Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
136. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XLI) Osnabrück 1647 Mai 22/Juni 1

2

Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XLI)


3
Osnabrück 1647 Mai 22/Juni 1

27
Diktiert 1647 V 25/VI 4.

4
Braunschweig-Calenberg B I fol. 444–449’, 452 (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
5
Durlach A I fol. 455’–461’, Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 413–415’ (unvollständig

28
Endet nach dem Votum Brandenburg-Ansbachs.
),
6
Braunschweig-Celle A I fol. 133–142’, Braunschweig-Wolfenbüttel B I fol. 370–377,
7
Braunschweig-Wolfenbüttel C I fol. 456–463, Hessen-Kassel A XIII fol. 471–476’,
8
Pommern A I fol. 535–540, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 465–469, Sachsen-Gotha B
9
II fol. 102–108’ und 110–113, Sachsen-Lauenburg B S. 902–913, Grafen von Schwarz-
10
burg
A I fol. 370–375, Magdeburg E fol. 570–579, Magdeburg Ea fol. 662–667’, Wet-
11
terauer
Grafen ( Nassau-Dillenburg) C 2 fol. 130–135’, Wetterauer Grafen ( Nas-
12
sau
-Saarbrücken) A III 4 fol. 322–327’, Württemberg A I S. 913–924, Würzburg A I
13
1 fol. 281’–289, Druck: Meiern V, 299–303; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol.,
14
Magdeburg D fol. 345–349’ (Mitschrift).

15
Beratungsvorlage: Schreiben des RKG von 1647 V 18 mit einer Beilage

29
An die Reichskurien. Text, diktiert Osnabrück 1647 V 31 durch Kurmainz: HHStA MEA
30
FrA Fasz. 17 [2] unfol., Druck (fehlerhaft, s. Anm. 5): Meiern V, 297 f. KFR und SRO
31
berieten gleichzeitig darüber ( APW III A 1/1 Nr. 119; III A 6 Nr. 109). Inhalt: Beschwerde
32
über die Nichtbeantwortung seines Schreibens von 1647 III 6/16 (s. Anm. 5) und über die
33
niedrigen Zahlungen der Rst. auf der Frankfurter Frühjahrsmesse; Bitte um Abwendung
34
der drohenden Auflösung des RKG durch ordentliche oder ao. Mittel und um unverzügliche
35
Abgabe einer Erklärung darüber. Dazu Beilage A: Verzeichnis der RKG -Einnahmen in
36
Frankfurt während der dortigen Frühjahrsmesse 1647 sowie in den Legstädten Nürnberg
37
und Augsburg; Text, s. l., s. d., diktiert Osnabrück 1647 V 31 durch Kurmainz: Meiern V,
298f . Zur Frankfurter Frühjahrsmesse 1647 s. [Nr. 130 Anm. 40] . – Eine weitere, hier nicht
39
erwähnte „Legstadt“ zur Hinterlegung des Kammerzielers war Leipzig; auch Regensburg
40
hatte diese Funktion, doch bevorzugten die meisten Rst. Frankfurt (s. Schomburg, 228f.;
41
Götte, 20).
.

16
Suche nach effektiver Hilfe für das durch Geldmangel in seiner Existenz bedrohte RKG .

17
Eine Umfrage sowie Bericht über ein Nassau-Saarbrücker Depositum beim RKG und Bitte
18
um Aufrechnung desselben gegen die Zahlungsrückstände Nassau-Saarbrückens.

19
Mehrheitsbeschluß: Zahlung von drei Kammerzielern auf der kommenden Frankfurter
20
Herbstmesse zur Tilgung der Rückstände, doch Forderung nach Rücksichtnahme auf zah-
21
lungsunfähige
Reichsstände und nach Aufrechnung verwendeter Deposita, wie von Nassau-
22
Saarbrücken gebeten.

23
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Salzburg (Direktorium), Bayern, Würzburg,
24
Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach,
25
Brandenburg-Kulmbach, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle (durch Braunschweig-
26
Wolfenbüttel), Braunschweig-Grubenhagen (durch Braunschweig-Wolfenbüttel), Braun-

[p. 250] [scan. 366]


1
schweig-Wolfenbüttel, Braunschweig-Calenberg (durch Braunschweig-Wolfenbüttel), Meck-
2
lenburg-Schwerin

28
Die Votenfolge müßte nach der Alternationsregelung (s. APW III A 3/3 [Nr. 95 Anm. 22] )
29
korrekt lauten: Pommern-Stettin und -Wolgast, Mecklenburg-Schwerin und -Güstrow.
, Mecklenburg-Güstrow, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast, Württem-
3
berg (durch Sachsen-Lauenburg), Sachsen-Lauenburg, Anhalt, Henneberg, Wetterauer Gra-
4
fen, Fränkische Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregi-
5
ster.)

6
Salzburgisches Direktorium. Praemissis praemittendis, sie würden
7
aus deme vorigen tages zur dictatur gebrachten schreiben und beylag erse-
8
hen haben, was das Kayserliche cammergericht zu Speyer an churfürsten,
9
fürsten und stände rähte, potschafften unndt gesanten in sachen, ihren
10
unterhalt betreffend, abermahls

30
Das Schreiben des RKG von 1647 V 18 (Anm. 3) erwähnt eingangs ein unbeantwortet
31
gebliebenes Schreiben von 1647 III 6/16 (s. HHStA MEA FrA Fasz. 17 [2] unfol.; in
32
Meiern V, 297 , mit falschem Datum). Sehr wahrscheinlich ist damit jenes in der FRO -Sit-
33
zung von 1647 III 27 behandelte Schreiben des RKG gemeint, dessen Text nicht ermittelt
34
werden konnte (s. [Nr. 130 Anm. 3] ). Es enthielt die Bitte um Zahlungen für das RKG bei
35
der bevorstehenden Frankfurter Frühjahrsmesse.
beweglich gelangen laßen. Dieweil dan
11
ohnedas vor sich selbst bekand sey, was dem Reich daran gelegen, daß
12
das cammergericht beysammen conserviret und die zertrennung verhüetet
13
werde, so würde bey ihnen allerseits bestehen, sich zu resolviren und ihre
14
gedancken zu eröfnen, wie gemeltem cammergericht würcklich zu helffen
15
und der besorgenden dissolution mit bestande fürzubawen.

16
Salzburg. Soviel sie, die Salzburgischen, betreffe, hetten ihre hochfürstli-
17
che gnaden sub dato den[!] 12. Aprilis st. n. ihnen anfügen laßen, welcher-
18
gestalt des cammergerichts pfenningmeister ihr einen extract der restan-
19
ten überschicket unnd darbey vermeldet, daß das erzstifft Salzburg in
20
allem mehr nicht an alten unnd newen zielern alß deren drey restire

37
Demnach hatte das Est. seit Ende November 1646 Rückstände abbezahlt; denn damals
38
war es neun alte Kammerzieler schuldig gewesen (s. [Nr. 130 Anm. 10] ).
, mit
21
dem anhange, daß, wan dieselben richtig, ihre hochfürstliche gnaden alß-
22
dan mehr nicht als ihre künfftige ordentliche termine zu erlegen schüldig
23
weren, darzu sie dan sonder zweifel stracks verordnung würden gemachet
24
haben. Wie nun dadurch sowol dem newligsten vorschlag

39
Beschluß des FRO von 1647 IV 5 (s. Nr. 132, Ende des Protokolls): Zahlung von drei
40
Kammerzielern zum Abbau der Rückstände.
wegen erlegung
25
dreyer zieler alß auch dem Regenspurgischen reichsabschiedt an ihrer sei-
26
ten ein völliges gnügen geschehen, so sehen sie nochmahls kein anders und
27
beßers mittel, dem cammergericht cum effectu zu helffen, alß wann auch

[p. 251] [scan. 367]


1
andere churfürsten, fürsten und stände dem bemelten Regenspurgischen
2
reichsschluß und erwehnten vorschlag gleichsfals ein gnügen zu thun und
3
das ihrige abzustatten ihnen wolten belieben laßen.

4
Bayern. Hette empfangen unnd verlesen, was das Kayserliche cammer-
5
gericht wegen abgehenden unterhalts und das diese Franckfurter meße so
6

26
6 ein – gefallen] Herzogtum Bayern A I 1: ein schlechtes dem pfennigmeister in die cassa
27
gefallen.
ein gar schlechtes gefallen

28
Der RKG -Pfennigmeister hatte laut Verzeichnis (s. Anm. 3) 2.292,5 Rt. und 32 Kreuzer
29
eingenommen ( Meiern V, 299 ).
, sich beklage, mit nochmahliger protestation,
7
das, wofern ihnen nicht beßer unter die arme gegriffen würde, die herrn
8
adsessores wieder ihren willen ihre functiones verlaßen und sich umb
9
andere dienste undt gelegenheit bewerben müsten. Gleichwie nun ihre
10
churfürstliche durchlaucht nicht dafürhalten, das churfürsten, fürsten und
11
stände dieses gerichte aus mangel des unterhalts gar dissipiren zu laßen
12
werden gemeinet sein, also zweifele er nicht, ihre churfürstliche durch-
13
laucht werde, wan per maiora eine eylende hülffe, etwan uf zwey oder
14
drey zieler, gewilliget würde, ihre zukommende quotam gerne mit beytra-
15
gen. Und hette man sich demnach einer zeit, wie baldt es zu Franckfurth
16
zu zahlen, zu vergleichen, welches dan dem pfenningmeister vorhero zur
17
nachricht angedeutet werden könte.

18
Würzburg. Demnach bekand, daß seit deren dißfals gemachten schlü-
19
ße[!] die kriegsbeschwerden im Fränckischen creyß und insonderheit im
20
stifft Würzburg mehr zu- als abgenommen

30
Im Frühjahr 1647 hatte die schwed. Armee das Hst. Würzburg durchquert (s. Nr. 130
31
Anm. 17). Nachdem Anfang April mehrere schwed. Regimenter im Hst. einquartiert wor-
32
den waren, mußte es am 14. April für einen Schutzbrief 60 000 Rt. zahlen und große
33
Mengen Lebensmittel liefern. Auch die im Dezember 1646 vereinbarte monatliche Kon-
34
tribution von 5000 Rt. mußte weiterhin gezahlt werden ( Theatrum Europaeum V, 1335;
35
Mentz, 32; Arnold, 140).
, so habe man nicht uhrsache,
21
von voriger erinnerung

36
Ermahnung der Rst. , ihre Beiträge zum Unterhalt des RKG zu leisten. Würzburg hatte
37
am 5. April 1647 eine entsprechende Erinnerung Magdeburgs wiederholt (s. Nr. 132 bei
38
Anm. 12 und das anschließende Würzburger Votum).
auszusezen oder zu einer sache sich zu obligiren,
22
so hernach zu praestiren nicht möglich. Wann aber ichtwas per maiora
23
oder dem Salzburgischen oder dem Bayrischen voto nach gewilliget und
24
geschloßen würde, wolte er nicht unterlaßen, sölches unterthenig zu re-
25
feriren, der hofnung, ihre fürstliche gnaden würden nicht ermangeln, was

[p. 252] [scan. 368]


1
immer möglich, mit beyzutragen und die dissolution dadurch verhueten
2
zu helffen.

3
Hierauf fragte das Salzburgische Direktorium , ob jemand wegen
4
Magdeburgk, so verreiset war

22
Krull war am 29. Mai 1647 nach Minden gereist und traf erst am Nachmittag des 1. Juni
23
wieder in Osnabrück ein (s. die entsprechenden Einträge im Magdeburger Diarium sub
24
dato 1647 V 19/29 und V 22/VI 1 in: Magdeburg F VI fol. 670’ und 693).
, das votum hette.

5
Weil aber sich niemandt meldete, folgete Sachsen-Altenburg . Man
6
habe a parte Sachsen Altenburg gleichsfals empfangen und verlesen, was
7
das Kayserliche cammergericht des außenpleibenden unterhalts wegen
8
sich abermahls beschweret. Dieweil aber in sölchem ihren schreiben auch
9
gedacht werde, daß sie gerne uf ihre vorige schreiben resolution und ant-
10
wort haben müchten

25
S. Anm. 5.
, so zweifele er nicht, es würde unterdeß dasiennige,
11
was newligst geschloßen, abgegangen und ihnen zugekommen sein

26
Das Kurmainzer Reichsdirektorium in Münster hatte seine Kollegen in Osnabrück am
27
2. April 1647 um den Entwurf eines Antwortschreibens an das RKG gebeten (s. Nr. 132
28
Anm. 2). Offensichtlich war aber keine Antwort erfolgt (s. Anm. 5).
.

12
Was die izo bittende eylende hülffe betrifft, sey er wie Salzburg, Bay-
13
ern und Würzburg auch der meinung, das in alle wege dahin zu sehen,
14
damit das Kayserliche cammergericht nicht dissipiret werde; derowegen
15
dan, wann per maiora etwan auf zwey ziel der schluß gefiele, würden
16
ihre fürstliche gnaden, ungeachtet der bishero und noch ausgestande-
17
nen kriegesbeschwerungen

29
Nach der Einquartierung schwed. Truppen in Sachsen-Altenburg von Januar bis März
30
1646 begann im Zuge des schwed. Einfalls in Böhmen im Juni 1647 eine weitere Phase
31
unmittelbarer Kriegseinwirkungen, da schwed. Truppen zwischen dem schwed. besetzten
32
Erfurt und Böhmen hin und her zogen und dabei besonders das Saaletal mit Saalfeld und
33
Kahla schädigten ( APW III A 3/3 [Nr. 112 Anm. 46] ; Huschke, 82; Höfer, 74–78; zu den
34
sehr großen und nachhaltigen Schäden im Altenburgischen, vor allem im Saaletal, s. Emig,
35
10).
, sich demselben nicht entziehen etc. Halte
18
aber auch nochmahlß dafür

36
Soweit die Protokolle erkennen lassen, hatte Thumbshirn am 27. März 1647 nicht so votiert
37
(s. Nr. 130). Am 5. April votierte Carpzov für ihn (s. Anm. 132 bei Anm. 15), aber auch
38
nicht im hier angegebenen Sinn.
, das mit sölchen ständen, die notorie vor
19
andern zu sehr mitgenommen worden und also herunterkommen, das sie
20
nichts thun können, ein mitleiden unnd geduldt zu haben. Unndt weil
21
etliche stände praenumeriret

39
praenumeriret bedeutet vorausbezahlt ( Campe II, 542 s. v. Pränumeriren ).
oder sonst abzurechnen und zu compen-

[p. 253] [scan. 369]


1
siren haben, wie unter andern newligst

26
Am 5. April 1647 (s. Nr. 132 bei Anm. 32); zum Depositum Nassau-Saarbrückens beim
27
RKG s. [Nr. 130 Anm. 57] . – Wahrscheinlich hatte Nassau-Saarbrücken das CE um Hilfe
28
in dieser Angelegenheit ersucht, als dessen Sprecher Sachsen-Altenburg (in Abwesenheit
29
Magdeburgs) auftrat.
wegen eines Naßaw Sarbrücki-
2
schen depositi im Wetterawischen voto erwehnung geschehen, erfordere
3
die natürliche pilligkeit, daß deneniennigen in diesen und andern derglei-
4
chen fällen die compensation müße zustatten kommen.

5
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburgk etc.

6
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Gleichergestalt.

7
Brandenburg-Kulmbach. Der herrn cameraln bitten, wie man es
8
dißeits eingenommen, bestehe uf zweyerley: 1. Das sie eine gewierige
9
antwort und resolution uf ihr voriges begeren, unnd dann, 2., würckliche
10
zahlung etc.

11
Ad 1. conformire er sich mit Sachsen Altenburg. Ad 2., die zahlung betref-
12
fend, weren darzu zweyne mittel, dann es müste entweder ordinarie oder
13
extraordinarie geschehen. Soviel das ordinarium betrifft, hette er die nach-
14
richt und resolution erlanget, das von anno

25
14 1641] Herzogtum Bayern A I 1: 1642; Magdeburg D: 1640.
1641 bis 1646 die ordinari
15
zieler alle richtiggemachet und abgetragen

30
Das Verzeichnis des RKG mit den säumigen Rst. n von 1646 XI 29 ( [Nr. 130 Anm. 4] )
31
nennt für Brandenburg(-Kulmbach) und -Ansbach einen Rückstand von je sieben alten
32
und neuen Kammerzielern und damit von insgesamt vierzehn Kammerzielern, was einer
33
Gesamtschuld von 3011 fl. und 2 Kreuzern entsprach ( ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E
34
6 fol. 58).
. Wegen des heurigen were
16
gleichsfals eines zu bezahlen schon anbefohlen gewesen; ob es aber erfol-
17
get, könne er dahero nicht wißen, dieweil immittelst die Schwedischen
18
völcker ihnen übern halß kommen

35
Die schwed. Hauptarmee durchquerte auf ihrem Marsch nach Böhmen im Frühsommer
36
1647 das Mgft. Brandenburg-Kulmbach mit 88 Kompanien Infanterie und 12.000 Reitern
37
( Höfer, 57).
und nebst der großen unsicherheit,
19
da man fast nicht fürs thor sich wagen, geschweig geld über landt schicken
20
dürffen, alles vollents daraufgangen. Wolle aber, wan’s seinem newligsten
21
voto nach

38
S. das bg.-kulmbachische Votum vom 5. April 1647 in Nr. 132.
bey einem ziel verpleibe, nicht zweiffeln, ihr fürstliche gna-
22
den würden daßelbe schon richtigmachen laßen. Zu dreyen aber könne
23
er nicht rahten oder willigen, sondern müste dißfals das Würzburgische
24
votum wiederholen, dann es were notorium, wie der Fränckische creyß

[p. 254] [scan. 370]


1
und darunter auch ihr fürstlicher gnaden lande zugerichtet

31
Franken wurde bereits seit Beginn der 40er Jahre durch Truppenverschiebungen und kurz-
32
zeitige Besetzungen schwer geschädigt und im Frühjahr 1647 im verstärkten Maße infolge
33
des Durchzugs der schwed. Armee auf ihrem Weg nach Böhmen (Heinrich Dietz, 96ff.;
34
Endres, 228; oben Anm. 16 und 21).
. Besorge,
2
wann er gleich viel

35
Das elliptische gleich viel bedeutet hier gleichgültig, wieviel (vgl. Grimm VII, 7967 s. v.
36
gleich Punkt II C 1c).
verspreche, würde man es doch nicht halten können.
3
Conformire sich im übrigen auch damit, das die dissipation durch alle
4
mügliche mittel und wege zu verhüeten sey.

5
Brandenburg-Ansbach. In simili.

6
Braunschweig-Celle, -Grubenhagen, -Wolfenbüttel und
7
-Calenberg. (Herr Dr. Cöler:) Die übrigen fürstlich Braunschweig
8
Lüneburgischen herrn abgesanten weren verhindert, das sie diesem raht-
9
gang nicht beywohnen können, hetten ihme aber ihr votum aufgetragen.
10
Und wie man a parte des fürstlichen hauses Braunschweig etc. allezeit
11
der meinung gewesen, das die dissipation des Kayserlichen cammerge-
12
richts omni modo zu verhüeten, also habe man sich auch von seiten
13
Braunschweig Lüneburg Zelle, Grubenhagen, Wulffenbüttel und Calen-
14
berg iederzeit erbotten, demselben mit ergiebiger beyhülff an die hand zu
15
gehen, wie er dan nicht zweiffele, es werde a parte Zelle und Gruben-
16
hagen sölches albereit würcklich geschehen, imgleichen auch vonn seiten
17
Wolffenbüttel verordnung darzu gemachet sein. Unterdeßen aber, wann,
18
wie Sachsen Altenburg votiret, uf zwey ziel per maiora geschloßen würde,
19
trage er keinen zweifel, ihre fürstliche gnaden werden uf seinen erstatten-
20
den unterthenigen bericht darzu gleichsfals unfeilbahre

37
unfeilbahr ist eine alte Schreibung für unfehlbar ( Grimm III, 1418 s. v. fehl ); Hg. August
38
von Braunschweig-Wolfenbüttel würde also nach Meinung seines Ges. mit Sicherheit Zah-
39
lungen
an das RKG veranlassen.
anstalt machen
21
laßen.

22
Im übrigen wegen des Naßaw Sarbrückischen depositi wie Sachsen Alten-
23
burgk.

24
Mecklenburg-Schwerin. Notorium sey es und bedürffe keiner weit-
25
leufftigen ausführung, wie hoch dem Römischen Reich an conservation
26
des Kayserlichen cammergerichts unnd das die herrn adsessores beybehal-
27
ten werden, gelegen. Were zu wünschen, das fürsten unnd stände nicht so
28
gar übell zu- und gantz zugrundt weren gerichtet, sondern noch etlicher-
29
maßen weren conserviret worden, damit sie das cammergericht auch desto
30
beßer könten conserviren helffen, da sich dann das fürstliche hauß Meck-

[p. 255] [scan. 371]


1
lenburg auch der gebüer würde eingestellet haben. Dieweil es aber leider
2
bekand, was es mit deroselben landen für einen zustand unnd beschaf-
3
fenheit habe

25
Mecklenburg hatte seit 1631 besonders in seinen östlichen Gebieten extrem hohe Men-
26
schenverluste erlitten, so daß die Einwohnerzahl bei Friedensschluß rund ein Zehntel des
27
Vorkriegsniveaus betrug. Wegen der Verödung vieler Dörfer lag ein Großteil der land-
28
wirtschaftlichen Nutzfläche brach. Auch für die zahlreichen Landstädte waren die Folgen
29
der Bevölkerungsverluste so gravierend, daß sie zum Teil nie wieder ausgeglichen werden
30
konnten ( Franz, Krieg, 25ff., 101f.; Bei der Wieden, XXII; Höfer, 235).
, so zweifele er doch nicht, ihr fürstliche gnaden würden
4
dennoch, was immer möglich sein würde, gerne darbey thun. Wolle das-
5
iennige, was fürgehe, unterthenig referiren und conformire sich immittels
6
mit Salzburg, Würzburg und Sachsen Altenburg wie auch mit deme, was
7
von Naßaw Sarbrücken erinnert worden.

8
Mecklenburg-Güstrow. Wie gehöret etc.

9
Pommern-Stettin. Das bishero wegen Pommern uf den cammerge-
10
richtsunterhalt nichts abgegeben worden, hette der bisherige verwirrete
11
zustand wie auch die izo vorgehende haubtverenderung

31
Gemäß dem ksl.-schwed. Satisfaktionsabkommen vom 18. Februar 1647 würde Pommern
32
zwischen Schweden und Kurbrandenburg so geteilt werden, daß Schweden ein staats-
33
rechtlich vergrößertes Vorpommern und Kurbrandenburg den Rest, nämlich ein etwas
34
verkleinertes Hinterpommern mit dem säkularisierten „Bistum“ Kammin, erhielt (Text
35
des Abkommens: ST VI.1, 152–159; s. Repgen, Hauptprobleme, 424f.). Entsprechend der
36
Teilung des Territoriums mußte auch der RKG -Beitrag neu bestimmt werden. – Zur Zeit
37
des WFK hielt Schweden ganz Pommern besetzt, weshalb Kf. Friedrich Wilhelm für Pom-
38
mern das Kammerzieler nicht entrichten wollte (s. [Nr. 132 Anm. 27] ).
veruhrsachet.
12
Sobaldt aber ihre churfürstliche durchlaucht in ruhige possess ihrer Pom-
13
merischen lande komme, würden sie gerne mit ihrer quota concurriren.
14
Was sonst ihr churfürstliche durchlaucht alß churfürsten zu Branden-
15
burg anlange, würden sie im churfürstlichen collegio ihre notturfft schon
16
anführen laßen

39
Kurbrandenburg nahm an der KFR-Sitzung desselben Tages nicht teil ( APW III A 1/1
40
Nr. 119).
. Was aber alhier im fürstenraht geschloßen würde, davon
17
wolte er unterthenigsten bericht erstatten.

18
Pommern-Wolgast. Wie zuvorn.

19
Württemberg. (Per Sachsen Lawenburg:) Hetten ihme commission ufge-
20
tragen; unndt ginge ihr votum dahin: Es würde ein gut expediens sein, wan
21
die bey etlichen chur- unnd fürsten ausstendige hohe restanten einge-
22
bracht würden, so würde die dissolution wol zu verhüeten sein. Solte aber
23
ie communiter vel per maiora uf eine eylende beyhülffe unnd gewiße zieler
24
geschloßen werden, müste doch das hauß Würtenberg nicht höher alß nach

[p. 256] [scan. 372]


1
proportion der inhabenden lande angeschlagen , auch mit beschwerlichen
2
executionsprocessen, wie bishero, nicht beschweret werden.

3
Sachsen-Lauenburg. Wegen ihr fürstlicher gnaden zu Sachsen Lawen-
4
burg sey diß die meinung: Ob er zwart nicht eigentlich instruiret sey, an
5
diesem ohrt hiervon zu rehden, so habe er doch befehl erlanget, von denen
6
maioribus sich nicht zu separiren, ungeachtet ihr fürstlicher gnaden lande
7
auch uber die maße sehr ruiniret unnd mitgenommen weren. Es verstehe
8
sich aber sölche verwilligung dahin, das dadurch nicht ein extraordinarium
9
begeret, sondern das es in abschlag der ordinariorum gemeinet sein werde,
10
auch das man sie mit geschwinder execution nicht übereylen müge. Der
11
übrigen puncten halber wie Sachsen Altenburgk.

12
Anhalt. Wie Sachsen Altenburg unnd Braunschweig etc.

13
Henneberg. Wie Sachsen Altenburg etc.

14
Wetterauer Grafen. Auf seiten des Wetterawischen grafenstandes ver-
15
nehme man der herrn adsessorum clagten

31
clagte bzw. klagte ist eine alte Nebenform für Klage ( Grimm XI, 906 s. v. Klägde ).
und befahrende dissipation
16
gantz ungerne. Hetten ihren herrn principalen referiret und zweifelten
17
nicht, sie würden, ob sie schon ad extremum ruiniret, dennoch ihrestheils,
18
was eußerst müglich, gerne beytragen. Theils weren nicht viel schüldig,
19
theils hetten etwas abgegeben, theils aber weren noch vorm iahre, wie
20
bekand, gantz ruiniret

32
Laut Verzeichnis des RKG mit den säumigen Rst. n von 1646 XI 29 ( [Nr. 130 Anm. 4] )
33
hatten damals Ludwig Christoph zu Solms-Lich (1618–1650, s. Georg Schmidt, 533;
34
Schwennicke XVII T. 40A) und die Gft. Sayn-Wittgenstein die niedrigsten Rückstände
35
aller Wetterauer Gf.en gehabt (s. ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E 6 fol. 64’, 65, 67).
36
Das Verzeichnis der Einnahmen (Anm. 3) nennt nur für Hanau-Münzenberg und Solms-
37
Lich Zahlungen auf der Frankfurter Frühjahrsmesse 1647 (s. Meiern V, 298 ). Zu den
38
Kriegsschäden des Sommers 1646 in der Wetterau s. [Nr. 132 Anm. 30] .
, das ihnen vielmehr eine respiration zu gönnen,
21
alß dißfals in sie zu tringen; deswegen man insonderheit das fürstlich
22
Sachsen Altenburgische votum repetiret und darbenebenst gebeten haben
23
wolle, das wieder die unvermögenden mit denen bishero practicirten pro-
24
cessen innengehalten werden müchte.

25
In specie aber sage man den herrn Sachsen Altenburgischen unnd nachsit-
26
zenden hohen danck, das sie dasiennige, was wegen des gräflichen hauses
27
Naßaw Sarbrücken newligst angeführet worden, beobachtet etc. Wolten
28
es gegen die herrn principalen rühmen und bethen nochmahls, dahin zu
29
cooperiren, damit die compensatio statfinde, ihre zukommende quota nach

[p. 257] [scan. 373]


1
unnd nach daran defalciret

23
defalciret (Rechtssprache) bedeutet abgezogen ( Oberländer, 207 s. v. Defalcare; Campe
24
I, 288 s. v. defalciren).
unndt nicht etwan dieses depositum in die
2
communem massam der restanten conferiret und verwiesen werde.

3
Was sonst per maiora geschloßen würde, wolten sie, weil sie darauf in
4
specie nicht instruiret, referiren, nicht zweifelend, sie würden sich damit
5
conformiren und ihr eußerstes bey der sache thun.

6
Fränkische Grafen. Sowol propter defectum mandati et instructionis
7
alß extremam paupertatem des Fränckischen grafenstandes vergleiche er
8
sich haubtsachlich mit Salzburg, Würzburg unnd Brandenburg Culmbach,
9
wegen Naßaw Sarbrücken aber mit Sachsen Altenburg. Und were wol zu
10
wünschen, das der algemeine, liebe friede wie auch die bestellung der
11
heilsahmen iustiz bald erfolgen müchte, da dan auch sonder zweifel die
12
mittel sich beßer ereugnen und ein ieder das seinige nach vermögen gerne
13
thun würde.

14
Hierauf fragte der herr director

25
Ob Zauchenberger oder Reiter das Direktorium führte, konnnte nicht ermittelt werden.
26
Motzel, der auch für das Hst. Freising bevollmächtigt war, nahm wahrscheinlich nicht an
27
der Sitzung teil; denn das Hst. war nicht vertreten.
nochmahlß, 1. ob das conclusum uf zwey
15
oder drey ziel zu richten, 2. und was für eine zeit zu ernennen.

16
Respondebatur: 1. Uf zwey ziell; 2. uf künfftige Franckfurther herbstme-
17
ße

28
Die Frankfurter Herbstmesse wurde zwischen den Festen Mariae Himmelfahrt und Mariae
29
Geburt abgehalten und dauerte 1647 vom 25. August bis zum 18. September ( Brübach,
30
130, 136; Rothmann, 102).
.

18
Unterdeßen nun, das daß hochlöbliche directorium das conclusum conci-
19
pirte, referirte der herr Naßaw Sarbrückische abgesante

31
Schrag saß, ohne zu votieren, auf der Wetterauer Gf.enbank, wie es auch schon für frühere
32
Sitzungen bezeugt ist (s. APW III A 3/3, L bei Anm. 46).
uf veranlaßung
20
des herrn Würzburgischen, was es mit selbigem deposito der 3000 gul-
21
den für eine bewandtnüß, mit angehengter bitte, wie aus vorigenn gräflich
22
Wetterawischen disfals abgelegten votis zu ersehen

33
S. die Voten der Wetterauer Gf.en vom 27. März und 5. April 1647 (Nr. 130 bei Anm. 57;
34
Nr. 132 bei Anm. 31): Bitte um Restitution des Depositums oder wenigstens um dessen
35
Anrechnung auf das geschuldete Kammerzieler.
.

[p. 258] [scan. 374]


1
Salzburgisches Direktorium.

18
1–9 Pro – solle] In Magdeburg E zweimal überliefert: 1. innerhalb des Protokolltextes,
19
2. fol. 579 (von fremder Hand und nach neuem Stil datiert). Beide Texte weichen in
20
einer Aussage (siehe unten Z. 23) voneinander ab. Der 1. entspricht der diktierten Fas-
21
sung (= Druckvorlage). Der 2. (vom Salzburgischen Direktorium eingereichte) Text ist
22
Meinung überschrieben und entspricht der am Ende der Sitzung geänderten Fassung.
Pro concluso: Man halte per maiora
2
dafür, das, [um] des Kayserlichen cammergerichts besorgliche zertrennung
3
zu verhueten, von iedem stand in abschlag deren von dem Regenspurgi-
4
schen abschiedt und bewilligung befindtlichen hinterständen auf die negste
5
Franckfurther herbstmeße

23
5 (zwey)] Herzogtum Bayern A I 1: 3; Magdeburg E fol. 579: drey.
(zwey) zieler erleget, dabey gleichwol denen-
6
iennigen ständen, deren deposita zu der herrn cammergerichtsverwan-
7
ten notturfft etwan angewendet worden, die compensation bevorgestellet,
8
gegen denen ruinirten, unvermöglichen ständen auch mit beschwerlichen
9
processen etwas zurückgehalten werden solle.

10
Sachsen-Altenburg. Weil es so weit, [nämlich] auf die herbstmeße,
11
hinnausgestellet werde, da ohnedes wieder ein ordinari termin gefallen
12
solte

29
Gemeint ist: bei der Herbstmesse als dem normalen Zahlungstermin würde ohnehin wieder
30
das gewöhnliche Kammerzieler fällig werden.
, ob es nicht uf drey ziel zu sezen.

13
Mecklenburg und andere. Es sey beßer, das weinig gewilliget werde
14
und gewiß einkomme etc. Man laße es bey zweyen etc. Wer mehr geben
15
könne oder wolle, dem stehe es allezeit frey.

16

24
16–17 Nichtsdestoweiniger – etc.] In der Druckvorlage folgt ein Verweis auf die Erklärung
25
der Protokollanten über die Abhaltung der folgenden vier Sitzungen in Münster [siehe
26
Nr. 137]. In Braunschweig-Celle A I, Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken)
27
A III 4 und Württemberg A I folgt ein Vermerk, der das Fehlen der Protokolle der
28
folgenden vier Sitzungen begründet.
Nichtsdestoweiniger aber war durch fernere gefallene interlocuta uf drey
17
zieler geschloßen und das conclusum darnach eingerichtet worden etc.

31
Die Reichskurien beantworteten das Schreiben des RKG von 1647 V 18 (s. Anm. 3) am
32
8. Juli 1647 und baten gleichzeitig den Ks., er möge zum Unterhalt des RKG eine einmalige
33
Judenkopfsteuer genehmigen (s. [Nr. 137 Anm. 4] und 5).

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