Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
115. Lamberg und Krane an Trauttmansdorff Osnabrück 1646 Mai 19

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Lamberg und Krane an Trauttmansdorff


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Osnabrück 1646 Mai 19

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 IX nr. 1224 fol. 54–57’ = Druckvorlage – Kopie: Giessen
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207 nr. 105 S. 389–407 – Druck: Gärtner IX nr. 146, 819–825.

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Erneuter Aufschub weiterer Verhandlungen durch schwedische Gesandte. Keine schwedische Zu-
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sage zu Waffenstillstandsverhandlungen. Kurmainzische Bedenken gegen Ausschluß der Reichs-
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ritterschaft bei Einschluß mediater Städte in den kaiserlichen Textvorschlag für das IPO.

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Die auf heüd mit denen Schweedischen abgesandten außgestelte conferentz
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super instrumento pacis hat auch ihren fortgang nit erreicht, sondern haben
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mir, dem graven von Lamberg, selbe Schweedische gesandten gestern anzei-

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gen laßen, daß ihnen von Münster auß zugeschrieben seie, ob würden Ewer
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Exzellentz nehistkhünfftigen montag wider hiehero khommen. Stelleten es
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derhalben zu unserm nachdencken, obs nit der sachen vorträglich, die veran-
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laste conferentz biß zu dero ankhombst außzustellen. Wie ich aber geantwor-
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tet , daß mir von solcher zurückkhombst noch nichts, sondern vielmehr das
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wiederspiel fürkommen, gestalt sich Ewer Exzellentz zuvorderist zu Münster
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wegen richtichmachung der sachen aldha bemüehen, ehe dan wieder zuruck-
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kommen würden, hat der Schweedische zu mir abgefertiger minister gleich
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eine andere außred, warumb auch heüd die conferentz nit gehalten werden
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könte, dhahin vorgewendt, daß das werck ahn ihme selbst wichtich und vor-
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hero einer reiffen berathschlagung bedörffich. Es seie aber der Salvius mit
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vielfältigen visiten dergestalt bemüehet, daß der Oxenstern kheine gelegen-
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heit haben khönnen, sich mit dennselben zu underreden. Würde ihnen also
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lieber sein, wan die conferentz auf morgen oder, fals solches wegen des bey
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den catholischen einfallenden Pfingstfests nit schicklich, auf andere zeit
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möegte außgestelt werden. Weiln wir dan auß solchem anbringen unschwehr
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abnhemmen khönnen, daß die Schweedischen gesandten zu der conferentz
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noch kheinen lust tragen, haben wir es zu dero guten gelegenheit außgestelt
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sein laßen müeßen.

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Immitls, weiln es gleichwol die notturfft erfordert, mit denen Schweedischen
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des armistitii halben zu reden, haben wir unß heud abermals anmelden und
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glimflich zu verstehen geben laßen, daß wir noch anderer geschefften halben
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mit ihnen zu reden hetten und sie also ersucht haben wolten, unß eine stundt
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zu erlauben. Wölten sie nit lang aufhalten. Darauf unß der Oxenstern wißen
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laßen, falß wir mit ihnen von sachen, so die haubthandlung angehen, zu re-
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den , so würden dieselbe noch waß anstalt leiden müeßen, dan sie, Schweedi-
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sche , erwarteten zuvorderist darin einiger information von Münster. Sein es
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aber andere nebensachen, so hetten sie mit verlesung dern ihnen bey heütiger
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ordinari eingelangten vielfältigen schreiben und expeditionen so viel zu
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thuen, daß beynahe den halben tag dhamit zubringen und der heimbsuchung
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nit abwarten könten. Den übrigen halben tag müesten sie zu praeparirung zu
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morgigem hohen fest anwenden, sölte aber ie die sach kheinen verzugh lei-
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den , so stelleten sie unß anheimb, ob wir dhavon durch meinen, des graven
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von Lamberg, secretarium wölten uberbringen laßen oder wölten sie,
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Schweedische, iren secretarium

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Matthias Mylonius (1607–1671), März 1646 geadelt Biörenklou, auf dem WFK 1643–1647
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schwed. Legationssekretär und Res. in Osnabrück, 1647/48–1649 Res. in Münster ( SBL IV,
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465–473; SMK I, 324f.; Repertorium I, 482, 486, 489ff.; Bosbach , 34f.).
schicken, umb von unß der notturfft zu
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vernhemmen.

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Wie wir dan gesehen, daß auf allen angewendten fleiß zu den Schweedischen
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khein zutritt zu erlangen, darbey gleichwol die nothwendigkeit des armistitii
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betrachtet, so haben wir bemelten meinen, des graven von Lamberg, secreta-
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rium mit Ewer Exzellentz schreiben vom 14. dieses

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Nr. 98.
(weiln darin pro hac

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materia staatliche rationes außgeführt und nichts, so sie einiger gestalt offen-
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diren khönten, zu finden) zu dem Oxenstern geschickt und umb erclehrung,
3
waß man sich in ansehung so erheblichem bedencken gegen die Schweedi-
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sche des armistitii halben zu versehen hette, ansuchung thuen laßen.

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Darauf die Schweedische die sach in bedacht genhommen und unß hernacher
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durch den legationis secretarium nomine Milonium zu wißen thuen laßen,
7
daß sie irestheils nit underlaßen hetten, dem Schweedischen general nomine
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Torstensohn, sopaldt sich die sachen waß näher zur vergleichung geschickt,
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des armistitii halber zuzuschreiben, und vermutheten, dhamit verursacht zu
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haben, daß die Schweedische armee, nachdeme die sachen mit Chursachßen
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vergliechen und die neutralitet bestättigt

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Vgl. nr. 4 Anm 15 und Parker , 272 Anm 10.
, ihren marsch auf diese und nit wie-
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der zuruck auf die Östreichische erblande genhommen, wölten auch ferners
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gern das irig hiebey thuen. Allein, weiln man noch niemaln von einem gene-
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ralarmistitio geredt, die sach in puncto satisfactionis noch nit völlich verglie-
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chen , die übrige puncta, waß die stendte angehe, auch noch manglhafft und
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nit recht zum standt gebracht, so würde man ihnen verhöffentlich nit ver-
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dencken wöllen, daß sich dieses wercks halben ferners nichts underfangen
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khönten; die armee müße zu leben haben.

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Wir haben mit weenigen erinnert, daß man sich nit versehen thete, daß beym
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puncto satisfactionis noch waß abgehen sölte. Des armistitii seie gleich an-
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fangs bey der ersten antwort ad propositionem Suecicam gnugsamb gedacht
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worden, würden sich auch sub armistitio die sachen viel beßer einrichten und
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vergleichen alß dergestaldt per arma durchtringen laßen. Die armee habe ör-
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ter gnug in irer gewaldt, wohvon sie leben könte, seie unnötig deswegen
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mehr andere anzufallen, würde sönsten die Kayserliche armada auch herzu-
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zukommen genötigt und alßdan alles schwehrer werden. Haben entlich alles
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ad referendum aufgenhommen.

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Der secretarius entschüldigt es abermals, warumb die Schweedische der vor-
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gehabten conferentz seithero nit abwarten können, berichtete benebens, daß
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der Frantzösischer resident, monsieur La Barde, gleich itzo bey denen Schwee-
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dischen sei und die sachen, so dieselbe von Münster erwartet gehabt, uber-
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bracht hette. Würde also die conferentz auf künfftigen montag oder dienstag
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zwischen unß wol können gehalten werden, zuemahl dieienige conferentz, so
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die Schweedische mit denen Frantzosen in loco intermedio zu Längeringen
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vorgehabt, zurückgestelt seie. Und soviel von diesem verlauf.

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So haben auch heud bey unß die Churmentzische abgesandten erinnert, daß
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ihnen in dem instrumento pacis bedencklich falle, daß bey dem passu, dha an
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seithen Kaißerlicher majestätt die includendi specificirt werden, der immediat
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reichsritterschafft nit, hingegen aber der civitatum mediatarum gedacht wor-
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den . Besorgen, daß ihrem gnädigsten churfürsten und herrn darin wegen der
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stadt Erfurdt ein praeiudicium dörffte zugezogen werden, deswegen sie dan
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die dictatur heud suspendirt und bey unß erinnerung gethaen, obs nit dhahin

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1
zu richten, daß selbiger passus entweder auf den schlag, wie beykommendes
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concept clausula prima oder aber clausula secunda außweiset, möegte einge-
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richtet werden

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Zu den Autonomiebestrebungen der Stadt Erfurt, die Zentrum des kurmainzischen Besitzes in
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Thüringen war, und den seit dem 15. Jahrhundert wiederholten Versuchen, Reichsstadt zu
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werden, vgl. Press , Erfurt. Der ksl. Textvorschlag für das IPO vom 8. Mai 1646 (nr. 88
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Beilage 1) nannte unter § 33 civitates tam mediatae quam immediatae, in specie Hanseati-
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cae ( Meiern III, 73 ).
. Wir haben dhagegen erinnert, daß ihnen, Churmentzischen,
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bewust, daß die Schweedischen schon dies instrumentum pacis vermitls des
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Magdeburgischen vermeinten directorii denen protestirenden ad dictaturam
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geben. Sölte man itzo darin dergleichen enderungen vornhemmen, würde al-
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lererst das werck dardurch schwehrer gemacht, auch nit können verhüitet
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werden, daß nit die cron Schweeden selbige stätte an irer seithen werde in
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den frieden nhemmen, weiln bewust, wieviel dieselbe umb dern vergleitung
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gethaen, also dieselbe alßdan, und nit Kayserliche Majestätt, den danck dha-
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von haben würden. Zudeme können dergleichen erinnerungen füglicher her-
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nacher suo tempore ac loco eingewendet werden, weiln es nur das erste con-
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cept und zu dem ende ad dictaturam gegeben seie, dhamit ein ieder, wehr dha
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wölle, darbey erinnern möegte, waß er zu erinnern für nötig befünde. Zum
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überfluß aber, dhamit ie der actus dictaturae nit für praeiudicirlich außgedeü-
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tet werden möegte, khönte man sich ex parte Churmentz dhawieder per ali-
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quam protestationem verwahren.

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Es haben aber solche erinnerungen bey denen Churmentzischen nit verfan-
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gen wöllen, derentwegen wir unß entlich anerbotten, Ewer Exzellentz darab
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bey eignem botten zu berichten und unß dero bescheidts und befelchs zu
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erholen, ob wir nuhn bey unser vorigen meinung verpleiben, daß in diese
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änderung außerhalb der wörter „libera Imperii nobilitas“, so billich zu inse-
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rirn

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Ebenfalls in § 33.
und wir unß auch ultro darzu erbotten, derzeit nit zu hellen, so haben
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dannoch vorhero bey Ewer Exzellentz unß dero gemüetsmeinung und be-
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fehls , waß hirin zu thuen, hiemit erkhündigen und unß zu beharlichen gna-
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den gehorsamblich und underthänig entfehlen sollen.


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Beilage [ 1 ] zu nr. 115


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[ Nr. 117 Beilage [ 1 ]]. Fehlt.

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