Acta Pacis Westphalicae II C 4,2 : Die Schwedischen Korrespondenzen, Band 4, 2. Teil: 1648-1649 / Wilhelm Kohl unter Mitarbeit von Paul Nachtsheim
567. Pfalzgraf Carl Gustav an Königin Christina Minden 1649 Februar 28/März 10
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Minden 1649 Februar 28/März 10
Ausf.: DG 16 fol. 167–171’; Eingangsvermerk Stockholm 1649 März 15/25.
Bei einer Abordnung schwedischer Truppen zur französischen Armee zu bedenkende Schwierig-
keiten . Abhandlung der Exekutionspunkte in Münster. Notwendigkeit, alle in der Exekutionsord-
nung vorgesehenen Bedingungen erfüllt zu sehen, bevor an die Abdankung der Soldateska und
Räumung der Plätze zu denken ist. Vorbereitung einer Konferenz der beiderseitigen Generalität
in Nürnberg zur Regelung des Exekutionsverfahrens, da dessen weitere Behandlung in Münster
angesichts des unerträglichen Verhaltens der Reichsstände nicht angebracht erscheint. Schwierig-
keiten bei der Durchführung der königlichen Weisung, den Austausch der Ratifikationen erst
dann vorzunehmen, wenn die Reichsstände 18 Tonnen Gold in bar und 12 Tonnen an Sicher-
heiten entrichtet haben. Allgemeines Drängen der Stände auf Erleichterung der Quartier- und
Fouragelasten. Persönliche Aufträge des Pfalzgrafen an Salvius, der die Rückreise nach Schweden
antritt.
Euer Königlichen Majestät hab ich nicht alleine unterm 20. dieses, welcherge-
stalt eben selbigen tages der herren legaten ankunfft dieses orths gewertig
gewesen, gehorsambst berichtet, sondern auch folgents unterm 22. huius
durch mein demütiges handtschreiben undt einen der post bis auff Hamburg
nachgeschickten expressen derselben anlangung undt was bey der ersten con-
ference sowohl wegen des frieden undt executionswercks als der von Franck-
reich gesuchten assistence halber vorgefallen, in unterthänigkeit communici-
ret . Seithero sein die conferencen mit erstwohlberührten herrn legaten täglich
continuiret undt alles der notturfft undt ümbständen nach fleißig überleget,
auch fürerst auf des Frantzösischen residenten monsieur d’Avangours instän-
diges anhalten undt mit der herrn legaten gutbefinden undt einrathen wegen
erstberührter assistence interimsweise undt bis Euer Königlicher Majestät
gnädigster will undt ordre mir zukommen kan, eine dergleichen resolution
gefaßet worden, wie Euer Königlichen Majestät ab hierbey sub littera A ge-
legten abschrifft der ordre, so der herr feldmarschall Wrangell dieserwegen
an den herrn generallieutenant Duglas abgelaßen, mit mehrem gnädigst zu
ersehen geruhen wolle. Gleichwie nun Euer Königlichen Majestät gnädigen
willen undt ordre, was sie bey gegenwertigen zustandt in Franckreich undt
wegen der von selbigen könige desiderirenden würcklichen assistence (worzu
weder ich noch die herrn legaten, unangesehen wir diese angelegenheit aufs
fleißigste überleget, Euer Königlicher Majestät ab- oder zurathen können,
sondern dergleichen Euer Königlichen Majestät selbsteignen dijudication an-
heimstellen müßen) gnädigst zu resolviren gemeinet, mit verlangen erwahrte.
Also habe auch nur bloß dieses hierbey in unterthänigkeit erinnern wollen,
daß, auf den fall Euer Königliche Majestät zu einer kräfftigern assistence gnä-
digst resolviren solten, vor allen dingen die höchste nothwendigkeit seyn
will, auff mittel bedacht zu seyn, wordurch die soldatesque hierzu obligiret
undt willig gemachet werden könte. Nachdemahln bey itziger der sachen be-
wandnüs , undt da sie vermöge des geschloßen und bereits ratificirten frieden
des Teuzschen krieges endtschafft und ehist anhand nehmende abdanckung
vermuthen undt gewertig seyn, dieselben ohne erkleckliche geldmittel zu
einer neuen employ schwehrlich zu bringen seyn dürfften.
Inzwischen hab ich von dem könige undt cardinal in Franckreich mir zuge-
kommene undt vor 8 tagen gehorsambst eingeschickte schreiben dergestalt
beantworttet, wie Euer Königlichen Majestät ab denen abschrifften sub litte-
ris B et C sich mit mehrem in unterthänigkeit vortragen laßen wollen.
In was terminis sonst das friedenswerck nach vorhergangener commutation
der ratificationen derzeit beruhet undt welchergestalt die Reichsstände in-
ständig darauff dringen, daß zu der sachen vermeintlichen beförderung die
vorhin zu der generalitet verwiesene executionshandlung zu Münster ange-
stellet undt abgerichtet werden möchte, imgleichen, was dieserwegen bey den
hiesigen orths gepflogenen unterschiedlichen conferencen vorgekommen
undt für gut angesehen worden, solches alles werden zwar Euer Königlichen
Majestät sonder zweiffel mehrberührte herrn legaten mit mehrem gehor-
sambst zu hinterbringen ihre obliegenheit seyn laßen, nichtsdestoweniger
aber hab Euer Königlichen Majestät ich auch davon etzlichermaßen in unter-
thänigkeit bericht geben undt zufürterst sub littera D gehorsahmlich ein-
schicken sollen, was obberührter Reichsstände in Münster versamblete ge-
sandt - undt bottschafften neulich an mich abgegeben undt welchergestalt sie
die abrichtung der noch übrigen executionspuncten zu Münster anzustellen,
undt daß ich zu dem ende mich in dieser gegend etwas auffhalten möchte,
nicht allein inständig begehret, sondern auch zugleich einen zwischen ihnen
undt den keyserlichen gesandten bereits verglichenen modum exauctorandi,
undt welchen sie billig undt practicabel zu seyn vermeinten, überschicket,
umb solchen allerdings einzufolgen. Allß ich mich nun der von Euer König-
lichen Majestät zu unterschiedlichen mahlen undt unter andern noch neulich
in dero bey jüngster post sub dato den 3. dieses mir zugekommenen gnädigen
schreiben wiederhohlten ordre nemblich, daß ehe undt bevor all dasjenige, so
ex capite amnistiae et gravaminum zu restituiren gebührete, allerdings werck-
stellig gemacht undt die für Euer Königlichen Majestät soldatesque bewilligte
satisfactiongelder beysammen wehren, ich mich weder ad exauctorationem
militum noch ad restitutionem locorum verstehen solte, schuldigstermaßen
erinnert, auch solche ordres den herrn legaten in originali communiciret, hin-
gegen aber ab der bisherigen erfahrenheit zu verspühren gewesen, wie gar
träg- undt schlafferig es diese zeit hero mit ersterzehlten restitutionibus zuge-
gangen undt daß bis dato hierunter das wenigste praestiret worden, so ist
nicht alleine für gut befunden worden, ersterwehntes der stände schreiben,
nach inhalt der sub littera E hierbey gefügten abschrifft, außführlich zu be-
antwortten undt ihnen unter andern insonderheit zu remonstriren, auß was
erheblichen uhrsachen solchem überschickten modo so wenig einzufolgen als
die bereits vermöge der hiebevor verglichenen executions-ordtnung zu aller-
seits generalitet remittirter handlung in Münster anzustellen seyn, noch wir
unß zu solchem ende hierunten auffhalten könten, sondern ich habe mir auch
gefallen laßen, daß der herr graff Oxenstirn sich wieder nach Oßnabrüg be-
geben undt es dahin richten helffen möchte, daß diejenigen sachen, so ver-
möge des schlußes ante commutationem ratificationum billig hetten außgeü-
bet werden sollen, fürterligst zu werck gerichtet, bevorab aber die restituendi
fürterligst zu dem ihrigen verholffen undt also Euer Königlicher Majestät
hochlöbliche intention nicht weniger erreichet, als dero ergangenen gnädigen
ordres schuldigstermaßen nachgelebet, auch sodann zu der von den ständen
so inständig begehrenden exauctoration undt restitution geschritten werden
möge. Allermaßen denn itzwohlberührtem herrn legaten solche angelegen-
heit auff maß undt weise, wie dergleichen in vorberührtem an die stände ab-
gelaßenen andtworttschreiben angeführet, aufs beste recommendiret habe,
auch der gehorsahmen zuversicht lebe, Euer Königliche Majestät sich solches
nicht alleine gnädig gefallen laßen, sondern auch, weiln von nöthen seyn will,
Euer Königlicher Majestät fernere gnädigste intention zu wißen, undt ab den
vorigen ordres gemees zu keiner exauctoration undt evacuation, ehe undt be-
vor alle restitutiones ergangen, geschritten, oder ob auff der stände inständi-
ges anhalten, gegen anderweitige gnugsahme versicherung undt etwa in hän-
den laßende öhrter (welches sonst zur verzügerung nur dienen undt meines
theils nicht für rathsamb gehalten werden dürffte) mit der abdanckung undt
evacuation der plätze, unangesehen wegen etzlicher geringern stände restitu-
tion es noch hafften wolte, ein anfang gemacht werden soll, mir dieserwegen
dero gnädigsten willen fürterligst zukommen laßen gefallen tragen werden,
gestalt denn Euer Königlichen Majestät sowohl desfals, als auch daß mehrbe-
rührtem herrn graff Oxenstirn die völlige abrichtung desjenigen, so ante
commutationem ratificationum werckstellig gemachet werden sollen, inson-
derheit aber ex capite amnistiae et gravaminum annoch zu restituiren gebüh-
ret , gnädig committiret, auch dabeneben der donatarien angelegenheit, undt
daß denenselben wegen ihrer aufgewandten sumtuum meloriationis, sonder-
lich des auff die güter gebrachten viehes, saat undt eingeerndten getreidichts,
sambt nothwendiger baukosten, abtrettung der güter, einige billige Wiederer-
stattung beschehen undt also die officirer, welche solche güther bishero pos-
sidiret , ihre darinn gesteckten mittel nicht zu verkürtzen gnädigst recommen-
diret werde möge, in unterthänigkeit ersuche.
Was aber die abhandelung der exauctoration undt evacuation betrifft, so habe
ich nebst dem, daß solche handlung bereits einmahl an die sämbtliche gene-
ralitet verwiesen undt zu Prage schon incaminiret worden, auch solchem
nach noch neulich die veranlaßung beschehen, daß in der gegend Nürnbergk
allerseits generalitet, als von welchen dergleichen eigentlich dependiren undt
denen am besten bekant ist, wie ein undt anders füglich undt sicherst anzu-
stellen seyn will, mit dem ehisten zusammenkommen undt desfals vergleich
treffen werden, nicht unzeitig bedencken getragen, selbige beyde puncten zu
Münster abhandlen zu laßen. Nachdemahln zum theill auß dem bißherigen
verlauff der sachen zur gnüge bekant undt sonsten vermercket worden, wie
die stände keine raison, so etwa behueff des oder jenen puncts angeführet
werden könte, bey ihnen gelten laßen, sondern getrieben auß privataffecten,
durch irraisonabels undt importunes begehren durchzutringen undt gleich-
sahm der generalitet leges zu praescribiren vermeinen, wordurch denn, undt
da man sich zu solchen nicht alsfort verstehen will noch kan, sie leicht insge-
sambt desgoustiret werden dürfften. Zudeme hab ich mich auch dieserends
nicht so lange, bis das solche handlung außzuführen gestanden, auffhalten
können, sonder, weilln mit den officirern wegen der abdanckung undt bezah-
lung annoch kein abrede oder richtigkeit getroffen worden, für hochnoth-
wendig befunden, mich je ehe je lieber wieder hinauff zu begeben undt deß-
fals die notturfft zu incaminiren. Lebe also der unterthänigsten zuversicht,
Euer Königliche Majestät solches gnädig vermercken undt vorerzehlte uhrsa-
chen für erheblich erkennen werden.
Sonsten habe auß vorerwehntem Euer Königlichen Majestät lezten gnädigen
schreiben unter andern ersehen, wasmaßen Euer Königliche Majestät die
herrn legaten dahin gnädig beordret zu haben vermeinen, daß sie zu auß-
wechßelung der ratificationen nicht ehe schreiten solten, bis zum wenigsten
die 18 tonnen goldes bahr erleget undt wegen der assignationen auff die 12
übrige richtigkeit gemachet worden. Gleichwie aber offtberührte herrn lega-
ten , nachdeme mit ihnen daraus communiciret, mir mit umbständen gere-
monstriret , welchergestalt solches so wenig zu practiciren oder zu erhalten
gewesen, als dergleichen dem instrumento pacis gemees oder inkrafft des
schlußes gepraetendiret werden können, also habe auch Euer Königlicher
Majestät in unterthänigkeit fürstellen sollen, wie das allem ansehen nach we-
gen aufbring- undt erlegung solcher gelder es noch zimliche difficulteten ab-
geben wirdt, indeme die obercreyße mit ihrem contingent bey habender ein-
quartierung schwerlich werden auffkommen können, undt hingegen die un-
tercreyße kein geld, so zu abdanckung der in den obercreyßen stehenden völ-
ckern employret werden undt also selbigen creyßen in etwas lufft undt gele-
genheit zu beybringung ihres antheills zu machen seyn könte, herausgeben,
sondern mit der zahlung bis in ihren (den untercreyßen) zur abdanckung ge-
schritten wir anstehen wollen. Zudem will man sich auch an seiten der stände
mit der hoffnung flattiren, es werde ihnen an dem ersten termin auff etzliche
100 000 Reichstaler dilation gegönnet undt desfals der durch die einquartie-
rung gravirten stände unvermögen angesehen werden.
Hienegst stelle Euer Königlichen Majestät gnädigsten willen anheim, ob auch
wegen der übrigen beyden millionen, so erst nach verfließung zweyer jahren
abgetragen werden sollen, außerhalb der in dem instrumento pacis eingeführ-
ten condition nach einiger anderwertigen versicherung sich umbzuthun undt
desfals einige plätze in Euer Königlichen Majestät devotion bis zu der erfol-
genden außzahlung zu behalten vonnöthen seyn will. Wesfalls Euer Königli-
chen Majestät gnädigen resolution mit negstem erwarthen undt selbiger ge-
bührend nachleben werden .
Im übrigen gebe Euer Königlichen Majestät vermittelst der sub littera F bey-
gefügten abschrifft gehorsambst zu vernehmen, mit was für nachdencklichen
schreiben der churfürst zu Sachßen den obersten Gersdorff
abgefertiget hat.
Ingleichen ist auß der sub littera G mitkommenden copia zu vernehmen, wie
undt welchergestalt sich der churfürst zu Trier wegen der einquartierung zu
eximiren vermeinet. Außer diesem sein unterschiedlicher fürsten undt stände
gesandten alhier angelanget, so insgesambt wegen der armeen einlogier- undt
verpflegung quaeruliren undt die fürterligste abführung aufs höchste urgiren.
Das also, an welchen orth ich mich auch befinde, mit allerhandt beschwer-
undt lamentationen umbgeben, auch dahero undt umb den ständen in etwas
die last zu mildern, auff dero inständiges anhalten veranlaßet werde, mit ehi-
stem nicht alleine einige regimenter zu reduciren undt etzliche officirer abzu-
dancken , sondern auch wegen abschaffung der unnöthigen bagage ordre er-
gehen zu laßen. Durch welches mittel denn die stände in etwas erleichterung
empfinden können undt dennoch die milice bis zu Euer Königlicher Majestät
gnädigen ordre in vollem stande verbleiben wirdt.
Sobaldt nun die herrn legaten wieder abgereiset seyn werden, welches denn
heut oder morgen geschehen dürffte, indeme herr graff Oxenstirn vorer-
wehntermaßen wieder nach Oßnabrügk, herr Salvius aber seine reise auff
Hamburg undt ferner zu Euer Königlichen Majestät fortsetzen wirdt, ver-
meine ich auch mich von hinnen den geradesten weg nach Schweinfurt zu
begeben, damit also, wenn die andere generaliteten zu vorberührter handlung
sich der stadt Nürnberg nähern, ich auch bey der hand seyn möge.
Schließlich habe bey Euer Königlichen Majestät in unterthänigkeit excusiren
undt danebst gehorsambst bitten sollen, nicht in ungnaden zu vermercken,
daß der herr legat Salvius wegen sublevation einiger mir obliegenden be-
schwer nicht alleine dieses orths etliche tage länger, als er vermuthet oder den
willen gehabt, auffgehalten worden, sondern auch, da derselbe auß jetzer-
zehlter uhrsache eine geringe zeit in Hamburg zu subsistiren veranlaßet wer-
den dürffte. Zumahln da doch wegen itzigen jahreszeit undt seiner anhalten-
den leibsindisposition numehr unmüglich fallen will, daß Euer Königlicher
Majestät gnädigen ordre zufolge er so eilen undt vor endigung des reichstages
hienein zu kommen vermag.
A: 172–172’ Befehl Wrangels an Generalleutnant Douglas. Minden 1649 Februar 24/März 6
B: 173 Pfalzgraf Carl Gustav an den König von Frankreich. Minden 1649 März 7 n. St.
C: 174 Derselbe an den Kardinal Mazarin. Datum wie vor
D: 175–177 Die Gesandten der Reichsstände an Pfalzgraf Carl Gustav. Münster 1649 März 1