Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
33. Sitzung des Kurfürstenrats mit Re- und Correlation Münster 1646 April 25

7
82

8

33. Sitzung des Kurfürstenrats mit Re- und Correlation


9
Münster 1646 April 25

10
Kurtrier zA = Druckvorlage; damit identisch Kurtrier spA p. 578–589. Vgl. ferner
11
Kurmainz K FrA Fasz. 14 nr. 38 ( damit identisch Kurmainz Rs FrA Fasz. 15 ); Kur-
12
köln
zA I fol. 214’–216 ( damit identisch Kurköln spA I fol. 465’–469, Kurköln spA Ib
13
fol. 500–504’, Kurköln zA Extrakt fol. 18’–19 ); Kurbayern K II fol. 238–246’ ( damit
14
identisch Kurbayern spA II p. 851–868 ).

15
Schutz des Reichskammergerichts in diesen und künftigen Kriegszeiten. Beschlüsse des Frankfurter
16
Deputationstags von 1643/1644 und des Regensburger Reichstags von 1641 zur Finanzierung des
17
Reichskammergerichts: Neue Zölle, Kopfsteuer für Juden oder alle Reichsuntertanen, Alkohol-
18
steuer . Erhöhung der Kanzleigebühren des Reichskammergerichts.

19
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
20
bayern , Kurbrandenburg.

21

32
575, 21 –578, 19 Kurmainz – notificiren] Kurköln zA I, zA Extrakt, spA I, Ib
33
wesentlich knapper, enthält insbesondere nichts Genaues über den Sekuritätspunkt; Kur-
34
mainz
K, Rs in der Proposition kürzer und dadurch teilweise unverständlich.
Kurmainz . Die beiden Schreiben des Reichskammergerichts vom 19. Januar und
22
14. April 1646

37
Reichskammergericht an ksl. und reichsständische Gesandte, Speyer 1646 I 9/19 (Druck
38
Meiern II S. 234 f.); das Schreiben des Reichskammergerichts vom 14. April 1645 ist erwähnt
39
in dessen erneutem Beschwerdeschreiben vom 12. Mai 1646 (Druck Meiern III S. 122f. ).
sind durch die Diktatur den Gesandten mitgeteilt worden. Sie beru-
23
hen
auff zweyen petitis securitatis et solutionis salarii nach anweysungh deß
24
näheren reichß- undt darauff gefolgten deputationtags, dabey die ordinari
25
700 auff ein 1000 reichßthaler assessoratsgehalts erhohet worden. Zweiffelt,
26
ob die herren abgesandten der sachen recht berichtet, will derowegen in
27
aller kürtze daruber referiren.

28
Tertius iustitiae punctus hatt beym näheren reichßtagh wegen abeylender
29
Kayßerlicher Mayestät undt sonsten nicht konnen vorgenohmen, weniger
30
erörtert werden. Ist derowegen auff den Franckfurter deputationtagh
31
remittirt

35
31 worden] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA II: und zwar mit diesem beding,
36
daß das vom Deputationstag Beschlossene bis zum nächsten Reichstag gültig sein sollte.
worden, aldha die deputirte ständte nit allein davon, sonderen

[p. 576] [scan. 700]


1
auch von befürderungh deß justiciweßens gehandelt, insonderheit aber
2
obbemelte erhöhungh biß auff nechstfolgenden reichßtagh vor gutt befun-
3
den ; daruber ist auch von beyden punctis securitatis et solutionis deliberirt
4
undt pro primo underschiedliche mittell vorgeschlagen worden, daß vor
5
ein erstes der statt Franckfurt bürgermeistere zu ersuchen, sie wolten usque
6
ad meliora tempora daß archivum mit den camerpersohnen annehmen,
7
inmaßen auch Caesar Churmayntz zu diesem effect commission ertheilt

36
Siehe oben S. [ 18 Anm. 1 ] , Smend S. 371ff. Vgl. die Gutachten des Frankfurter Deputationstags
37
vom 20. Januar und vom 20. Juni 1644 (Druck Ludolff , Anhang S. 31–38, 38–76).
.
8
Darauff Caesarei undt deputirte ständte die bürgermeistere angesprochen,
9
sie haben sich aber entschuldiget, doch Caesari zu allerunderthenigsten
10
ehren undt zu befürderungh deß iusticiweßens erbotten, besagtes archivum
11
gegen revers ad tempus anzunehmen undt die persohnen ut singulas in
12
ihrem schutz zu haben, welches praesidenten undt assessoribus referirt
13
undt eingerathen worden, sich vorlautendergestalt cum archivo dorthien
14
zu erheben, mit dem zusatz, es würde sich die continuation darauff desto
15
beßer practiciren laßen; sie haben aber zur sachen nicht gethan, undt ist
16
dannenhero dabey verplieben.

17
Man hatt die statt Hanauw auch vorgeschlagen, aber auff Franckfurth
18
endtlich bestanden; die herren camerales hetten gern eine neutralität gesehen,
19
die hatt Churbayeren aber nicht vor gutt befunden.

20
Quoad salaria, ist deren erhöhungh anno 1641 verwilliget undt hernechst,
21
wie gesagt, auff dem deputationtagh ad 1000 reichßthaler determinirt
22
worden biß auff nechstfolgende comitia. Woher aber die mittell zu nehmen,
23
darbey versiret die schwareste quaestion; der ordinari contribuendi modus
24
ist woll der beste

38
Seit 1548 lebte das Reichskammergericht von ordentlichen Kammerzielern, nicht mehr von fall-
39
weise bewilligten Reichsanschlägen ( Smend S. 173f., 271, 294, Kaul S. 208ff., Rönnberg ,
40
Reichsmatrikel S. 178).
, undt solle man billig davon nicht außsetzen. Nachde-
25
mahlen aber die ständte durch daß zu langh gewehrte kriegsweßen gantz
26
erschöpfft undt von den mittellen gebracht, so ist nicht wenigh zu besorgen,
27
es werden von dennen, so daß ordinarium nicht woll zu praestiren vermö-
28
gen , die erhöhete geldter viellweniger zu gehaben sein. Deswegen hatte man
29
an außerordentliche Mittel gedacht: 1. an neue Zölle auff den vornembsten flüßen,
30
2. an eine leichte Erhöhung der alten Zölle, 3. an eine allgemeine Judencapitation von
31
pro Kopf einem Goldgulden im Jahr, 4. kondte auff daß feuder wein undt bier
32
etwa ein halbe oder ¼ thalers gelegt werden, 5. auff ieden underthanen
33
einen batzen, drey albus oder ein halb kopstuck

41
Über die ordentlichen Kammerzieler hinaus, die reichsrechtlich fixierte Abgaben waren und von
42
den Landständen bewilligt werden mußten, zielten diese Vorschläge in der Tradition des Gemeinen
43
Pfennigs von 1495 auf außerordentliche Erhebung und direkte Besteuerung ab; der landständische
44
Konsens dazu war in den einzelnen Territorien der Reichsstände nicht gewiß. Vgl. zum Problem
45
Feller S. 98–109, 114, 182–199.
.

34
Bey den zöhllen hatt es difficultät geben, daß dritte, nemblich der Juden-
35
capitation , wehre daß beste, maßen es auch Caesari eingerathen worden,

[p. 577] [scan. 701]


1
umb darmit in der eyll camerales zu contentiren. Hatt aber dabey eingestan-
2
den , weillen

26
2 etliche ständte] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA II: doch gar wenig.
etliche ständte es contradicirt;

27
2–4 weiß – haben] Fehlt in den anderen Überlieferungen.
weiß doch auch nicht, ob es die
3
Juden nicht durch ihre ordinari mittell etwa mögen gestreckt undt divertirt
4
haben

36
Die Lage der Juden in Wien war unter Ferdinand II. und seinem Nachfolger gut, denn sie
37
leisteten erhebliche Steuerzahlungen zu Kriegszwecken ( Hurter III S. 136–140, Stern S. 10f.).
38
Bereits der Frankfurter Deputationstag hatte die Judensteuer angeregt; sie war aber vom Kaiser
39
abgelehnt worden ( Koch II S. 15f.).
.

5
Weillen dan nuhn die notturfft erfordert, daß auff so viellfältigh gethane
6
vertröstungen den cameralpersohnen durch würckliche handtbiethungh
7
ursach gegeben werde, die ihnen anvertrauwete iustitiam desto embßiger
8
zu verwalten, alß hatt Reverendissimus befohlen, neben undt mit anderen
9
dahien zu laboriren, damit camera in etwaß gestilt undt ihro die bloße
10
notturfft wenigest gereicht werde. Bey der nechster fastenmeß ist zwar
11
etwaß geben worden, daßelbe erklecket aber bey weitem nicht vor ein
12
halbes jahr, hoffendt, der täglichs erwartende friedt werde securitatem selbst
13
mit sich bringen; undt wirdet ahm meisten de salario zu reden stehen,
14
will die guttachten daruber gern vernehmen.

15
Sonsten habe Reverendissimus auff beschehene heimbstellungh die cantzley-
16
tax pro una tertia

28
16 erhöhet] Laut Kurmainz K, Rs, sinngemäß Kurbayern K II, spA II sagt Kurmainz
29
weiterhin, daß dies mit Zustimmung des Deputationstags und des Kaisers geschehen ist.
erhöhet

40
Die Taxkasse, aus der die Kanzlei unterhalten wurde, unterstand seit 1530 dem Kurfürsten von
41
Mainz ( Ludolff S. 18, Anhang S. 3–6, Sammlung III S. 75). Die Taxen bildeten die
42
„Entschädigung für eine entsprechende wirklich geleistete Kanzleiarbeit“ ( Smend S. 334f.,
43
315f., 324); sie wurden am 20. Oktober 1645 durch Kurmainz einseitig im Verhältnis 3: 4
44
erhöht ( Meiern II S. 228 –230, Smend S. 333, Ludolff S. 130–132).
, weillen sie die materialia nicht erdragen
17
propter multorum statuum exemptionem, so Reverendissimus

30
17 ersetzen] Aus Kurtrier spA für irrtümlich versetzen der Vorlage eingesetzt.
ersetzen
18
müste ex proprio, dardurch daß officium archicancellariatus damnosum
19
gemacht würde, mit dem zusatz gleichwoll, daß diese erhöhungh nicht
20
länger wehren solle, biß imperium ein anderes verordtnet.

31
20–22 Bittet – wollen] Laut Kurmainz K, Rs näher begründet: Die Assessoren haben sich
32
nämlich geweigert, ein entsprechendes kurmainzisches decret zu effectuiren, solange ihnen
33
selbst nicht geholfen sei.
Bittet, dieß den
21
herren assessoribus zu notificiren, damit sie diese

34
21 augmentation] Aus Kurtrier spA eingesetzt für irrtümlich argumentation der Vor-
35
lage
.
augmentation der cantzley
22
nicht behinderen wollen.

23
Kurtrier . Findet beyde petita deß camergerichts in aller billigkeit undt nach
24
sich ziehender obligation begründet. Undt ist ad 1 um bey auffrichtungh
25
deßelben deßo persohnen beste securität, schütz, schirm, privilegia, immu-

[p. 578] [scan. 702]


1
nität etc. zugesagt worden. Daß sie aber dargegen beschwerdt werden,
2
hatt reich ungern gesehen undt dargegen vielle mittell angeordtnet, ob sie
3
schon nicht underfangen wollen. Nachdemahlen die gefahr auch alß noch
4
continuirt, so wehre auff ein eilendes remedium zu gedencken; undt weillen
5
auch darauff noch zeit gehen möchte, so wehre den cameralibus zu remon-
6
striren , sie würden bey dem yetzt tractirenden frieden genugsambe sicherheit
7
erlangen. Man will auch davon reden, wie sie etwa inskünfftig wieder ent-
8
stehenden kriegen mogen gesichert verpleiben.

9
Ad 2. Ist bekandt, daß den ständten die mittell allenthalben endtfallen, dan-
10
nenhero auff ein guttes expediens zu gedencken, wie der nothleidender
11
camer zu helffen; von Churmaintzischem directorio sein underschiedliche
12
vorgeschlagen, ist aber auff keines instruirt. Will sich daruber befelchs
13
erhohlen;

32
13–15 undt – tempore] Fehlt in den anderen Überlieferungen.
undt weillen Caesar sich auff voriges guttachten noch nicht
14
erclerth undt darauff noch gutte zeit gehen möchte, so kombet es noch in
15
tempore.

16
Waß die erhöhete cantzleytax angehet,

33
16–18 ist – werden] Statt dessen in Kurbayern K II, spA II nur: Hetten darüber
34
kheine nachricht.
ist sehr billigh, weillen der camer
17
auch die salaria zu einbringungh der restanten ersteigert worden. Wahn
18
derowegen per maiora hierauff solte geschloßen werden, kan sich davon
19
nicht absonderen undt will es ad ratificationem notificiren.

20
Kurköln . Bedancket sich gegen directorium wegen der gegebenen Informa-
21
tion . Erindert sich auch, waß dieser sachen halber bey den letzteren con-
22
ventibus vorgangen, so auff den referirten puncten bestehet. Insonderheit
23
solten die Juden capitirt werden, welches derzeit difficultät geben, weillen
24
etliche standte Juden haben, andere nicht; undt hatt sich Cöln umb so mehr
25
zu beschweren gehapt, weillen ex parte Westphalae die assessoratus nicht
26
besetzt.

35
26–30 Cöln – wäre ] Fehlt in Kurmainz K, Rs, Kurköln zA I, spA I, Ib, Kurbayern
36
K II, spA II.
Cöln, Trier, Mayntz haben Juden

37
Die Juden waren im allgemeinen gute Steuerzahler und Geldgeber. Einerseits hatten sie ihre
38
Zinsen im Krieg erhöht und sich stärker in den Handel eingeschaltet ( Kuske S. 181, 195),
39
andererseits waren sie durch alle möglichen Formen von Sonderabgaben belastet (vgl. für Hessen-
40
Kassel Cohn S. XVIIf.) und ihre Heranziehung für eine außerordentliche Reichssteuer mußte
41
ihre Leistungsfähigkeit für die Landeskassen beschränken ( Dietz III S. 4, 45, 47–63). Die
42
Judensteuer war ursprünglich ksl. Regal, das seit der Goldenen Bulle mit den Kurfürsten geteilt
43
wurde ( Stramberg 2, 20 S. 679–683, 725f.).
, von denen die gelder meistens
27
müßen erhoben werden, so vordem nicht dienlich befunden worden, muß
28
nachmahlß darbey verpleiben. Wünschen andere bequembe mittell zu erhal-
29
tungh dieses hohen gerichts, dessen Gründung schwierig war und dessen Unter-
30
gang
yetzigen regenten nicht rühmlich wäre. Undt weillen die camerales sönder-
31
lich auff den punctum salarii dringen, so wehre ihnen zu anthworten,

[p. 579] [scan. 703]


1
sie dardurch zu animiren: man finde daß petitum billigh, weillen aber depu-
2
tati darauff nicht instruirt, wollen sie umb befelch schreiben;

34
2–6 ihrestheils – thun] Fehlt in Kurbayern K II, spA II; in Kurmainz K, Rs,
35
Kurköln zA I, spA I, Ib knapper, in Kurköln aber zusätzlich noch: In drei Wochen
36
können alle Instruktionen eintreffen.
ihrestheils
3
solle es mit nechstem geschehen, allermaßen von Trier auch bedeutet wor-
4
den . Ob aber den herren principalen gewiße vorschläge zu thun, damit sie
5
sich darauff desto beßer resolviren mögen, will sich vergleichen undt, wahn
6
sich hieruber vernehmen laßen, deßgleichen thun.

7

37
7–17 Quoad – gedencken] In Kurmainz K, Rs, Kurbayern K II, spA II
38
knapper, in Kurköln zA I, spA I, Ib nur: Referieren die Ereignisse vom März 1645
39
iuxta diarium und beliebten die Tryerische meinung.
Quoad securitatem ist von Trier woll außgefürth, daß solche in den reichß-
8
constitutionibus woll versehen, die contravention undt laesion ist von
9
exteris beschehen; erachtet nöttigh, den hieruber habenden bericht mit
10
wenigen zu erstatten. Schildert den Gang der Beratungen in dieser Frage während
11
des Jahrs 1645. Eine Neutralisierung der Stadt Speyer und des Kammergerichts ist
12
von Frankreich ausgeschlagen worden. Beschwerden bei den französischen Gesandten
13
haben wenig gefruchtet, undt ist darauff sola camera eximirt worden. Weillen
14
aber die statt sehr starck belegt verplieben, hatt sich camera dannenhero
15
auch nicht wenigh zu beförchten gehapt, hetten sich noch ein wenigh zu
16
patientiren, weillen pax in limine; solte aber uber vermüthen noch in etwaß
17
verzägert werden, will man auff ergiebige securität gedencken.

18
In puncto augmentandi salarii tam pro cancellaria quam assessoribus, ist
19
ihnen solches woll zu gönnen. Weillen dan auch viell absentes undt dannen-
20
hero auch viell neglecta fallen, so kondte darauß der abgangh ersetzt
21
werden; stehet doch noch zu weiterem nachdencken, waß aygentlich vor
22
mittell vorzuschlagen.

23
Cantzleytaxvermehrungh ist billigh, undt hatt dabey sein bewenden.

24

40
579, 24 –580, 24 Kurbayern – anzufügen] Das durch Wiederholungen etwas umfang-
41
reichere
Votum in Kurbayern K II von J. Adolf Krebs nachgetragen. Kurköln zA I,
42
spA I, Ib bis zum Ende der Sitzung wesentlich knapper.
Kurbayern . Bedancket sich ebenergestalt pro informatione. Quoad securi-
25
tatem erindert sich ut Cöln, waß camera vordem anhero gelanget undt
26
durch die mediatores bey Gallis anbracht worden. Yetzundt ist wegen der
27
einquartierungh kein sonderbahre querel, zweiffelsohne werde Franck-
28
reich cameram freyen; wehren mit einer voranthworth biß zu dem täglichs
29
erwartendem frieden zu animiren. Mit dem kombt die alte securität wieder
30
undt geben die reichsconstitutiones, waß camerae vor Immunität undt
31
privilegien gebühren, undt kahn man

43
31 hernechst] Statt dessen in Kurmainz K, Rs, Kurbayern K II, spA II bey nechstem
44
reichstag.
hernechst davon reden, wie solche
32
bey denen wieder verhoffen inskünfftigh endtstehenden kriegen zu handt-
33
haben . Sonsten kann man sich erbiethigh machen, fahlß ihnen wegen der

[p. 580] [scan. 704]


1
auß verbrechen deß schieffmanß zu Franckenthall arrestirter undt auff
2
erstatteten bericht außgefolgter victualien bey der cron Franckreich einige
3
ungelegenheit zuwachßen solte

39
Vgl. zum allgemein politischen Hintergrund, Belagerung der Festung Frankenthal durch Turenne,
40
Theatr. Europ. V S. 1073, 1097, Wille S. 94.
, sie per mediatores bestens zu endtschuldi-
4
gen undt zu salviren.

5
In puncto salarii beforchten camerales remissionem ad incerta comitia,
6
underdem aber leiden sie in der theuren zeith noth, allegiren, daß etlich
7
undt 60 persohnen solten entretenirt werden. Eß hatt einer aber pro medio
8
anno nicht uber 60 reichßthaler bekommen, so ursach geben wirdt, daß sie
9
wieder willen quittiren müßen. Deme vorzukommen undt daß höchste
10
dicasterium zu erhalten, laßet sich nicht zuwieder sein, daß umb fürderliche
11
instruction geschrieben werde. Entzwischen kondte Kayßerlicher Mayestät
12
ahn handt gegeben werden, die schüldige ständte per monitoria zu abrich-
13
tungh der restanten anzuhalten; weillen dieses aber noch lange zeit erforde-
14
ren möchte, so könten die Juden proponirtermaßen capitirt werden.
15
Will sich mit den maioribus gern vergleichen, welches den cameralibus
16
pro solutio zu bedeuten,

32
16–19 undt – succurire] Fehlt in den anderen Überlieferungen.
undt dabey noch dieses zu erwegen, daß sie pro
17
conservanda iustitia aetatem misere zubringen, dha sie sonsten chur- undt
18
fürsten multo meliore conditione hetten dienen können, umb so billiger ist
19
es, daß man succurire.

20
Quoad taxam cancellariae, nachdemahlen dieselbe geringh undt kümmerlich
21
die materialia außwirfft, befindet, daß Churmayntz nicht zuzumuthen, daß
22
ex proprio zu setzen undt also officium archicancellariatus damnosum sein
23
solle, derowegen die ersteygerung usque ad proxima comitia woll zu
24
gestatten undt dieses assessoribus zur nachricht anzufügen.

25

33
25–27 Kurköln – communiciren] Dieser Einwurf nur in Kurbayern K II,
34
spA II noch enthalten, dort aber als Bestandteil des ersten kurkölnischen Votums und ohne
35
die kurmainzische Erwiderung.
Kurköln . Addit, wehre nicht unrathsamb zu schreiben, daß designatio
26
restantium eingeschickt werde; ihrestheils werde beygehalten. Kurmainz
27
anthwortet, seye vielmahlß ubergeben, wolle sie communiciren.

28
Kurbrandenburg .

36
28–29 Erindert – außgefürth] Laut Kurmainz K, Rs, Kurbayern K II, spA II
37
erinnert Kurbrandenburg vor allem an frühere Erörterungen einer Neutralität des Kammer-
38
gerichts
.
Erindert sich vorigen schreibens undt waß im Cölnischen
29
voto berichtlich außgefürth. Camerales gehen sonderlich auff die securität
30
nicht, außerhalb waß die wegen der arrestirter fruchten befahrende ungele-
31
genheit antriefft, ihnen ist ahm meisten umb daß salarium zu thun. Ver-

[p. 581] [scan. 705]


1
nehme , wohien andere geneigt undt daß Bayeren auff die

36
1 Judencapitation] Aus Kurtrier spA eingesetzt für Judencapitulation der Vorlage,
37
eine irrtümliche ( auch in Kurbayern spA II durchgebend antreffbare ) Auflösung der Ab-
38
kürzung
, die der Schreiber von Kurtrier zA in seiner Vorlage fand.
Judencapitation
2
schließe. Habe befelch, bey vornehmungh dieser materi daß beste zu rathen
3
undt sich mit anderen zu vergleichen, damit camera contentirt undt erhalten
4
werde; laßet sich derowegen die vorgeschlagene capitation gefallen.

5
In puncto securitatis wehren ratione appropinquantis pacis zu animiren.

6
Stellet zu bedencken, ob nicht wegen der arrestirten früchten die Frantzö-
7
sische plenipotentiarii per mediatores der sachen zu underrichten, damit
8
keine ungelegenheit darauß endtstehen möge.

9
In puncto auctae taxae solle undt muß Churmayntz daß officium nicht
10
damnosum sein, sonderen ist bey so gestalten sachen die erhöhungh billigh,
11
damit die materialia mögen verschafft werden.

12
Kurmainz . Trier undt Cöln befinden billigh, daß camerae die hülffliche
13
handt gebotten werde sowoll in puncto securitatis alß salarii, müßen sich
14
aber befelchs erhohlen. Weillen dan nöttigh, daß man sich eines mittels,
15
so principalibus zu referiren, vergleiche, so stellet es yetz oder hernechst
16
zu weiterem nachdencken.

17
Die Judencapitation treffe Mayntz zwar hart, laße dieselbe sich doch nit
18
zuwieder sein. Wahn nuhn Trier undt Cöln sich werden erclerth haben,
19
will daß conclusum machen.

20
Quoad securitatem vergleicht sich gern, daß camerales darmit zu animiren,
21
sie werde mit dem frieden selbst erfolgen. Da aber derselb lenger anstehen
22
solte, köndte man sich derenthalben

39
22 weiters] Kurmainz K, Rs wie Vorlage, in Kurköln zA I, spA I, Ib, Kur-
40
bayern
K II, spA II statt dessen: auf nechstem reichstag.
weiters underreden, auch wie solche
23
zu erhalten, wahn inskünfftigh neuwe krieg endtstehen solten.

24
Ad 3. die erhöhete tax betreffendt, daß die herren abgesandten einmütiglich
25
dahien gehen, man solle dieselbe zu erhaltungh der cantzley nachmahlß
26
approbiren, will es Reverendissimo rühmen; undt weillen alle einigh, so
27
hatt es gar keine difficultät.

28
Kein hauptantworth kahn gegeben werden, eß wehren allein camerales
29
zu animiren undt zu versicheren, man werde voneinander nicht weichen,
30
biß ihnen effective geholffen. Yetzundt stündte noch de medio, so principa-
31
libus ahn handt zu geben, zu reden.

32
Kurtrier . Verniembt ex votis, daß maiora auff capitationem Judaeorum
33
gefallen. Erkennet necessitatem camerae, undt wehre dannenhero ein
34
geschwindes mittell zu ergreiffen. Weillen aber nicht weiter alß ad referen-
35
dum instruirt, so wils mit nechster ordinari in obacht nehmen.

[p. 582] [scan. 706]


1
Kurköln . Muß contradictioni wegen der Judencapitation insistiren; es
2
geben auch die neuwe zöhlle undt erhöhungh der alten bedencken, wie
3
nicht weniger der auffschlagh auff wein undt bier. Wahn man aber indistincte
4
auff die haupter gehet, so werden Juden auch darin begriffen, so daß beste
5
mittell zu sein bedüncket; will es auch Serenissimo nechstens zuschreiben,
6
umb sich darauff oder sonsten zu resolviren.

7
Kurbayern . Repetirt voriges votum undt amplectirt beide media, daß
8
Caesar die vermögende ständte zu abführungh der restanten ahnweyße
9
undt in die Judencapitation gehehle, weillen die underthanen durch daß
10
leidige kriegßweßen vor ihnen verderbt, welches daß geschwindeste mittell,
11
camerae zu helffen.

31
11 Will – separiren] Kurbayern begründet laut Kurköln zA I, spA I, Ib die
32
Judensteuer noch damit, daß in eyl von den Franckfuhrter und Wormbster Juden ein
33
gute summam beyzupringen.
Will sich derowegen a maioribus nicht separiren.

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Kurbrandenburg . Repetendo anterius votum, will sich von den maioribus
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nicht absönderen, weillen camerae mit Judencapitation schleunigh kan
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geholffen werden. Die haben weniger alß die christen gelitten, ist auch
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unbilligh, daß die Juden den christen im anschlagh sollen gleichgehalten
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werden; darzu er absque collega suo nicht verstehen kan, weillen derzeit
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allein ist.

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Kurmainz . Die maiora seindt vorhanden, will doch nicht concludiren,
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biß Trier undt Cöln sich cathegorice resolviren,

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19–21 umb – hinderpringen] Fehlt in den anderen Überlieferungen.
umb so mehr, weillen
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daß conclusum, wahn electores nicht einer meinungh, wenig verfangen
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möchte; will es auch hinderpringen. Daß von Cöln vorgeschlagene mittell
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auff die underthanen wirdt fürstlichen schwarlich eingehen, will doch der
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erclerungh erwarten.

24

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24–25 alle–peenfahlle] Laut Kurmainz K, Rs auch die Strafgelder, mit denen nach Reichs-
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recht
die säumigen Visitatoren belegt werden.

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24–30 Under – cantzleytax] Fehlt in Kurbayern K II, spA II, wonach Kurmainz aller-
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dings
noch empfiehlt, die städt ihrer außständt zue erinneren ( Zusatz von J. Adolf
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Krebs in K II ).
Under anderen mitteilen ist auch dieses vorkomben, daß alle straffen undt
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peenfahlle neben der Judencapitation der camer sollen applicirt werden.
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Caesar hatt aber zu dem letzteren nicht verstehen, nemblich wegen der
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fiscalischer peenfalle, sonderen seines beliebens daruber zu disponiren
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offene handt behalten wollen

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Die Pönen waren Geldstrafen für unerlaubtes Betragen am Reichskammergericht und Dienst-
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vergehen ; ihre Höhe war in der Kammergerichtsordnung von 1555 geregelt ( Lünig , Reichs-
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archiv I S. 198f., Smend S. 352).
; will also daßmahll mehr nit schließen alß
29
wegen der verglichener vorantworth undt der ad unam tertiam erhöheter
30
cantzleytax.

[p. 583] [scan. 707]


1

24
1–3 Facta – bestehen] Auf Re- und Correlation in Kurmainz K, Rs, Kurköln zA I,
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spA I, Ib nicht hingewiesen; in Kurbayern K II, spA II wird nur von der Zustimmung
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des Fürstenrats berichtet.
Facta re- et correlatione befinden sich beyde collegia einer meinungh, allein
2
gehen alle undt yede fürstliche auff die Judencapitation, werden auch unab-
3
wendiglich dabey bestehen.

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