Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
127. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXXII) Osnabrück 1647 Januar 26/Februar 5

2

Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXXII)


3
Osnabrück 1647 Januar 26/Februar 5

18
Diktiert 1647 IV 8/18.

4
Braunschweig-Calenberg B I fol. 356’–365’ (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
5
Durlach A I fol. 367’–377; Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 353–362, Braunschweig-
6
Celle A I fol. 1–12, Braunschweig-Celle B I unfol., Braunschweig-Wolfenbüttel B I
7
fol. 256–267’, Braunschweig-Wolfenbüttel C I fol. 352–362’, Hessen-Kassel A XIII
8
fol. 390–401’, Magdeburg E fol. 430–442’, Magdeburg Ea fol. 513–523, Pommern A I
9
fol. 453–461’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 378–386’, Sachsen-Gotha B IV fol. 143–153’
10
und 195–200 und fol. 201–205’, Sachsen-Lauenburg B S. 739–757, Grafen von Schwarz-
11
burg
A I fol. 269–277’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg) C 2 fol. 48’–57’, Wet-
12
terauer
Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A III 3 fol. 99–108’, Wetterauer Grafen ( Ysen-
13
burg) A I unfol., Württemberg A I S. 732–751; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol.
14
sowie (weitgehend identisch) Würzburg A I 1 fol. 183–187’, ferner Magdeburg D fol. 280’–
15
288 (Mitschrift), Österreich A III (XXXVII) fol. 50–52’.

16
Beratungsvorlagen: Proposition und Deduktion des Gesandten der Stadt Basel von 1647 I
17
2

19
An die ksl. Ges. Text, s. l., s. d.: Moser, Eydgenoßenschafft, Beilage A, 1f.; zur ksl. Überlie-
20
ferung (datiert: Osnabrück 1647 I 2) s. APW II A 5, Nr. 286 Beilage 1. Inhalt: Klage über
21
mehrfache Verletzung der ksl. und kgl. Privilegien und Mißachtung der Exemtion, welche
22
die Stadt Basel mit der Eidgenossenschaft gemeinsam habe, durch Vorladung einzelner
23
Orte und besonders der Stadt Basel vor das RKG sowie durch Arrestverfahren infolge
24
des Fernbleibens der Beklagten. Bericht über die Beschlagnahme Basler Handelsgüter im
25
August 1646 aufgrund des vom RKG verhängten Arrests. Information über den Auftrag
26
des Basler Ges. Wettstein (Bitte um Vermittlung beim Ks., damit derartige Verstöße künftig
27
prinzipiell ausgeschlossen seien). KFR, FRM und SRM bzw. KFR und FRM hatten am 21.
28
und 31. Januar 1647 über Proposition und Deduktion (Anm. 3) beraten und Re- und Cor-
29
relation gehalten, während der SRO gleichzeitig mit dem FRO beriet ( APW III A 1/1,
30
703 Z. 14–708 Z. 31 und Nr. 108; III A 6 Nr. 87). Der Proposition lag das ksl. Privileg
31
für die Stadt Basel von 1433 bei (Anm. 13; Gauss, XXXIII). – Johann Rudolf Wettstein
32
(1594–1666, 1615 Ratsmitglied in Basel, 1635 Oberstzunftmeister und Ges. der eidgenössi-
33
schen Tagsatzung, 1645 Bürgermeister) war am 28. Dezember 1646 als Ges. Basels und
34
der ev. Orte der Schweizer Eidgenossenschaft in Münster eingetroffen, sprach in der Pro-
35
position aber auch für die gesamte Eidgenossenschaft, wie es in seinem (nur von der Stadt
36
Basel autorisierten) Kreditiv für die ksl. Ges. von 1646 XII 3/13 (Text: Londorp VI, 136)
37
vorgesehen war. Er weilte seit dem 5. Februar 1647 in Osnabrück und schildert in seinem
38
Diarium seine Verhandlungen, nach deren erfolgreichem Abschluß er den WFK am 21.
39
November 1647 verließ (Edition: Gauss, hier 42 Z. 5ff., 280 Z. 9f.; s. Stadler, 61, 64;
40
Egger, 90–93; Croxton / Tischer, 320f.).
bzw. 1647 I 9

41
Text, s. l., s. d.: Londorp VI, 137f.; EA V.2.II, 2268f. (unvollständig); Datierung nach
42
Gauss, 17 Z. 7f. Inhalt: Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft und Beispiele für ent-
17
sprechendes Handeln; ihre Schädigung durch Beschlagnahme Basler Handelsgüter durch
18
das RKG trotz ihrer Exemtion; Gründe, warum das RKG zu solchen Maßnahmen nicht
19
berechtigt sei; Frage, ob man die Eidgenossenschaft, die keinen Richter als sich selbst aner-
20
kenne und seit langem im Besitz dieser und anderer souverainetet sei, darin angreifen
21
wolle; Hoffnung auf den Ks., daß er kraft seiner Autorität die in der Proposition (Anm. 2)
22
enthaltenen Beschwerden beseitigen werde.
. Kaiserliches Kommissionsdekret an das Kurmainzer Reichsdirektorium,

[p. 76] [scan. 192]


1
Osnabrück 1647 I 25

23
Unterzeichnet von Trauttmansdorff und Volmar; Text: Moser, Eydgenoßenschafft, Bei-
24
lage B, 3ff.; zur ksl. Überlieferung s. APW II A 5 Nr. 286 Beilage 3. Inhalt: Beschwerde
25
Wettsteins über das Beratungsergebnis der Rst. (in Münster am 21. Januar 1647, s. APW
26
III A 1/1, Nr. 107); Irrelevanz der Informationen, die (laut damaligem Beschluß) vom
27
RKG angefordert werden sollen; Gefahr, daß Wettstein sich an Frk. und Schweden wende;
28
Gefahr neuer Unruhe, was in der gegenwärtigen Lage im Reich vermieden werden müsse;
29
daher Aufforderung, die Sache erneut in den Reichskurien beraten zu lassen und auf die
30
Notwendigkeit hinzuweisen, ohne Diskussion der staatsrechtlichen Frage den laufenden
31
RKG -Prozeß zu sistieren und solche Verfahren nicht mehr zuzulassen. Beilage: Beschwerde
32
Wettsteins; der Text wurde nicht ermittelt. Wahrscheinlich ist sein Schreiben an die ksl. Ges.
33
in Osnabrück von 1647 I 24 gemeint ( Gauss, 29 Anm. 2, und 288: archivalischer Nachweis).
. „Meinung“ der (Teil-)Kurien in Münster von 1647 I 31

34
Der Text wurde nicht ermittelt; die „Meinung“ der (Teil-)Kurien in Münster muß im
35
wesentlichen jener des FRM vom selben Datum entsprochen haben, da sich der KFR in
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der Re- und Correlation dessen Mehrheitsmeinung angeschlossen hatte ( APW III A 1/1,
37
716 Z. 1–9, 33ff.); Text der Aufzeichnung dieser „Meinung“, Münster s. d., an den ksl.
38
Hof überschickt: Österreich A III (XXXVII) fol. 40–40’ (mit Namen der drei Rst. , die
39
abweichend votiert hatten). Sachlich stimmen die Wiedergaben im KFR-Protokoll ( APW
40
III A 1/1, 716 Z. 1–9) und im FRO -Protokoll (S. 79f. Z. 12–17, 1–4) sowie die an den
41
ksl. Hof überschickte „Meinung“ nicht völlig überein (s. Anm. 17). Inhalt (hier nach der
42
Aufzeichnung der „Meinung“ des FRM ): [1.] Empfehlung eines ksl. Befehls an das RKG
43
zu künftigem Verzicht auf Verfahren gegen die Stadt Basel aufgrund des Privilegs von
44
1433 in einer Form, welche die Berufung anderer Orte der Schweizer Eidgenossenschaft
45
auf diese Entscheidung ausschließt; [2.] Einflußnahme auf Wettstein zur Erzielung eines
46
gütlichen Vergleichs im laufenden Verfahren.
(vgl. später
2
VI IPO = § 61 IPM).

3
RKG -Verfahren des Weinhändlers Florian Wachter gegen die Stadt Basel sowie deren Be-
4
schwerde
, die sich die Schweizer Eidgenossenschaft zu eigen gemacht hat, beim Kaiser über
5
das RKG , das ihre Privilegien und Exemtion mißachtet habe: Zustimmung zur „Meinung“
6
der Reichsstände in Münster über die diesbezüglichen Ratschläge an den Kaiser?

7
Eine Umfrage sowie Protest und Rechtsvorbehalt Magdeburgs wegen des Vorsitzes von Salz-
8
burg
und Gegenprotest und Rechtsvorbehalt Salzburgs.

9
Mehrheitsbeschluß: Suspension der Voten hinsichtlich einer grundsätzlichen Entscheidung
10
über die Exemtion Basels vom RKG ; Zustimmung zu den Vorschlägen der (Teil-)Kurien in
11
Münster zu Maßnahmen im laufenden Verfahren.

12
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Bayern, Salzburg,
13
Magdeburg, Pfalz-Lautern, Pfalz-Simmern, Pfalz-Zweibrücken, Sachsen-Altenburg, Sach-
14
sen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Brandenburg-Kulmbach,
15
Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle, Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-
16
Calenberg, Braunschweig-Wolfenbüttel, Württemberg, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt,

[p. 77] [scan. 193]


1
Baden-Durlach (durch Braunschweig-Celle), Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güst-
2
row, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast, Sachsen-Lauenburg, Anhalt, Wetterauer Grafen,
3
Fränkische Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)

4
Österreichisches Direktorium. Praemissis praemittendis, es würden
5
dieselben allerseits ex dictatura empfangen unndt sich darinnen ersehen
6
haben, was die stadt Basel an die Kayserlichen herrn plenipotentiarios,
7
dieselbe an das Churmaynzische directorium, dieses aber hinwieder an
8
fürsten und stände gelangen unndt zur berahtschlagung fürstellen laßen.
9
Nun sey zwar zu Münster darüber deliberiret und ein schluß gemachet
10
worden; weil aber derselbe nicht könte zum effect gebracht werden, es
11
werde dan diese materia auch hier in consultation gezogen

25
Um einen Gesamtbeschluß zu erhalten, auf dessen Grundlage ein Reichsga. erstellt werden
26
konnte, mußten die „Meinungen“ der (Teil-)Kurien in Münster und Osnabrück vorliegen.
27
Erst durch Zusammenrechnung der hier wie dort abgelegten Voten ergab sich das Gesamt-
28
ergebnis (zum Verfahren s. APW III A 3/3, LXVII–LXXI; der Kurmainzer Gesandt-
29
schaftssekretär Berninger hat es am 31. Januar 1647 Wettstein erläutert, s. Gauss, 36 Z. 7–
30
17). – Zu Vitus (Veit) Berninger (geb. 1618, ab Januar 1646 Kurmainzer Hofratssekretär
31
und Gesandtschaftssekretär, September 1646 geadelt, September 1669 in den Ritterstand
32
erhoben) s. Gauss, 294; Frank I, 80; Winfried Becker, 269.
, so hette man
12
es heutiges tages zur deliberation fürbringen wollen. Da dann vonnöthen
13
sein würde, ihnen vorhero in particulari von dieser sachen etwas mehrers
14
zu berichten:

15
Betreffend nun den anfang, woher die stadt Basel zu klagen bewogen
16
worden, so sey ein bürger zu Schletstadt, mit nahmen Florian Wachter

33
Der Weinhändler Florian Wachter (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden) hatte sei-
34
nen Wohnsitz aus dem frz. besetzten Schlettstadt/Sélestat im Unterelsaß nach Basel verlegt.
35
Im März 1640 wurde ein Weintransport Wachters auf dem Weg von seiner Heimatstadt
36
nach Basel überfallen und einige Pferde geraubt. Die Eigentümer der Pferde, Basler Fuhr-
37
leute, forderten Schadenersatz, verklagten Wachter 1640 vor dem Basler Stadtgericht und
38
legten 1641 gegen das Urteil Berufung ein. Auch in zweiter Instanz wurde ihre Scha-
39
denersatzforderung abgewiesen, doch die Verfahrenskosten sollte jede Partei selbst tragen.
40
Damit unzufrieden, appellierte Wachter an das RKG ( Wentzcke, 13; Gauss / Stoecklin,
41
180f.; Gauss, 304; Viehl, 13f.).
,
17
welcher unlangst wegen der langwierigen kriegespressuren von dannen
18
hinweg und nach Basell gezogen, wiewol er gleichwol sein hauß, wein-
19
berge und andere güeter zu Schletstadt behalten, hergegen aber mit einem
20
Baseler

42
Der Name von Wachters Basler Geschäftspartner wurde nicht ermittelt.
in compagnie eines weinhandels getreten. Alß er nun einsmahls
21
ein parthie weins von Schletstadt naher Basel bringen wollen, weren die
22
fuhren auf freyer straßen von einer Schletstäter parthey angegriffen und
23
die pferde weggenomnen worden. Und obwol die compagnie und die
24
fuhrleute starck gnug gewesen und sich wehren wollen, so hette er doch

[p. 78] [scan. 194]


1
(einestheils aus beysorg, das er es an seinen noch zu Schletstat haben-
2
den unbeweglichen güetern möchte entgelten müßen, anderstheils aber in
3
hofnung, durch hülf der Schletstätischen officirer wiederumb darzu zu
4
gelangen) sölches nicht wollen geschehen laßen, sondern den fuhrleuten
5
die pferde wiederzuschaffen versprochen. Die reuter aber, sölches vermer-
6
ckende, hetten die pferde meistentheils verparthieret

21
verparthieret bedeutet widerrechtlich beiseite geschafft ( Adelung IV, 1103).
, das er

15
6–7 nicht mehr als acht] Österreich A III (XXXVII): über 5 oder 6.
nicht mehr als
7
acht wiederbekommen können. Darauf und als er dergestalt seine zusage
8
nicht praestiren mögen, were er zu Basel verklaget und condemniret wor-
9
den. Er aber hette davon ad cameram appelliret, process ausgewürcket
10

16
10–11 und – erhalten] Herzogtum Bayern A I 1 und Würzburg A I 1: Die statt Baßl
17
aber [hätte] solchem nicht comparirt, weil sie in der Aydtgenosßschafft und vermög
18
solcher gemeiner freyheit von allen gerichten exempt wehren; derentwegen [hätte] das
19
cammergericht gegen der statt Baßl die repressalien vorgenohmmen und ein Baßler
20
gütterschiff zu Speyr anhalten lassen.
und, als die Baseler darauf nicht compariren wollen, repressalia wieder sie
11
erhalten

22
Das RKG erließ am 15. Juni 1646 ein Arrestmandat gegen die Stadt Basel, weil diese auf ihre
23
Vorladung nicht reagiert hatte (Text: HHStA MEA FrA Fasz. 12 unfol.). Aufgrund dieses
24
Mandats konnte zur Sicherung der Ansprüche Wachters das Eigentum (z. B. Handelsware)
25
Basler Bürger beschlagnahmt werden. Weil es sine clausula (iustificatoria) ergangen war,
26
konnten die Beklagten keine Einwendung vor Gericht vorbringen ( Gallati, 142f.; zum
27
Arrestverfahren s. Linde, 436–443, zum Mandatsprozeß Dick, 56, 93ff.; Hinz, 235f.).
. Darüber [hätten] sich dann die Baseler und neben ihnen die
12
ganze Aydgenoßschafft beklaget

28
Zuerst beklagten sich die 13 Orte der Schweizer Eidgenossenschaft am 22. Juli 1643 beim
29
Ks. (Text, am 15. Juli 1644 als Duplikat erneut verschickt: Jan III, 206f.), nachdem Basel sich
30
auf den Gemeineidgenössischen Jahrrechnungstagsatzungen über seine Vorladung beklagt
31
und damit 1644 auch ein Schreiben an den RKG -Präsidenten erwirkt hatte (Regest: EA
32
V.2.I, 1285 und 1323). Ferner interzedierte Longueville als Fürst der Gft. Neuenburg
33
(einem zugewandten Ort der Schweizer Eidgenossenschaft) bei Volmar am 14. September
34
1646 für die Stadt Basel (ksl. Ges. an Ks. Ferdinand III., Münster 1646 IX 18: APW II
35
A 5 Nr. 8; Bosbach, 48). Zuletzt wandte sich Wettstein als Ges. Basels, aber auch für die
36
Eidgenossenschaft sprechend, mit seiner Proposition (Anm. 2) am 2. Januar 1647 an die ksl.
37
Ges. in Münster ( Gauss, 13 Z. 3–10).
, und [es] fundirten sich dieselben 1. auf
13
ihre souverainität

38
S. die Deduktion von 1647 I 9 (Anm. 3): die Eidgenossenschaft sei ein freier Stand, so keinen
39
andern Richter als sich selbsten erkhennet, welcher auch solcher und anderer Souverainetet
40
in unfürdenkhlichem ruehigem Posseß gebliben und noch ist (EA V.2.II, 2269). Der Begriff
41
der Souveränität bezeichnet dabei nur ein Herrschaftsrecht und nicht im Sinne der von
42
Jean Bodin (1530–1596) begründeten modernen Souveränitätslehre den Inbegriff aller
21
Herrschaftsbefugnisse, die Bodin aus der Gesetzgebungsbefugnis ableitet. Für ihn sind
22
die unter dem Begriff „Souveränität“ zusammengefaßten Befugnisse und Zuständigkeiten
23
insofern absolut, als er sie nur dem göttlichen Gebot und dem Naturrecht unterworfen
24
sieht ( Quaritsch, 255–266). Die Schweizer Eidgenossenschaft war in diesem Sinne nicht
25
souverän, da sie dem Reichsverband noch angehörte, wenn sie auch seit 1499 faktisch der
26
Reichsgewalt nicht mehr unterworfen war (s. Anm. 37). Dabei war der Status der nach 1499
27
beigetretenen Mitglieder (wie der des Kantons Basel) ungeklärt, und das RKG beanspruchte
28
weiterhin Gerichtshoheit über Basel und andere Mitglieder der Eidgenossenschaft.
, dafür sie von allen christlichen potentaten erkennet
14
unndt passiret würden,

[p. 79] [scan. 195]


1
2. in dem privilegio Sigismundi imperatoris, so hernach vom kayser Fri-
2
derico III. confirmiret worden und des inhalts sey, das von der stadt Basel
3
extra casum denegatae iustitiae nicht appelliret werden solte

29
Ks. Sigismund hatte die Stadt Basel 1433 VIII 12 im referierten Sinn und mit Verweis auf
30
Vorurkunden Ks. Karls IV. und Kg. Wenzels privilegiert, Ks. Friedrich III. das Privileg 1452
31
bestätigt (Text [Transsumpt], diktiert Osnabrück 1647 I 22 durch Kurmainz: Londorp
32
VI, 138ff.; Jan III, 98–102). Es führt das ksl. Hofgericht und das Rottweiler Landgericht
33
als nicht zuständig auf, ausgenommen in Fällen von Rechtsverweigerung durch die Basler
34
Gerichte.
.

4

18
4–8 Ihre – laßen] Herzogtum Bayern A I 1 und Würzburg A I 1: Trotz der Maßnahmen
19
des Kaisers hette doch die statt Baßl nicht münder eine abordnung zu disen generaltrac-
20
taten und ferners ansuechen gethan.
Ihre Kayserliche mayestät hetten hierauf an daß cammergericht geschrie-
5
ben und deren bericht abgefordert, immittelst aber demselben weiter zu
6
verfahren inhibition gethan

35
Ks. Ferdinand III. hatte das RKG im Oktober 1646 zur Berichterstattung aufgefordert und
36
befohlen, das Verfahren gegen Basel und seine Bürger bis zu seiner weiteren Resolution
37
ruhen zu lassen, s. seine Mitteilung darüber an die Schweizer Eidgenossenschaft, Preßburg
38
1646 X 8 (Text: Jan III, 208f.); s. auch [Nr. 140 Anm. 3] , Beilage 3.
. So hette auch der Baselische abgeordnete
7
bürgermeister an die Kayserlichen herrn plenipotentiarios die sache gelan-
8
gen laßen

39
Durch seine Proposition vom 2. Januar 1647 (s. Anm. 2).
. Würde demnach darvon zu reden sein, was ihrer Kayserlichen
9
majestät dißfals für ein gutachten einzurahten; zu dem ende er dann, so
10
es ihnen beliebte, was hierüber zu Münster am 31. Ianuarii st. n. für eine
11
mainung gefallen, eröfnen wolte.

12
(Welche er dann verlase, und der inhalt dahin ginge:) Es were einhellig
13
geschloßen, ihrer majestät einzurahten, dero Kayserlichem cammergericht
14
anzubefehlen, das sie forthin die stadt Basel in crafft des angezogenen Kay-
15
serlichen privilegii mit dergleichen processen verschonen solten; doch zu
16
verhüetung weiterer consequenz were etwan die clausul „aus bewegenden
17
ursachen“

40
Die Klausel lautet in der Aufzeichnung der „Meinung“ (s. Anm. 5) auß sonderbahren unnd
41
bewegenden ursachen.
zu annectiren, sodann auch, [um] das Kayserliche cammer-

[p. 80] [scan. 196]


1
gericht immittels wegen dieses actus bey respect zu erhalten, die clägere
2
zur güetlichen vergleichung mit dem Wachter zu disponiren und nach
3
gelegenheit eine commission deswegen anzuordnen etc.

27
In der Aufzeichnung der „Meinung“ (s. Anm. 5) fehlt die Empfehlung zur Bildung einer
28
Kommission. Gemäß der Wiedergabe des gemeinsamen Beschlusses von KFR und FRM im
29
Protokoll des KFR (s. Anm. 5) wurde ausdrücklich empfohlen, die Exemtion Basels vom
30
Reich stillschweigend zu übergehen ( APW III A 1/1, 716 Z. 6f.). Es fehlt dort der Rat zu
31
einem gütlichen Vergleich im laufenden Verfahren und zur Bildung einer Kommission.

4
Ita omnes praeter Speyer, Weißenburgk etc.

32
Nach der Aufzeichnung der „Meinung“ (s. Anm. 5) stimmte auch die Fürstabtei Prüm
33
nicht zu. Deren Ges. , Dr. iur. utr. Hermann Adolf Scherer (gest. 1685), war Rat des Hst.s
34
Speyer, das er neben Prüm und der Fürstpropstei Weißenburg/Wissembourg für Philipp
35
Christoph von Sötern im FRM vertrat. Prüm war Kurtrier inkorporiert, Weißenburg dem
36
Hst. Speyer, so daß beide Stimmen auf Sötern als Kf. von Trier und Fbf. von Speyer fielen.
37
Scherer nahm als Kurtrierer Sekundarges. auch an Sitzungen des KFR teil. Am 18. Oktober
38
1645 in Münster eingetroffen, blieb er dort als besonderer Vertrauter des Kf.en bis zum
39
Ende des WFK ( APW II A 2, 527 Z. 29f.; APW III A I.1, 366 Z. 14; Wolff, 62 Anm. 97;
40
Abmeier, Sötern, 21f.; Thomas Berger, 685; Henze, Weißenburg, 1051f.; Lehsten II, 78f.;
41
zu Philipp Christoph von Sötern s. jetzt Metz, 744; Abmeier, Philipp Christoph, 386f.).

5
Österreich. Bey dieser sache würde seines erachtens dieses zu erwegen
6
sein, das die Schweizer und insonderheit die Baseler uf zwey fundamenta
7
ihr petitum gesezet, alß 1. uf ihre souverainität, 2. uf ihr privilegium,
8
welches sie vom kayser Sigismundo erlanget und vom kayser Friderico III.
9
confirmiret worden.

10
Soviel das 1. anlanget, würden gewiß die Schweizer es nicht leiden, das
11
man dieselbe disputiren wolle, weil sie selbst sich so viel lange jahr her
12
exempt gemachet. Solte man aber expresse darein willigen, würde es dem
13
Reich zu nahe sein, weil sie dergestalt ganz darvon abgerißen würden.

14
Hielte demnach 2. beßer zu sein, wann der punct ganz übergangen und
15
nur das privilegium in consideration gezogen würde, welches dann die
16
stadt Basell von aller iurisdiction ausnehme und nur den casum denegatae
17
iustitiae excipire, der sich aber alhier nicht appliciren laße, sondern viel-
18
mehr des clägern wieder den Wachter iustitia administriret worden sey.
19
Also das nach dieser regul man a parte Österreich das Münsterische con-
20
clusum wol approbiren könne, das nemblich ihrer mayestät einzurahten,
21
umb eine sölche verordnung zu thun, damit das Kayserliche cammerge-
22
richt die stadt Basell weiter nicht beschweren möge. Dann solte man es der
23
stadt Basel schlechterdinge abschlagen, so sey gewiß, das die Schweizer
24
es dürfften für einen wiederwillen unnd ruptur aufnehmen, worüber es
25
dann leichtlich einen newen krieg oder doch wiederumb repressalien oder
26
andere thätligkeit und weitleufftigkeit geben dürffte; oder, weil sie einen

[p. 81] [scan. 197]


1
gesanten hier haben (wie dann ohnedes ad illius instantiam die herrn Fran-
2
zosen den Kayserlichen herrn plenipotentiariis die sache recommendiret
3
hetten

30
D’Avaux hatte Wettstein am 26. Januar 1647 schriftlich versichert, daß er Trauttmans-
31
dorff die Exemtion nachdrücklich empfehlen werde. Longueville riet am 3. Februar 1647
32
d’Avaux, der damals in Osnabrück weilte, sich bei den Ksl. (und den Schweden) für die
33
Interessen der Schweizer Eidgenossenschaft einzusetzen und Wettstein zu unterstützen
34
( Gauss, 31 Anm. 4; 41 Anm. 2; APW II B 5/2, 1622 Anm. 169). Als Trauttmansdorff und
35
Volmar dem Ks. am 3. März 1647 über den Stand der Basler und eidgenössischen Exemti-
36
onssache berichteten und dabei zeitlich bis zum 2. Januar 1647 zurückgingen, erwähnten sie
37
keine frz. Fürsprache (s. APW II A 5 Nr. 286; zur Interzession Longuevilles im September
38
1646 s. Anm. 11).
), möchten sie sich zu den cronen schlagen und daselbst die sachen
4
incaminiren

39
incaminiren bedeutet einleiten, einfädeln, anzetteln ( Campe II, 415).
, welche ihnen dann gewiß nicht aus händen gehen, sondern
5
wol gar dieses werck mit in das instrumentum pacis zu rücken anmueten
6
würden. Also würden die cronen bey den Schweizern den danck verdie-
7
nen, dem Reich aber würde dadurch nur mehr praeiudiciret etc. Das man
8
aber erst commissiones anstellen und die Baseler dahin weisen wolle, das
9
würde den Baselern schwerfallen oder weinig nuzen haben. Dann solte
10
dieselbe vor den Baselern geschehen, würde es nullius effectus sein, son-
11
dern bey ihrem vorigem iudicato verpleiben; vor dem cammergericht aber
12
würden sie sich ia so weinig als izo einlaßen.

13
Wegen der clausul „aus sonderbahren bedencken“

40
S. Anm. 16.
were er der meinung,
14
das dieselbe nur außen zu laßen und schlechterding es zu sezen sey

27
14 etc.] Herzogtum Bayern A I 1 und Würzburg A I 1: und [es würde] sich uf das
28
privilegium zu beziehen sein, wider welches das cammergericht die statt Baßel nicht
29
turbiren solte.
etc.

15
Bayern. Hette sich zwart in denen per dictaturam communicirten schriff-
16
ten ersehen, nicht weiniger auch aus des hochlöblichen directorii mündtli-
17
chen relation vernommen, was zu diesem process anlaß gegeben und was
18
zu Münster darüber geschloßen worden. Möchte wünschen, das er ihr
19
churfürstlicher durchlaucht instruction hierüber hette erhalten können.
20
Weil aber sölches wegen kürze der zeit und weite des weges unmöglich
21
gewesen, so werde er sich vor dieses mahl cathegorice darauf nicht resol-
22
viren können.

23
Sonst sey aus der beschehenen communication so viel zu ersehen unnd zu
24
vernehmen, das ihr Kayserliche mayestät umb bericht an das cammerge-
25
richt geschrieben, immittels aber inhibiret, das sie weiter hierinnen nicht
26
verfahren solten. Ob nun sölcher bericht eingelanget, wiße er nicht, viel

[p. 82] [scan. 198]


1
weiniger, was die vörigen Römischen kayser deswegen an das cammer-
2
gericht gelangen laßen und ob demselben das privilegium exemtionis der
3
stadt Basell intimiret worden

30
Das RKG erstattete Ks. Ferdinand III. am 9. Februar 1647 über das Verfahren gegen die
31
Stadt Basel und ihre Bürger Bericht (Text: Jan III, 213–240; s. auch APW II A 5 Nr. 344
32
Beilage C). Das ksl. Privileg von 1433 (Anm. 13) war dem RKG nicht mitgeteilt worden, s.
33
das Reichsga. wegen der Exemtion der Stadt Basel von 1647 II 18 ( [Nr. 128 Anm. 2] , Moser,
34
Eydgenoßenschafft, hier 8, zweiter Absatz, beginnend Betreffend aber); s. auch unten bei
35
Anm. 45.
, immaßen er dann auch von angeregtem
4
privilegio noch keine copiam erlanget hette.

5
Österreichisches Direktorium. Were aber doch nebst den andern
6
dictiret worden.

7
Bayern. Der bericht müste billig erwartet werden, und weil von ihr
8
Kayserlicher mayestät dem Kayserlichen cammergericht schon inhibition
9
geschehen, so were nicht zu besorgen, das mehr actus fürgehen müchten,
10
und könte dahero der Baselische gesante bis solang wol in ruhe stehen und
11
bis dahin zur gedult verwiesen werden. Wann man aber die haubtsache
12
der exemtion selbst fürnehmen und dieselbe in deliberation ziehen wolte,
13
könte und würde er sich darinnen wegen angezogenen defectus instruc-
14
tionis nichts haubtsachliches erklehren, sondern anderer herrn gesanten
15
vernünfftige gedancken darüber vernehmen.

16
Salzburg. Sie, die fürstlichen erzbischöflichen Salzburgischen abgesan-
17
ten

36
Ob alle drei Ges. , Zauchenberger, Motzel und Reiter, an der Sitzung teilnahmen, konnte
37
nicht ermittelt werden. Wahrscheinlich fehlte Motzel, der auch für das Hst. Freising
38
bevollmächtigt war, denn das Hst. war in dieser Sitzung nicht vertreten.
, hetten aus denen communicirten schrifften ebenfals ersehen, was
18
an die Kayserlichen herrn plenipotentiarios die stadt Basel und die herrn
19
Aydgenoßen ihrenthalber gelangen laßen; imgleichen hetten sie auch mit
20
mehrerm verstanden, was das hochlöbliche directorium anizo mündt-
21
lich fürgetragen. Hetten wünschen mögen, das die zeit es gelitten, ihrer
22
hochfürstlichen gnaden

39
Zu Paris Gf. von Lodron, Ebf. von Salzburg, s. jetzt Ortner, 67f.
unterthenigste relation deswegen zu thun und
23
instruction darüber einzuholen. Demnach aber leicht zu erachten, das die
24
kürze der zeit und weite entseßenheit ihres gnedigsten herrn principalen
25
sölches nicht zugelaßen, so würde ihnen schwerfallen, in einer so wichti-
26
gen, hochimportirenden sache sich so geschwind und mit haubtsächlicher
27
resolution zu erklehren. Hielten aber unterdeß dafür, weil schon von ihr
28
Kayserlicher mayestät deswegen inhibition an das cammergericht ergan-
29
gen, so könte ihres ermeßens die stadt dismahl wol damit begnüget sein

[p. 83] [scan. 199]


1
unndt erwarten, was uf einlangung des cameralischen berichts ihre Kay-
2
serliche mayestät mit einrahtung churfürsten, fürsten und stände sich ent-
3
schließen möchten. Wolten sich ihrestheils bey ihrem gnedigsten fürsten
4
unnd herrn nochmahls bescheidts erholen, unterdeß aber gerne der herrn
5
nachsizenden mainung darüber vernehmen, sonderlich weil sie über dem
6
von der stadt Basel haubtsachlich allegirten privilegio weinig nachricht het-
7
ten, davon vielleicht die nachstimmende mehrern bericht würden geben
8
können, welches sie dann ad referendum annehmen und auf allen fall denen
9
maioribus sich conformiren wolten.

10
[Das] Österreichische Direktorium wolte hierauf den herrn Pfalz
11
Lauterischen auffordern.

12
Magdeburg. Ihm gebühre nun zu votiren.

13
Herr Lampadius: Magdeburg müße das vierdte votum haben

33
So war es im Magdeburger Revers über die Zulassung des Est.s zum WFK, datiert auf 1645
34
XII 11/21, festgelegt (s. APW III A 3/2 [Nr. 59 Anm. 20] ). Bereits in den FRO -Sitzungen
35
vom 3. und 5. Februar 1646 war es zu Auseinandersetzungen über diese Votierordnung
36
gekommen ( APW III A 3/3 Nr. 95 bei Anm. 33, Nr. 96 bei Anm. 18).
.

14
Österreichisches Direktorium. Es ginge von einer banck uf die an-
15
dere etc.

37
Zu dem wechselweisen Votieren von geistlicher und weltlicher Bank s. APW III A 3/3
38
[Nr. 96 Anm. 20] .

16
Salzburg. Es sey aber also verglichen; was einmahl abgehandelt sey, dar-
17
bey müße es verpleiben.

18
Worauf entlich daß Österreichische Direktorium acquiescirete und
19
den fürstlich erzbischoflich Magdeburgischen herrn abgesandten aufruf-
20
fete.

21
Magdeburg. Hette gleichergestalt per dictaturam empfangen, was von
22
dem Baselischen abgeordneten übergeben, woraus er ersehen, wasgestalt
23
die stadt Basel sich beschwere wegen eines processes, so am Kayserlichen
24
cammergericht wieder die ihrigen verstattet worden etc. Deßgleichen hette
25
er die fernerweite mündtliche relation des Österreichischen hochlöblichen
26
directorii angehöret, auch wohin der herrn Münsterischen gedancken dis-
27
fals gegangen.

28
Wiewol nun von ihr fürstlicher durchlaucht er hierüber auch nicht in spe-
29
cie instruiret sey, halte er doch dafür, weil nicht praesumirlich, das das
30
Kayserliche cammergericht dergleichen process würde decerniret haben,
31
wo nicht des Heyligen Römischen Reichs iurisdictio richtig fundiret sey,
32
das demnach der herrn cameralium bericht hierüber in alle wege zu ver-

[p. 84] [scan. 200]


1
nehmen. Und weil er verstünde, das sölches schon geschehen und von ihr
2
Kayserlicher mayestät selbst dergleichen bericht allergnedigst begeret wor-
3
den, so würde derselbe, woferne er einkommen, fürsten und ständen zu
4
communiciren oder, do er noch künfftig einlangen müchte, alsdan davon
5
part zu geben unnd darauf die sache weiter in reiffe deliberation zu stellen
6
sein; bis dahin er dann wie Bayern unnd Salzburg sein votum suspendiret
7
haben wolle.

8
Sonst aber, weil er verspürete, das die herrn Salzburgischen sich auch hier-
9
bey mit eingefunden, vermuetlich dem primat- und erzstifft Magdeburg
10
an seiner zustehenden praerogativ unnd fürsiz zu praeiudiciren

25
Zum Präzedenzstreit zwischen Magdeburg, Salzburg und Österreich, das hier aufgrund
26
der Alternationsregelung mit Salzburg unangefochten das Direktorium führte und daher
27
die erste Session einnahm, s. APW III A 3/3 [Nr. 95 Anm. 35] . Magdeburg hatte bereits
28
am 17. April 1646 im FRO gegen den Vorsitz Salzburgs protestiert und sich seine Rechte
29
vorbehalten ( APW III A 3/3, 382 Z. 16–34).
, wolle
11
er darwieder solenniter protestiret und hochgedachtem primat- und erz-
12
stifft seine notturfft und iura omni meliori modo reserviret haben, mit
13
bitte, sölche protestation ad notam zu nehmen und dem reichsprothocollo
14
einzuverleiben.

15
Salzburg. Wiewol man sich a parte Salzburg nicht versehen, das der
16
herr Magdeburgische abgesanter wieder das notorische reichsherkommen
17
und dem erzstifft Salzburg zustehende praecedenz etwas weiters moviren
18
würde, dieweil aber sölches anizo von ihme geschehen, so wolten sie die
19
vor diesem

30
Salzburgs Widerspruch und Rechtsvorbehalt vom 17. April 1646 (s. APW III A 3/3, 383
31
Z. 1–4, 8f.) hatte sich gegen den erwähnten Protest Magdeburgs (s. vorige Anm.) gerichtet.
abgelegte contradiction hiemit wiederholet und dem erzstifft
20
Salzburg alle competirende iura und praerogativ reserviret haben.

21
Magdeburg. Repetirte priora und bezoge sich uf die reichsabschiede de
22
annis 1500, 1507 und 1512

32
Gemäß der Aufzählung aller vertretenen Rst. in den RA der RT von Augsburg (1500
33
IX 10), Konstanz (1507 VII 26) sowie Trier und Köln (Hauptabschied von 1512 VIII 16,
34
Nebenabschied von 1512 VIII 26) hatte das Est. Magdeburg in Augsburg und Konstanz
35
den ersten Rang auf der geistlichen Fürstenbank vor dem Ehgt. Österreich und dem
36
Est. Salzburg eingenommen, wobei Magdeburg durch den Ebf. selbst (s. folgende Anm.),
37
Österreich und Salzburg aber durch Ges. vertreten waren. 1512 stand im Hauptabschied
38
Salzburg an erster Stelle, im Nebenabschied Magdeburg; Österreich ist nicht genannt
39
( Sammlung II, 90, 117, 145f., 150; Wittich, 54ff., 84f.).
, daraus clährlich zu ersehen, das daß primat-
23
unnd erzstifft Magdeburg erstlich, darnach das hauß Österreich und tertio
24
loco Salzburg geseßen hetten.

[p. 85] [scan. 201]


1
Salzburg. Repetebat itidem priora, und könte auf die angezogenen
2
reichsabschiede leicht geantwortet und das contrarium remonstriret wer-
3
den. Dann was den reichsabschied de anno 1500 anlange, sey damahls
4
der herr erzbischof von Magdeburg in persohn

21
Hg. Ernst von Sachsen (1464–1513), 1476 postulierter Ebf. von Magdeburg (1479 päpstliche
22
Genehmigung der Postulation), 1479 Adm. von Halberstadt, 1489 Ebf. von Magdeburg
23
( Sammlung II, 90; Eubel, 162, 183; Gulik/ Eubel, 232; Schwineköper, Ernst, 615f.;
24
Pilvousek, Ernst, 171).
, von Salzburg aber
5
nur gesante

25
Das Est. Salzburg wurde auf dem Augsburger RT von 1500 durch Dr. Sebastian Ilsung
26
vertreten, der auf Drängen Kg. Maximilians I. und zunächst ohne Wissen des Ebf.s von
27
Salzburg dem öst. Ges. den Vorrang einräumte und dafür am 28. Juli 1500 vom Kg.
28
eine Urkunde mit der Versicherung erhielt, daß dies keine Rangminderung für Salzburg
29
bedeute ( Wittich, 54f.; zu Sebastian Ilsung III., zunächst fbfl. bambergischer Rat, 1496
30
Richter des Schwäbischen Bundes, 1506 Domherr zu Freising, 1514 hgl. bay. Regierungsrat
31
in Landshut, gest. 1525, s. Lieberich, 173; Blendinger, 141).
dagewesen, woraus dan ganz nichts zu inferiren, sinte-
6
mahl bekand, das dem gemeinen reichsstylo nach alle anwesende fürstliche
7
persohnen der andern stände gesanten propter meliorem commoditatem
8
fürsizen, wie dann auch sonst niemahls einiger geistlicher fürst sich unter-
9
standen hette (außer, was izo von seiten Magdeburg newerlich geschehe),
10
dem erzstifft Salzburg einigen stritt deswegen zu machen, daß also aus den
11
allegirten reichsabschieden ganz nichts concludiret würde etc. Hergegen
12
aber hetten sie sich nicht allein uf das unstreitige reichsherkommen, son-
13
dern auch uf Kayserliche in den handen habende documenta zu beziehen,
14
da auch noch lange für der im erzstifft Magdebürgk fürgangenen muta-
15
tion der religion

32
Nachdem sich die Reformation in den Städten des Est.s Magdeburg bereits um 1540
33
durchgesetzt hatte, wurde sie unter Ebf. Sigismund, Mgf. von Brandenburg (1538–1566),
34
offiziell eingeführt. 1552 zum Ebf. von Magdeburg und Adm. von Halberstadt postuliert,
35
förderte er nach der päpstlichen Konfirmation für Halberstadt (1556) und Magdeburg
36
(1562) seit 1561 offen die ACund bekannte sich zu ihr auf dem Augsburger RT 1566, auf
37
dem er mit den Reichsregalien belehnt wurde ( Gulik / Eubel , 207, 232; Schrader, 78ff.;
38
Pilvousek, Sigismund, 665; Leeb, 13).
auf denen anno 1542, 1543, 1544 bey regierung kaysers
16
Caroli V. und Ferdinandi I. gehaltenen reichstägen das erzstifft Salzburg
17
neben dem hause Österreich eben uf die weise und mit der alternation wie
18
heutiges tages den vorsiz vor Magdeburg genommen, worüber hernach
19
die Kayserlichen herrn commissarii gewiße documenta ausgestellet hetten,
20
deren originalia noch in dem Salzburgischen archivo verhanden weren

39
Alternationsregelung der Ges. des Hauses Österreich und des Ebf.s von Salzburg bei der
40
Session auf dem Nürnberger RT 1542 durch die ksl. RT -Kommissare Friedrich Pgf. bei
41
Rhein, Haug XVI. Gf. zu Montfort sowie Johann von Naves zu Messancy von 1542 VIII 3;
42
eine entsprechende Erklärung des ksl. Kommissars Naves vom Nürnberger RT datiert von
21
1543 IV 16, eine weitere Ks. Karls V. vom RT in Speyer von 1544 II 23 (Texte: ThStA Altes
22
Hausarchiv Klasse I E 12 fol. 506–506’, 507–507’, 508–508’). Salzburg beanspruchte trotz
23
der seit 1542 üblichen Alternationsregelung mit Österreich die erste Session und protestierte
24
deshalb auch auf dem WFK ( Willich, 108f.; APW III A 3/3 [Nr. 117 Anm. 12] ). – Zu Pgf.
25
Friedrich (1482–1556, als 1544 als Friedrich II. Kf. von der Pfalz) s. Schwennicke I.1 T. 93;
26
Fuchs, Friedrich II., 528ff.; Schaab II, 20ff.; zu Haug (Hugo) XVI. Gf. zu Montfort in
27
Tettnang (ksl. Rat, gest. 1564) s. Europäische Stammtafeln NF XII T. 55; Burmeister,
28
53; zu Johann von Naves zu Messancy (ca. 1500–1547, 1541–1547 Reichsvizekanzler) s.
29
Aulinger, Naves, 1f.
.

[p. 86] [scan. 202]


1
Dahero ihnen dieses Magdeburgische fürbringen desto mehr befrembtlich
2
fürkehme.

3
Magdeburg. Wiewol darauf mit gnungsamen grunde geantwortet wer-
4
den könne, dieweil es aber nicht huius loci, so laße er es nochmahls bey
5
eingewendeter protestation bewenden unnd reservire suo loco et tempore
6
die notturfft.

7
Pfalz-Lautern. Ex parte Pfalz Lautern habe man auch den defectum
8
mandati einzuwenden, unndt weil in vorstimmenden votis wichtige uhr-
9
sachen fürkommen, warumb der herrn cameraln berichts zu erwarten,
10
zumahln ihre Kayserliche mayestätt denselben allergnädigst begeret, alß
11
wolte er sich sölchen votis conformiret haben etc.

12
Pfalz-Simmern und -Zweibrücken. Auch also etc.

13
Sachsen-Altenburg. Die stadt Basell suche nicht allein inhibition we-
14
gen der bisherigen processe, sondern auch, das ihre souverainität stabiliret
15
werde, welches gleichwol eine wichtige sache sey, darbey alles wol in acht
16
zu nehmen, deren aber ihre fürstliche gnaden sich nicht versehen und
17
dahero ihn auch nicht habe instruiren können. Sonst sey in thesi bekand,
18
was die doctores insgemein von sölchen exemtionibus schreiben unndt
19
statuiren, man seze gleich das fundament auf das privilegium oder auf die
20
praescription

30
praescription bedeutet Verjährung ( Oberländer, 548 s. v. Praescriptio; Kaufmann, Ver-
31
jährung
, 734–738). Es war umstritten, ob wichtigere Regalien bzw. ksl. Reservatrechte von
32
den Fürsten durch Ersitzung erworben werden konnten. Zacharias Viëtor aus Korbach
33
(1584–1641) vertrat in seiner Basler Dissertation von 1615 die Ansicht, daß Gerichtsbarkeit,
34
Regalien und Imperium verjähren könnten. Hingegen sei eine völlige Exemtion vom Reich,
35
die das Verlöschen aller Bindungen an dasselbe bedeute, nicht durch Verjährung (und auch
36
nicht auf anderem Wege) zu erwerben. Alle faktischen Exemtionen geschähen daher unter
37
Vorbehalt der höchsten Jurisdiktion des Ks.s, weil sowohl der Eximierende als auch der
38
Exemte unter der Oberhoheit des Reiches verblieben ( Mommsen, Staatssouveränität, 229–
39
235). Viëtors Dissertation wurde 1621 in Gießen neu aufgelegt und noch auf Jahrzehnte
40
hinaus zu Fragen des Exemtionsrecht zitiert, so daß sie Thumbshirn bekannt gewesen sein
41
mag. Zu Viëtor (1615 und 1616 Prokurator am RKG , 1616–1641 gfl. waldeckischer Kanzler
15
in Arolsen) s. Zedler XLVIII, 1190f.; Menk, Aspekte, 49; Derselbe, Beziehungen, 65f.;
16
zu seiner Dissertation s. Mommsen/ Kundert, 237 Nr. 1125; zur Bedeutung dieser tief
17
eindringenden und durch reiche Belege aus der älteren Consilienliteratur abgesicherten
18
Dissertation s. auch Willoweit, 250f., 283f., 300, 304, 344, und allgemein zur Bedeutung
19
der Exemtion nach traditioneller Reichsrechtslehre Jorio, Nexus Imperii, 135.
. So sey auch nicht weiniger bekand, was die Kayserliche

[p. 87] [scan. 203]


1
capitulation dißfals in sich halte

20
S. die Wahlkapitulation Ks. Ferdinands III., Regensburg 1636 XII 24, Art. IX: der Kg. darf
21
Reichsgut nur mit Zustimmung der Kf.en veräußern und soll mit Rat der Rst. bestrebt sein,
22
daß alles entfremdete Reichsgut wiedergewonnen und wegen der veräußerten Reichslehen
23
in Italien nachgeforscht werde. Dies stand inhaltlich entsprechend bereits in den Wahlka-
24
pitulationen der Vorgänger (Christoph Ziegler, 128f., 153 [Angabe der Parallelstellen für
25
die Wahlkapitulationen seit Ks. Karl V.]).
. Könne derowegen dißmahl noch nicht
2
darauf votiren, weil noch viel sachen sich finden würden, so erst recht
3
anzusehen, sonderlich das privilegium, welches er noch nicht empfangen
4
hette. Conformirte sich also immittels mit Bayern.

5
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburg unnd gleichstimmende etc.

6
Sachsen-Weimar. Weil fast alle vorhergehende vota defectum mandati
7
allegiret, dergleichen ihme dan auch begegnet, als müße er sein votum
8
gleichsfals suspendiren, und halte wol dafür, das der desiderirte camera-
9
lische bericht etwas mehr licht in der sachen geben werde. Erinnere sich
10
sonst incidenter, das anno 1629 ein Baseler professor

26
Dr. iur. Melchior ab Insula, frz. de Lisle oder de l’Isle, sieur de Hunnewald (1580–1644),
27
aus prot. Genueser Exilfamilie, war 1613–1628 Prof. der Rechtswissenschaft in Basel und
28
seit 1629 im Dienst Frk.s in verschiedenen diplomatischen Missionen im Reich und Italien
29
tätig (u. a. 1631 Ges. zum ev. Konvent in Leipzig, Ende 1631 Ges. zu Kg. Gustav Adolf
30
von Schweden nach Mainz und März 1632 zu Lgf. Wilhelm V. von Hessen-Kassel). 1632–
31
1644 frz. Resident in Straßburg, hatte er seit 1635 keinen Einfluß mehr am frz. Hof.
32
Er zog bereits 1628 nach Straßburg, nachdem das Basler Stadtgericht einen von ihm
33
1624 getätigten Liegenschaftserwerb für rechtswidrig erklärt hatte. Nach seinem Weggang
34
und der Aufkündigung seines Bürgerrechts zitierte ihn die Stadt Basel, beschlagnahmte
35
wegen seines Fernbleibens seine Güter in Basel und Münchenstein (südlich von Basel) und
36
verhängte eine hohe Geldbuße. Insula appellierte 1628 an das RKG und bemühte sich
37
auch um die Unterstützung Frk.s in diesem Rechtsstreit. Das RKG sprach ihm Anspruch
38
auf Schadenersatz zu und verfügte deshalb die Beschlagnahme Basler Güter im Reich, doch
39
kam es, anders als im Fall Wachter (Anm. 10), nicht zum Vollzug. Nach seinem Tod führte
40
seine Witwe den Rechtsstreit bis in die 1650er Jahre weiter ( Zedler XIV, 763; Moréri IV,
41
730; EA V.2.II, 1277; Roberts, 486, 584f., 594 Anm. 4; Gauss, 298; Würgler, 345–351;
42
Viehl, 11ff.; Stein, 102f.; Livet, 1757f.).
am Kayserlichen
11
cammergericht in dergleichen sachen process erhalten und [es] also ein
12
alter streit sey.

13
Und wiederholete im übrigen diß votum wegen Sachsen-Gotha und
14
-Eisenach.

[p. 88] [scan. 204]


1
Brandenburg-Kulmbach. Uber diß, was vom hochlöblichen direc-
2
torio inn umbfrag gestellet worden, sey er ebenermaßen nicht in specie
3
instruiret. Halte aber dafür, seine gnedige fürsten und herrn werden viel-
4
mehr darauf sehen, wie die authorität des Kayserlichen cammergerichts zu
5
conserviren und zu vermehren, als das sie dieselbe solten verringern laßen.
6
Alldieweil nun die exemtion und souverainität altioris indaginis sey, so
7
were sölches seines erachtens uf einen reichstagk zu verschieben, immit-
8
tels aber, damit denen partheyen geholffen werde, dieselben zu güetlicher
9
handlung zu verweisen.

10
Idem wegen Brandenburg-Ansbach. Und wolte im übrigen ihren
11
fürstlichen gnaden beederseits davon unterthenig referiren und gnediger
12
instruction erwarten etc.

13
Braunschweig-Celle. Es sey bekand, wie die Schweiz vom Reich kom-
14
men; es sey auch bekand, das die stadt Basel nicht allezeit und von anfang,
15
sondern nur etwan in 100 jahren oder etwas darüber sich dem Reich
16
entzogen

27
Die Schweizer Eidgenossenschaft hatte im Frieden von Basel 1499 IX 22 mit Ks. Maxi-
28
milian
I. (Text: EA III.1, 758–762: Beilage 35) den Ausschluß jeder Reichsgewalt, Land-
29
friedens
-, Gerichts- und Steuerhoheit erreicht und gehörte dem Reich seither in nicht
30
weiter verpflichtender Form an. Die Stadt Basel, seit 1501 Mitglied der Eidgenossenschaft,
31
bezahlte seit 1541 keine Beiträge zum Unterhalt des RKG . Zum letzten Mal beschickte sie
32
1498 den RT in Freiburg/Br.; auf dem WFK blieb ihr Ges. bewußt dem SR fern (Auszug aus
33
dem Amtsbuch des RKG -Pfennigmeisters, Speyer [1647] III 14, Text, diktiert Osnabrück
34
1647 III 16[/26]: HStA Stuttgart A 90 D Bd. 19 fol. 35; RTA m. R. VI, 745; Momm-
35
sen
, Eidgenossen, 284–294; Greyerz, 691; Buchstab, 33; Gilomen, 1510; Wiesflecker,
36
1516f.; Im Hof, 1699; Schuler, 1602f.; Sieber-Lehmann, 28–34; Stadler, 59).
. Er erinnere sich aber nicht, das sölche exemption von dem
17
Römischen Reich iemahls sey approbiret worden. So folge auch nicht,
18
dieser oder ienner ist exempt, ergo ist er dem Kayserlichen cammerge-
19
richt gar nicht unterworffen, dann es künten fälle kommen, da sie der
20
iurisdictioni camerali doch subiect sein müsten, ob sie gleich sonst exemt
21
seyen

37
Vielleicht ist an jene Fälle gedacht, in denen trotz Exemtion bei Rechtsverweigerung durch
38
die lokalen Gerichte eine Appellation an das RKG möglich war. Die Stadt Basel hatte
39
im 15. Jh. ein Privileg erhalten, das bei allgemeiner Exemtion vom ksl. Hofgericht und
40
Rottweiler Landgericht eine entsprechende Ausnahme für Appellationsverfahren vorsah
41
(s. Anm. 13).
. Könte sich demnach ex abrupto nicht resolviren, sondern con-
22
formire sich immittels mit den vorsizenden, das nemblich das Kayserliche
23
camergericht erst darüber zu vernehmen, ehe man etwas gewißes hierin-
24
nen statuire, mitlerweile aber es also einzurichten, damit dem Römischen
25
Reich kein praeiudicium zugezogen und des cammergerichts iurisdictio
26
nicht imminuiret noch die exemtio confirmiret werde.

[p. 89] [scan. 205]


1
Und eben dieses auch wegen Braunschweig-Grubenhagen wie auch
2
suo loco et tempore wegen Braunschweig-Calenberg, imgleichen
3
auch wegen Baden-Durlach.

4
Braunschweig-Wolfenbüttel. Vernehme soviel, das die vorsitzenden
5
ganz gleichstimmig weren, wolle sich derowegen nicht aufhalten, son-
6
dern das fürstlich Braunschweig Lüneburg Zellische unnd Grubenhagi-
7
sche votum repetiret haben.

8
Braunschweig-Calenberg

36
Dieses Votum wurde schon vermerkt (s. oben Z. 2).
. Wie vorhin.

9
Württemberg. Ex parte Würtenberg hette man auch noch keine instruc-
10
tion einholen können unnd müste sich gleichsfals mit dem defectu mandati
11
entschüldigen. Doch soviel aus denen dictirten schrifften zu ersehen, hielte
12
er darfür, es hetten die herrn Baselische mit der schon geschehenen reso-
13
lution sich derzeit wol vergnügen können. Weil sie aber uf absolutam
14
exemtionem tringen, so gleichwol altioris indaginis sey unnd für das ganze
15
Reich gehöre, also halte er dafür, das es bey der Kayserlichen resolution
16
und gemachten verordnung zu laßen, insonderheit aber, das nochmahls
17
des Kayserlichen cammergerichts bericht zu begeren unnd zu erwarten,
18
hernach den ständen zu communiciren und sodan zu bedencken, ob die
19
quaestio izt zu erörtern oder ad comitia zu remittiren. Könte man aber
20
immittels die partheyen zur güete disponiren, ließe er ihme sölches gar wol
21
gefallen, unnd könte immittels ihr fürstlicher gnaden der verlauf berichtet
22
unndt instruction eingeholet werden.

23
Hessen-Kassel. Weil es ihme auch an instruction mangele und die ins
24
mittel gekommene umbstände nicht bekandt weren, so müße er sein votum
25
suspendiren. Könte sich aber immittels mit deniennigen conformiren, wel-
26
che dahin gehen, daß des cammergerichts bericht einzuholen und zu erwar-
27
ten sey.

28
Hessen-Darmstadt. Allegabat itidem mandati defectum, derohalben
29
ihme cathegorice sich zu erkleren bedencklich were, eventualiter bis uff
30
mehrere instruction dem Münsterischen concluso sich mehrentheils con-
31
formirende etc.

32
Mecklenburg-Schwerin. Über den defectum instructionis sehe er
33
auch die difficultatem istius exemtionis et privilegii, und weil große Schwie-
34
rigkeit darunter verborgen, könte er sich mit denen desto mehr confor-
35
miren, welche vermeinten, das des cammergerichts bericht zu erwarten.

[p. 90] [scan. 206]


1
Könte man immittels die execution suspendiren und die partheyen zur
2
güete behandeln, were er dießfals mit Würtenberg einig.

3
Mecklenburg-Güstrow. Wie zuvorn.

4
Pommern-Stettin. Weil die maiora uf eine dilatorische resolution ge-
5
hen, wolle er sein votum auch suspendiren, könne sich aber immittels mit
6
Würtenberg unnd Mecklenburg vergleichen, das nemblich die partheyen,
7
wo müglich, in güete voneinander zu sezen, und weil nun das Münsterische
8
votum quoad nervum auch dahin ziele, könne er sich damit desto eher
9
conformiren.

10
Pommern-Wolgast. Ebendaßelbe.

11
Sachsen-Lauenburg. Es sey im Österreichischen voto wol distinguiret
12
worden, dann ein anders sey, von der souverainitet zu reden, ein anders
13
aber, über den privilegiis zu halten

35
über den privilegiis zu halten bedeutet auf die Privilegien achtzuhaben ( Grimm X, 276 s. v.
36
halten Punkt 2 und 2ba); hier ist gemeint: das Privileg Ks. Sigismunds von 1433 (Anm. 13)
37
anzuerkennen.
. Das erste were billig propter rei
14
ponderositatem et defectum instructionis zu suspendiren et ad alium locum
15
zu remittiren.

16
Das andere aber betreffendt, wann dieses factum contra privilegia were,
17
könte man es wol alhie erörtern, weil es sonst materiam novorum motuum
18
geben könte. Woferne nun 1. das privilegium verhanden, daßelbe 2. dem
19
Kayserlichen cammergericht insinuiret und 3. zur observanz kommen, so
20
hielte er dafür, es were ihr Kayserlicher mayestätt dahin allerunterthenigst
21
einzurahten, das zwar der souverainität oder exemtion halber hier nichts
22
zu schließen, gleichwol aber camerae zu inhibiren, das sie die stadt Basel
23
contra privilegia et observantiam nicht weiter gravire. Iedoch könne er
24
auch damit wol einig sein, das vorhero noch umb bericht zu schreiben,
25
sonderlich propter notabilem illam privilegii clausulam sive exceptionem
26
casus denegatae iustitiae. Dann es sey sonst bekand, das bey der Aydge-
27
noßschafft die iustiz gegen frembde gar schlecht, gegen die ihrige aber gar
28
favorabel administriret würde, darüber dieiennigen stände, so sich deßen
29
am meisten beschweren, zu vernehmen.

30
Anhalt. Cum maioribus.

31
Wetterauer Grafen. Bezögen sich gleichsfals ad maiora, das nemblich,
32
soviel möglich, newe turbae zu verhüeten und die partheyen zur güete
33
zu disponiren. Repetirten also in effectu die Würtenbergische, Heßische,
34
Mecklenburgische und Pommerische vota.

[p. 91] [scan. 207]


1
Fränkische Grafen. Ex eodem mandati defectu vergleiche er sich mit
2
den vorhergehenden votis, das nemblich mehrer bericht unnd information
3
einzuholen, sonderlich in puncto exemtionis universalis, utpote causae
4
maxime arduae.

5
Österreichisches Direktorium.

25
5 Conclusum] Magdeburg D: Pro concluso; Österreich A III (XXXVII): Mainung.
Conclusum: Es gingen die maiora
6
dahin, weil die anwesenden herrn abgesanten hierauf nicht instruiret und
7
aber in einem so schweren exemtionpunct sich ohne sonderbahren speci-
8
albefehl nicht resolviren könten, alß were sowol der von ihr Kayserlicher
9
mayestätt begerte bericht vom cammergericht zu erwarten als auch von
10
hier aus daßelbe darüber zu vernehmen

26
Da das RKG seinen Bericht an den Ks. von 1647 II 9 (Anm. 22) als Beilage mit Schreiben
27
vom selben Datum (Text, diktiert Osnabrück 1647 II 24 durch Kurmainz: HStA Stutt -
28
gart A 90 D Bd. 19 fol. 14–14’ und 16–28’) an die Reichskurien schickte, erübrigte sich ein
29
eigener Bericht.
. Unterdeßen aber bleibe es bey
11
der Kayserlichen inhibition und der zu Münster gutbefundenen gütlichen
12
commission.

13
Nach gemachten concluso wurde umb den dem verlaut nach eingekomme-
14
nen cameralischen bericht von einen und andern stande gefraget. Darauf
15
Salzburg berichtete, das ihme zwart ein scriptum, διάσϰεψις genand

30
διάσϰεψις argumentorum Basiliensium praetensae ab Imperio et eiusdem camerali iudicio
31
exemtionis opponendorum (Text, s. l., s. d.: HHStA MEA FrA Fasz. 6[2] fol. 10–20’).
,
16
zu handen kommen, welches er auch den herrn Bayrischen

32
Falls dieser Text in Münster weitergegeben wurde, sind Haslang und Johann Adolf Krebs
33
gemeint; falls er (auch) in Osnabrück weitergeleitet wurde, ist Ernst gemeint.
communici-
17
ret hette in meinung, es würde soforth de manu in manum herumbgehen
18
und also auch den herrn evangelischen zukommen etc.

19
Österreich. Declarirte die intention seines voti, das es nemblich nicht
20
die stadt Basel totaliter zu eximiren, sondern allein bey ihrem habenden
21
privilegio zu conserviren und darüber zu halten angesehen. Doch weil sie
22
nicht instruiret, ließe er es dabey bewenden. Der Baselische abgeordnete
23
würde doch nicht acquiesciren, sondern man würde deswegen ehist wieder
24
zusammenkommen müßen

34
Die nächste FRO -Sitzung am 23. Februar 1647 war erneut Wettsteins Anliegen gewidmet
35
(s. Nr. 128).
.

[p. 92] [scan. 208]


1
(Ad interlocutum, das daß privilegium dem cammergericht nicht insinuiret
2
worden etc., responsio:) Das privilegium sey antiquius ipsa camera etc.

12
Das RKG wurde 1495 in Umwandlung des älteren kgl. Kammergerichts neu konstituiert
13
und nahm am 3. November 1495 den Gerichtsbetrieb in Frankfurt/M. auf ( Smend, 67f.;
14
Scheurmann, 89; Hausmann, Städte, 9f.). Das ksl. Privileg für die Stadt Basel von 1433
15
(Anm. 13) war also älter als das RKG und war deshalb dort nicht vorgelegt worden.

3
Braunschweig-Celle, Sachsen-Altenburg. Es sey noch eine
4
schwere quaestion, ob ihre Kayserliche mayestätt einen standt des Reichs
5
per privilegia eximiren könne.

6
Post pauca Sachsen-Altenburg. Die veranlaßete güetliche commission
7
sey ia nur zwischen denen partheyen und nicht auf das cammergericht
8
undt die stadt Basell gemeinet.

9
Österreichisches Direktorium und andere. Ia, in alle wege etc.

10
Worauf noch andere discurs gefielen undt darmit diese zweyunddreißigste
11
session aufgegeben wurde.

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