Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
124. 106. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Januar 25 2 Uhr

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106. Sitzung des Städterats


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Osnabrück 1648 Januar 25 2 Uhr

4
Strassburg AA 1144 fol. 449’–461 = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.; vgl. ferner Bremen
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2 – X. 8. m.

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Bericht über Deputationen zu den kaiserlichen und schwedischen Gesandten, zu Sachsen-Altenburg,
7
Kurbrandenburg und Braunschweig. Stand der Verhandlungen; noch bestehende Differenzen bei
8
Amnestie und Gravamina; weiteres Verhalten der Städte gegenüber den kaiserlichen Gesandten.

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Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg und
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Lindau auf der Schwäbischen Bank.

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Herr Director proponirt: Es werden zwar übrige herren abgesandten, was
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von denen herren Kayserlichen plenipotentiariis der erbaren frey- und
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reichsstätt zu sich erforderten deputatis verlittenen sonnabend angezeigt und
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vorgetragen worden, zweiffelsfrey um etwas in erfahrung gebracht haben,
15
weiln aber von den herren Regenspurgischen und Nürnbergischen, daß er
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die relation zu papyr bringen wolte, begehret worden, habe er dem petito
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stattgethan und selbige nachvolgenden inhalts, wie verlesen, abgefaßet. Mit
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angehengter bitt, übrige herren deputati wolten dasjenige, was ihme,
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zumahln der herren Kayserlichen vortrag zimlich lang gewehret, etwa außer
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gedächtnuß gegangen sein möchte, ohnbeschwert suppliren und ersetzen:
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Alß am verwichenen sonnabendvormittag des herrn graven von Lamberg
22
Excellenz einen von dero dienern zu mir ins losament geschickht und prae-
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missa salutatione begehren laßen, ich wolte umb den nachmittag umb 2
24
uhren zu deroselben kommen und den herrn Regenspurgischen, Lübeckhi
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schen und Ulmischen mit mir bringen, ich mich auch, nächst gebührender
26
danckhsagung für das zuentbieten, umb bestimbte stund, neben übrigen
27
herren auffzuwarten, anerbotten und zugleich gefragt, ob nicht vielleicht ein
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mißverstandt mitunderlauffe, daß an statt des abwesenden herrn Ulmischen
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der Nürnbergische herr abgesandte mitzunemen, hat er zwar mit nein geant-
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wortet , baldt aber wider umbgekehret und vermeldet, es seye ihm erst
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underwegs ein- und beygefallen, daß auch Nürnberg mitinteressirt seye.

32
Alß wir unß nun in deme Lambergischen hov zu bestimbter zeit gebührlich
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eingestellt

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Zur Konferenz vom 22. Januar 1648 mit Relation Straßburgs vgl. Meiern IV S. 917–922.
37
Das Diarium Lambergs ist für diesen Zeitraum nicht erhalten ( vgl. H. Sturmberger S. 276f. );
38
Volmar spricht in seinem Diarium von ermehnung der Städte, sie sollten zu befürderung deß
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fridens so wol vor sich selbsten mit Ihrer Kayserlichen Majestät hierüber ertheilenden
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resolutionibus content und zufriden sein, als auch andere ihre mitstände darzu ver
41
mögen ( RK FrA , RK ) Fasz. 90/II b fol. 1161’–1162 ).
und herrn Cranen schon daselbst befunden, auff herrn Volmars
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beykunfft aber etwas warten müßen, hat derselbe einen sehr weitläuffigen
35
und über eine stund gewehrten vortrag gethan, deßen summa capita 1. auff

[p. 615] [scan. 687]


1
einer recapitulation und widerholung des bißherigen verlauffs der tractaten,
2
2. auff einer communication derjenigen articul, daran der punctus amnistiae
3
et gravaminum sich noch stoßet, und dann 3. auff einer erinnerung und
4
begehren bestanden seindt.

5
So viel das erste concernirt, ist ohnnöthig, sich dabey weitleuffig auffzu-
6
halten , weiln vorhin bekandt, daß was bey verschiedenen deputationen denen
7
evangelischen deputirten angebracht und eröffnet worden, welcher gestalt
8
nemblich die tractaten und conferenzen mit denen herren Schwedischen ein
9
und andermahl in puncto amnistiae et gravaminum abgeloffen, wie sowohl
10
mit den catholischen als evangelischen darauß nach und nach communicirt
11
und was sonderlich bey letzterer conferenz von denen herren Schwedischen
12
begehret worden seye, nemblich die Heßen Caßelische und militarische
13
satisfaction in richtigkeit zu stellen, mit angehängter versicherung, wann
14
daselbe geschehen sein werde, bey denen evangelischen alßdann das werckh
15
dahin zu dirigiren, daß es keine weittere difficulteten weder in puncto
16
amnistiae noch gravaminum abgeben solle.

17
Was aber 2. die puncten und articul anlangt, bey welchen man miteinander
18
annoch different, waren derselben in puncto amnistiae vier, in puncto grava-
19
minum aber fünff. Under jenen betraff der erste die restitution Pfaltz Sultz-
20
bach , dabey Pfaltz Neuburg durchauß nicht consentiren wolte

34
Pgf. Wolfgang Wilhelm (1578–1653, Pgf. 1614) hatte als Erstgeborener nach dem Ableben
35
Philipp Ludwigs die verschiedenen Erbverträge extensiv ausgelegt und seine beiden Brüder und
36
deren Erben in ihren Rechten mehr und mehr zurückgedrängt. Hier geht es um die 1627 in Sulz-
37
bach erzwungene Wiedereinführung der katholischen Konfession (vgl. dazu Pfalzgraf Christian
38
Augusts Gravamina gegen Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm vom November 1645 Druck Meiern II
S. 17–19 ; Memorial Pfalz-Sulzbachs zu den Differenzen mit Wolfgang Wilhelm diktiert 28.
40
April 18. Mai 1646 Druck ebd. III S. 488–493); zum Stand der Verhandlungen im Januar
41
1648 ebd. IV S. 925, 946.
, daß in
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regulam restitutionis mit eingeflickhet werde, was in puncto gravaminum
22
außgemustert worden seye, weiln Pfaltz Neuburg das jus territoriale dar-
23
durch benommen, die auffgerichtete verträge gelöchert und dasjenige, was
24
andere herren brüder beliebet und gehalten haben, umgestoßen würde.
25
Dieweil nun Ihrer Kayserliche Kayserlichen Majestät viel daran gelegen, daß sie, wo nicht
26
aller und jeder dannoch zum wenigsten der fürnembsten catholischen stände
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und darunder in particulari auch Pfaltz Neuburg consens bey auffrichtung
28
dieses fridens haben können, alß werde man verhoffentlich evangelischen,
29
vornemblich aber stättischen theils keine weittere difficultet hiebey, weniger
30
einige causam belli darauß machen.

31
In der Baden Durlachischen sach habe man sich 2. erbotten, herrn marggrav
32
Fridrichen

42
Friedrich V. von Baden-Durlach (1594–1659), 1622 Mgf. (über ihn ADB VII S. 457ff. ;
43
APK 951–953; APW [ III A 1, 1 S. 294 Anm. 1 ] , Sohn des Mgf. Georg Friedrich (1573–
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1638), der sich der Union angeschlossen und nach der Schlacht bei W impfen 1622 als Parteigänger
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des Winterkönigs zugunsten seines Sohnes abdankte ( Isenburg T. 85).
die undere und obere marggravschafft ohne einige schmälerung
33
und abbruch zu restituiren. Übriges begehren seye allen rechten und der

[p. 616] [scan. 688]


1
billichkeit zuwider. Dann man den herrn Schwedischen originalia vorgelegt,
2
daß der heurath zwischen marggraven Eduardo Fortunato und seiner ver-
3
storbenen Gemahlin

23
Eduard Fortunatus von Baden-Baden (1565–1600), 1588 Mgf., verlor Baden 1596 an Ernst
24
Friedrich von Baden-Durlach, 1591 Heirat mit Marie († 1636), Tochter des Jobst von Eicken
25
( Isenburg T. 84). Die Markgrafen von Durlach bestritten den aus dieser Ehe hervorgegangenen
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Kindern das Erbfolgerecht; der Reichshofrat sprach jedoch 1624 Wilhelm (1593–1688), Mgf.
27
seit 1622, die Markgrafschaft zu. 1631 von den Schweden vertrieben, wurden seine Besitzungen
28
vom Heilbronner Konvent den Markgrafen von Durlach zugesprochen; 1634 nach der Schlacht von
29
Nördlingen fielen umgekehrt auch die Durlacher Besitzungen an Wilhelm, der sie bis zum West
30
fälischen Frieden behielt K. Kretschmer S. 523; J. Kretschmar passim).
rechtmäßig gewesen, marggrav Wilhelm von Ihrer
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Kayserlichen Majestät, allen chur-, fürsten und ständen des reichs catho-
5
lischer religion für einen marggraven und von marggrav Fridrichen selbsten
6
für einen vetter gehalten, deßwegen auch zween verglich, einer in anno 1624
7
zu Wien, der andere in anno 1629 zu Ettlingen getroffen worden seyen, daß
8
also die herren Schwedischen die ohnbillichkeit der sachen von selbsten
9
agnosciren und sich gern derselben entledigt sehen möchten. Weiln ihnen
10
aber der Durlachische abgesandte beständig anliege und auß mittel der
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fürstlichen Sachsen Altenburg und Braunschweig zu mediatoren erbetten

31
Vgl. Meiern IV S. 975 ; Konferenz zwischen Langerbeck, Lampadius und Volmar am 15. Ja-
32
nuar ebd. S. 901.
,
12
von denselben auch auff ein sonderbares fürstenrecht beruffen worden seye,
13
davon sie gleichwohl, nachdem beede höchste tribunalia im reich ange-
14
ordnet und auch in der Gülchischen sach ex parte des hauses Sachsen kein
15
anderer als Ihrer Majestät außschlag jemahlen begehret worden, nichts
16
wüßten, alß hette man sich damitt nicht auffzuhalten, sondern die sach, zum
17
fall der Durlachische abgesandte

33
Baden-Durlachische Gesandte waren Johann Georg von Merckelbach († 1680 ) (APK 16915–
34
16917; Bildnisse II S. 4; J. Helm ; APW [ II C 2 S. 180 Anm. 3 ] ) und Johann Jacob Datt.
die vorschläge nicht acceptiren wolle, zu
18
rechtlichem außtrag zu verweisen. Sie, die herren Kayserlichen, hetten
19
bereits mehr dabey gethan und nachgegeben, als ihre instruction vermöchte,
20
wüßten also weitter nicht zu gehen.

21
Was 3. beede churfürsten zu Cöln und Trier mit dem graven von Wittgen-
22
stein

35
Johann VIII., Gf. von Sayn-Wittgenstein (1601–1657), 1652 Direktor des Wetterauer Grafen-
36
vereins , dem auch der ksl. Gesandte Nassau angehörte (ADB XIIIL S. 619 ; K. Grossmann ;
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Schliephake-Menzel VI S. 540f.; Chr. v. Stramberg III 1 S. 300–303; APW [ III A 1, 1 S. 50 Anm. 2 ] ). Wittgenstein ging es um das Saynsche Gesamterbe, das an Lgf. Johann von
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Hessen-Darmstadt (1609–1651) fallen sollte, der sich am 30. September 1647 mit Johannette
40
(1632–1701), der Tochter des Gf. Ernst von Sayn-Wittgenstein verehelicht hatte ( Isenburg T.
41
104). Der Kf. von Trier verweigerte die Einlösung Vallendars (dazu Denkschrift Wittgensteins
42
vom 11. November 1645, Druck Meiern I S. 837 –840). Zu einer Lösung der Streitfrage kam
43
es nicht (vgl. ebd. IV S. 802, 842, 880), sie wurde zur Lösung vielmehr dem Reichskammer-
44
gericht überwiesen (K. Grossmann II S. 112; Chr. v. Stramberg III 1 S. 74f.). Ähnlich
45
umstritten war die Freusburg, seit 1378 Lehen des Erzstifts Trier, gegen wittgensteinschen und
46
kurpfälzischen Protest von Gf. Heinrich IV. von Sayn († 1606) für 35 000 fl. an Kurtrier ver-
47
kauft , 1606 gegen wittgensteinsche Erbansprüche von Kurtrier besetzt, 1626 vom Reichskammer-
34
gericht ganz Kurtrier zugesprochen, 1627 rekatholisiert, 1636 von schwedischen Truppen erobert,
35
1637 von Kurtrier zurückgewonnen, 1643 gegen erneuten schwedischen Ansturm erfolgreich gehal-
36
ten . 1652 erhielt Gfin. Louise Juliana von Sayn (regierend 1632–1652) das Amt Freusburg gegen
37
Abtretung anderer Gebiete an Kurtrier (nach APW [ III A 1, 1 S. 502 Anm. 2 ] ). Die Ausein-
38
andersetzung mit Kurköln drehte sich um Hachenburg im Westerwald, ein kurkölnisches Lehen im
39
Besitz der Gf. von Sayn-Wittgenstein, das nach dem Tode des Gf. Ludwig von Sayn-Wittgenstein
40
1636 als erledigtes Mannlehen eingezogen worden war, aufgrund des Friedensvertrages aber wieder
41
restituiert wurde ( Städtebuch IV S. 151; Handbuch V S. 124; K. Grossmann I S. 11,
42
43, 47f., 62).
zu thun haben, seye eine rechthängige sach, deren außschlag hiehero

[p. 617] [scan. 689]


1
nicht gehörig; mit der restitutione in den stand de anno 1624 werde es nicht
2
anstehen, übriges disputat aber bleibe billich an seinen orth gestellet.

3
Endlich und zum 4. stehe es auch in hoc puncto amnistiae an, mit dem §º
4
„Tandem omnes“, soviel die restitution der exulanten in den Kayserlichen
5
erblanden betreffe, Ihre Kayserliche Majestät laßen es ein für alle mahl bey
6
dem deretwegen gemachten underschied, in hoffnung, es werden auch die
7
herren Schwedischen damit acquiesciren.

8
Soviel demnach punctum gravaminum betreffe, köndten die catholischen 1.
9
in die paritet zu Augspurg und anderen mittbenamsten stätten quoad
10
politica gantz nicht gehälen, weiln diese tractaten dahin nicht angesehen,
11
einem oder dem anderen standt mehr zu geben, als er anno 1555 gehabt. Nun
12
seye aber ohndisputirlich wahr, daß zur selben zeitt die paritet in politicis an
13
berührten orthen nicht in übung gewesen, noch auch wider außtrückliche
14
disposition des religionfridens eingeführet werden können. Und weiln die
15
evangelischen sich in anderen stückhen so vest auff die observanz des 1624.
16
jahres beziehen, so wollen es Ihre Kayserliche Majestät auch in diesem
17
stückh dorthin kommen laßen, weitter aber nicht. Dann wann man frid und
18
ruhe zu Augspurg erhalten wolle, müße der catholische magistrat einmahl
19
verbleiben, weiln sonsten die evangelischen, als die ohne das denen catho-
20
lischen quoad numerum weitt überlegen, in dignitatibus nach und nach, ie
21
länger, ie weitter greiffen und nicht nachlaßen würden, biß sie die catho-
22
lischen gantz außgebißen hetten; wie man deßen ein frisches exempel bey
23
der statt Ulm habe, welche im vorigen jahr, als der catholische geschlechter,
24
so noch allein im rath daselbsten geseßen, zeittlichen todts verblichen, des
25
sonsten gewohnlichen wahltags nicht erwarttet, sondern strackhs vier
26
wochen nach seinem hintritt, einen evangelischen an seine stell erwählet.
27
Was nun die evangelischen stätte nicht thun, noch sich auffbürden laßen
28
wollen, das können sie auch an die statt Augspurg und andere dergleichen
29
mit fuegen nicht begehren. Das petitum wegen der evangelischen bürger
30
schafft zu Aach komme 2. denen catholischen sehr befremdlich und ohn-
31
vermuthet vor, zumahln weiln die herren Schwedischen hiebevor selbsten
32
gesagt, man möchte selbigen § um durchstreichen; gestalten sowohl mit des
33
Gailen

43
Egon Gail, kaiserlicher Sekretär in Osnabrück (W. Becker S. 152 Anm. 84 ).
alhie und Schröters

44
Wilhelm Schröder († 1679), stammte aus Eschweiler, Hgt. Jülich, 1640 Sekretär, seit 1642
45
ständiger Sekretär des Geheimen Rats, Sekretär Trauttmansdorffs in Münster, 1648 diplomatische
41
Mission nach Dresden, 1649 alleiniger Sekretär der deutschen Expedition, galt als bestechlich
42
(L. Gross S. 391–393; Bedrich Sindelar : Vestfálký mir a česká otázka. Prag 1968;
43
APW [ II A 1 S. XXVI Anm. 26 ] ).
zu Münster gehaltenen protocollis zu erweisen.

[p. 618] [scan. 690]


1
Und obwohln kurtz vor des herrn graven von Trauttmansdorff abreiß die
2
Churbrandenburgischen (von welchen, wie sie sichere nachricht haben, auch
3
in letztgehaltener der evangelischen consultation dieses werckh von neuem
4
movirt worden) dreyerley project auff die bahn gebracht, wie denen evan-
5
gelischen und reformirten am selben orth zu prospiciren. So habe sich doch
6
der grav von Trauttmansdorff über keinem derselben einlaßen wollen,
7
sondern gesagt, was einmal mit belieben der herren Schwedischen auß
8
gestrichen worden seye, dabey habe es sein verbleiben. Zu dem, so seyen der
9
Augspurgischen confession zugethanen nicht über 20 und der reformirten
10
über 60 familien nicht. Und der orth, dahin sie eine kirchen bauen wollen,
11
zwischen der statt und einem edelmann noch strittig, und dörffte auf allen fall
12
die cron Spanien, wegen des juris clientelaris, so sie der orthen habe, sich ad
13
extremum in das mittel schlagen und vorhabenden bau verhindern

44
Zu den Verhandlungen um Aachen, die für die Protestanten ohne jeden Erfolg blieben, J. Finken .
. Die
14
evangelischen stätt haben dabey in particulari zu consideriren, wie ohngern
15
sie den catholischen gönnen, was ihnen doch vermög religionsfridens
16
zustehe und gebühre. Zu Straßburg werde ihnen das exercitium religionis
17
dergestalt nicht gestattet, wie sie es gern sehen möchten; die statt Nürnberg
18
wolle nicht ein eintzige capell hergeben, die catholische religion darinnen zu
19
gebrauchen. Zu Ulm haben in der christnacht, als die catholischen in ihrer
20
höchsten devotion und zwar mitt vorwißen und bewilligung des magistrats
21
beysammen sich gefunden, auff 200 bewöhrter studenten in die kirchen mit
22
großer ohngestüm gedrungen und die leuth auß ihren stühlen gejagt,
23
worüber baldt ein größeres ohnglückh entstanden were, wo nicht die obrig-
24
keit auff erlangte nachricht vermittelst zugeschickhter wacht daßelbe abge-
25
wendet und verhüttet hette. Wie sie dann ihren catholischen

40
25 mitstätten] Ulm mitständen.
mitstätten
26
zumuthen können, denen evangelischen bürgern etwas von neuem einzu-
27
raumen , so sie vorhero nie gehabt haben?

28
3. Wüßte man sich selbsten zu entsinnen, was für ein underschied zwischen
29
den pfandtschafften und daß der interessenten sonderlich drey seyen, nemb-
30
lich Würtemberg, Lindau und Weißenburg am Nordgau. Mitt Würtemberg
31
habe es so weitt seine richtigkeit, daß Ihrer Fürstlichen Gnaden die posses-
32
sion der pfandtschafften solle abgetretten, das petitorium aber an andere zeitt
33
und orth versparet werden. Wegen beeder stätt hetten sie zwar von Ihrer
34
Majestät einen anderen und noch schwäreren vorschlag bekommen; nach-
35
dem sie aber auß nachgefolgten berichtsschreiben verstanden, daß das werckh
36
ad proxima comitia von ihnen remittirt und verwiesen worden seye, haben
37
sie es auch dabey bewenden laßen. Einmahl habe diese sach ihre große
38
considerationes auff sich und lauffe auch in Ihrer Kayserlichen Majestät
39
wahlcapitulation mitt ein. Deßwegen mit deßto beßerem bedacht dabey zu

[p. 619] [scan. 691]


1
verfahren sein wolle, welches auff einen einem reichstag am füglichsten geschehen
2
könne.

3
Was 4. die autonomiam und derselben erstes membrum anlange, wüßte man
4
sich selbsten zu berichten, daß die weltliche catholische chur- und fürsten
5
keine evangelische exercitia in ihren landen haben. Die geistlichen weren
6
bereits dahin behandelt, daß sie ermeldte exercitia in dem standt des 1624.
7
jahres continuirlich laßen wolten. Indem stifft Hildeßheim erzeige sich allein
8
diese discrepanz, daß man dem churfürsten von Cöln die darin befindliche
9
clöster entziehen wolle, da doch Ihre Churfürstliche Durchlaucht selbige
10
jure territorii gebühren und von hauß Braunschweig per transactionem über
11
geben worden seyen. Soviel das andere membrum concernire, werden zwar
12
die catholischen obrigkeiten ihre evangelische jetzige underthanen, welche
13
kein exercitium bißher gehabt, nicht außschaffen und dadurch ihre land-
14
schafften noch mehr entblößen, daß sie sich aber zu dem, was der evangeli-
15
schen auffsatz in sich halte, per pactum publicam publicum adstringiren und verbinden
16
laßen solten, darzu werde kein eintziger catholischer verstehen. Der Chur
17
fürst in Sachsen habe selbsten jederzeit dafür gehalten, daß das beneficium
18
emigrationis nicht voluntarium, sondern necessarium seye, gestalten er auch
19
keinen eintzigen catholischen in seinen landen dulde

43
Zum Emigrationsrecht B. v. Bonin ; F. Sägmüller in: Theol. Quartalsschrift 90 (1908) S.
44
255ff. (zu den Begriffen exercitium publicum, privatum und devotia domestica); U. Scheuner .
. Das dritte membrum
20
öffne der evangelischen religion (welche dem fleisch darum deßto leichter
21
eingehe, weiln nicht soviel zu faßten, zu betten und zu büßen als bey der
22
catholischen) in catholischen landen thür und thor. Darum köndten sich die
23
catholischen auch zu keiner gewißen zeitt verbinden. Wolten aber nichts
24
deßto weniger solche moderation darunder adhibiren, daß sich niemand
25
darob mit fuegen zu beschwären haben werde.

26
Schließlich und zum 5. seye gesuchte paritas adsessorum in camera bey den
27
catholischen eine ohnerhältliche sach. Zwar, was die reformationem justitiae
28
et summorum tribunalium belange, seye selbige in dem Prager friden schon
29
beliebt und ad comitia verwiesen worden. Bey jüngstem reichstag habe man
30
den bedacht auff den Franckfortischen deputationtag verschoben, von da
31
hieher gezogen, dieß orths aber, daß wegen seiner wichtig- und weitleuffig-
32
keit damit nicht auffzukommen seye, sondern auff nächstkünfftigem reichs-
33
tag mit beßerem nutzen und effect davon werde können geredet und tractiret
34
werden. Kayserlichen und catholischen theils einmüthiglich dafür gehalten,
35
es seye um eine kleine zeitt biß dorthin zu thun, sintemahl der terminus
36
bereits ernent, und werde es alßdann darauff anderst als zu Regenspurg
37
hergehen, wann punctus amnistiae et gravaminum alhir zuvor erörtert. Nach
38
eingehohltem der 3 collegien bedenckhen werden Ihre Kayserliche Majestät
39
den außschlag geben und vornemblich dahin trachten, daß den außwertigen
40
cronen mit hinderlaßung einiges schädlichen samens zu erwöckhung neuer
41
ohnruhe keine anlaß gegeben werde.

42
Und dieses seye dasjenige, so sie uns vorhalten und dabey 3. erinnern

[p. 620] [scan. 692]


1
wollen, nachdem Ihre Kayserliche Majestät dem corpori civitatum völlige
2
satisfaction gegeben, dem werckh reifflich nachzusinnen und sich dagegen
3
also zu erclären, damitt der friden deretwegen länger nicht verzögert
4
werde. In mehrerer betrachtung, daß bey continuation deß kriegs der last die
5
reichsstätt am allermeisten treffen und die cronen dahin trachten würden,
6
wie sie eine und andere statt an sich reißen oder doch wenigst zu ihrem
7
willen haben möchten. Und wann gleich der victor sich seines glückhs nicht
8
überhebe, so könne er doch derjenigen, deren hülff und assistenz er sich
9
gebrauche, nicht jedesmahl so mächtig sein, daß sie nicht zum wenigsten auff
10
dem landt exorbitiren und der sachen zu viel thun. Hingegen werden Ihre
11
Kayserliche Majestät nach gemachtem friden die stätt, daß sie von anderen
12
nicht betrübet noch beschwäret werden, defendiren, bey ihren rechten, frey-
13
heiten und herkommen mainteniren und verschaffen, daß sie die commercia
14
widerum ohngehindert fortstellen und derselben sich mit nutz gebrauchen
15
mögen.

16
Wir haben unß hierauff nach genommenem abtritt und gepflogener unter-
17
red , auch summarischer weiß recapitulirtem vortrag vorantwortlich gegen
18
sie dahin vernemen laßen, es seye das anbringen nicht allein weittleuffig
19
und von verschiedenen capitibus bestehend, sondern auch ponderos und
20
wichtig. Deßwegen unß deputirten auß mangel bevelchs nicht geziemen
21
wolle, vor erstatteter relation und mit übrigen anwesenden der evangeli-
22
schen stätte gesandten gepflogener berathschlagung unß hauptsächlich zu
23
erclären. Wolten aber nicht underlaßen, den vortrag mit ihnen förderlich zu
24
communiciren, den sachen weitter nachzudenckhen und uns hiernechst der-
25
gestalt zu erclären, daß man verhoffentlich

43
25 unser] Ulm ihr.
unser fridbegieriges gemüth
26
darob im werckh verspüren solle, maßen alle der

44
26 stätt] Ulm ihre.
stätt bißherige consilia und
27
petitiones actiones dahin allein gezweckhet, wie der dem heyligen Römischen reich so
28
hochnöthige ruhestandt wiedergebracht und dem grundtverderblichen
29
kriegswesen ein ende gegeben werden möchte. Haben aber mit schmertzen
30
sehen und erfahren müßen, welcher gestalt von etlichen catholischen das
31
werckh bißhero trainirt worden, in dem sie sonderlich dasjenige, so man für
32
verglichen und abgehandelt gehalten, in gantz neues disputat gezogen und
33
dadurch zu verlängerung der tractaten anlaß gegeben haben. Bitten demnach
34
höchstfleißig, die herren catholischen dahin zu disponiren, daß sie ihre
35
gegenerclärungen dergestalt einrichten, daß man damitt zufriden sein und in
36
der that verspüren könne, daß ihnen zu beruhigung des vatterlandts gleicher
37
gestalt ernst seye.

38
Illi: Sie köndten uns gar nicht verdenckhen, daß wir das werckh ad referendum
39
et deliberandum nemen. Wolten allein nochmahlen erinnert haben, daßelbe
40
wohl zu consideriren und eine solche resolution zu faßen, die zulänglich und
41
zu abkürtzung der tractaten dienlich seye. Und alß von denen deputirten
42
einer, nemblich der Lübeckhische, darzwischen geredet, obwohln seine her-

[p. 621] [scan. 693]


1
ren und oberen weder bey einem noch dem anderen puncten interessirt, so
2
seye doch höchstbeschwärlich zu vernemen, daß dasjenige, so fide publica
3
verhandelt, anietzo retractirt und hinderzogen werden wolle, da es doch
4
eadem dieta und iidem tractatus seyen, welche ohnunderbrochen biß dato
5
continuirt, hatt herr Volmar mit etwas commotion zum andern mahl rege-
6
rirt , er wolle nicht sagen fide publica, sein principium seye irrig. Sintemahl
7
die evangelische sich niemahls erclärt, daß sie mit demjenigen, worzu sich
8
der herr grav von Trauttmansdorff erbotten, acquiesciren und zufriden
9
stehen wollen. Wann daßelbe geschehen were, wolten sie die catholischen in
10
24 stunden dahin bewogen haben, daß sie darein gewilligt hetten. Nachdem
11
aber bekandt, wer das werckh zu Münster auffgehalten und daß man ver-
12
meint , weiln die Schwedische waffen gegen Böhmen avancirt und Eger weg-
13
genommen , die Kayserlichen erbland nunmehr gantz gefreßen zu haben, alß
14
hetten die Kayserlichen und catholischen eine offene hand dabey behalten. In
15
solchen terminis stehen die sachen wider, werden die evangelischen annem-
16
men , wozu sich die Kayserlichen und catholischen erbieten, so haben sie
17
deßelben wahrhaftig zu genießen. Wo nicht und das werkh sich in deßen
18
alteriren solte, habe man sich auch keiner gewißheit bey diesen offerten zu
19
versichern. Dann gleich wie die Schwedischen auff ervolgende glückhliche
20
progress ihrer waffen bey jetzt abgehandeltem nicht verbleiben würden, also
21
werden auch die catholischen, wann es Ihrer Majestät gelingen solte, zu dem
22
jenigen nicht mehr verstehen, wozu sie sich jetzund erbietig machen. Seye
23
also wohl zu bedenckhen, was man thue, damitt nicht durch weittere ver
24
zögerung der vorthel aus den händen gehe und die evangelischen in incerto
25
stehen bleiben.

26
Es seindt zwar discursive noch mehr reden hin und wider gefallen, weiln aber
27
daran nichts sonderliches gelegen, noch das hauptwerckh hafftet, alß ist auch
28
derselben zugedenckhen ohnvonnöthen.

29
Nach verlesener relation sagte der Herr Director ferners, ob man wohl auff
30
diesen der herren Kayserlichen vortrag materialiter sich einzulaßen schwär
31
lich gemeint sein werde. Weiln jedoch der respect gegen dieselben, sie zu
32
beantworten, erfordere, als werde die frag darauff vornemblich bestehen,
33
was ihnen zur vorantwortt zu hinderbringen sein möchte? Bate darauff die
34
herren abgesandten, sich mitt ihren gedanckhen darüber ohnbeschwärdt
35
vernemen zu laßen.

36
Lübeck. sagt: Er halte dafür, die erörtterung dieser frag werde guthen theils
37
dependiren von dem, was bey jüngstgeschloßener deputation vorgangen.
38
Achte zwar ohnnöthig, gethanen vortrag weittleuffig hiehero zu recapitu-
39
liren , es seye aber derselbe um beßerer wißenschafft willen, auff wenigen
40
puncten und zwar 1. bey denen herren Schwedischen, alß denen neben ihme
41
erbottenen herren deputatis der acceß verwichenen donnerstag um 1 uhren
42
verstattet worden, darauff bestanden. Man hielte für ohnnöthig zu erzehlen,
43
welcher gestalt die catholischen von zeitt des religionsfridens an, sonderlich

[p. 622] [scan. 694]


1
aber seit anno 1624 biß hierher denen evangelischen und vornemlich den
2
stätten zugesetzet und sich eußerist bemühet haben, ihre religion in einer
3
und anderer evangelischen statt mitteinzuflickhen und dadurch das regi-
4
ment , ja die stätt selbsten an sich zu ziehen, inmaßen nicht allein die exempla
5
mit Donauwörth, Augspurg und Regenspurg, welcher gestalt der churfürst
6
in Bayern und die catholischen mit ihnen verfahren, vor augen ligen,
7
sondern auch bey der statt Nürnberg und Lindau ein gleichmäßiges zu
8
ersehen seye, in deme man jener bey gegenwertigen tractaten mit anmaßung
9
der daselbsten liegender capellen sanctae Elisabethae und einführung des
10
catholischen religions exercitii, dieser aber mit auffbürdung eines perpetui
11
praesidii militaris und vorenthaltung der vom Römischen reich habender
12
und von dem hauß Österreich ex mero respectu religionis entzogener und
13
gleichsam mit gewalt abgelöseter pfandtschaft und gevölgig denen stätten
14
selbsten under diesen und dergleichen vorwanthen, wie solches die ver-
15
schiedenlich interessirte intercipirte schreiben clärlich an den tag geben, beygekommen
16
und neue praejudicia zugezogen werden wollen.

17
Gleich wie nun sothane eingriff der catholischen, denen evangelischen stät
18
ten sehr beschwärlich vorkommen, also könne man nicht underlaßen, sich
19
diesen conatibus euserist zu opponiren, alle mittel und weg, selbige zu
20
underbrechen, zu gebrauchen und dahin zu trachten, damit die dannenhero
21
zu befahren stehende fernere praejudicia und gefährlichkeiten von dem halß
22
gebracht werden mögen. Denen chur- und fürstlichen häusern hette man
23
zwar, daß sie sich der evangelischen stätt in puncto gravaminum jederzeit
24
eifferig angenommen, hohen danckh zu sagen. Weiln aber solcher punctus
25
bey dieser dieta de novo reassumirt und von denen herren Kayserlichen und
26
catholischen allerley änder- und neuerungen dabey vorgenommen werden
27
wollen, in dem sie nicht alle stätt der allgemeinen regulae und termini resti-
28
tutionis genießen laßen, sondern etliche davon außgemustert, etliche aber
29
mit namen nicht genennet haben wolten, insonderheit aber noch fürters dahin
30
trachteten, daß übrige handlungen nur mit den chur- und fürstlichen allein
31
gepflogen, die stätt aber, wie auch etliche fürstliche und grävliche davon auß
32
geschloßen und das werkh under ihnen dergestalt, wie sie vermeinen, daß
33
man zu vorgesteckhtem fridenszweckh gelangen möge, geführt und zum end
34
vermittelt werden, so were man demnach an seitten der erbaren stätt nicht
35
ohnbillich in die sorgfältige gedanckhen, ob möchte etwa derenselben einig
36
gefährliches praejudicium bey sothanen sachen hiedurch zugezogen wer-
37
den , gerathen und habe dafür gehalten, daß, gleichwie die Herren Schwedische und
38
übrige evangelische chur- und fürstliche herren abgesandten sich der stätt
39
hiebevor höchst- und hochrühmlich und zwar dergestalt, daß ihre jura
40
sowohl in ecclesiasticis alß politicis bester maßen beobachtet worden seyen,
41
angenommen haben, also auch sie, die herren Schwedischen, nochmahlen per
42
deputatos gebührendes vleißes zu ersuchen sein werden (maßen sie dann ein
43
solches, nächst hoher danckhsagung für bißherige adsistenz zu thun, in
44
specie quoad punctum gravaminum von übrigen stättischen abgesandten

[p. 623] [scan. 695]


1
commission empfangen hetten), daß sie bey ihrer bereits im werckh erwise-
2
ner intention beständig verharren, bey vorseyenden handlungen mit denen
3
herren Kayserlichen die stätte keines wegs zuruckh stellen, viel weniger
4
geschehen laßen wolten, daß sie alß der geringste und schwächlichste theil
5
das lytrum redemptionis sein müßten, sondern dagegen, wie hoch ihnen
6
auch an conservation der stätt gelegen seye, erwegen und sie also bey dem-
7
jenigen , was gegenwertige pacificatio ihnen bereits tribuiret, ohnabbrüchig
8
erhalten wolten, nächst schuldiger danckhserbietung und recommendation.
9
Und dahin seye der vortrag auch bey denen herren Churbrandenburgischen,
10
Sachsen Altenburgischen und Braunschweigischen, jedoch mutatis mutandis,
11
eingerichtet und abgeleget worden.

12
Auff welchen die herren Schwedischen sich in principali praemissis recipro-
13
cis curialibus antwortlichen dahin vernemen laßen: Es seyen der catholischen
14
intentiones sowohl in puncto gravaminum alß in genere zu genügen be-
15
kandt , wie sie den stätten nachtrachten, bedörffe auch keines remonstrirens,
16
welcher gestalt sie sich derenselben bey diesen tractaten widersetzet haben.
17
So viel aber die cron Schweden betreffe, werde dasjenige, worinnen sie sich der
18
evangelischen biß dato angenommen, verhoffentlich denselben zu guthem
19
contento gerichtet sein, begehrten auch von denen hiebevor vielfältig getha-
20
nen assistenz vertröstungen keines wegs außzusetzen, sondern hetten sich die
21
evangelischen insgesambt, bevorab weiln es jetzundt mit denen tractaten an
22
das end gehe, darauff sicherlich zu verlaßen. Es wolte aber an seitten der
23
evangelischen stände der bestand vonnöthen sein, und daß sie denen catho-
24
lischen nicht die weiche seiten geben, zumahln man bißher gesehen, was mit
25
nachgeben bey ihnen außgerichtet worden seye. Fingen darauff incidenter
26
an, de statu tractatuum zu reden, mit vermelden, daß sie zwar den punctum
27
satisfactionis Hassiacae gern erörtert sehen, wolten aber doch geschehen
28
laßen, daß punctus amnistiae et gravaminum mit jenem pari passu erlediget
29
werde.

30
Die fürstliche Sachsen Altenburgische herren abgesandten (bey denen sich
31
auch der Sachsen Weymarische

43
Dr. Georg Achaz Heber.
eingefunden) gaben praemissis quoque cu-
32
rialibus die antwortt dahin, sie hetten gar gerne verstanden, daß man stätti
33
schen theils an ihren bißherigen bezeugungen gutes genügen trüge und ihre
34
gegen sie gesetzte confidenz auß gegenwertigem vertraulichen ansprechen
35
(dafür ihnen gebührender danckh zu sagen) zu verspüren und abzumerckhen.
36
Gleichwie sie nun auch von ihren gedachten herrschafften und principalen
37
ein anders nicht bevelcht, dann sich der erbaren stätt anligen und nothdurfft
38
bestmöglichst anzunemen, also solte man sich versichern, daß sie ihnen, was
39
zu derenselben wohlstand und auffnemen immer gereichen möge, zu befür
40
dern eifferigst angelegen sein laßen wollen, zumahln sie wohl verspürten,
41
daß den stätten von denen catholischen trefflich nachgetrachtet werde und
42
dahero die wegen der stättischen sorgfalt angeführte motiven von nicht

[p. 624] [scan. 696]


1
geringer wichtigkeit weren. Ob nun aber wohl das fridenswerckh gesambter
2
hand müße geführet werden, so wolten sie doch auch in particulari das ihrige
3
dabey thun und einem jeden dasjenige, was ihme von rechts und billichkeit
4
wegen zustehe, gerne gedeuen laßen. Von welchen also auch, praemissis
5
debitis curialibus, der abschiedt genommen worden.

6
Alß sie nun am vergangenen sonnabend darauff, vormittag umb 9 uhren, zu
7
denen Churbrandenburgischen herren abgesandten (welche alle 3 in des herrn
8
gravens von Wittgenstein losament zur stelle gewesen) kommen und obange-
9
deuttes anbringen gegen denenselben praemissis ibidem itidem curialibus solitis et
10
mutatis mutandis repetirt, hetten sie sich zuvorderist sowohl wegen des durch
11
vorgangene deputation ihnen erwiesenen respects, alß der in sie gestelten
12
stättischen confidenz gar freundlich bedanckht und gesagt, sie würdten auß
13
obhabendem specialbevelch Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht nicht under
14
laßen , sich der stätt anzunemen, und weiln nicht ohn were, daß denen-
15
selben ihr votum decisivum von den catholischen in disputat habe gezogen
16
werden wollen, dagegen aber auch, was zu conservation deßelben von ihnen
17
eingewendet worden, bekandt, solches particular desiderium neben anderen
18
auch in fleißige obacht zu nemen, alß er aber vermerckht, daß die herren
19
Churbrandenburgischen den vortrag dahin, ob begehrten die catholischen
20
das stättische votum decisivum streittig zu machen, verstanden, habe er
21
geantworttet, es seye derselbe nicht darauff, sondern zu dem ende angesehen,
22
daß man, weiln die catholische den stätten in puncto gravaminum noch aller-
23
ley difficulteten machen, derenselben sich annemen und sie nicht beyseits
24
setzen wolle.

25
Alß nun nach diesem das ansprechen auch bey denen herren Braunschweigi-
26
schen (welche gleicher gestalt alle 3 in herrn Langenbeckhs losament bey-
27
sammen gewesen) praemissis curialibus vorgangen, hetten selbige sich eben
28
mäßig deretwegen bedanckht und in effectu zu aller willfährigen bezeugung
29
und assistenz anerbietig gemacht, in particulari aber habe herr Langenbeckh
30
gesagt, es were den stätten in ihrem ihren anliegen billich die hand zu bieten, wor-
31
bey man sich aber auch versehen wolte, daß die von den fürstlichen in ande-
32
ren gemeinen gravaminibus und in specie in puncto autonomiae et justitiae
33
nicht außsetzen werden. Das übrige, was bey diesem ansprechen vorkom-
34
men , ob es zwar von etwas nachdenckhen zu sein scheinete, bestünde nur
35
auff blosen discursen.

36
Worbey er ferners berichtete, daß, nachdem herr grav Oxenstirn nicht allein
37
gefragt, ob man stättischen theils kein bedenckhen trage, daß auß dieser
38
sachen auch mit den fürstlichen communicirt werde, sondern auch gedacht,
39
daß die herren Altenburgischen und Braunschweigischen, daß ihnen, den
40
herren Schwedischen, allein die stätt ihr anliegen recommendirten, in etwas
41
empfinden, er die frag mit ja beantwortet und im übrigen, das ansprechen
42
ohne fernere consultation fortzustellen, für nöthig angesehen hette.

43
Alß er endlichen auch vergangenen sonnabend um 1 uhr nachmittag bey
44
denen herren Schwedischen audienz erhalten und ihnen referirt, daß die

[p. 625] [scan. 697]


1
herren Kayserlichen der stätt deputatos umb 2 uhren zu sich erfordert
2
hetten, haben sie solches hoch resentirt und gesagt, das seye der rechte griff:
3
Divide et impera, und werden die herren Kayserlichen vielleicht einen
4
versuch thun wollen, dasjenige, was sie mit gesambten evangelischen nicht
5
außrichten können, mit den schwächeren werckhstellig zu machen. Es be
6
dörffte es aber gantz nicht, dann, gleich wie sie sich der samptlichen evangeli-
7
schen und des gemeinen wesens jederzeit angenommen hetten, also wolten
8
sie nicht weniger bey den stätten thun, man solle sich nur nicht abwendig
9
machen und trennen laßen, sondern standthafftig stehen bleiben.

10
Und dieses seye, was bey jüngstgeschloßener deputation an die herren
11
Schwedischen, übrige chur- und fürstliche und dann bey letzterem der herren
12
Schwedischen privatansprechen dieser tagen passirt. Weiln ihme aber wegen
13
vielheit der geschäffte leichtlich etwas außer gedächtnis kommen sein
14
möchte, bate er übrige herren deputatos, den abgang ohnbeschwert zu
15
ersetzen.

16
Regensburg. Gleichwie man sich noch guther maßen zu erinnern wiße, daß
17
am vergangenen dienstag nur auff die deputation an die herren Schwedi-
18
schen geschloßen, mit übrigen aber noch zur zeit innen zu halten für guth
19
angesehen worden, also hette man auch mit letzteren ansprechen der herren
20
chur- und fürstlichen sich nicht zu übereilen gehabt, gestalten er dann bey
21
denen herren Schwedischen sowohl alß Churbrandenburgischen, sonderlich
22
aber auß des herrn graven von Wittgenstein etwas hart geführten discursen,
23
daß das ansprechen nicht gar zum besten auff- und angenommen worden
24
seye, spüren und abmerckhen können. Wolle jedoch solches nur relative
25
gedacht haben.

26
Kolmar. Er begehre zwar, was bey denen herren Schwedischen weitläuffig
27
vorgetragen worden, hierhero nicht zu repetiren, seye aber dadurch herr
28
grav Oxenstirn zu der frag, ob man das anbringen auch mit denen herren
29
fürstlichen communiciren möge, anlaß gegeben worden.

30
Nürnberg. Er wüßte zwar über bereits referirtes nichts sonderliches zu
31
addiren, hette aber gleichwohl bey denen herren Braunschweigischen, weiln
32
die antwortt und übrige discurs etwas spitzig gefallen, wohl verspüren
33
können, daß sie es etwas resentirt, daß man erstlich die herren Schwedischen
34
angesprochen habe. Zumahln von ihnen, was sie bey den stätten bißhero
35
gethan, weitläuffig angeführet und remonstriret worden.

36
Weiln nun bey des herrn Lübeckhischen relation weitter nichts zu erinnern
37
gewesen, alß hatt derselbe sein votum über obangedeutte frag, was nemb-
38
lich denen herren Kayserlichen auff ihren vortrag in antwortt zu hinder-
39
bringen sein wolle, dahin abgeleget.

40
Lübeck. Er halte dafür, weiln das gantze werckh nach demjenigen, was bey
41
bißherigen tractaten vorgangen, einzurichten seye und man erfahren, daß
42
nicht allein die herren Schwedischen, sondern auch chur- und fürstliche sich

[p. 626] [scan. 698]


1
der stätt sowohl alß ihres aigenen interesse angenommen und dieselben
2
zugleich sich nicht separiren zu laßen erinnert haben, man solte bey solchem
3
modo verharren und in einige particular tractaten sich nicht einlaßen. Weiln
4
man aber gleichwohl auff der herren Kayserlichen weitläuffigen vortrag eine
5
antwortt nothwendig ertheilen müßte, were dieselbe ohnmaßgeblich dahin
6
einzurichten und erstlich zwar ihnen zuvorderist für die wohlmeinende
7
eröffnung, in was zustand sich die tractaten an itzo sich befinden und an
8
welchen differentien das gantze fridenswerckh noch haffte, hoher danckh zu
9
sagen, mit dem andeutten, daß, gleichwie ihnen bekandt, daß diese tractaten,
10
zumahln in puncto gravaminum jederweiln also geführet worden, daß alles
11
dasjenige, was evangelischen theils gehandelt, von gesambten evangelischen
12
ohne underschiedt vorgenommen worden seye, also sie auch nicht ohn-
13
gleich nemen werden, das die stätt von solchem modo abzuweichen, bil-
14
liches bedenckhen tragen, bevorab, weiln der sachen dadurch nicht ge-
15
holffen , sondern vielmehrere weitterung, verzug und beschwärlichkeiten
16
verursachet und herbey gezogen werden dörfften. Inmaßen dann, soviel die
17
streittige sachen in puncto amnistiae betrifft, daß selbige principaliter die
18
höhere ständte concerniren, bekandt, denenselben aber vorzugreiffen, dem
19
stättischen collegio im geringsten nicht gebühren wolle, viel weniger bey
20
demselben stehe, zu der höheren praejudiz sich etwas zu erclären.

21
2. Seye es bey dem puncto gravaminum dergestalt beschaffen, daß, gleichwie
22
meistentheils communia in denselben miteinlauffen, also auch selbige com-
23
muni suffragio et consensu evangelicorum tractirt und expedirt werden
24
müßen. So viel aber die particularia anlange, möchte es zwar das ansehen
25
haben, ob hetten die stätt etwas mehrers dabey zu sagen oder de jure suo zu
26
remittiren und also näher zu tretten; weiln aber die gravamina also underein-
27
ander gefaßt, verknüpfft und verbunden, das eines von dem andern schwär
28
lich getrennt werden könne, alß stehe auch in der stättischen gesandten
29
mächten nicht, von dem einmahl beliebten modo abzutretten oder in einige
30
particular handlung sich einzulaßen; werde dahero auch, daß sie sich in parti-
31
culari darüber nicht vernemen laßen köndten, verhoffentlich nicht ohngütlich
32
genommen werden. Und demnach verschiedene particularia dabey berühret,
33
zumahl auch rationes mit angeführet worden, finde man nicht ohne nutzen zu
34
sein, denen herren Kayserlichen zu ihrer information, wie es sich in einem
35
und dem anderen damit verhalte, zu communiciren. Wie aber selbige abzu
36
faßen , würdte bey denen interessenten stehen. Nächst welchem auch prote-
37
stando anzudeutten were, gleich wie solches allein zu mehrerer information
38
ohnvorgreifflich angesehen, und nicht dahin, ob wolte man sich darüber stät
39
tischen theils in einige handlung einlaßen, zu verstehen. Also seye man da-
40
neben auch erbietig, alles, was zu befürderung des fridens dienlich, bester
41
möglichkeit herbeyzutragen, mit schließlicher bitt, weiln die catholische
42
denen evangelischen stätten sich zu viel näherten, denenselben zuzuspre-
43
chen , daß das fridensgeschäfft umb derenselben particular opiniastritet
44
willen nicht gehindert oder gar auffgehoben werde. Mit fernerer recom-

[p. 627] [scan. 699]


1
mendation des stättischen collegii et oblatione. Conformire sich jedoch in
2
diesem pass mit beßeren gedanckhen.

3
Regensburg. Er seye seines theils zu keiner separation, sondern befürderung
4
des fridens instruirt. Und weiln man stättischer seitten vor separation gebet-
5
ten , die gefahr auch dabey in acht zu nemen seye, daß, wann die stätt sich
6
materialiter gegen die herren Kayserlichen vernemen laßen solten, sie
7
deßelben bey den höheren hiernächst zu entgelten haben würdten, alß
8
könne er auch darzu nicht rathen. Dieweil sie aber gleichwohl zu beant-
9
wortten seyen, stelle er zwar dahin, ob man die antwortt in specie oder
10
generalibus thun wolle, hielte aber doch ohnmaßgeblich dafür, je kürtzer
11
selbige eingerichtet würde, je beßer es seye. Werde ihnen, den herren Kay-
12
serlichen , der modus, so bißhero bey den tractaten observirt worden, und daß
13
man sich evangelischen theils, wann es causas communes betroffen, jeder-
14
zeit ins gesambt vernemen laßen, selbsten wohl bekandt sein. Dabenebens
15
were ihnen für die hohe sorgfalt gebührender danckh zu sagen, mit dem
16
anerbieten, daß man ihre erinnerungen bey bevorstehenden consultationibus
17
dergestalt in obacht nemen wolte, damit Ihrer Kayserlichen Majestät respect
18
conservirt und erhalten werden möge. Auch angehängter bitt, das stättische
19
collegium ihnen bester maßen laßen bevohlen zu sein, die catholischen von
20
ihren tergiversationibus abzumahnen und also das fridenswerckh auffs beste
21
zu befürderen. Welchem nach in discursu eines jeden privat desideria, wie
22
Lübeckh erinnert, recommendirt werden köndten.

23
Kolmar. Er wolle mit wenigem, seine gemüthsmeinung zu eröffnen, dahin
24
gestelt sein laßen, ob der herren Kayserlichen vortrag, die geringere von den
25
höheren zu separiren, angesehen gewesen seye oder nicht? Was aber bey der
26
denenselben zu hinderbringen vorhabenden antwortt zu thun sein werde,
27
stehe er zwar an, hielte aber doch dafür, man hette sich 1. zu stellen, ob ver
28
stünde man dißorths nicht, was in fundo hujus artificii verborgen liege, 2. in
29
generalissimis zu verbleiben, und 3. in der antwortt formaliter dahin zu
30
gehen, daß zuvorderist denen herren Kayserlichen für ihre zu dem stättischen
31
collegio und deßelben wohlfahrt tragende sonderbare sorgfalt hoher danckh
32
gesaget und dabey angedeuttet würdte, man köndte sich an seitten der stätt
33
über proponirte puncten, materialiter darumb nicht wohl vernemen laßen,
34
weiln selbige meistentheils die stätt nicht concernirten und die höhere stände
35
dadurch offendiret werden dörfften. Man bete aber, gleichwie die herren
36
Kayserlichen ihre fridenssorgfalt vielfeltig contestirt, also wolten sie auch
37
selbige anietzo beobachten und die catholische von ihrem vorhaben abmah-
38
nen . Was sonsten ein und anderer statt desideria in specie betreffe, köndten
39
dieselben discurrendo wohl berühret werden. Im übrigen müßte man nur in
40
generalibus, wie Regenspurg votirt, verbleiben, damit man nicht die besten
41
pfeile verschieße und die Kayserlichen, ob hetten die stätt selbsten in ein und
42
anders gewilliget, dafür halten und sich deßen berühmen dörfften.

[p. 628] [scan. 700]


1
Nürnberg. Gleich wie er gar nicht zweiffele, daß der herren Kayserlichen
2
intention gewesen seye, die stätt durch den weitläuffig gethanen vortrag zu
3
intimidiren und von den höheren collegiis abzuziehen, in hoffnung, ihr vor-
4
haben auff den gelingungsfall deßto beßer durchzutreiben und mit übrigen
5
desto eher zurechtzukommen, also habe man keine ursach, sich stättischen
6
theils darüber materialiter einzulaßen oder auch nur ursach zur suspicion zu
7
geben, sondern behutsam bey der sachen zu gehen und in generalissimis zu
8
verbleiben, zuvorderst aber, wegen der sowohl von dem zustandt der trac-
9
taten alß noch restirenden differentien gegebener information sich gebühren
10
der maßen zu bedanckhen und zugleich anzuzeigen, man hette befunden, daß
11
es ein werckh seye, welches die stätt nicht allein angehe, solte man also, ob
12
zwar eines und anders in vortrag kommen, in der antwort keine rationes
13
berühren, sondern nur in discursu die ohngleiche gedanckhen, wegen under
14
laßender special antwort, benennen. Particularitaten vorzubringen, werde
15
nichts helfen, noch der sachen vorträglich sein, sondern vielmehr bey denen
16
fürstlichen odium erregen und sie dergestalt alteriren, daß sie die stätt in
17
ihren angelegenheiten auch verlaßen. Stelle es im übrigen auff ein erbieten,
18
daß man stättischen theils solche consilia, dadurch der friden befördert
19
werden möchte, beyzutragen, keines wegs underlaßen wolte.

20
Bremen. Man könne aus deme, was der herren Kayserlichen vortrag gewe-
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sen , das facit ihrer intention leicht machen. Er seye an seinem orth mit dem
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vorhaben, daß denenselben einige antwort zu hinderbringen, weiln son-
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derlich der respect gegen Ihre Kayserliche Majestät solches erfordern wolle,
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gantz einig. Conformire sich nicht weniger auch quoad formam mit demjeni-
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gen , was dem stättcollegio am vorständigsten sein möge. Und in specie mit
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Regenspurg, Colmar und Nürnberg.

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Lindau. Nächst vorgehender danckhsagung für abgefaßte und verlesene
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relation bitte er, selbige ohnbeschwerdt ad dictaturam kommen zu laßen; die
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proponirte frag aber betreffend, könne er auch nicht rathsam erachten, daß
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man sich in weitläuffige antwort einlaßen, sondern es biß zur gesambten
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evangelischen consultation versparen solle. Weiln aber gleichwohl respects
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halben etwas geschehen müße, köndte nicht schaden, wann man generaliter
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und nervose berühren und beantwortten thete, warumb bey dem verhandel-
34
ten zu verbleiben. Wollen sie hernach ad speciem kommen, würde denen
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herren Kayserlichen, wann ihnen bey einem und anderem particulari die
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rationes in contrarium beygebracht werden solten, nicht allein zur infor-
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mation dienen, sondern auch in deme, was insgesambt hiernächst zu hinder-
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bringen , eine mühe ersparet werden. Wolle aber dem löblichen directorio
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den modum überlaßen haben.

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Herr Director . Er laße, was der herren Kayserlichen intention, in deme sie
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der evangelischen stätt deputirten einen so weitläuffigen vortrag gethan,
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gewesen seye, an seinen orth gestellt verbleiben. Es werde aber zweiffelsfrey

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1
ein jeder vernünfftiger, selbige auß bißherigen tractaten ohn weitteres hin-
2
derdenckhen leichtlich ersinnen und abmerckhen können. Weiln es nun ffau auff
3
deme, daß man denen herren Kayserlichen eine antwortt widerfahren laße,
4
beruhe, er auch bey der proposition guther maßen angezeigt, auß was
5
ursachen sich mit denen herren Kayserlichen super materialibus in einige
6
contestation und disputat einzulaßen, nicht räthlich scheinen wolle, nemb-
7
lich , weiln daßelbe 1. gantz vergeblich und unbesorgt bey ihnen sein, 2. der
8
stätt remonstrationes keinen nachtruckh haben, sondern mehr ohnwillen
9
alß favor causiren, die Schwedische 3. durch changirung des modi tractandi
10
extreme offendirt und 4. die herren fürstlichen durch solche separation
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veranlaßt werden dörfften, die hand von den stätten ebenmäßig abzuziehen
12
und sie auff eigenen beinen tantzen zu laßen. Alß habe er nicht gezweiffelt, es
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werden der herren abgesandten gedanckhen auch dahin gehen, daß man das
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hauptwerckh biß zur gesamten der evangelischen deliberation außstellen
15
und sich anietzo nur, wie die herren Kayserlichen eventualiter zu beantwort-
16
ten sein möchten, miteinander vergleichen solte. Und demnach dafür
17
gehalten, daß in der antwortt gegen die herren Kayserlichen allein genera-
18
liter zu gehen und ihnen anzudeutten sein werde, daß übrigen herren collegis
19
von deme, so in jüngstem vortrag eingeloffen, umbständliche relation ge-
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schehen seye. Die bedanckheten sich nun zuvorderist sampt und sonders,
21
sowohl gegen ihre excellenzen für so zeitlich und außführlich erstatteten
22
bericht von dem zustandt der tractaten alß auch gegen Ihre Kayserliche
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Majestät wegen deroselben zu dem corpore civitatum tragenden allergne-
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digsten propension, sorgfalt und beschehenes anerbieten, nemblich nicht
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allein bey noch wehrenden tractaten mitt allem fleiß dahin zu trachten, daß
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durch zuruckhlaßung einiges schädlichen samens, den außwertigen cronen
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zu erwürckhung erwöckhung neuer ohnruhe kein anlaß gegeben werde, sondern auch nach
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gemachtem fridensschluß daran zu sein, daß die stätt bey ihren rechten, frey-
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heitten und herkommen ohnturbirt verbleiben und der commercien ohnge-
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hindert gebrauchen mögen. Erinnerten sich daneben wohl, daß in einem und
31
anderen puncten ihren desideriis statt gegeben worden, erkenneten daßel
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bige auch mit schuldigem hohen danckh. Demnach sie sich aber in puncto
33
amnistiae et gravaminum bey einer und anderer differenz annoch sowohl
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materialiter alß formaliter starckh interessirt befinden, alß wolten sie under
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thänig dienstlich gebetten haben, selbige gleicher gestalt in guthem recom-
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mendat zu halten und nicht geschehen zu laßen, daß ihnen einiges praejudi-
37
cium sive directo sive per indirectum zugezogen werde. Soviel demnach
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communicirte differentias belange, seye es zwar an deme, daß die evangeli-
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schen stätt bey denen in puncto amnistiae noch streittigen 4 puncten particu-
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lariter nicht interessirt, sie erinnerten sich aber auß letzt übergebenen decla-
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rationibus dagegen, daß sie sich mit und neben denen herren fürstlichen
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dahin bereits erbotten, zum fall sich fernere difficulteten bey den außgesetz
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ten puncten eräugen solten, gesambter hand dahin zu trachten, daß denen-
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selben ihre abhelffliche mas gegeben werden möge. Von welcher gesambten

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1
resolution einseittig außzusetzen und bißherigen methodum tractandi, zu-
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mahln in sachen, welche die höhere allein touchiren, zu verkehren, ihnen
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nicht anstehen und geziemen wolle und zwar umb so viel weniger, weiln die
4
absonderung von keinem verfang und würckhung sein würdte, zumahln,
5
nachdem der herren catholischen schrifftliche gegenerklärungen denen sampt-
6
lichen evangelischen gesandten zu handen gelieffert worden

42
Ausgeliefert am 24. Januar 1648 ( Druck Meiern IV S. 925–930 ).
. Seyen aber
7
dabey des anerbietens, bey bevorstehender consultation ihres orths dahin zu
8
stimmen, daß vormahls in schrifften beschehe beschehene offerten in der that erfolgen
9
mögen.

10
Was aber den punctum gravaminum betreffe, versehen sie sich nochmahlen,
11
es werden die herren catholischen in erwegung, daß in denen stückhen,
12
darinnen beede parthen miteinander einig, keine formalacceptation von
13
nöthen gewesen seye, sondern die natura conventionis mutuae von selbsten
14
mit sich bringe, daß es sein ohngeändertes bewenden dabey behalten solle, in
15
substantialibus einige innovationes zu beharren, nicht gesinnet sein. Wofern
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aber in formalibus dem werckh durch beßere erleutterung zu helffen, werde
17
sich niemand dabey schwär machen, sondern ein jeder gern darzu verstehen,
18
zumahl auch in denen zu fernerer handlung außgestelten puncten sich der-
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gestalt erfinden laßen, damit das fridensgeschäfft dadurch nicht remoriret,
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weniger gar auffgestoßen werde. Weiln im übrigen bekandt, daß von zeitten
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des religionsfridens an die gravamina evangelicorum je und allewegen ohn-
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zertrennter hand urgiret und geführet worden, die separatio auch dißorts
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mehr ohneinigkeit, diffidenz und auffenthalt gebären, dann zu befürderung
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des fridens dienen würde, alß werden die herren Kayserlichen verhoffentlich
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nicht übel nemen, daß die evangelische stätt in solchem glaiß annoch ohn
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außgesetzt fortgehen und solang continuiren, biß dem gleichsam zusammen
27
verknüpften werckh sein vollständige und endliche erledigung gegeben sein
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werde. Zu deßen beschleunigung nicht wenig contribuiren würde, wann die
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herren Kayserlichen ihnen beliben laßen wolten, denen herren catholischen
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(deren extradirte gegenerclärungen sich der gefaßten zuversicht gantz zu-
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gegen eingericht befinden) beweglich zuzusprechen, daß sie dem disputiren,
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libelliren und tergiversiren ein ende machen, ihre mitt wortten öffters con-
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testirte fridensbegierdt realiter erweisen und dadurch mehrers blutstürtzen,
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landtverderben und ohngemach verhüten helffen wollen, mit angehängter
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gewohnlicher recommendation.

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Conclusum. Man solle zwar denen herren Kayserlichen auff ihren der evan-
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gelischen stätt deputirten jüngstbeschehenen weittläuffigen vortrag wider-
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um eine antwortt hinderbringen, in derselben aber quoad materialia in gene-
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ralibus verbleiben und übriges zu der evangelischen gesambten consultation
40
versparen. Solte es aber auff der herren Kayserlichen veranlaßen auch adparticularia kommen, köndten ihnen die rationes, so ein oder anderer theil

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1
bey seinen desiderien führe, cum protestatione und ohnverfänglich der Inter-
2
essenten zu gemüth geführet werden.

3
Ist diesem nach alsobaldt bey denen herren Kayserlichen um audienz gebüh
4
render maßen angelangt und dieselbe auff 9 uhren volgenden tags ertheilt
5
und bewilliget worden.

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