Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
314. [Trauttmansdorff], Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 August 21

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[Trauttmansdorff], Nassau und Volmar an Ferdinand III.


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Münster 1646 August 21

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Konzept

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Von diesem Schreiben ist wohl die Ausfertigung nicht überliefert, weil es geheim gehalten wer-
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den sollte; vgl. nr.n 315 und 321 Anm. 2. Es wurde sehr wahrscheinlich in Chiffre gesetzt, vgl.
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ebenda .
: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1400 fol. 179–181.

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Mediatoren bei den französischen Gesandten: Vorhaltungen wegen Verzögerung der Friedensver-
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handlungen . Abwägung der militärischen und politischen Lage in Hinblick auf einen möglichen
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Abschluß mit Frankreich. Bislang noch Differenzen wegen Bedingungen zur Zession des Elsaß,
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wegen Lothringen, Spanien, Philippsburg, Marburg. Gespräch mit spanischen Gesandten vor-
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gesehen . Geheimhaltung.

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Euer Kayserlicher Majestät sollen wir hiemit allerunderthänigst ze referiren
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nit underlassen daß, waß gestrigen tags die herrn mediatores angebracht,
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waßmaassen sie denen Französischen plenipotentiariis auß anlaaß dessen,
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waß sie nechstverwichner tagen wegen deß Don Edoardi von Portugal erledi-
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gung bey dem Spanischen pottschafftern conte Peneranda ze handlen obge-
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habt , vorgehalten, daß die fridenshandlungen solchergestalt verzögert wur-
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den und dabey inen zu gemüett gefüret, wie daß die mehiste schuldt fast inen
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zugemessen werden wolle, auch darauffhien sovil bey inen erhalten, daß sie
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sich endtlich auff weiß und maass, wie Euer Kayserliche Majestät auß bey-
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ligender continuatione protocolli allergnädigst anzehören geruhen wollen,
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erclärt und vernemmen lassen.

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Nun haben wir darauffhien in berathschlagung gezogen, ob bey ietzigem zu-
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standt der kriegsläufften Euer Kayserlicher Majestät und dem gemeinen we-

[p. 526] [scan. 606]


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sen rathsamb und nutzlich sein wurde, daß wir alsobaldt unß darauffhien von
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puncten zu puncten erclären und die handlung zu einem verbündtlichen
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schluss zu richten unß unterfangen solten, oder ob nit villeicht besser, darmit
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noch etwas auffzehalten und denen hin und wider eraigenden eventibus zuze-
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wartten .

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Und zwar wann wir, wie billig, unser absehen auff den kriegsstandt im Reich
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Teutscher nation richten werden, so befinden wir, daß die feindtlichen, nun-
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mehr von allen ortten zusamengezogne kriegshör demjenigen, so uff Euer
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Kayserlicher Majestät seiten stehet, nit allein an mannschafft, sondern auch
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mit innhabung viler vornemer und vester plätzen an haubtflüssen und was-
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serströmen überlegen, daß auch der feindt noch einen festen fueß in dero
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erblanden hatt und daher die hohe nothurfft erfordern will, keine zeit und
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gelegenheit zu versaumen, dardurch man ehender zu einem schluss kommen,
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als es etwan zwischen beeden so nahent aneinander stehenden kriegshörn zu
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einem treffen gerathen möcht, neben deme auch, im fahl von denen reichs-
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ständen verspürt werden solt, daß wir daß werkh in einiger verzögerung zu
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richten begehrten, allen unwillen uff Ewer Kayserlicher Majestät seitten fal-
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len und mehrer ungelegenheiten zu gewartten sein möchten.

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Hingegen aber haben wir auch nachricht, daß in Frankreich sich newe motus
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anspinnen und bereits der printz von Conté sich von hof absentirt haben soll,
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daß man auch in gueter hoffnung stehet, die belägerung vor Lerida mit gros-
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sem verlust der Franzosen werde auffgehebt werden müessen, neben deme
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deroselben armata in denen Niderlanden vor Mardikh

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Mardijk, Ort in der Gft. Flandern bei Dünkirchen, zur Belagerung durch frz. Truppen vgl.
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TE V, 1185f.
zugleich grossen
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schaden empfangen und allem ansehen nach wenig mehr werden verrichten
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mögen, also nit zu zweifflen, da disen gantzen sommer denen Franzosen all
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ihre dissegni in Italia, Catalonia und in denen Niderlanden fehlgeschlagen,
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auch, wie eben bei außferttigung diß bericht eingelangt, von denen Spani-
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schen Menene

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Menen (Menin), Ort in der Gft. Flandern bei Kortrijk, zur span. Eroberung vgl. TE V,
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1185f.
, so die Franzosen zu einer real forte gemacht hatten, wider-
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umb erobert worden, also der cron Frankreich uberauß costbarliche kriegs-
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praeparationes mit verlust über tausendt menschen zunichten worden, es
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werde derentwegen in Frankreich grosser unwill, mangel und abgang an al-
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lem demienigen, waß inen zu weiterer fortsetzung ihrer unmässigen, weitaus-
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sehender anschlägen vonnöthen ist, erfolgen, mithien aber auch Euer Kayser-
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liche Majestät wie mehr und mehr grösserer vortel zu überwindung ihrer
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feinden an handt wachßen.

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Nun seyend aber auch dise eventus in Gottes handt und ungewiß, ob die-
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selbe , wie es die menschliche vernunfft zeigt, also im werkh erfolgen werden.
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Derentwegen wir zwar für rathsamb erachtet, unß mit der handlung nit auff-
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zehalten , jedoch sehen wir benebens nit, wie darmit so schleunig fortzekom-

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1
men müglich sein werde, daß sich nit entzwischen ein oder andere fähl meh-
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rers an tag geben möchten, warnach man sich noch vor entlichem schluss
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ohne ungleiche betadlung wurde ze richten haben.

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Denn neben deme die Französische plenipotentiarii in ihrer declaration

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Bezug auf die am 3. Juni 1646 den ksl. Ges. ausgelieferte response des plénipotentiaires vom
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[ 1. Juni 1646 ] (nr. 151 Beilage 1).
ett-
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lich unterschiedliche von unß bei anerbottner cession der Vorderosterreichi-
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schen landen jenseit Reins angehenkhte conditiones außgelassen, wölche bil-
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lich reassumirt werden müessen, so steckht man noch mit inen im streit we-
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gen vergleittung deß herzogen zu Lothringen, wegen einschliessung der cron
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Hispanien, und wollen sie auch von Philipsburg nit weichen, zumahlen we-
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gen der Marpurgischen successionsach mit solchen vorschlägen fürkommen,
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darzu sich unsers ermessens herr landtgraaf zu Darmbstatt nit verstehen wür-
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det . Wir werden es ime auch nit zuzemuetten, sondern vilmehr innhalts Euer
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Kayserlicher Majestät an unß abgangner unterschiedlicher bevelchen bei er-
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langter urtel und darauff erfolgter transaction in bester maassen zu verthädi-
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gen haben. Zwar waß Philipsburg anlangt, da vernemmen wir von denen
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herrn mediatoren, daß man anfangs am königlichen hof der meinung nit ge-
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weßt , sondern es hettens erst ex post facto die Französischen plenipotentiarii
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daselbsthien mit disem vorgeben gelangen lassen, daß sie von ettlichen
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reichsständen die nachricht hetten, man würde derentwegen sich nit wider-
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setzen , auff welchen bericht inen der bevelch erfolgt wer, sich darvon nit
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abtreiben ze lassen. Dieweil sie aber anietzt dises begehren in berathschla-
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gung bei denen reichsräthen nit wollen gebracht haben, so ist unschwer
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darauß abzenemmen, daß sie darmit durchzekommen nit getrawen und also
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entlich sich mit der demolition begnüegen möchten.

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Wir seyend demnach entschlossen, heüt nachmittag mit denen Spanischen
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plenipotentiariis von disem an unß gelangtem vortrag unterredung ze pflegen
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und, waßgestalt daß werkh beederseits anzegreiffen sein möcht, unß zu ver-
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gleichen , alsdann im namen Gottes die handlung fortzusetzen, darvon dann
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Euer Kayserlicher Majestät mit nechstem gehorsamiste relation erstattet wer-
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den solle, dabey underthänigst erinnerend, weil die gantze handlung biß zu
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endtlichem vergleich sub obligatione iuris iurandi in geheimbd ze halten.
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Euer Majestät wolten sich gnädigst gefallen lassen, derentwegen auch bei
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dero Kayserlicher cantzley gebürende verordnung ze thuen.


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Beilage [ 1 ] zu nr. 314


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[ Protokoll (lat.), [ Münster ] 1646 August 20 ]. Fehlt [ Druck: APW III C 2, 687 Z. 39 – 690
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Z. 5 ].

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