Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen Gesandten und der Deputierten des Kurkollegs Osnabrück 1645 Mai 30
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Osnabrück 1645 Mai 30
DLöben I fol. 44’–45’ = Druckvorlage. Vgl. Kurmainz zA FrA Fasz. 7 [ 4 ] nr. 59
( Relation Kurmainz/Osnabrück an Wartenberg, Osnabrück 1645 VI 1) .
Schwedische Proposition gegen freies Geleit für Mediatstände unter gewissen Bedingungen. Kur-
brandenburgs Haltung bezüglich des salvus conductus für Stralsund. Frankreichs Haltung zur
vergleittungh der Mediatstände.
Im Quartier des Grafen Lamberg. Vertreten: kaiserliche Gesandte (Krane), Kurmainz, Kur-
brandenburg (Loben).
Loben fährt umb 8 uhr zu den ksl. Gesandten, woeselbsten sich die Chur-
meintzischen auch eingefunden. D. Craan proponirte, wier wüsten unß
zu erinnern, daß wier unlängst uber unß genommen, zu den hern Schwe-
dischen legatis zu fharen undt von ihnen zu vernhemen, ob sie nicht mitt
der proposition herfürkommen wollten, auch in eventum durch gewiß
unß eröffnete motiven dazu zu disponiren. Dieweiln sie nun vernemen,
daß anheutten die conferentz mitt den hern Schwedischen gehalten werden
solle, so hetten sie unß noch etwas zur sache dienliches zu hintterbringen
nöttigk befunden. Es were nemblich her D. Lampadius, fürstlich Braun-
schweigischer abgesanther, bey ihnen gewesen undt hett vor sein particu-
lier berichtedt, daß seine gnedigste heren principalen gar wohl leiden
könten, daß alle stände, ja ihre untterthanen sogar bis auff die pauren
möchten anhero begleittedt werden;
digedt , warumb sie ihme nicht im nhamen der gesambten anwhesenden
fürsten und stätte gesanthen audientz geben können, hette er geantworttedt,
daß auch die fürstliche sowhol der reichsstätte hiero anwhesende abge-
santhe alle seiner meinungk weren. Undt er hette nebenst dem Straßburgi-
schen abgeordneten eben diß von ihnen allerseits in commissione gehabt,
den hern Kayserlichen zu hintterbringen, waß er in particulari sich kegen
sie albereitt erklerdt, nemblich, daß sie alle mitt vergleitungk der mediat-
stände whol zufrieden
9 weren] In Kurmainz zA zusätzlich: Sie wollen die vergleitung in genere auff alle
und iede mediatos iedoch dergestalt einräumen, daß sie an ihrem orth nit berühren,
auch weder einem noch dem andern theil beyfall geben wolten, ob solche vergleitung
in vim praeliminaris conclusi einzuewilligen seye oder nit.
daß die hern Churcöllnischen undt Churbeyerischen, da nicht gleicher,
doch fast eben der meinungk weren, daß, do die Schwedischen mitt der
statt Stralsundt nicht allein aynigk sein wolten, daß man derer mediat-
stände noch mher vermöge einer gewissen consignation undt sub certis
supra scriptis conditionibus anhero vergleitten solle, die fürstliche undt
stättische gesandte sich auch dahin erkleredt, daß mann ohne untterschiedt
alle mediatstände vergleitten solle,
16–23 so – solle] In Kurmainz zA bezeichnet Krane diesen Vorschlag – nach dem
Zugeständnis Stralsund und der Forderung nach specification weiterer zu geleitender Mediat-
stände – als dritten der gradus des Entgegenkommens, die in Münster zwischen den ksl. und
kurfürstlichen Gesandten vor guth angesehen. Entsprechend fehlt 10–11 daß – weren].
schläge nicht verfangen wolten, mann könne in genere in die vergleittungk
dergestalt willigen, daß ein gewisser salvus conductus begriffen undt des
praeliminarschlusses mitt keinen wortt gedacht, derselbe iedoch in infini-
tum nicht verstanden würde undt mitt diesem außdrücklichen vorbehalt
und bedingungk, daß, wan solche salvus conductus gewilligedt, würde
auch zugleich die proposition außgestelledt, gar nicht länger zurükgehalten,
undt also pari passu gehandelt werden solle. Verhoffeten, dergestalt würden
die hern Schweden können zufrieden sein oder zu erkennen geben, daß sie
keine lust zum frieden hetten.
hatten, mitt dem vorschlagk, iedoch daß der statt Stralsundt wegen keine
separation von andern churfürsten undt ständen verstanden werden,
sondern die statt von diesen streittigen dingen außgezogen verbleiben
solle, allerdinges einigk. Die hern Meintzischen aber endtschuldigten sich
defectu mandati undt sagten, sie könten sich in materialibus nicht einlassen.
Die Churcöllnischen undt -beyerischen betten außdrücklich gesagedt, sie
solten in die vergleittungk nicht willigen, auch schnurstraks bloß bey der
statt Stralsundt oder do die hern Schweden damitt nicht friedlich sein
wolten, noch auff andere 2 oder 3 stätte mher mitt vorigen conditionibus
bestehen, wegen einiger specification aber nichts
mann wolle sie nicht verdencken, sie erinnerten sich der in hoc passu nebenß
mier ubernommenen interposition, die solle auch heutten zum effect
bracht werden, aber alleine würden sie in terminis generalibus verbleiben
undt die hern Schweden versuchen zu disponiren, damitt sie die proposition
cum reservato iuris ediren möchten, undt dazu allerhandt persuasoria
gebrauchen,
nach diese sache wieder vornehmen undt nicht ehender zu den tractaten
schreitten dörffen, dieser punctus were dan zuvor erörtert.
Sie Keyserliche fhielen diesem letzten anhangk also redt ab undt sagten, es
were besser, daß sie cum protestatione proponirten undt diesen streitt
der vergleittungk liegen lissen. Verwunderten sich, daß die Churbeyeri-
schen undt -cöllnischen abgesandten anders kegen die Churmeintzischen
geredet, alß sie zu Münster kegen die Keyserliche vernhemen lassen; lisse
es dahingestelledt sein. Undt möchte man ausser gedachtem anhank whol
in genere bey den hern Schweden proponiren, umb zu versuchen, ob mann
die proposition heraußbringen könne. Untter anderen könne man auch pro
exemplo anfhüren, daß die Franzosen zu Münster eben so ein generalem
salvum conductum undt praeliminarschluß wie die hern Schweden vor
sich hetten undt gleichwohl auff die vergleittungk der mediatstände nicht
dringen thätten, sondern sich mitt der deputation vergnügen lassen,
hielten auch, do sie es begereten, daß es ihrer cron verkleinerlich fallen
würde; so hoffete man, die hern Schweden würden auch auff ihrer opinion
alleine nicht so gar bestehen, sondern ad exemplum der hern Franzosen
endtlich in diesem passu condescendiren, inmassen sie auch vor diesem
mitt der proposition, sobaldt churfürsten undt stände durch ihre gesantt-
schafften erscheinen würden, welches nun geschehen were, zu verfharen mit-
tels eins schreibens an die Keyserliche abgesanthe versprochen. Also wha-
ren die hern Churmeintzischen ursachere, daß man vor dißmal nicht weitter
kommen könen, sondern must dabey verbleiben, daß man den hern Schwe-
dischen die proposition in genere anmhutten undt sie durch persuasoria
dazu zu disponiren versuchen solle.