Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
145. 125. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Mai 31 8 Uhr

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125. Sitzung des Städterats


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Osnabrück 1648 Mai 31 8 Uhr

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Strassburg AA 1144 fol. 557–562 = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m. ( I ) mit
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Re- und Correlation. Conclusa in: Strassburg zu AA 1144; Bremen 2 – X. 8. m. (II) sowie
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2 – X. 10. b.; MEA FrA , RK ) Fasz. 25.

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Einwilligung der Stände in das Quantum von fünf Millionen als Vorbedingung weiterer Beteiligung
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der Schweden an den Verhandlungen; Modus der Auszahlung.

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Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
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Lindau auf der Schwäbischen Bank.

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Herr Director proponirt: Dieweil man in pleno selbsten angehört, mit was
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vorschlägen herrn grav Oxenstirns Excellenz sich sowohl gegen dem Chur-
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maintzischen directorio als Braunschweig Zellischen herrn abgesandten in
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puncto quanti habe vernemen laßen

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Vgl. dazu Relation vom 1. Juni 1648 Meiern V S. 885–888 , zu den Verhandlungen von
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31. Mai S. 883–885.
, alß werde anietzo die frag sein, ob man
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sich auff gethane vorschläge in quanto weitter angreiffen oder bey vorigen
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conclusis subsistiren wolle und die herren abgesandten, was ihnen für be-
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denckhen dabey zu gemüth gehen möchten, zu eröffnen, ihnen wohl gefallen
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laßen.

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Lübeck. Eß seye die von Churmaintz in pleno gethane relation zum theil
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hart und bedrüebt, zum theil aber auch erfreulich, dann ob gleich die herren
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Schwedischen auff dem quanto der 5 millionen reichsthaler bestehen, seye
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doch, weil sie sich mit den ständen ratione conditionum et terminorum
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vergleichen wollen, etwas beßere fridenshoffnung dahero zu schöpffen. Und
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ob zwar der erste vorschlag ohnerträglich, sie, die herren Schwedischen,
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auch sich durch remonstrationes nicht bewegen laßen wollten wollen , so solte man
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jedoch selbige darum nicht underlaßen, sondern vor allen dingen die ges-
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triges tags vorkommene ursachen und motiven auffsetzen und ihnen, in die
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stände mitt so hohen postulatis weitter nicht zu tringen, auffs beweglichste
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zusprechen, in hoffnung, der Allerhöchste werde seine gnad verleihen,

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daß es beßer, als man vermeinen möchte, und zwar um soviel mehr auß
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schlage , weiln herr grav Oxenstirn für sich selbsten mittel, aus der sach
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zu kommen, vorschlage und an hand gebe. Solte aber über allen angewand-
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ten fleiß und mühe bey diesem quanto keine moderation zu erhalten stehen,
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habe er zwar keinen specialbefelch, weitter zu gehen, seye aber in genere,
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pacem omnibus modis zu befürdern, instruirt und halte also dafür, weiln
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man sich stättischen theils nicht zu praecipitiren, daß in quanto per gradus
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und anfänglich zwar auff ein halbe million zu gehen und wann die höhere
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collegia gleicher gestalt dahin ziehlen, man sich dies orths von ihnen nicht
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separiren solle, jedoch mit dem clausulirten reservato, daß alle bedingnußen
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und conditiones studiose observirt, und zwar in specie, die herren Schwedi-
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schen die frau landgrävin zu Heßen Caßel, daß sie von dero ohnbefugtem
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postulato abstehe und die stände weitter nicht damit behellige, zu disponiren
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ersucht und alle quaestiones auff einen vergleich mit den herren Schwedi-
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schen gestellt und nach der stände belieben eingerichtet werden mögen. Im
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übrigen hette man auch dies orths auff die höhere genaue achtung zu geben
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und sich nicht zu praecipitiren, sondern ratione jurium civitatum auffs beste
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zu verwahren und, daß sie auff solche maß, wie sie eingerichtet, stehen blei-
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ben mögen , alles fleißes zu trachten.

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Regensburg. Repetirte priora, daß er nemblichen auff das quantum nicht
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instruiret seye, wolle sich aber gleichwohl auch von den majoribus nicht
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separiren, wann allein besagtes quantum auff leidenliche fristen gestelt und
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die statt Regenspurg, ihr contingent dem churfürsten in Bayern zu erlegen,
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nicht angehalten, sondern damit an ein gewißes orth verwiesen werden
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möchte. Bitte demnach ad instantiam, derselben bey resolution der quaesti-
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onis cui expresse zu gedenckhen, daß seine herren und oberen sich zwar von
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beytragung ihres contingents nicht eximiren, aber auch aus bekandten ur-
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sachen an Churbayern damit nicht gewiesen sein, sondern absonderlich er-
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legen wollen. Ihre Kayserliche Majestät und Churbayern mögen sich alß
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dann undereinander deßwegen vergleichen, wie sie wollen. Die conditiones
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betreffend, seye bereits nach genügen davon geredet worden, gleichwohl
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aber auch dahin zu sehen, daß denen juribus civitatum, dergestalt wie Lü
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beckh erinnert, abgeholffen werden möge.

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Kolmar. Es seyen seye vorderst außer allem zweiffel, daß scopus principalis
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dieser actionen, der friden, construirt constituiret werde, daß er aber bißdato nicht zu
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erlangen gewesen, seye neben anderen determinatio quanti das vornemste
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impedimentum gewesen und anietzo die frag, ob das von den herren Schwe-
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dischen so starkh beharrte quantum auff vorgeschlagene conditiones einzu-
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willigen seye, und er also der meinung, wann der friden auff berührte condi-
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tiones gewiß folgen würde, man solte dieses quantum der 5 millionen reichs-
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thaler so sehr nicht ansehen, sondern zu verhütung größeren ohnheils und
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schadens darein willigen und praeeuntibus superioribus conditionibus einen
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solchen arctum terminum, in welchem der friden erfolgen solte, praefigiren

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und erhalten. Fallen ihme zwar noch allerhand hiebevor ins mittel gekom-
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mene conditiones bey, welche er hiehero widerhohlt haben und wann die
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höhere dahin schlagen, dafür halten wolle, daß auch ex parte civitatum, was
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bey der sachen zu thun, zu sehen und in acht zu nemen seye.

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Nürnberg. Er habe zwar öffters erinnert, daß er auch an seinem orth auff ein
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so großes quantum nicht instruirt seye, damit man aber aus dem elendt und
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jammerstandt, darinnen das Römische reich anietzo steckhe und schwimme,
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derenmahl eines kommen möge, ob es zwar sehr hart zu vernemen, daß die
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herren Schwedischen darauff bestehen und seine herren und oberen wegen
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der hohen kriegsanlagen sowohl, als bey jetzigen conjuncturen sich zu be
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schwären , mehr als genugsame ursach hetten, hielte er doch für beßer, sich
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hierinnen zu überwinden, alß denen beschwärlichen contributionibus und
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concussionibus beständig underworffen zu bleiben. Wolle sich also mitt vor-
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gehenden votis, wann auch die höhere collegia dahin ziehlen, der 5 milli-
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onen halben, jedoch mit widerhohl- und beobachtung aller in quaestione
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quis, cui et quomodo angeführter erinnerungen und conditionen confor-
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miren und vergleichen. Dabey aber auch für eine nothdurfft halten, daß zu
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bezahlung des determinirten quanti 4 termin, damit die stände bey anschei-
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nendem geltmangel, sonderlich aber die stätt, welche garnisonen auff dem
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halß ligen haben, mit deroselben deßto beßer auffkommen möchten, ernennt
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und noch über das die der stätt jura betreffende conditio mitt angehenget
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werde.

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Bremen. Wolle geliebter kürtze halben nechstabgelegtes votum hiehero re-
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petirt und mit den majoribus sich allerdings verglichen haben.

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Lindau. Er könne sich auch mit bißher angehörten meinungen und denen
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conditionibus, wie Lübeckh, Regenspurg und Colmar erinnert, wohl con-
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formiren . Insonderheit aber bitte er, dasjenige, was Nürnberg wegen der
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stätt, darinnen praesidia ligen, daß denselben bey den zahlungsterminen
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prospicirt und sonderlich diejenige, welche Kayserliche oder Bayerische
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guarnisonen haben, zeitlich evacuiret werden mögen, ohnbeschwert in
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guthe obacht zu nemen.

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Herr Director. Was proponirte quaestiones betreffe, möchte er solche
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moventia und remonstrationes an der handt sehen, welche zu accomodation
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des werckhs außlänglich weren, weiln ihme aber alle hoffnung, daß die
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herren Schwedischen mit rationibus sich disponiren laßen werden, entfallen
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und es alhier heiße, ubi facto opus est, verba non sufficiunt, alß müße man
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sich wohl accomodiren und die beysorg tragen, es dörffte den ständen aus
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der verwaigerung mehr schaden als vorthel zuwachsen. Seye auch in solchen
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desperaten terminis kein ander mittel, als die erhöhung des quanti zu er-
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finden ; ob zwar nicht ohn, daß man ohne vorwißen und approbation die der
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herren principalen und oberen auff ein so hohes quantum nicht wohl gehen,
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noch die verwilligung deßelben von sich stellen könne, weiln aber allerseits

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1
herren principalen auff den friden gerichtete intentiones bekandt, seye nicht
2
zu zweiflen, daß sie auch die zu erlangung deßelben außreichende media ad-
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mittiren werden. Werde also dies orths nicht übel gethan sein, wann man
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sich zu gewinnung der zeit und evitirung mehreren nachtheils, mit den
5
höheren conformire; wiße sonsten kein ander medium elabendi. Werde
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auch, wann nur die conditiones erträglich eingerichtet werden, eine million
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reichsthaler under die 7 craiß außzutheilen, zumahl man stättischen theils
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bereits von anfang das absehen auff 120 monat gestellet habe, soviel nicht zu
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bedeuten haben. Und die herren principalen, weiln kein widriger befehlch
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noch zur zeit eingelangt, ihre gesandten hierunder deßto weniger verden-
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ckhen können, wann sie zumahl den schaden, welcher die zeit über im Römi
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schen reich geschehe und noch täglich geschehen könne, bedenckhen, wel-
13
cher , was dem quanto anietzo zugehe, hiernächst wohl compensiren werde.

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Auff interposition des herrn Serviens habe er ihme so gar keinen estat nie-
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mahlen gemacht, daß er vielmehr selbige für praejudicirlich und ohnrathsam
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angesehen. Quoad modum aber, welcher gestalt man zu den 5 millionen
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verstehen solle, habe er vernommen, daß die catholischen wegen des § i
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„Tandem omnes“ sorgfältig seyen, Churmaintz aber davor gehalten habe,
19
man solte eine conditionem sine qua non darauß machen und den herren
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Schwedischen sagen, daß die stände zu dem verwilligten quanto nicht ad-
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stringirt sein wolten, es habe dann bey gedachtem §º sein ohngeändertes ver-
22
bleiben . Stelte also zum nachdenckhen, ob diese clausul dem concluso einzu-
23
ruckhen , und hielte seines theils dafür, man hette in der generalitet zu verblei-
24
ben und zu bitten, daß sie, die herren Schwedischen, es dießfalls bey dem-
25
jenigen , was an seithen der stände vor abgehandelt gehalten worden, auch
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ihres orths bewenden laßen wolten.

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Daß neben dem herr grav Oxenstirn, an den herren Pfaltzgraven

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Karl Gustav von Zweibrücken (1622–1660), Pfalzgraf und schwedischer General, später schwe-
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discher König, Sohn des Johann Kasimir (ADB XV S. 360–364 ; SMK IV S. 172–174; APK
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19471–19474; APW [ II C 2 S. 12 Anm. 4 ] ), stand mit vier bzw. acht Kompanien im Reich (zu
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den Zahlen vgl. Meiern V S. 846 , VI Beilage zum Vorbericht S. 5).
wegen ein-
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stellung vorhabender heraußführung der Schwedischen völckher zu schrei-
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ben , sich erbotten, seye sehr guth und um befürderung des schreibens zu
30
bitten. Nicht weniger könne man auch, daß das quomodo et punctus execu-
31
tionis mit den ständen vorgenommen und in richtigkeit gebracht werde, gar
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wohl geschehen laßen.

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Bey dem letzteren, was die reassumption der conferenzen anlange, hielte er
34
seines erachtens für den besten weeg, wann bey denselben keine vorschläg
35
gethan, sondern die in instrumento pacis noch restirende differentien allein
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pro objecto tractationis gehalten würden.

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Was über dieses den terminum conclusionis betreffe, daß derselbe auff 8 tag
38
gestellet werden solle, conformire er sich zwar gern damitt, were aber, wie in
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vorigen votis erinnert worden, auff einen arctiorem terminum nicht auß
40
zusetzen .

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1
Wegen abstehung von der Heßen Caßelischen praetension müße man bey
2
den herren Schwedischen auch nochmahlige erinnerung einwenden.

3
Die zahlungsfristen belangend, seye zwar von den höheren bereits auff 4
4
termin, von den stätten aber auff erträgliche temperamenta geschloßen wor-
5
den .

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Soviel schließlichen die jura statuum concernire, seye vorhin die not-
7
turfft bereits dabey beobachtet worden und anietzo nur die frag, ob selbige
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auff solche maß, wie sie in dem gedruckhten exemplari stehen, eingerichtet
9
verbleiben sollen?

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Conclusum. Obwohl allerseits principalen die bereits offerirte und einge-
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willigte summa geldts über alle maßen hart truckhen wirdt und die könig
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liche Schwedische herren plenipotentiarii selbige für considerabel, groß und
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so gethan befunden, daß zu auffbringung derselben die mittel bey jetzigem
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des heyligen Römischen reichs bekandtem ohnvermögen schwärlich werden
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zu erlangen stehen, weiln jedoch fast alle hoffnung, durch bitten, flehen und
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remonstriren bey ihnen, den königlichen Schwedischen herren plenipoten-
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tiariis , weittere moderation zu erlangen, gefallen und sie die tractaten lieber
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biß zu einlangung neuer ordre suspendiren, dann von den 5 millionen reichs-
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thalern etwas remittiren wollen, alß wirdt man wohl, wo anderst nicht das
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gantze fridensgeschäft zu waßer werden und größer ohnheil daraus erfolgen
21
solle, sich ad extremum in so weit accommodiren müßen, vorhero aber sie
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auff das allerfleißigste und inständigste noch einmahl zu ersuchen haben, daß
23
sie Ihrer Königlichen Majestät die impossibilitet dieses übermäßigen quanti
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mit beweglicher vorstellung bekandter fundamenten wohl repraesentiren
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wolten, damitt die vorhin durch langwührigkeit des kriegs erschöpffte
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stände bey ihrem letstmahls gethanem anerbieten der 6 millionen gulden
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gelaßen und darüber weitter nicht beschwäret werden. Solte aber damitt
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nichts außzurichten sein, sondern sie auff voriger resolution ohnverruckht
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bestehen wollen, weren alßdann die achthalb millionen gulden einzuwil-
30
ligen , jedoch, weiln sie auff eine ohnmöglichkeit außzulauffen scheinen, an-
31
derer gestalt nicht, dann eventualiter und auff der principalen genehmhal-
32
tung wie auch mitt widerhohlung aller in quaestione quis, cui, quomodo et
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quantum beschehenen erinnerungen und cautelen, vornemblich aber, daß
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letstvorgeschlagene 4 zahlungstermin auff erträgliche weiß extendiret, nach
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erlag des ersten termins und vorgangener executione pacis die exauctoratio
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militis und evacuatio locorum von aller kriegenden theil völckhern alsobal-
37
den vorgenommen und bey hinderbringung der resolution expresse gedacht
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werde, daß die erbaren frey- und reichsstätte gleich von anfang bey resolu-
39
tion der quaestione quis in die satisfactionem militiae anderer gestalt nicht
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gewilliget haben, noch auch mit ihren quotis concurriren können, sie wer-
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den dann bey ihren juribus ohngekränckht gelaßen und dieselben in dem
42
instrumento pacis eingerichter maßen stabiliret.

43
Soviel den § um „Tandem omnes“ betrifft, will man zwar nicht verhoffen,

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1
daß die königliche Schwedische herrn plenipotentiarii eine causam belli
2
darauß machen werden; eß kann aber bey ihnen gebührende erinnerung
3
deßwegen zum überfluß geschehen.

4
Wann sie des herren Pfaltzgraven fürstliche gnaden durch schreiben dispo-
5
niren werden, des reichsboden mit underhabender armada nicht zu berüh
6
ren , wirdt es die verwilligte satisfactionem militiae nicht wenig facilitiren.
7
Die abhandlung des quomodo und puncti executionis, ernennung des acht
8
tägigen termini conclusionis, ingleichem die reassumierung der conferenzen
9
mit den herren Kayserlichen in gegenwart der stände und daß die differen-
10
tiae pro objecto tractationis gehalten werden, hatt man billich zu acceptiren
11
und pro conditionibus zu setzen. Gegen den königlich Schwedischen herren
12
plenipotentiariis auch zu conditioniren, daß die stände zu contentirung der
13
frau landgrävin zu Heßen Caßel kriegsvolckh nimmermehr verstehen wer-
14
den .

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