Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
127. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXXII) Osnabrück 1647 Januar 26/Februar 5
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Braunschweig-Calenberg B I fol. 356’–365’ (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
Durlach A I fol. 367’–377; Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 353–362, Braunschweig-
Celle A I fol. 1–12, Braunschweig-Celle B I unfol., Braunschweig-Wolfenbüttel B I
fol. 256–267’, Braunschweig-Wolfenbüttel C I fol. 352–362’, Hessen-Kassel A XIII
fol. 390–401’, Magdeburg E fol. 430–442’, Magdeburg Ea fol. 513–523, Pommern A I
fol. 453–461’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 378–386’, Sachsen-Gotha B IV fol. 143–153’
und 195–200 und fol. 201–205’, Sachsen-Lauenburg B S. 739–757, Grafen von Schwarz-
burg A I fol. 269–277’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg) C 2 fol. 48’–57’, Wet-
terauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A III 3 fol. 99–108’, Wetterauer Grafen ( Ysen-
burg) A I unfol., Württemberg A I S. 732–751; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol.
sowie (weitgehend identisch) Würzburg A I 1 fol. 183–187’, ferner Magdeburg D fol. 280’–
288 (Mitschrift), Österreich A III (XXXVII) fol. 50–52’.
Beratungsvorlagen: Proposition und Deduktion des Gesandten der Stadt Basel von 1647 I
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An die ksl. Ges. Text, s. l., s. d.: Moser, Eydgenoßenschafft, Beilage A, 1f.; zur ksl. Überlie-
ferung (datiert: Osnabrück 1647 I 2) s. APW II A 5, Nr. 286 Beilage 1. Inhalt: Klage über
mehrfache Verletzung der ksl. und kgl. Privilegien und Mißachtung der Exemtion, welche
die Stadt Basel mit der Eidgenossenschaft gemeinsam habe, durch Vorladung einzelner
Orte und besonders der Stadt Basel vor das RKG sowie durch Arrestverfahren infolge
des Fernbleibens der Beklagten. Bericht über die Beschlagnahme Basler Handelsgüter im
August 1646 aufgrund des vom RKG verhängten Arrests. Information über den Auftrag
des Basler Ges. Wettstein (Bitte um Vermittlung beim Ks., damit derartige Verstöße künftig
prinzipiell ausgeschlossen seien). KFR, FRM und SRM bzw. KFR und FRM hatten am 21.
und 31. Januar 1647 über Proposition und Deduktion (Anm. 3) beraten und Re- und Cor-
relation gehalten, während der SRO gleichzeitig mit dem FRO beriet ( APW III A 1/1,
703 Z. 14–708 Z. 31 und Nr. 108; III A 6 Nr. 87). Der Proposition lag das ksl. Privileg
für die Stadt Basel von 1433 bei (Anm. 13; Gauss, XXXIII). – Johann Rudolf Wettstein
(1594–1666, 1615 Ratsmitglied in Basel, 1635 Oberstzunftmeister und Ges. der eidgenössi-
schen Tagsatzung, 1645 Bürgermeister) war am 28. Dezember 1646 als Ges. Basels und
der ev. Orte der Schweizer Eidgenossenschaft in Münster eingetroffen, sprach in der Pro-
position aber auch für die gesamte Eidgenossenschaft, wie es in seinem (nur von der Stadt
Basel autorisierten) Kreditiv für die ksl. Ges. von 1646 XII 3/13 (Text: Londorp VI, 136)
vorgesehen war. Er weilte seit dem 5. Februar 1647 in Osnabrück und schildert in seinem
Diarium seine Verhandlungen, nach deren erfolgreichem Abschluß er den WFK am 21.
November 1647 verließ (Edition: Gauss, hier 42 Z. 5ff., 280 Z. 9f.; s. Stadler, 61, 64;
Egger, 90–93; Croxton / Tischer, 320f.).
Text, s. l., s. d.: Londorp VI, 137f.; EA V.2.II, 2268f. (unvollständig); Datierung nach
Gauss, 17 Z. 7f. Inhalt: Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft und Beispiele für ent-
sprechendes Handeln; ihre Schädigung durch Beschlagnahme Basler Handelsgüter durch
das RKG trotz ihrer Exemtion; Gründe, warum das RKG zu solchen Maßnahmen nicht
berechtigt sei; Frage, ob man die Eidgenossenschaft, die keinen Richter als sich selbst aner-
kenne und seit langem im Besitz dieser und anderer souverainetet sei, darin angreifen
wolle; Hoffnung auf den Ks., daß er kraft seiner Autorität die in der Proposition (Anm. 2)
enthaltenen Beschwerden beseitigen werde.
Osnabrück 1647 I 25
Unterzeichnet von Trauttmansdorff und Volmar; Text: Moser, Eydgenoßenschafft, Bei-
lage B, 3ff.; zur ksl. Überlieferung s. APW II A 5 Nr. 286 Beilage 3. Inhalt: Beschwerde
Wettsteins über das Beratungsergebnis der Rst. (in Münster am 21. Januar 1647, s. APW
III A 1/1, Nr. 107); Irrelevanz der Informationen, die (laut damaligem Beschluß) vom
RKG angefordert werden sollen; Gefahr, daß Wettstein sich an Frk. und Schweden wende;
Gefahr neuer Unruhe, was in der gegenwärtigen Lage im Reich vermieden werden müsse;
daher Aufforderung, die Sache erneut in den Reichskurien beraten zu lassen und auf die
Notwendigkeit hinzuweisen, ohne Diskussion der staatsrechtlichen Frage den laufenden
RKG -Prozeß zu sistieren und solche Verfahren nicht mehr zuzulassen. Beilage: Beschwerde
Wettsteins; der Text wurde nicht ermittelt. Wahrscheinlich ist sein Schreiben an die ksl. Ges.
in Osnabrück von 1647 I 24 gemeint ( Gauss, 29 Anm. 2, und 288: archivalischer Nachweis).
Der Text wurde nicht ermittelt; die „Meinung“ der (Teil-)Kurien in Münster muß im
wesentlichen jener des FRM vom selben Datum entsprochen haben, da sich der KFR in
der Re- und Correlation dessen Mehrheitsmeinung angeschlossen hatte ( APW III A 1/1,
716 Z. 1–9, 33ff.); Text der Aufzeichnung dieser „Meinung“, Münster s. d., an den ksl.
Hof überschickt: Österreich A III (XXXVII) fol. 40–40’ (mit Namen der drei Rst. , die
abweichend votiert hatten). Sachlich stimmen die Wiedergaben im KFR-Protokoll ( APW
III A 1/1, 716 Z. 1–9) und im FRO -Protokoll (S. 79f. Z. 12–17, 1–4) sowie die an den
ksl. Hof überschickte „Meinung“ nicht völlig überein (s. Anm. 17). Inhalt (hier nach der
Aufzeichnung der „Meinung“ des FRM ): [1.] Empfehlung eines ksl. Befehls an das RKG
zu künftigem Verzicht auf Verfahren gegen die Stadt Basel aufgrund des Privilegs von
1433 in einer Form, welche die Berufung anderer Orte der Schweizer Eidgenossenschaft
auf diese Entscheidung ausschließt; [2.] Einflußnahme auf Wettstein zur Erzielung eines
gütlichen Vergleichs im laufenden Verfahren.
VI IPO = § 61 IPM).
RKG -Verfahren des Weinhändlers Florian Wachter gegen die Stadt Basel sowie deren Be-
schwerde , die sich die Schweizer Eidgenossenschaft zu eigen gemacht hat, beim Kaiser über
das RKG , das ihre Privilegien und Exemtion mißachtet habe: Zustimmung zur „Meinung“
der Reichsstände in Münster über die diesbezüglichen Ratschläge an den Kaiser?
Eine Umfrage sowie Protest und Rechtsvorbehalt Magdeburgs wegen des Vorsitzes von Salz-
burg und Gegenprotest und Rechtsvorbehalt Salzburgs.
Mehrheitsbeschluß: Suspension der Voten hinsichtlich einer grundsätzlichen Entscheidung
über die Exemtion Basels vom RKG ; Zustimmung zu den Vorschlägen der (Teil-)Kurien in
Münster zu Maßnahmen im laufenden Verfahren.
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Bayern, Salzburg,
Magdeburg, Pfalz-Lautern, Pfalz-Simmern, Pfalz-Zweibrücken, Sachsen-Altenburg, Sach-
sen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Brandenburg-Kulmbach,
Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle, Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-
Calenberg, Braunschweig-Wolfenbüttel, Württemberg, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt,
Baden-Durlach (durch Braunschweig-Celle), Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güst-
row, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast, Sachsen-Lauenburg, Anhalt, Wetterauer Grafen,
Fränkische Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)
Österreichisches Direktorium. Praemissis praemittendis, es würden
dieselben allerseits ex dictatura empfangen unndt sich darinnen ersehen
haben, was die stadt Basel an die Kayserlichen herrn plenipotentiarios,
dieselbe an das Churmaynzische directorium, dieses aber hinwieder an
fürsten und stände gelangen unndt zur berahtschlagung fürstellen laßen.
Nun sey zwar zu Münster darüber deliberiret und ein schluß gemachet
worden; weil aber derselbe nicht könte zum effect gebracht werden, es
werde dan diese materia auch hier in consultation gezogen
Um einen Gesamtbeschluß zu erhalten, auf dessen Grundlage ein Reichsga. erstellt werden
konnte, mußten die „Meinungen“ der (Teil-)Kurien in Münster und Osnabrück vorliegen.
Erst durch Zusammenrechnung der hier wie dort abgelegten Voten ergab sich das Gesamt-
ergebnis (zum Verfahren s. APW III A 3/3, LXVII–LXXI; der Kurmainzer Gesandt-
schaftssekretär Berninger hat es am 31. Januar 1647 Wettstein erläutert, s. Gauss, 36 Z. 7–
17). – Zu Vitus (Veit) Berninger (geb. 1618, ab Januar 1646 Kurmainzer Hofratssekretär
und Gesandtschaftssekretär, September 1646 geadelt, September 1669 in den Ritterstand
erhoben) s. Gauss, 294; Frank I, 80; Winfried Becker, 269.
es heutiges tages zur deliberation fürbringen wollen. Da dann vonnöthen
sein würde, ihnen vorhero in particulari von dieser sachen etwas mehrers
zu berichten:
Betreffend nun den anfang, woher die stadt Basel zu klagen bewogen
worden, so sey ein bürger zu Schletstadt, mit nahmen Florian Wachter
Der Weinhändler Florian Wachter (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden) hatte sei-
nen Wohnsitz aus dem frz. besetzten Schlettstadt/Sélestat im Unterelsaß nach Basel verlegt.
Im März 1640 wurde ein Weintransport Wachters auf dem Weg von seiner Heimatstadt
nach Basel überfallen und einige Pferde geraubt. Die Eigentümer der Pferde, Basler Fuhr-
leute, forderten Schadenersatz, verklagten Wachter 1640 vor dem Basler Stadtgericht und
legten 1641 gegen das Urteil Berufung ein. Auch in zweiter Instanz wurde ihre Scha-
denersatzforderung abgewiesen, doch die Verfahrenskosten sollte jede Partei selbst tragen.
Damit unzufrieden, appellierte Wachter an das RKG ( Wentzcke, 13; Gauss / Stoecklin,
180f.; Gauss, 304; Viehl, 13f.).
welcher unlangst wegen der langwierigen kriegespressuren von dannen
hinweg und nach Basell gezogen, wiewol er gleichwol sein hauß, wein-
berge und andere güeter zu Schletstadt behalten, hergegen aber mit einem
Baseler in compagnie eines weinhandels getreten. Alß er nun einsmahls
ein parthie weins von Schletstadt naher Basel bringen wollen, weren die
fuhren auf freyer straßen von einer Schletstäter parthey angegriffen und
die pferde weggenomnen worden. Und obwol die compagnie und die
fuhrleute starck gnug gewesen und sich wehren wollen, so hette er doch
(einestheils aus beysorg, das er es an seinen noch zu Schletstat haben-
den unbeweglichen güetern möchte entgelten müßen, anderstheils aber in
hofnung, durch hülf der Schletstätischen officirer wiederumb darzu zu
gelangen) sölches nicht wollen geschehen laßen, sondern den fuhrleuten
die pferde wiederzuschaffen versprochen. Die reuter aber, sölches vermer-
ckende, hetten die pferde meistentheils verparthieret , das er nicht mehr als
acht wiederbekommen können. Darauf und als er dergestalt seine zusage
nicht praestiren mögen, were er zu Basel verklaget und condemniret wor-
den. Er aber hette davon ad cameram appelliret, process ausgewürcket
10–11 und – erhalten] Herzogtum Bayern A I 1 und Würzburg A I 1: Die statt Baßl
aber [hätte] solchem nicht comparirt, weil sie in der Aydtgenosßschafft und vermög
solcher gemeiner freyheit von allen gerichten exempt wehren; derentwegen [hätte] das
cammergericht gegen der statt Baßl die repressalien vorgenohmmen und ein Baßler
gütterschiff zu Speyr anhalten lassen.
erhalten
Das RKG erließ am 15. Juni 1646 ein Arrestmandat gegen die Stadt Basel, weil diese auf ihre
Vorladung nicht reagiert hatte (Text: HHStA MEA FrA Fasz. 12 unfol.). Aufgrund dieses
Mandats konnte zur Sicherung der Ansprüche Wachters das Eigentum (z. B. Handelsware)
Basler Bürger beschlagnahmt werden. Weil es sine clausula (iustificatoria) ergangen war,
konnten die Beklagten keine Einwendung vor Gericht vorbringen ( Gallati, 142f.; zum
Arrestverfahren s. Linde, 436–443, zum Mandatsprozeß Dick, 56, 93ff.; Hinz, 235f.).
ganze Aydgenoßschafft beklaget
Zuerst beklagten sich die 13 Orte der Schweizer Eidgenossenschaft am 22. Juli 1643 beim
Ks. (Text, am 15. Juli 1644 als Duplikat erneut verschickt: Jan III, 206f.), nachdem Basel sich
auf den Gemeineidgenössischen Jahrrechnungstagsatzungen über seine Vorladung beklagt
und damit 1644 auch ein Schreiben an den RKG -Präsidenten erwirkt hatte (Regest: EA
V.2.I, 1285 und 1323). Ferner interzedierte Longueville als Fürst der Gft. Neuenburg
(einem zugewandten Ort der Schweizer Eidgenossenschaft) bei Volmar am 14. September
1646 für die Stadt Basel (ksl. Ges. an Ks. Ferdinand III., Münster 1646 IX 18: APW II
A 5 Nr. 8; Bosbach, 48). Zuletzt wandte sich Wettstein als Ges. Basels, aber auch für die
Eidgenossenschaft sprechend, mit seiner Proposition (Anm. 2) am 2. Januar 1647 an die ksl.
Ges. in Münster ( Gauss, 13 Z. 3–10).
ihre souverainität
S. die Deduktion von 1647 I 9 (Anm. 3): die Eidgenossenschaft sei ein freier Stand, so keinen
andern Richter als sich selbsten erkhennet, welcher auch solcher und anderer Souverainetet
in unfürdenkhlichem ruehigem Posseß gebliben und noch ist (EA V.2.II, 2269). Der Begriff
der Souveränität bezeichnet dabei nur ein Herrschaftsrecht und nicht im Sinne der von
Jean Bodin (1530–1596) begründeten modernen Souveränitätslehre den Inbegriff aller
Herrschaftsbefugnisse, die Bodin aus der Gesetzgebungsbefugnis ableitet. Für ihn sind
die unter dem Begriff „Souveränität“ zusammengefaßten Befugnisse und Zuständigkeiten
insofern absolut, als er sie nur dem göttlichen Gebot und dem Naturrecht unterworfen
sieht ( Quaritsch, 255–266). Die Schweizer Eidgenossenschaft war in diesem Sinne nicht
souverän, da sie dem Reichsverband noch angehörte, wenn sie auch seit 1499 faktisch der
Reichsgewalt nicht mehr unterworfen war (s. Anm. 37). Dabei war der Status der nach 1499
beigetretenen Mitglieder (wie der des Kantons Basel) ungeklärt, und das RKG beanspruchte
weiterhin Gerichtshoheit über Basel und andere Mitglieder der Eidgenossenschaft.
unndt passiret würden,
2. in dem privilegio Sigismundi imperatoris, so hernach vom kayser Fri-
derico III. confirmiret worden und des inhalts sey, das von der stadt Basel
extra casum denegatae iustitiae nicht appelliret werden solte
Ks. Sigismund hatte die Stadt Basel 1433 VIII 12 im referierten Sinn und mit Verweis auf
Vorurkunden Ks. Karls IV. und Kg. Wenzels privilegiert, Ks. Friedrich III. das Privileg 1452
bestätigt (Text [Transsumpt], diktiert Osnabrück 1647 I 22 durch Kurmainz: Londorp
VI, 138ff.; Jan III, 98–102). Es führt das ksl. Hofgericht und das Rottweiler Landgericht
als nicht zuständig auf, ausgenommen in Fällen von Rechtsverweigerung durch die Basler
Gerichte.
ben und deren bericht abgefordert, immittelst aber demselben weiter zu
verfahren inhibition gethan
Ks. Ferdinand III. hatte das RKG im Oktober 1646 zur Berichterstattung aufgefordert und
befohlen, das Verfahren gegen Basel und seine Bürger bis zu seiner weiteren Resolution
ruhen zu lassen, s. seine Mitteilung darüber an die Schweizer Eidgenossenschaft, Preßburg
1646 X 8 (Text: Jan III, 208f.); s. auch [Nr. 140 Anm. 3] , Beilage 3.
bürgermeister an die Kayserlichen herrn plenipotentiarios die sache gelan-
gen laßen . Würde demnach darvon zu reden sein, was ihrer Kayserlichen
majestät dißfals für ein gutachten einzurahten; zu dem ende er dann, so
es ihnen beliebte, was hierüber zu Münster am 31. Ianuarii st. n. für eine
mainung gefallen, eröfnen wolte.
(Welche er dann verlase, und der inhalt dahin ginge:) Es were einhellig
geschloßen, ihrer majestät einzurahten, dero Kayserlichem cammergericht
anzubefehlen, das sie forthin die stadt Basel in crafft des angezogenen Kay-
serlichen privilegii mit dergleichen processen verschonen solten; doch zu
verhüetung weiterer consequenz were etwan die clausul „aus bewegenden
ursachen“
gericht immittels wegen dieses actus bey respect zu erhalten, die clägere
zur güetlichen vergleichung mit dem Wachter zu disponiren und nach
gelegenheit eine commission deswegen anzuordnen etc.
In der Aufzeichnung der „Meinung“ (s. Anm. 5) fehlt die Empfehlung zur Bildung einer
Kommission. Gemäß der Wiedergabe des gemeinsamen Beschlusses von KFR und FRM im
Protokoll des KFR (s. Anm. 5) wurde ausdrücklich empfohlen, die Exemtion Basels vom
Reich stillschweigend zu übergehen ( APW III A 1/1, 716 Z. 6f.). Es fehlt dort der Rat zu
einem gütlichen Vergleich im laufenden Verfahren und zur Bildung einer Kommission.
Ita omnes praeter Speyer, Weißenburgk etc.
Nach der Aufzeichnung der „Meinung“ (s. Anm. 5) stimmte auch die Fürstabtei Prüm
nicht zu. Deren Ges. , Dr. iur. utr. Hermann Adolf Scherer (gest. 1685), war Rat des Hst.s
Speyer, das er neben Prüm und der Fürstpropstei Weißenburg/Wissembourg für Philipp
Christoph von Sötern im FRM vertrat. Prüm war Kurtrier inkorporiert, Weißenburg dem
Hst. Speyer, so daß beide Stimmen auf Sötern als Kf. von Trier und Fbf. von Speyer fielen.
Scherer nahm als Kurtrierer Sekundarges. auch an Sitzungen des KFR teil. Am 18. Oktober
1645 in Münster eingetroffen, blieb er dort als besonderer Vertrauter des Kf.en bis zum
Ende des WFK ( APW II A 2, 527 Z. 29f.; APW III A I.1, 366 Z. 14; Wolff, 62 Anm. 97;
Abmeier, Sötern, 21f.; Thomas Berger, 685; Henze, Weißenburg, 1051f.; Lehsten II, 78f.;
zu Philipp Christoph von Sötern s. jetzt Metz, 744; Abmeier, Philipp Christoph, 386f.).
Österreich. Bey dieser sache würde seines erachtens dieses zu erwegen
sein, das die Schweizer und insonderheit die Baseler uf zwey fundamenta
ihr petitum gesezet, alß 1. uf ihre souverainität, 2. uf ihr privilegium,
welches sie vom kayser Sigismundo erlanget und vom kayser Friderico III.
confirmiret worden.
Soviel das 1. anlanget, würden gewiß die Schweizer es nicht leiden, das
man dieselbe disputiren wolle, weil sie selbst sich so viel lange jahr her
exempt gemachet. Solte man aber expresse darein willigen, würde es dem
Reich zu nahe sein, weil sie dergestalt ganz darvon abgerißen würden.
Hielte demnach 2. beßer zu sein, wann der punct ganz übergangen und
nur das privilegium in consideration gezogen würde, welches dann die
stadt Basell von aller iurisdiction ausnehme und nur den casum denegatae
iustitiae excipire, der sich aber alhier nicht appliciren laße, sondern viel-
mehr des clägern wieder den Wachter iustitia administriret worden sey.
Also das nach dieser regul man a parte Österreich das Münsterische con-
clusum wol approbiren könne, das nemblich ihrer mayestät einzurahten,
umb eine sölche verordnung zu thun, damit das Kayserliche cammerge-
richt die stadt Basell weiter nicht beschweren möge. Dann solte man es der
stadt Basel schlechterdinge abschlagen, so sey gewiß, das die Schweizer
es dürfften für einen wiederwillen unnd ruptur aufnehmen, worüber es
dann leichtlich einen newen krieg oder doch wiederumb repressalien oder
andere thätligkeit und weitleufftigkeit geben dürffte; oder, weil sie einen
gesanten hier haben (wie dann ohnedes ad illius instantiam die herrn Fran-
zosen den Kayserlichen herrn plenipotentiariis die sache recommendiret
hetten
D’Avaux hatte Wettstein am 26. Januar 1647 schriftlich versichert, daß er Trauttmans-
dorff die Exemtion nachdrücklich empfehlen werde. Longueville riet am 3. Februar 1647
d’Avaux, der damals in Osnabrück weilte, sich bei den Ksl. (und den Schweden) für die
Interessen der Schweizer Eidgenossenschaft einzusetzen und Wettstein zu unterstützen
( Gauss, 31 Anm. 4; 41 Anm. 2; APW II B 5/2, 1622 Anm. 169). Als Trauttmansdorff und
Volmar dem Ks. am 3. März 1647 über den Stand der Basler und eidgenössischen Exemti-
onssache berichteten und dabei zeitlich bis zum 2. Januar 1647 zurückgingen, erwähnten sie
keine frz. Fürsprache (s. APW II A 5 Nr. 286; zur Interzession Longuevilles im September
1646 s. Anm. 11).
incaminiren , welche ihnen dann gewiß nicht aus händen gehen, sondern
wol gar dieses werck mit in das instrumentum pacis zu rücken anmueten
würden. Also würden die cronen bey den Schweizern den danck verdie-
nen, dem Reich aber würde dadurch nur mehr praeiudiciret etc. Das man
aber erst commissiones anstellen und die Baseler dahin weisen wolle, das
würde den Baselern schwerfallen oder weinig nuzen haben. Dann solte
dieselbe vor den Baselern geschehen, würde es nullius effectus sein, son-
dern bey ihrem vorigem iudicato verpleiben; vor dem cammergericht aber
würden sie sich ia so weinig als izo einlaßen.
Wegen der clausul „aus sonderbahren bedencken“ were er der meinung,
das dieselbe nur außen zu laßen und schlechterding es zu sezen sey etc.
Bayern. Hette sich zwart in denen per dictaturam communicirten schriff-
ten ersehen, nicht weiniger auch aus des hochlöblichen directorii mündtli-
chen relation vernommen, was zu diesem process anlaß gegeben und was
zu Münster darüber geschloßen worden. Möchte wünschen, das er ihr
churfürstlicher durchlaucht instruction hierüber hette erhalten können.
Weil aber sölches wegen kürze der zeit und weite des weges unmöglich
gewesen, so werde er sich vor dieses mahl cathegorice darauf nicht resol-
viren können.
Sonst sey aus der beschehenen communication so viel zu ersehen unnd zu
vernehmen, das ihr Kayserliche mayestät umb bericht an das cammerge-
richt geschrieben, immittels aber inhibiret, das sie weiter hierinnen nicht
verfahren solten. Ob nun sölcher bericht eingelanget, wiße er nicht, viel
weiniger, was die vörigen Römischen kayser deswegen an das cammer-
gericht gelangen laßen und ob demselben das privilegium exemtionis der
stadt Basell intimiret worden
Das RKG erstattete Ks. Ferdinand III. am 9. Februar 1647 über das Verfahren gegen die
Stadt Basel und ihre Bürger Bericht (Text: Jan III, 213–240; s. auch APW II A 5 Nr. 344
Beilage C). Das ksl. Privileg von 1433 (Anm. 13) war dem RKG nicht mitgeteilt worden, s.
das Reichsga. wegen der Exemtion der Stadt Basel von 1647 II 18 ( [Nr. 128 Anm. 2] , Moser,
Eydgenoßenschafft, hier 8, zweiter Absatz, beginnend Betreffend aber); s. auch unten bei
Anm. 45.
privilegio noch keine copiam erlanget hette.
Österreichisches Direktorium. Were aber doch nebst den andern
dictiret worden.
Bayern. Der bericht müste billig erwartet werden, und weil von ihr
Kayserlicher mayestät dem Kayserlichen cammergericht schon inhibition
geschehen, so were nicht zu besorgen, das mehr actus fürgehen müchten,
und könte dahero der Baselische gesante bis solang wol in ruhe stehen und
bis dahin zur gedult verwiesen werden. Wann man aber die haubtsache
der exemtion selbst fürnehmen und dieselbe in deliberation ziehen wolte,
könte und würde er sich darinnen wegen angezogenen defectus instruc-
tionis nichts haubtsachliches erklehren, sondern anderer herrn gesanten
vernünfftige gedancken darüber vernehmen.
Salzburg. Sie, die fürstlichen erzbischöflichen Salzburgischen abgesan-
ten
an die Kayserlichen herrn plenipotentiarios die stadt Basel und die herrn
Aydgenoßen ihrenthalber gelangen laßen; imgleichen hetten sie auch mit
mehrerm verstanden, was das hochlöbliche directorium anizo mündt-
lich fürgetragen. Hetten wünschen mögen, das die zeit es gelitten, ihrer
hochfürstlichen gnaden unterthenigste relation deswegen zu thun und
instruction darüber einzuholen. Demnach aber leicht zu erachten, das die
kürze der zeit und weite entseßenheit ihres gnedigsten herrn principalen
sölches nicht zugelaßen, so würde ihnen schwerfallen, in einer so wichti-
gen, hochimportirenden sache sich so geschwind und mit haubtsächlicher
resolution zu erklehren. Hielten aber unterdeß dafür, weil schon von ihr
Kayserlicher mayestät deswegen inhibition an das cammergericht ergan-
gen, so könte ihres ermeßens die stadt dismahl wol damit begnüget sein
unndt erwarten, was uf einlangung des cameralischen berichts ihre Kay-
serliche mayestät mit einrahtung churfürsten, fürsten und stände sich ent-
schließen möchten. Wolten sich ihrestheils bey ihrem gnedigsten fürsten
unnd herrn nochmahls bescheidts erholen, unterdeß aber gerne der herrn
nachsizenden mainung darüber vernehmen, sonderlich weil sie über dem
von der stadt Basel haubtsachlich allegirten privilegio weinig nachricht het-
ten, davon vielleicht die nachstimmende mehrern bericht würden geben
können, welches sie dann ad referendum annehmen und auf allen fall denen
maioribus sich conformiren wolten.
[Das] Österreichische Direktorium wolte hierauf den herrn Pfalz
Lauterischen auffordern.
Magdeburg. Ihm gebühre nun zu votiren.
Herr Lampadius: Magdeburg müße das vierdte votum haben
So war es im Magdeburger Revers über die Zulassung des Est.s zum WFK, datiert auf 1645
XII 11/21, festgelegt (s. APW III A 3/2 [Nr. 59 Anm. 20] ). Bereits in den FRO -Sitzungen
vom 3. und 5. Februar 1646 war es zu Auseinandersetzungen über diese Votierordnung
gekommen ( APW III A 3/3 Nr. 95 bei Anm. 33, Nr. 96 bei Anm. 18).
Österreichisches Direktorium. Es ginge von einer banck uf die an-
dere etc.
Zu dem wechselweisen Votieren von geistlicher und weltlicher Bank s. APW III A 3/3
[Nr. 96 Anm. 20] .
Salzburg. Es sey aber also verglichen; was einmahl abgehandelt sey, dar-
bey müße es verpleiben.
Worauf entlich daß Österreichische Direktorium acquiescirete und
den fürstlich erzbischoflich Magdeburgischen herrn abgesandten aufruf-
fete.
Magdeburg. Hette gleichergestalt per dictaturam empfangen, was von
dem Baselischen abgeordneten übergeben, woraus er ersehen, wasgestalt
die stadt Basel sich beschwere wegen eines processes, so am Kayserlichen
cammergericht wieder die ihrigen verstattet worden etc. Deßgleichen hette
er die fernerweite mündtliche relation des Österreichischen hochlöblichen
directorii angehöret, auch wohin der herrn Münsterischen gedancken dis-
fals gegangen.
Wiewol nun von ihr fürstlicher durchlaucht er hierüber auch nicht in spe-
cie instruiret sey, halte er doch dafür, weil nicht praesumirlich, das das
Kayserliche cammergericht dergleichen process würde decerniret haben,
wo nicht des Heyligen Römischen Reichs iurisdictio richtig fundiret sey,
das demnach der herrn cameralium bericht hierüber in alle wege zu ver-
nehmen. Und weil er verstünde, das sölches schon geschehen und von ihr
Kayserlicher mayestät selbst dergleichen bericht allergnedigst begeret wor-
den, so würde derselbe, woferne er einkommen, fürsten und ständen zu
communiciren oder, do er noch künfftig einlangen müchte, alsdan davon
part zu geben unnd darauf die sache weiter in reiffe deliberation zu stellen
sein; bis dahin er dann wie Bayern unnd Salzburg sein votum suspendiret
haben wolle.
Sonst aber, weil er verspürete, das die herrn Salzburgischen sich auch hier-
bey mit eingefunden, vermuetlich dem primat- und erzstifft Magdeburg
an seiner zustehenden praerogativ unnd fürsiz zu praeiudiciren
Zum Präzedenzstreit zwischen Magdeburg, Salzburg und Österreich, das hier aufgrund
der Alternationsregelung mit Salzburg unangefochten das Direktorium führte und daher
die erste Session einnahm, s. APW III A 3/3 [Nr. 95 Anm. 35] . Magdeburg hatte bereits
am 17. April 1646 im FRO gegen den Vorsitz Salzburgs protestiert und sich seine Rechte
vorbehalten ( APW III A 3/3, 382 Z. 16–34).
er darwieder solenniter protestiret und hochgedachtem primat- und erz-
stifft seine notturfft und iura omni meliori modo reserviret haben, mit
bitte, sölche protestation ad notam zu nehmen und dem reichsprothocollo
einzuverleiben.
Salzburg. Wiewol man sich a parte Salzburg nicht versehen, das der
herr Magdeburgische abgesanter wieder das notorische reichsherkommen
und dem erzstifft Salzburg zustehende praecedenz etwas weiters moviren
würde, dieweil aber sölches anizo von ihme geschehen, so wolten sie die
vor diesem
Salzburg alle competirende iura und praerogativ reserviret haben.
Magdeburg. Repetirte priora und bezoge sich uf die reichsabschiede de
annis 1500, 1507 und 1512
Gemäß der Aufzählung aller vertretenen Rst. in den RA der RT von Augsburg (1500
IX 10), Konstanz (1507 VII 26) sowie Trier und Köln (Hauptabschied von 1512 VIII 16,
Nebenabschied von 1512 VIII 26) hatte das Est. Magdeburg in Augsburg und Konstanz
den ersten Rang auf der geistlichen Fürstenbank vor dem Ehgt. Österreich und dem
Est. Salzburg eingenommen, wobei Magdeburg durch den Ebf. selbst (s. folgende Anm.),
Österreich und Salzburg aber durch Ges. vertreten waren. 1512 stand im Hauptabschied
Salzburg an erster Stelle, im Nebenabschied Magdeburg; Österreich ist nicht genannt
( Sammlung II, 90, 117, 145f., 150; Wittich, 54ff., 84f.).
unnd erzstifft Magdeburg erstlich, darnach das hauß Österreich und tertio
loco Salzburg geseßen hetten.
Salzburg. Repetebat itidem priora, und könte auf die angezogenen
reichsabschiede leicht geantwortet und das contrarium remonstriret wer-
den. Dann was den reichsabschied de anno 1500 anlange, sey damahls
der herr erzbischof von Magdeburg in persohn
nur gesante
Das Est. Salzburg wurde auf dem Augsburger RT von 1500 durch Dr. Sebastian Ilsung
vertreten, der auf Drängen Kg. Maximilians I. und zunächst ohne Wissen des Ebf.s von
Salzburg dem öst. Ges. den Vorrang einräumte und dafür am 28. Juli 1500 vom Kg.
eine Urkunde mit der Versicherung erhielt, daß dies keine Rangminderung für Salzburg
bedeute ( Wittich, 54f.; zu Sebastian Ilsung III., zunächst fbfl. bambergischer Rat, 1496
Richter des Schwäbischen Bundes, 1506 Domherr zu Freising, 1514 hgl. bay. Regierungsrat
in Landshut, gest. 1525, s. Lieberich, 173; Blendinger, 141).
mahl bekand, das dem gemeinen reichsstylo nach alle anwesende fürstliche
persohnen der andern stände gesanten propter meliorem commoditatem
fürsizen, wie dann auch sonst niemahls einiger geistlicher fürst sich unter-
standen hette (außer, was izo von seiten Magdeburg newerlich geschehe),
dem erzstifft Salzburg einigen stritt deswegen zu machen, daß also aus den
allegirten reichsabschieden ganz nichts concludiret würde etc. Hergegen
aber hetten sie sich nicht allein uf das unstreitige reichsherkommen, son-
dern auch uf Kayserliche in den handen habende documenta zu beziehen,
da auch noch lange für der im erzstifft Magdebürgk fürgangenen muta-
tion der religion
Nachdem sich die Reformation in den Städten des Est.s Magdeburg bereits um 1540
durchgesetzt hatte, wurde sie unter Ebf. Sigismund, Mgf. von Brandenburg (1538–1566),
offiziell eingeführt. 1552 zum Ebf. von Magdeburg und Adm. von Halberstadt postuliert,
förderte er nach der päpstlichen Konfirmation für Halberstadt (1556) und Magdeburg
(1562) seit 1561 offen die ACund bekannte sich zu ihr auf dem Augsburger RT 1566, auf
dem er mit den Reichsregalien belehnt wurde ( Gulik / Eubel , 207, 232; Schrader, 78ff.;
Pilvousek, Sigismund, 665; Leeb, 13).
Caroli V. und Ferdinandi I. gehaltenen reichstägen das erzstifft Salzburg
neben dem hause Österreich eben uf die weise und mit der alternation wie
heutiges tages den vorsiz vor Magdeburg genommen, worüber hernach
die Kayserlichen herrn commissarii gewiße documenta ausgestellet hetten,
deren originalia noch in dem Salzburgischen archivo verhanden weren
Alternationsregelung der Ges. des Hauses Österreich und des Ebf.s von Salzburg bei der
Session auf dem Nürnberger RT 1542 durch die ksl. RT -Kommissare Friedrich Pgf. bei
Rhein, Haug XVI. Gf. zu Montfort sowie Johann von Naves zu Messancy von 1542 VIII 3;
eine entsprechende Erklärung des ksl. Kommissars Naves vom Nürnberger RT datiert von
1543 IV 16, eine weitere Ks. Karls V. vom RT in Speyer von 1544 II 23 (Texte: ThStA Altes
Hausarchiv Klasse I E 12 fol. 506–506’, 507–507’, 508–508’). Salzburg beanspruchte trotz
der seit 1542 üblichen Alternationsregelung mit Österreich die erste Session und protestierte
deshalb auch auf dem WFK ( Willich, 108f.; APW III A 3/3 [Nr. 117 Anm. 12] ). – Zu Pgf.
Friedrich (1482–1556, als 1544 als Friedrich II. Kf. von der Pfalz) s. Schwennicke I.1 T. 93;
Fuchs, Friedrich II., 528ff.; Schaab II, 20ff.; zu Haug (Hugo) XVI. Gf. zu Montfort in
Tettnang (ksl. Rat, gest. 1564) s. Europäische Stammtafeln NF XII T. 55; Burmeister,
53; zu Johann von Naves zu Messancy (ca. 1500–1547, 1541–1547 Reichsvizekanzler) s.
Aulinger, Naves, 1f.
Dahero ihnen dieses Magdeburgische fürbringen desto mehr befrembtlich
fürkehme.
Magdeburg. Wiewol darauf mit gnungsamen grunde geantwortet wer-
den könne, dieweil es aber nicht huius loci, so laße er es nochmahls bey
eingewendeter protestation bewenden unnd reservire suo loco et tempore
die notturfft.
Pfalz-Lautern. Ex parte Pfalz Lautern habe man auch den defectum
mandati einzuwenden, unndt weil in vorstimmenden votis wichtige uhr-
sachen fürkommen, warumb der herrn cameraln berichts zu erwarten,
zumahln ihre Kayserliche mayestätt denselben allergnädigst begeret, alß
wolte er sich sölchen votis conformiret haben etc.
Pfalz-Simmern und -Zweibrücken. Auch also etc.
Sachsen-Altenburg. Die stadt Basell suche nicht allein inhibition we-
gen der bisherigen processe, sondern auch, das ihre souverainität stabiliret
werde, welches gleichwol eine wichtige sache sey, darbey alles wol in acht
zu nehmen, deren aber ihre fürstliche gnaden sich nicht versehen und
dahero ihn auch nicht habe instruiren können. Sonst sey in thesi bekand,
was die doctores insgemein von sölchen exemtionibus schreiben unndt
statuiren, man seze gleich das fundament auf das privilegium oder auf die
praescription
praescription bedeutet Verjährung ( Oberländer, 548 s. v. Praescriptio; Kaufmann, Ver-
jährung , 734–738). Es war umstritten, ob wichtigere Regalien bzw. ksl. Reservatrechte von
den Fürsten durch Ersitzung erworben werden konnten. Zacharias Viëtor aus Korbach
(1584–1641) vertrat in seiner Basler Dissertation von 1615 die Ansicht, daß Gerichtsbarkeit,
Regalien und Imperium verjähren könnten. Hingegen sei eine völlige Exemtion vom Reich,
die das Verlöschen aller Bindungen an dasselbe bedeute, nicht durch Verjährung (und auch
nicht auf anderem Wege) zu erwerben. Alle faktischen Exemtionen geschähen daher unter
Vorbehalt der höchsten Jurisdiktion des Ks.s, weil sowohl der Eximierende als auch der
Exemte unter der Oberhoheit des Reiches verblieben ( Mommsen, Staatssouveränität, 229–
235). Viëtors Dissertation wurde 1621 in Gießen neu aufgelegt und noch auf Jahrzehnte
hinaus zu Fragen des Exemtionsrecht zitiert, so daß sie Thumbshirn bekannt gewesen sein
mag. Zu Viëtor (1615 und 1616 Prokurator am RKG , 1616–1641 gfl. waldeckischer Kanzler
in Arolsen) s. Zedler XLVIII, 1190f.; Menk, Aspekte, 49; Derselbe, Beziehungen, 65f.;
zu seiner Dissertation s. Mommsen/ Kundert, 237 Nr. 1125; zur Bedeutung dieser tief
eindringenden und durch reiche Belege aus der älteren Consilienliteratur abgesicherten
Dissertation s. auch Willoweit, 250f., 283f., 300, 304, 344, und allgemein zur Bedeutung
der Exemtion nach traditioneller Reichsrechtslehre Jorio, Nexus Imperii, 135.
capitulation dißfals in sich halte
S. die Wahlkapitulation Ks. Ferdinands III., Regensburg 1636 XII 24, Art. IX: der Kg. darf
Reichsgut nur mit Zustimmung der Kf.en veräußern und soll mit Rat der Rst. bestrebt sein,
daß alles entfremdete Reichsgut wiedergewonnen und wegen der veräußerten Reichslehen
in Italien nachgeforscht werde. Dies stand inhaltlich entsprechend bereits in den Wahlka-
pitulationen der Vorgänger (Christoph Ziegler, 128f., 153 [Angabe der Parallelstellen für
die Wahlkapitulationen seit Ks. Karl V.]).
darauf votiren, weil noch viel sachen sich finden würden, so erst recht
anzusehen, sonderlich das privilegium, welches er noch nicht empfangen
hette. Conformirte sich also immittels mit Bayern.
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburg unnd gleichstimmende etc.
Sachsen-Weimar. Weil fast alle vorhergehende vota defectum mandati
allegiret, dergleichen ihme dan auch begegnet, als müße er sein votum
gleichsfals suspendiren, und halte wol dafür, das der desiderirte camera-
lische bericht etwas mehr licht in der sachen geben werde. Erinnere sich
sonst incidenter, das anno 1629 ein Baseler professor
Dr. iur. Melchior ab Insula, frz. de Lisle oder de l’Isle, sieur de Hunnewald (1580–1644),
aus prot. Genueser Exilfamilie, war 1613–1628 Prof. der Rechtswissenschaft in Basel und
seit 1629 im Dienst Frk.s in verschiedenen diplomatischen Missionen im Reich und Italien
tätig (u. a. 1631 Ges. zum ev. Konvent in Leipzig, Ende 1631 Ges. zu Kg. Gustav Adolf
von Schweden nach Mainz und März 1632 zu Lgf. Wilhelm V. von Hessen-Kassel). 1632–
1644 frz. Resident in Straßburg, hatte er seit 1635 keinen Einfluß mehr am frz. Hof.
Er zog bereits 1628 nach Straßburg, nachdem das Basler Stadtgericht einen von ihm
1624 getätigten Liegenschaftserwerb für rechtswidrig erklärt hatte. Nach seinem Weggang
und der Aufkündigung seines Bürgerrechts zitierte ihn die Stadt Basel, beschlagnahmte
wegen seines Fernbleibens seine Güter in Basel und Münchenstein (südlich von Basel) und
verhängte eine hohe Geldbuße. Insula appellierte 1628 an das RKG und bemühte sich
auch um die Unterstützung Frk.s in diesem Rechtsstreit. Das RKG sprach ihm Anspruch
auf Schadenersatz zu und verfügte deshalb die Beschlagnahme Basler Güter im Reich, doch
kam es, anders als im Fall Wachter (Anm. 10), nicht zum Vollzug. Nach seinem Tod führte
seine Witwe den Rechtsstreit bis in die 1650er Jahre weiter ( Zedler XIV, 763; Moréri IV,
730; EA V.2.II, 1277; Roberts, 486, 584f., 594 Anm. 4; Gauss, 298; Würgler, 345–351;
Viehl, 11ff.; Stein, 102f.; Livet, 1757f.).
cammergericht in dergleichen sachen process erhalten und [es] also ein
alter streit sey.
Und wiederholete im übrigen diß votum wegen Sachsen-Gotha und
-Eisenach.
Brandenburg-Kulmbach. Uber diß, was vom hochlöblichen direc-
torio inn umbfrag gestellet worden, sey er ebenermaßen nicht in specie
instruiret. Halte aber dafür, seine gnedige fürsten und herrn werden viel-
mehr darauf sehen, wie die authorität des Kayserlichen cammergerichts zu
conserviren und zu vermehren, als das sie dieselbe solten verringern laßen.
Alldieweil nun die exemtion und souverainität altioris indaginis sey, so
were sölches seines erachtens uf einen reichstagk zu verschieben, immit-
tels aber, damit denen partheyen geholffen werde, dieselben zu güetlicher
handlung zu verweisen.
Idem wegen Brandenburg-Ansbach. Und wolte im übrigen ihren
fürstlichen gnaden beederseits davon unterthenig referiren und gnediger
instruction erwarten etc.
Braunschweig-Celle. Es sey bekand, wie die Schweiz vom Reich kom-
men; es sey auch bekand, das die stadt Basel nicht allezeit und von anfang,
sondern nur etwan in 100 jahren oder etwas darüber sich dem Reich
entzogen
Die Schweizer Eidgenossenschaft hatte im Frieden von Basel 1499 IX 22 mit Ks. Maxi-
milian I. (Text: EA III.1, 758–762: Beilage 35) den Ausschluß jeder Reichsgewalt, Land-
friedens -, Gerichts- und Steuerhoheit erreicht und gehörte dem Reich seither in nicht
weiter verpflichtender Form an. Die Stadt Basel, seit 1501 Mitglied der Eidgenossenschaft,
bezahlte seit 1541 keine Beiträge zum Unterhalt des RKG . Zum letzten Mal beschickte sie
1498 den RT in Freiburg/Br.; auf dem WFK blieb ihr Ges. bewußt dem SR fern (Auszug aus
dem Amtsbuch des RKG -Pfennigmeisters, Speyer [1647] III 14, Text, diktiert Osnabrück
1647 III 16[/26]: HStA Stuttgart A 90 D Bd. 19 fol. 35; RTA m. R. VI, 745; Momm-
sen , Eidgenossen, 284–294; Greyerz, 691; Buchstab, 33; Gilomen, 1510; Wiesflecker,
1516f.; Im Hof, 1699; Schuler, 1602f.; Sieber-Lehmann, 28–34; Stadler, 59).
Römischen Reich iemahls sey approbiret worden. So folge auch nicht,
dieser oder ienner ist exempt, ergo ist er dem Kayserlichen cammerge-
richt gar nicht unterworffen, dann es künten fälle kommen, da sie der
iurisdictioni camerali doch subiect sein müsten, ob sie gleich sonst exemt
seyen
Vielleicht ist an jene Fälle gedacht, in denen trotz Exemtion bei Rechtsverweigerung durch
die lokalen Gerichte eine Appellation an das RKG möglich war. Die Stadt Basel hatte
im 15. Jh. ein Privileg erhalten, das bei allgemeiner Exemtion vom ksl. Hofgericht und
Rottweiler Landgericht eine entsprechende Ausnahme für Appellationsverfahren vorsah
(s. Anm. 13).
formire sich immittels mit den vorsizenden, das nemblich das Kayserliche
camergericht erst darüber zu vernehmen, ehe man etwas gewißes hierin-
nen statuire, mitlerweile aber es also einzurichten, damit dem Römischen
Reich kein praeiudicium zugezogen und des cammergerichts iurisdictio
nicht imminuiret noch die exemtio confirmiret werde.
Und eben dieses auch wegen Braunschweig-Grubenhagen wie auch
suo loco et tempore wegen Braunschweig-Calenberg, imgleichen
auch wegen Baden-Durlach.
Braunschweig-Wolfenbüttel. Vernehme soviel, das die vorsitzenden
ganz gleichstimmig weren, wolle sich derowegen nicht aufhalten, son-
dern das fürstlich Braunschweig Lüneburg Zellische unnd Grubenhagi-
sche votum repetiret haben.
Braunschweig-Calenberg . Wie vorhin.
Württemberg. Ex parte Würtenberg hette man auch noch keine instruc-
tion einholen können unnd müste sich gleichsfals mit dem defectu mandati
entschüldigen. Doch soviel aus denen dictirten schrifften zu ersehen, hielte
er darfür, es hetten die herrn Baselische mit der schon geschehenen reso-
lution sich derzeit wol vergnügen können. Weil sie aber uf absolutam
exemtionem tringen, so gleichwol altioris indaginis sey unnd für das ganze
Reich gehöre, also halte er dafür, das es bey der Kayserlichen resolution
und gemachten verordnung zu laßen, insonderheit aber, das nochmahls
des Kayserlichen cammergerichts bericht zu begeren unnd zu erwarten,
hernach den ständen zu communiciren und sodan zu bedencken, ob die
quaestio izt zu erörtern oder ad comitia zu remittiren. Könte man aber
immittels die partheyen zur güete disponiren, ließe er ihme sölches gar wol
gefallen, unnd könte immittels ihr fürstlicher gnaden der verlauf berichtet
unndt instruction eingeholet werden.
Hessen-Kassel. Weil es ihme auch an instruction mangele und die ins
mittel gekommene umbstände nicht bekandt weren, so müße er sein votum
suspendiren. Könte sich aber immittels mit deniennigen conformiren, wel-
che dahin gehen, daß des cammergerichts bericht einzuholen und zu erwar-
ten sey.
Hessen-Darmstadt. Allegabat itidem mandati defectum, derohalben
ihme cathegorice sich zu erkleren bedencklich were, eventualiter bis uff
mehrere instruction dem Münsterischen concluso sich mehrentheils con-
formirende etc.
Mecklenburg-Schwerin. Über den defectum instructionis sehe er
auch die difficultatem istius exemtionis et privilegii, und weil große Schwie-
rigkeit darunter verborgen, könte er sich mit denen desto mehr confor-
miren, welche vermeinten, das des cammergerichts bericht zu erwarten.
Könte man immittels die execution suspendiren und die partheyen zur
güete behandeln, were er dießfals mit Würtenberg einig.
Mecklenburg-Güstrow. Wie zuvorn.
Pommern-Stettin. Weil die maiora uf eine dilatorische resolution ge-
hen, wolle er sein votum auch suspendiren, könne sich aber immittels mit
Würtenberg unnd Mecklenburg vergleichen, das nemblich die partheyen,
wo müglich, in güete voneinander zu sezen, und weil nun das Münsterische
votum quoad nervum auch dahin ziele, könne er sich damit desto eher
conformiren.
Pommern-Wolgast. Ebendaßelbe.
Sachsen-Lauenburg. Es sey im Österreichischen voto wol distinguiret
worden, dann ein anders sey, von der souverainitet zu reden, ein anders
aber, über den privilegiis zu halten
ponderositatem et defectum instructionis zu suspendiren et ad alium locum
zu remittiren.
Das andere aber betreffendt, wann dieses factum contra privilegia were,
könte man es wol alhie erörtern, weil es sonst materiam novorum motuum
geben könte. Woferne nun 1. das privilegium verhanden, daßelbe 2. dem
Kayserlichen cammergericht insinuiret und 3. zur observanz kommen, so
hielte er dafür, es were ihr Kayserlicher mayestätt dahin allerunterthenigst
einzurahten, das zwar der souverainität oder exemtion halber hier nichts
zu schließen, gleichwol aber camerae zu inhibiren, das sie die stadt Basel
contra privilegia et observantiam nicht weiter gravire. Iedoch könne er
auch damit wol einig sein, das vorhero noch umb bericht zu schreiben,
sonderlich propter notabilem illam privilegii clausulam sive exceptionem
casus denegatae iustitiae. Dann es sey sonst bekand, das bey der Aydge-
noßschafft die iustiz gegen frembde gar schlecht, gegen die ihrige aber gar
favorabel administriret würde, darüber dieiennigen stände, so sich deßen
am meisten beschweren, zu vernehmen.
Anhalt. Cum maioribus.
Wetterauer Grafen. Bezögen sich gleichsfals ad maiora, das nemblich,
soviel möglich, newe turbae zu verhüeten und die partheyen zur güete
zu disponiren. Repetirten also in effectu die Würtenbergische, Heßische,
Mecklenburgische und Pommerische vota.
Fränkische Grafen. Ex eodem mandati defectu vergleiche er sich mit
den vorhergehenden votis, das nemblich mehrer bericht unnd information
einzuholen, sonderlich in puncto exemtionis universalis, utpote causae
maxime arduae.
Österreichisches Direktorium. Conclusum: Es gingen die maiora
dahin, weil die anwesenden herrn abgesanten hierauf nicht instruiret und
aber in einem so schweren exemtionpunct sich ohne sonderbahren speci-
albefehl nicht resolviren könten, alß were sowol der von ihr Kayserlicher
mayestätt begerte bericht vom cammergericht zu erwarten als auch von
hier aus daßelbe darüber zu vernehmen
der Kayserlichen inhibition und der zu Münster gutbefundenen gütlichen
commission.
Nach gemachten concluso wurde umb den dem verlaut nach eingekomme-
nen cameralischen bericht von einen und andern stande gefraget. Darauf
Salzburg berichtete, das ihme zwart ein scriptum, διάσϰεψις genand
zu handen kommen, welches er auch den herrn Bayrischen
ret hette in meinung, es würde soforth de manu in manum herumbgehen
und also auch den herrn evangelischen zukommen etc.
Österreich. Declarirte die intention seines voti, das es nemblich nicht
die stadt Basel totaliter zu eximiren, sondern allein bey ihrem habenden
privilegio zu conserviren und darüber zu halten angesehen. Doch weil sie
nicht instruiret, ließe er es dabey bewenden. Der Baselische abgeordnete
würde doch nicht acquiesciren, sondern man würde deswegen ehist wieder
zusammenkommen müßen .
(Ad interlocutum, das daß privilegium dem cammergericht nicht insinuiret
worden etc., responsio:) Das privilegium sey antiquius ipsa camera etc.
Das RKG wurde 1495 in Umwandlung des älteren kgl. Kammergerichts neu konstituiert
und nahm am 3. November 1495 den Gerichtsbetrieb in Frankfurt/M. auf ( Smend, 67f.;
Scheurmann, 89; Hausmann, Städte, 9f.). Das ksl. Privileg für die Stadt Basel von 1433
(Anm. 13) war also älter als das RKG und war deshalb dort nicht vorgelegt worden.
Braunschweig-Celle, Sachsen-Altenburg. Es sey noch eine
schwere quaestion, ob ihre Kayserliche mayestätt einen standt des Reichs
per privilegia eximiren könne.
Post pauca Sachsen-Altenburg. Die veranlaßete güetliche commission
sey ia nur zwischen denen partheyen und nicht auf das cammergericht
undt die stadt Basell gemeinet.
Österreichisches Direktorium und andere. Ia, in alle wege etc.
Worauf noch andere discurs gefielen undt darmit diese zweyunddreißigste
session aufgegeben wurde.