden war (Anm. 51).
36
Kf. Karl Ludwig wurde schließlich 1652 VIII 5 mit der Würde eines Erzschatzmeisters
37
belehnt, nachdem zuvor auch die Schaffung eines Erzjägermeisteramts erwogen worden
38
war ( Meiern, APE, 703–706; Hauck, 103f.; Oschmann, Exekutionstag, 680; Schaab II,
39
126).
und was desgleichen mehr.

11

16
11 Württemberg ] In Braunschweig-Celle B I (Konzept) ist vermerkt, daß Burckhardt
17
votierte.
Württemberg. Praemissa gratiarum actione, dasiennige, was izo in pro-
12
position unndt umbfrag kommen, anlangend, hette man a parte Würten-
13
berg auch dafürgehalten, wolle man anders das geliebte Vaterland in fried
14
unnd ruhestand sezen, das zuvorders auch die causa Palatina zur accommo-
15
dation zu bringen, worbey dann nicht zu praeteriren, was hiebevor sowol

[p. 136] [scan. 252]


1
in der königlich Schwedischen proposition

28
Bezug auf die schwed. Proposition II von 1645 VI 11, Punkt 3: das Haus Pfalz soll
29
vollständig in den Stand von 1618 restituiert werden ( Meiern I, 436 ).
und Kayserlichen resolu-
2
tion

30
Die ksl. Responsion an Schweden von 1645 IX 25 geht nicht direkt auf die schwed.
31
Forderung nach Restitution des Hauses Pfalz (s. vorige Anm.) ein, sondern verweist
32
pauschal auf die Regensburger Amnestie von 1641 VIII 20. Diese hatte das Haus Pfalz
33
ausdrücklich von der Amnestie ausgenommen und bestimmt, daß die pfälzische Sache
34
im Rahmen besonderer Verhandlungen vorgenommen werden sollte ( Meiern I, 624 , zu
35
Punkt 3 der schwed. Proposition II; Sammlung III, 552, rechte Spalte: Ausnahmen von
36
der Amnestie, Punkt 3; zu den Wiener Sonderverhandlungen über die pfälzische Sache s.
37
Anm. 28).
als auch bey denen reichs- und andern consultationibus und vor die-
3
sem in dieser sache gepflogenen handlungen für vorschläge geschehen

38
Zu den Beratungen über die Pfalzfrage auf dem Nürnberger KFT 1640 s. Bierther, 218f.
39
Die auf dem Regensburger RT 1641 begonnenen und in Wien fortgesetzten Verhandlun-
40
gen waren ergebnislos geblieben (s. Anm. 28). Zu den damaligen letzten Vorschlägen der
41
englisch-pfälzischen Verhandlungsseite s. Anm. 54.
.
4
Daraus [habe] man soviel wahrgenommen, daß der sachen entweder per
5
generalem amnistiam oder durch particulartractaten geholffen werden
6
müste. Dieweil nun diß werck zimblich lang geruhet und numehr zwi-
7
schen ihr Kayserlicher mayestätt und den cronen die particulartractaten
8
ergangen, hette man nicht anders darfürhalten können, es werde damit
9
continuiret, ein gewißer vergleich getroffen und der stände approbation
10
und ratification darüber eingeholet werden.

11
Hetten sonst nicht unterlaßen, die hinc inde proiectirte schrifften und vor-
12
schläge gehorsambst einzuschicken unnd umb fernerweite instruction zu
13
bitten. Weil sich aber das negotium izo noch weiter endere unndt sölche
14
wichtige quaestiones, die in den reichsstatum und deßen fundamentalge-
15
seze mit einlieffen, anizo proponiret worden, so trügen sie bedencken,
16
ohne sonderbahren specialbefehlig sich heraußzulaßen, sondern hetten zu
17
bitten, den sachen etwas anstandt zu geben und immittels die tractaten zu
18
continuiren, welches hoffentlich dem hochlöblichen directorio desto wei-
19
niger bedencklich sein würde, weil noch andere schwere puncten, damit
20
man die zeit wol nüzlich zubringen könte, alß sonderlich die gravamina,
21
zurückweren, wie man sich dann dißfalß uf das fürstlich Sachsen Altenbur-
22
gische votum wolle bezogen und dieselben nicht zurückzulaßen, sondern
23
fortzutreiben und zum schlüßigen vergleich zu bringen gebeten haben.
24
Solte es aber künfftig soweit kommen und die sache, umb der stände
25
gutachten und consens einzuhohlen, wieder in den reichsraht gebracht
26
werden, da man sich dann a parte Würtenberg wol affirmative resolvi-
27
ren könte, so würde sich alsdan verhoffentlich auch wol ein expediens

[p. 137] [scan. 253]


1
finden. Wolte sich also in effectu mit Braunschweig Lüneburg Zelle und
2
gleichstimmenden votis hierinnen conformiren.

3

30
3 Pfalz-Veldenz ] Pfalz-Neuburg (3610): Lautereck.
Pfalz-Veldenz. Nachdem in ihr fürstlicher gnaden Pfalz Veldenz Lau-
4
tereck nahmen dero votum iedesmahl nach dem fürstlich Würtenbergi-
5
schen abzulegen ihme aufgetragen

31
Pgf. Leopold Ludwig zu Veldenz hatte Varnbüler in diesem Sinne instruiert. Nach Pfalz-
32
Veldenzer Ansicht mußte sein Votum auf dasjenige Pfalz-Zweibrückens folgen ( APW III
33
A 3/3, 158 Z. 1–4).
, so werde er dieser ordnung weiter
6
insistiren, doch competenti loco et ordine daßelbe zu verstehen.

7
Conformire sich anfenglich mit allen denenjennigen, welche darfürhalten,
8
das ihr Kayserlicher mayestät allerunterthenigst danck zu sagen und zu
9
bitten, bey sölcher intention und respective angefangenen tractaten zu
10
continuiren.

11
Soviel die haubtsachliche proposition des hochlöblichen directorii betrifft,
12
halte man a parte Pfalz Veldenz mit Pfalz Lautern dafür, es were sich
13
in denen circumstantiis facti nicht aufzuhalten, sonderlich weil hiebe-
14
vorn vermittelst des übergebenen reichsbedenckens für gut angesehen und
15
geschloßen worden, die causas belli nicht zu berühren

34
Im Bedenken der Reichsräte, praes. Osnabrück 1646 IV 17/27, hatten KFR, FR und SR
35
jeweils empfohlen, eine (neue) Diskussion über die Kriegsgründe zu vermeiden (s. APW
36
III A 3/3, LXXXVII bei Anm. 272 und 273).
.

16
Beim haubtwerck erinnere er sich gleichsfalß aus denen hinc inde ausge-
17
stelten propositionibus, resolutionibus, replicis und duplicis sowol auch
18
vorigen reichstages bedencken und darauf vorgegangener handlung

37
Wie Anm. 100. Der Vorschlag, die Pfalzfrage durch eine Universalamnestie mit dem
38
Stichjahr 1618 zu lösen, entspricht der schwed. Forderung in seiner Proposition II von
39
1645 VI 11, die der Ks. abgelehnt hatte (s. Anm. 98 und 99).
,
19
das nicht mehr als zweyne vorschläge, der Pfälzischen sache abzuhelffen,
20
ins mittel kommen, nemblich vors erste restitutio per amnistiam univer-
21
salem ad terminum anni 1618 oder 2. zwar particulartractaten, doch das
22
durantibus his pacis comitiis dieselbe fortgesezet und vollendet würden. In
23
sölcher hofnung nun und das durch dieser wege einen dem werck geholf-
24
fen werden müchte, hetten ihre fürstliche gnaden entlich auch den lezten
25
beliebet und ihn seithero weiter nicht instruiret, doch mit obgesezter con-
26
dition, auch das zuvorders die interessenten unnd agnaten darzugezogen
27
und ohne derselben approbation und einwilligung nichts verhandlet oder
28
geschloßen werde. Nachdem er aber in erfahrung gebracht, das die tracta-
29
ten nun immediate angefangen undt dieses expediens de octavo electoratu

[p. 138] [scan. 254]


1
ins mittel kommen, hette ihr fürstlicher gnaden er sölches unterthenig
2
berichtet unnd umb fernerweite instruction gebeten, welche er dan auch
3
erstes tages zu erlangen verhoffe; unnd wann immittels die quaestio „an“
4
affirmative resolviret würde, möchten vielleicht ihr fürstliche gnaden dar-
5
bey kein sonderbahres bedencken haben. Weil ihme aber, ehe unnd zuvor
6
er gemeßenen befehl erlange, sich darob zu erklehren oder zu votiren nicht
7
gebühren wolle, so hette er mit vorbehalt aller ihr fürstlicher gnaden als
8
Pfalzischen agnaten

28
Pgf. Leopold Ludwig zu Veldenz gehörte zur Rudolfinischen Linie der Wittelsbacher,
29
indem er zur zehnten Generation der direkten Nachkommen Pgf. Rudolfs I. gehörte
30
( Schwennicke I.1 T. 91, 93, 94, 96, 103). Zu den beanspruchten Rechten s. Anm. 68.
competirender iurium umb bedenckzeit, nicht wei-
9
niger auch umb communication sowol der Kayserlichen proposition alß
10
derer von Pfalz Neuburgk übergebener schrifften

25
10 zu bitten] In Braunschweig-Celle B I (Konzept) folgt als Nachtrag am Rand: Der
26
punctus gravaminum wehre vorhero zur richtigkeit zu bringen, bevorab weil er sowohl
27
die catholischen alß evangelischen stände concernirte etc.
zu bitten.

11
Pfalz-Zweibrücken. Weil izo ein actus solennis fürginge und aber daß
12
Pfalz Veldenz- und Lautereckische votum nicht convenienti loco abge-
13
leget worden, so bethe er, es zu registriren, das es dem hause Pfalz ohne
14
praeiudiz und nachtheil sein solle. Zudeme gebühre das Pfalz Veldenzische
15
votum ihme als Zweybrückischen abgesanten, sintemahl Pfalz Zweybrück
16
auch die reichsonera darvon tragen thue; dahero man dem herrn Pfalz Lau-
17
tereckischen mehrers nicht als ein Pfalz Lautereckisches votum gestendig
18
sein könne

31
Pfalz-Zweibrücken bestritt Pgf. Leopold Ludwig zwar das Recht auf Führung des Vel-
32
denzer Votums und reklamierte es für sich, forderte aber selbst kein zweites Votum und
33
gestand dem Pgf.en ausdrücklich ein eigenes (nach dessen Residenz Lauterecken benann-
34
tes) Votum zu. Hintergrund war die Entstehung der Pfalz-Veldenzer Linie als Abspaltung
35
der zweibrückischen. Demgemäß wurden die nach der Matrikel berechneten Reichsabga-
36
ben von Pfalz-Veldenz indirekt als Beitrag zu jenen Pfalz-Zweibrückens gezahlt, worauf
37
der Ges. hier anspielt (Beleg für diese Zahlweise in der Zeit des Pgf.en Georg Gustav zu
38
Veldenz, 1564–1634: Verzeichnis aller Rst. , die in den Reichsmatrikeln und Moderations-
39
registern bis 1577 genannt sind, in: Cortreius I.5, 50–110, hier 59; zu Pgf. Georg Gustav
40
s. Schwennicke I.1 T. 103).
.

19
Pfalz-Veldenz. (Hat zu mehrer nachricht seine declaration unndt pro-
20
testation schrifftlich communiciret; hierbey sub numero 20:) Nachdem
21
dem fürtreflichen Pfalz Zweybrückischen herrn abgesanten beliebet, erst-
22
lich zu protestiren, daß das von Pfalz Veldenz abermahln nicht an seinem
23
rechten ohrt und session abgelegtes votum dem hauß Pfalz nichts praeiudi-
24
ciren soll, sodan unnd zum andern, das Zweybrück das Pfalz Veldenzische

[p. 139] [scan. 255]


1
votum, weiln es auch die onera trage, allein führen thue und Pfalz Lau-
2
tereck ein mehres nicht als ein Pfalz Lautereckisches votum gestendig sein
3
künnen, alß ist man an seiten Pfalz Veldenz im ersten mit Zweybrück ganz
4
einig. Hat zu sölchem ende bey ablegung des voti, wie allezeit beschicht,
5
gleich anfangs bedinget, das es conveniente loco et ordine zu verstehen,
6
auch sich gleich erstmahls bey diesem hochlöblichen consessu verwah-
7
ret, das, weil des herrn pfalzgrafen zu Lautereck fürstliche gnaden umb
8
damahln angezogener ursachen willen diesen convent durch deren eigen
9
räht nicht beschicken können, alß haben sie ihr fürstliche gnaden von
10
Würtenberg erpetten, daß das Pfalz Veldenzische votum von den Würten-
11
bergischen abgesanten, undt zwar gleich mit und nach dem Würtenber-
12
gischen voto, abgeleget werde

33
S. die Pfalz-Veldenzer Erklärungen im FRO am 19. Februar 1646 ( APW III A 3/3, 157
34
Z. 32ff., 158 Z. 1–5, 159 Z. 1f.). Pgf. Leopold Ludwig zu Veldenz konnte wegen der Kosten
35
keinen eigenen Ges. zum WFK schicken.
, ein sölches aber darumb ihr fürstlicher
13
gnaden an dero praecedenz, ordine sessionis et voti nichts praeiudiciren,
14
sondern allezeit conveniente loco et ordine gleich mit und immediate nach
15
den andern Pfalzischen votis verstanden werden soll; das wil man hieher
16
repetiret und durch bisherig gebrauchten und künfftig bey diesem con-
17
vent continuirenden modum weder dem hauß Pfalz in genere noch des
18
herrn pfalzgrafen zu Lautereck fürstliche gnaden in specie das geringste
19
praeiudiciret haben.

20
Soviel aber das ander betrifft, vernimbt man an seiten Pfalz Veldenz Lau-
21
tereck mit befrembden, das Zweybrück ihr fürstlicher gnaden das Pfalz
22
Veldenzische votum in zweifel ziehen unnd gleichsamb quaestionem Sta-
23
tus moviren wolle, da doch im ganzen Römischen Reich bekand und der
24
Pfalzische stambaum in continenti unverneinlich ausweiset, das ihr fürst-
25
liche gnaden ein pfalzgraf von Veldenzischer lini sowol als Neuburg und
26
Zweybrück gebohren und posteriret

36
Die Linien Pfalz-Veldenz und Pfalz-Neuburg waren beide Abspaltungen der Linie Pfalz-
37
Zweibrücken, die sich ihrerseits 1410 von der alten Heidelberger Kurlinie abgespalten
38
hatte ( Schwennicke I.1 T. 93, 94, 96, 97, 103; Steiner, 56; APW III A 3/3 Nr. 105
39
Anm. 18).
, dafür von Kayserlicher mayestät,
27
allen churfürsten, fürsten und ständen des Reichs, auch außer demselben
28
iederzeit gehalten, erkand und geehret, auch sölchergestalten bey reichs-
29
und creißconventen iedesmahls provociret und aufgeruffen worden, ihre
30
besondere onera und anlagen tragen, derowegen in hochgedachtes herrn
31
pfalzgrafen zu Lautereck nahmen wieder das Zweybrückische unverhoffte
32
fürgeben solenniter protestiret, demselben contradiciret, alle iura reserviret

[p. 140] [scan. 256]


1
und solches alles ad protocollum zu nehmen dienstlichen fleißes gebeten
2
wirt.

3
Pfalz-Zweibrücken. Würde ihme keine quaestio status moviret, son-
4
dern nur dieses erinnert, das das Pfalz Veldenzische votum dem hause
5
Zweybrück zukomme, weil es auch die onera tragen müste. Das Lauter-
6
eckische votum aber sey ein absonderliches, welches ihme nicht gestritten
7
würde.

8
Pfalz-Veldenz. Repetire priora und nehme für bekand an, das man an
9
seiten Pfalz Zweybrück ihr fürstlicher gnaden zu Lautereck quaestionem
10
status nicht moviren wolle.

11
Sachsen-Altenburg. Was die beyden Pfalz Zweybrückische und Lau-
12
tereckische herrn abgesanten hinc inde gegeneinander protestando und
13
reprotestando fürgebracht, das wolle er absque praeiudicio des churfürst-
14
lichen unndt fürstlichen hauses Sachsen verstanden haben, in eventum
15
protestando

25
Thumbshirn und die übrigen hgl. sächsischen Ges. hatten bereits am 5. Februar 1646 im
26
Namen des Gesamthauses Sachsen gegen den Vorsitz von Pfalz-Lautern umd -Simmern
27
sowie am 19. Februar 1646 im Namen des Gesamthauses Sachsen gegen den Vorsitz von
28
Pfalz-Veldenz protestiert ( APW III A 3/3, 31 Z. 4–12, 158 Z. 13–21). Soweit die Protokolle
29
erkennen lassen, protestierten die sächsischen Ges. aber nicht, als Pfalz-Zweibrücken am
30
5. März 1646 zum ersten Mal im FRO vertreten war (s. ebenda Nr. 109). Zu dem alten
31
Sessionsstreit zwischen den Häusern Bayern, Pfalz und Sachsen s. APW III A 3/3 Nr. 95
32
bei Anm. 41, Nr. 96 bei Anm. 24.
etc.

16
Sachsen-Coburg wie auch Sachsen-Weimar, -Gotha und
17
-Eisenach. Inhaerirten sölcher protestation und bedingunge etc.

18
Pfalz-Lautern, -Simmern, -Neuburg, -Zweibrücken, -Vel-
19
denz
etc. Repetirten kürzlich die vor diesem

33
Soweit das Protokoll erkennen läßt, hatten Pfalz-Lautern und -Simmern am 5. Februar
34
1646 nicht gegen den Protest Sachsen-Altenburgs reprotestiert (s. APW III A 3/3 Nr. 96).
35
Hingegen hatte Pfalz-Veldenz am 19. Februar 1646 im FRO den Protest erwidert. Damals
36
entzündete sich eine kontroverse Diskussion an der Frage, ob das wegen der Gft. Veldenz
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geführte Votum gemeinsam mit den übrigen pfälzischen geführt werden dürfe. Pfalz-
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Veldenz erwiderte alle Proteste, die seinen fürstlichen Rang anzweifelten (s. APW III A
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3/3, 158 Z. 13–160 Z. 5).
eingewendete reprotesta-
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tiones etc.

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Sachsen-Lauenburg. Repetita gratiarum actione erga Imperatorem
22
etc., müße bekennen, das er anfengklich etwas zweifelhafftig worden, ob
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nicht andere fragen mit einlauffen müchten. Weil aber aus dem beschluß
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der Kayserlichen proposition und des hochlöblichen directorii declara-

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1
tion soviel zu vernehmen, das der nervus praesentis deliberationis uf der
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quaestione „an“ ratione octavi electoratus bestehe, also pleibe er pillich
3
auch darbey. Und wiewol nun höchlich zu wünschen, das es bey der alten
4
observanz unndt verordtnung der güldenen bull verpliebe, zumahln omnis
5
mutatio periculosa zu sein pflege

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Ähnlich die zeitgenössischen Redensarten periculosa quaelibet mutatio est; periculosa
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vitae omnis mutatio ( Gruter, 175 s. v. Mutationis; Walther IX, 67).
, weil aber allezeit evidens necessitas
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bey denen reichsconstitutionibus und deren verenderungen in considera-
7
tion gezogen worden und dann izo nicht weiniger uhrsach pro addendo
8
octavo electoratu als vor zeiten beim numero septenario sich befinde, so
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wolle er wegen derer von Würzburgk angeführter rationum das fürstlich
10
Sachsen Altenburgische votum mit denen angehengten conditionibus et
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reservatis wiederholet, insonderheit aber gebeten haben, das der punctus
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gravaminum nicht so gar beyseits gesezet werde, zumahln daran denen
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herren Kayserlichen unnd catholischen ia sowol als denen evangelischen
14
gelegen sey und derselbe zuvorders erlediget werden müste, wann man das
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alte vertrawen wieder stifften unnd aufrichten wolle.

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Die übrigen quaestiones verspare er bis zu künfftiger deliberation und
17
bethe immittels gleichsfals umb communication der Kayserlichen propo-
18
sition.

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Anhalt . Ex parte Anhalt hette er aus des hochlöblichen directorii besche-
20
henen declaration vernommen, das vor dißmahl nur de quaestione „an“
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abstractive zu reden sey. Wann es nun die meinung habe und die praesup-
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posita uf die seite gesezet unnd ad tractatus verwiesen werden, so würde
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man Anhaltischen theils super quaestione „an“ kein bedencken haben,
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dieselbe affirmative zu resolviren. Man bitte aber auch, das die gravamina
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pari passu abgehandelt werden, zumahln ohne dieselbe der haubtgrund-
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stein des friedens nicht geleget werden könne.

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Wetterauer Grafen. Praemissa gratiarum actione sowol gegen ihre
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Kayserliche mayestätt als dero hochansehnliche herrn plenipotentiarios,
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wolten sie zwar nicht zweiffelen, das ihre principalen, die herrn Wetterawi-
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schen grafen, ad quaestionem „an“ abstractive keine difficulteten machen
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würden. Weil sie aber doch in specie nicht darauf instruiret, so würden sie
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nicht zu verdencken sein, das sie ihr votum suspendireten.

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Die anderen quaestiones betreffend, weil das Osterreichische hochlöbliche
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directorium sich declariret, daß dieselben ausgestellet würden, so hette es
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darbey sein verbleiben. Sie hetten aber auch zu bitten, das die gravamina
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nicht post-, sondern tanquam fons et causa huius belli etc. praeponiret,

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1
wie Altenburg, oder doch, wie von Braunschweig Lüneburgk Gruben-
2
hagen angereget, pari passu tractiret, auch, wie von Osterreich anregung
3
geschehen, inter materias tractandas alterniret werde, im übrigen auch umb
4
communication sowol des Kayserlichen fürtrags alß des Pfalz Neuburgi-
5
schen einbringens bittende.

6
Fränkische Grafen. (Idem herr Dr. Geißell:) Demnach auch der gräf-
7
lich Fränckische abgesanter herr Dr. Oelhafen nach Münster verreiset undt
8
er neben ihme instruction und volmacht habe

33
Die Fränkischen Gf.en hatten Geißel bereits im Oktober 1645 bevollmächtigt und instru-
34
iert, diesen Auftrag (vorgeblich aus Geldmangel, tatsächlich aus konfessionellen Gründen)
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im Dezember 1645 bis auf weiteres zurückgenommen, aber im März 1646 erneuert, damit
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sie auch in Osnabrück vertreten waren, wenn Oelhafen von Schöllenbach in Münster
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weilte ( Böhme, 289ff.; APW III A 3/1 [Nr. 29 Anm. 6] ).
, so hette er ihme aufge-
9
tragen, das er seine stelle vertreten und für ihn votiren möchte, welches er
10
auch hiemit gethan und sein voriges Wetterawisches votum wolle repetiret
11
haben.

12
[Das] Conclusum gehe per maiora dahin: Der Römischen Kayserlichen
13
mayestät, unserm allergnedigsten herrn, sey umb diese ihre väterliche vor-
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sorge, darmit sie den lieben frieden in Teutschland desto fürterlicher zu
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erheben allergnedigst gedencken, allerunterthenigster danck zu sagen und
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dieselbe nochmahls allergehorsambst zu bitten, daß sie zu beförderung
17
der innerlichen und euserlichen tranquillirung des Heyligen Römischen
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Reichs, wie bishero mögligst beschehen, alles fleißes in den tractaten fort-
19
fahren laßen wolten.

20
Soviel die vorgelegte proposition, insonderheit aber die quaestionem „an“
21
und octavum electoratum in genere

29
21 (et abstractive)] Wurde nach Braunschweig-Celle B I (Konzept) und Magdeburg D
30
auf Verlangen Braunschweig-Celles nachträglich ergänzt.
(et abstractive) betreffe, da sey per
22
maiora geschloßen, das zwart fürsten unnd stände wieder die einführung
23
deßelben umb des lieben frieden

31
23 willen] In Pfalz-Neuburg (3610) folgt: und daß selbiger in einige künfftige consequentz
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durchauß nit gezogen werde.
willen kein bedencken oder difficulteten
24
zu machen begereten. Wie aber derselbe einzuführen, was deme für ein
25
principatus mitzugeben, item wie es in den geistlichen sachen auf sölchen
26
fall gehalten werden solle, were sölches alles der Kayserlichen majestätt
27
wie auch beeder cronen anwesenden herrn plenipotentiariis und den par-
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tibus interessatis selbsten dergestalt zu überlaßen, das dasjennige, was

[p. 143] [scan. 259]


1
geschloßen würde, zu churfürsten, fürsten unndt stände guetbedüncken
2
unnd ratification communiciret, auch vor allen dingen der punctus gra-
3
vaminum, wo nicht zuvorhero, doch pari passu abgehandelt und zu ende
4
gebracht werde.

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