Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1648 IX 26

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1648 IX 26
Samstag Mainzer bei W. Bericht über die Osnabrücker
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Verhandlungen, wobei sie summam necessitatem pacis ineundae breviter

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remonstrirt. Denen in generalibus geandtworttet und hinwieder zu ver-
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stehen geben worden, daß bey dem desiderio pacis, welches man bezeigte,
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auch woll in acht zu nehmen hette finem et intentionem, nempe zum ruhe-
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standt zu kommen, erlangen möchte. Diejenige landtschafften, welche den
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Niederländischen provinzen alßo nahe lägen und in welche der herzog von
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Lottringen und die Spanische noch ihre praesidia alß zue Franckenthal und
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Hammerstein hetten, würden besorglich mit den benachtbarten bey auß-
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schließung alsolcher beeder hohen partheyen der kriegsbeschwerden und
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lasts nit enthoben werden, dan wan sie bey dießem des reichs friedenschluß
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soltten sich offendirt befinden, so würden sie die inhabende plätze in der
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güete nit abtretten. Soltten sie dan per arma darauß gesetzet werden
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wollen, so hette solches nit allein ein weites außsehen, sondern würden die
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herrn churfürsten am Rhein molem et sedem belli in ihre landen be-
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kommen . Zuedeme hetten Ihre Churfürstliche Durchlaucht zue Cölln die
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neutralitet mitt den Generalstaden und dem reich vor dießen wollmaintlich
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mitt sonderbarn sorgfaldt derentwegen zue conserviren sich anglegen sein
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laßen, weiln sie gnugsamb vorsehen können, was bey auffhebung derselben
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ihren landen vorerst und folgends dem gantzen reich vor ein großer schad
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zuwachßen köndte. Soltts nun bey dießen handlungen mitt dem reich und
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Franckreich eine andere mainung, alß es bey vorerwehnter neutralitet,
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haben und Franckreich frey stehen, hin und wieder im reich zu werben und
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volcker durchzuführen, den Spanischen aber dergleichen nicht nachgegeben
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werden wollen, so würde man durch eine solche ungleichheit extra terminos
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neutralitatis in eine gefehrliche hostilitet konnen gesetzet werden. Illi:
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Es were die intention, conclusa pace imperii sich eußerst auch zu bemühen,
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damitt zwischen beeden cronen der fried auch erfolgen möchte. Bey den
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stenden des reichs hette es einen anderen verstandt, alß daß bey wieder ver-
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hoffen nit erfolgendem frieden zwischen Spanien und Franckreich man sich
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in terminis purae neutralitatis haltten solle, und würde die werbung einem
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sowoll alß dem anderen zu gestatten und nachzugeben sein. Es were aber
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nit guett, hievon itzo in publico sonderlich der werbung halber zue movi-
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ren , damitt der comte de Servient alßdan nicht etwas wiedriges dagegen
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einwenden und den stenden bevorstehen möchte, pace conclusa et meliori
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rerum statu, nit mitt alsolcher gefahr, wie itzo geschehen möchte, ihre
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erklerung darüber zu geben. I. H. G.: Sie vernehmen gern, daß man
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quoad neutralitatem istam, und was davon dependirte, einig, und wan man
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die interpretation in publico nit thuen köndte oder woltte, so were gleich-
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wol hiebey zu bedencken, wie den herrn Kayserlichen und Spanischen der
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wahn zu benehmen, warin sie itzo begriffen und wardurch die sachen alßo
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schwer gemacht würden. Dießemnegst ist von den Churcöllnischen wegen
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der Hessischen satisfaction und der dabey vorkommender überauß großen
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beschwernuß zue dem end meldung geschehen, damitt man doch
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zusamender handt sich anglegen sein laßen möchte, daß die Casselische
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gleich anderen in publica fide ihre versicherung allein haben und das onus

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praesidiorum abgeschafft werden möchte. Höhe der Garnisonskosten, Ge-
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fahr
von Übergriffen durch diese Truppen. Weiln nun die Casselische cum
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publica fide sich nit wollen begnügen laßen, so müsten sie hingegen auch,
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wan sie sich zue keiner raison wegen deocupirung der plätzen wollen be-
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wegen laßen, pro sufficienti aliqua cautione der darunder lauffender gefahr
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halber versicherung thuen. [...] Und weiln der nachbarschafft und
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situation halber Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht ertz- und stiffter woll
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etwas mehrers alß eben andere bey den sachen sonderlich des status und der
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religion halber zu consideriren, so würden sie dero mittchurfürsten und
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sonderlich die catholische nit zu verdencken haben, daß sie mitt behörender
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sorgfaldt den sachen ihrestheilß nachdächten und daß von anderen ein
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gleichmeßiges beschehen möchte begeren thetten. Illi: Waß es bey der
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Hessischen abgehandleten satisfaction für difficultates gehabt und wie gern
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man es auff ein andere weiße gerichtet gesehen, solches würde der canzler
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Buschman bezeugen können, der dan auch seinen müglichen fleiß und
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eiffer dabey bezeigt. Man hette es aber nit weiter pringen können, würde
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sich itzo auch nit enderen laßen. Man hette aber pace primum conclusa zu
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versuchen, ob man noch etwas a part erhaltten könne. I. H. G.: Das
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sambtliche churfürstliche collegium hette sich pillig, wan es ye anderst nit
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sein köndte, daß man itzo nicht mehrers von den sachen zu reden, wan die
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instrumenta pacis endlich außgeferttigt, Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
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insoweith anzunehmen, auch fidem collegii electoralis particulariter zue
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interponiren, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht dergestaldt nicht vor
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anderen noch mitt den praesidiis et extraordinaria illa tam periculosa asse-
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curatione von den Casselischen beschwert werde. Es würde durch abschaf-
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fung alßo beschwer- und nachtheiliger assecuration keinem standt einig
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beschwernuß, sondern mehrer versicherung geschehen, daß die obbedeute
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gefahr cessiren, under den benachbarten ein beßers vertrawen gestifftet und
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den frembden keine veranlaßung gegeben würde, zue der gantzen Teut-
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schen nation högst verkleinerung zu sagen, daß die Teutsche ein dem ande-
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ren doch nit mehr traweten. Illi: Sie würden ihrestheilß gern mitt
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cooperiren helffen, daß die sach conclusa pace möchte ratione praesidiorum
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zum anderen standt zu pringen sein.

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Scherer bei W. Curialia. Kurtrier hat an den Herzog von Lothringen ge-
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schickt
, um angesichts der von ihm beim Friedensschluß befürchteten
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Gefahr zu güettlicher handlung seine Hilfe anzubieten.

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W bei Contarini. Dieser bemerkt, daß er verspühre, daß die von
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Oßnabruck kommende gesandten resolutissimi et constantissimi weren, das-
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jenig , was alda mitt dem comte Servient und Schwedischen abgehandlet,
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alhie förderligst zum schluß zu pringen. Die sach et ipse inauditus modus
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hette ein seltzames ansehen, er wüste aber nicht consideratis bene omnibus
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circumstantiis, was Ihrer Kayserlichen Maiestet und dero hochloblichem
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hauß anderst und beßers hierin zu rahten, alß daß sie sich in die zeitt etwas
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schicken und das ratt eines solchen lauffs zu brechen und zu sistiren sich

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anglegen sein ließen; es were woll eine schwere sach, daß der Kayser
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Spanien gleichsamb verlaßen und abandoniren solle. Wan aber darbey
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erwogen würde, in was gefahr itzo die sachen sowoll in Teutschlandt alß
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Spanien stunden, so hette man pillig ex humana prudentia ein consilium
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ultro zu ergreiffen, darzue man doch woll sonst necessitirt werden möchte.
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Schlechte Lage in Böhmen. Der Tod des spanischen Thronfolgers hat die
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österreichische Bereitschaft zum Nachgeben verringert. Weren itzo die
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sachen auch anderst in extrema necessitate zue mesnagiren und a parte
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Hispanorum woll zu bedencken, welches ihrem und des haußes Österreich
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estat itziger beschaffenheit nach dienlicher, die differentias, welche wegen
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des Spanischen und Französischen frieden sich allnoch befünden, zue supe-
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riren und sich darinnen etwas in die zeitt zu schicken, alß sich ex necessi-
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tate modo publica in demjenigen anderer willen zue underwerffen, die
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gleichsamb die separation dießes ertzhaußes zu machen gedencken. Seines
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ermeßens köndten alle die castellaniae in Artois und Flandern, waruber
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man noch in controversia, wan sie schon mitt einem mehrerm nachgeben
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würden, so viell nit importiren, alß eben dieße itzige materia und quaestio
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für nachdencken und nachtheill mitt sich pringen möchten. W: Ge-
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spräch
mit Brun. Contarini: Venezianisch-türkischer Krieg.

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W bei den Bayern. Befehl Kurbayerns, den friedenschluß ungesaumbt zu
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befürderen. W: Gespräch mit den Mainzern; Bitte um Verwendung bei
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Servien wegen der hessischen Sicherheitsplätze. Bayern: Dazu bereit. Ser-
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vien
war gestern bei ihnen, und ob er zwarn guette zueneigung zue dem
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friedenschluß mitt Spanien bezaigt, so vermerckte doch so viell, daß die
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materiae oder animi darzue allerseits noch nit recht disponirt. [...]
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W bei Leuber. Curialia und daß man allerseits den frieden zu wünschen
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und zu befürderen. – Mitteilung Chigis: Daß er die sämbtliche zue
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Münster sich verhaltene catholische stendt zue guetter bestendigkeitt,
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damitt sie nemblich anietzo in fine nit wancken, weniger sich verführen lie-
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ßen , sonderen viellmehr die glori und merita, so selbige etiam cum invidia
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aliorum erlangt, erhieltten, hette anerinneren laßen. Nun were ihme zwarn
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gnug bekandt, daß bey I. H. G. ein soches zu thuen gantz unvonnöten, an
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Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue Cölln und dero stiffter deputirten
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woltte er auch gar nit zweiffelen, gestaldt er dan solches zue Rom und bey
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Ihrer Pabstlichen Heiligkeit allezeitt contestirt hette. Dannoch seinem
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ambtte und habendem befelch ein gnügen zu thuen, hette er auch solche
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erinnerung überflüßig zu thuen nit underlaßen sollen. I. H. G. haben
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durch den abgeschickten per generalia darauff geandtworttet, und daß sie,
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auch die übrige Churcollnische gesandte, von högstgemelter Ihrer Chur-
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fürstlichen Durchlaucht anderen befelch biß dato nit bekommen hetten.

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