Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
DIE KAISERLICHEN INSTRUKTIONEN (1637–1645) BEARBEITET VON HANS WAGNER : 30 Rechenschaftsbericht des Grafen Maximilian von Trauttmansdorff über dieVerhandlungen in Münster und Osnabrück anläßlich der Rückstellungder Geheiminstruktion Wien 1649 Februar 2

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Rechenschaftsbericht des Grafen Maximilian von Trauttmansdorff über dieVerhandlungen in Münster und Osnabrück anläßlich der Rückstellungder Geheiminstruktion.


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Wien, 1649 Februar 2

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Orig., eigenhändig von Trauttmansdorff geschrieben, StK , Friedensakten ,
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Kart. 1 fol. 222–225.

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7 ] Adresse auf fol. 226‘ An die Röm. Kay. May. etc., unsern allergnedigsten Herren,
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Herren, etc. Als Rubrum folgt, ebenfalls von der Hand Trauttmansdorffs Dero geheimen raths,
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cammerers unndt obristen hoffmaisters Maximiliani graven zu Trautmanstorff etc. aller
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untertenigste gehaime relation über die zu Münster unndt Ossnabrugkh vorgehabte
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fridenshandlung unndt schlusses. Sambt der Kayserlichen gehaimen mit ihrer Mayestet
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aigner handt geschriebenen gehaimisten instruction.
Allergenedigister kayser unndt herr etc.

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Demnach nunmehr durch die gnadt gottes der Teutsche friden ge-
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schlossen , derselbe aber in deme, so vor E. K. M. darinnen erhalten
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worden, auf diesen conditiones meistentheils beruhet, so noch zu meiner
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zeit zu Münster unndt Ossnabrugkh verglichen worden, also hab ich
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khurzlich hiemit E. K. M. allergehorsamst vortragen sollen, waß über die
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geheime (in originali wider hiebey gelegte) instruction, so E. M. von dero
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aigner kayserlicher handt geschriben mit angehendigt, unndt E. K. M.
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hernach erfolgten befehlen erhalten worden.

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1. Erstlich befehlen E. K. M. in obgedachter instruction vom 16. Octo-
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bris 1645, mich zu bemühen, vor allen dingen die stendt des reichs unter
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sich, gesambte aber mit E. K. M. zu vergleichen unndt zu vereinbaren.
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Ob nun wol 1646 Churbayren sich diesem actui procedendi starkh widersezt
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unndt, daß man eher mit Frankhreich accordiren solle, durch selbige cron
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hernacher die Schweden unndt stendt des reichs zu billichern conditiones
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zu vermögen, eingerathen, so hat doch der eventus selbst erwisen, daß die
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resolutio gravaminum et amnestiae, in welchen puncten der ständt satis-
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faction bestandten, das

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24 fundament] verbessert aus getilgtem erste.
fundament in dieser handlung hat sein müssen,
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ohne welchen man noch zu kheinem schluss mit denen feindlichen cronen
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gelangt wäre. Ist also in diesem punct E. K. M. instruction ein genügen
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beschehen.

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2. In puncto amnestiae haben E. K. M. allergnedigst verwilligt, im reich
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endlichen auf das jhar 1618 zurugkh zu gehen. Es ist aber das jhar 1624
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unndt also 6 jhar, dardurch die catholische religion in der Oberen Pfalz
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erhalten worden, in denen kayserlichen erblanden aber die religion völig
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biß 3 kirchlein in der Schlesien manutenirt worden, unndt seindt E. K. M.
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in Osterreich allein die graven, herren unndt edelleut, so uncatolisch, zu

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gedulten schuldig, so de praesenti darinnen wonen. Ingleichen seindt alle
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confiscationes, so vor dem Französischen unndt Schwedischen krieg
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vorgangen, becrefftigt.

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3. In puncto gravaminum hete vermög der instruction endlichen auch die
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paritas religionis aller assessorum in reichshoffrat khünen zugelassen werden.
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Es ist aber das werkh besser unndt nuer auf etliche Augspurgische confes-
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sionsverwandte reichshoffräth moderirt worden, wie ich dan auch, so lang
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ich bey denen tractaten gewesen, unangesechen waß in meinem abwesen
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zu Ossnabrugkh in Majo

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9 1647] versehentlich wurde 1627 geschrieben.
1647 gehandelt, nie merehr wegen der stat
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Augspurg verwilliget, als daß sie in dem standt, wie sie anno 1624 sich be-
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funden , sowol in politicis alß ecclesiasticis, wieder solle gesezt werden.
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Insonderheit aber seindt die erz- unndt stiffter, welche ohne das denen
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protestirenden nicht haben genomen werden khünen, ihnen unndt der cron
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Schweden in satisfactionem et aequivalentias, darmit vil andere landt unndt
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leute catolischer religion unndt E. K. M. selbst zugehörige (wie den ganz
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Schlesien paetendirt wardt unndt auf welche auch von theils catholischen
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chur- unndt fürsten selbsten das absechen gewesen) erspart unndt über die
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instruction erhalten worden.

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4. Das Hessische negotium ist unter denen parteyen ohne cooperation
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E. K. M. diener verglichen worden, auch ohne E. K. M. entgelt die satis-
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faction verabschidet.

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5. Das Pfelzische negotium ist also verglichen, daß E. K. M. an stat
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dreyer millionen gulden, welche sie in dero instruction verwilligt haben
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von dem ihrigen herzugeben, nuer m/400 reichstaller oder m/600 fl. in 4 jahren
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zu bezallen, der pfalzgrävin des Friderici wittib m/20 reichstaller oder m/30 fl.
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semel per semper unndt, wan ein Pfalzisches freullein heyratet, m/10 reichs-
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taller oder m/15 fl. zu reichen, deren 2 sein, unndt also in allen m/660 fl. bringen
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möcht, verbunden worden. Ist also in diesem punct allein E. K. M. über die
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29 vierzigtausendt] eingefügt ist vierzig. Am Rande 2.340.000 fl.
erlaubniß, so ich gehabt, 2 milliones dreymalhundertvierzigtausendt gulden
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erspart worden.

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6. In puncto satisfactionis Suecicae haben E. K. M. ein theil des erzstifftes
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Bremen neben ganz Pomern unndt Rostokh verwilligt unndt noch darzu
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durch kayserliche rescripta an dero gesandte zu Ossnabrugkh m/1200 reichs-
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taller . Ist also in dieser post halb Pomern, Rostokh unndt von denen m/1200
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reichstaller der halbe theil, id est m/600 taller, von E. K. M. aigen gelt

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35–36 aber m/1000] am Rande m/1000 reichstaller.
aber
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m/1000 oder ain million reichstaller, dan sie nur m/200 taller bezallen dörffen,
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erspart worden.

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7. In puncto aequivalentiarum haben E. K. M. vor Churbrandenburg
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verwilligt die forderung, so E. K. M. auf die restanten vom herzogthum

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Crossen

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Unter den Restanten von Crossen sind die strittigen Beiträge Brandenburgs zur schlesischen
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Landessteuer gemeint; vgl. S. 447 Anm. 1.
noch zu suchen, ain stukh gelt unndt endlichen durch handbriefl
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an mich die herzogthumb Gross-Glogau unndt Sagan zu geben. Disses ist
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alles ohne einigen khreizers zutrags von E. K. M. cassa oder handtbreit
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erdt von dero landen, auch das herzogthum Jägerndorff

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Jägerndorf in Schlesien war wegen der Beteiligung Markgraf Johann Georgs am böhmischen Auf-
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stand vom Kaiser 1624 eingezogen worden. Kurbrandenburg verfocht die Ansprüche Markgraf
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Ernsts, des Sohnes Johann Georgs; vgl. Urk. u. Aktenst. I S. 370.
völig erhalten
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worden.

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8. In puncto Französischer satisfaction ist über E. K. M. instruction das
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Breiskhau, die 4 Waldstet unndt die landvogtey Orttenau gegen die Franzosen
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erhalten worden. In puncto aber dieser aequivalentiae vor die Insprugerische
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linea ain stukh vom herzogthum Cärndten unndt 3 millionen frankhen
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erhalten worden. Unndt dörffen E. K. M., wan auch das reich wider ver-
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hoffen der Oberösterreichischen lini khein recompens verwilligte, nicht
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mehr alß m/200 reichstaller in haubtsumma, biß aber solche erlegt, allein
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m/10 reichstaller järliche interesse beytragen.

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9. So lang ich zu Münster gewest unndt denen tractaten beygewont, ist
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Spanien allzeit eingeschlossen gebliben unndt khein Separation vorgangen,
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10. noch einiges armisticium particulare vel universale von E. K. M.
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wegen bewilligt noch geschlossen worden.

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11. Die satisfactio militiae Suecicae ist auch erst lang nach meinem abzug
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zwischen denen Schweden unndt reichsstenden verglichen worden.

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12. Der abdankhung militiae unndt restitutionis locorum sol man sich
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noch vergleichen, ist zu meiner zeit darvon nicht gehandlet worden. So
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darbey waß gefält, khan ich khein schuldt haben.

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13. Durch dise allergehorsamiste erzelung derer dienst, so E. K. M.
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ich in diesen negotio tractatae pacis allerschuldigist erwisen, wil ich anderen,
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so sonst auch darbey gearbeitet, nichts entziehen. Aber das, waß ich allein
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vermög kayserlicher instruction unndt handbriefl in gewalt gehabt, auch
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niemandts anderer (daß ich so weit nachgeben derffte) gewust, das wierdt
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billichen (ohne eyteln ruhm) meiner treu, verschwigenheit unndt industriae
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zuzuaignen sein. Bey dieser zurukhaltung aber seindt die tractaten nicht
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verzogen worden, dan wegen grosser hoffnung, welche Frankhreich auf
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Neapoli, Milan unndt dardurch ganz Italiam zu erobern, die Schweden
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aber noch mehrer in Teutschlandt zu gewinen, heten sie doch auch mit
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concession alles dessen, so ich erhalten, nicht eher alß beschehen fridt
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gemacht, ja sie haben auch nach geschloßenem frieden gern mit denen
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Prag steten das königreich Behaimb erobern wollen.

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14. Das landt Ob der Ennß ist zwar erst durch diesen fridenschluss völig
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von Churbayrischer obligation befreyet worden, aber ich hab dessen völige
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possession unndt nuzniessung schon 1628 vor E. K. M. herrn vattern

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seligister gedechtniß zu Münichen erhalten

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Im Vertrag von München am 22. II. 1628, Regest bei L. Bittner S. 43, Druck bei J. Du
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Mont V 2 S. 538/542. Vgl. W. Goetz II 4 S. 28ff.
, unndt haben E. K. M. seit-
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hero dieses allein biß auf den jezt beschechnen fridensschluss, wie solches
3
die raitung außweiset, in die 20 millionen gulden genossen, so Churbayren
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vilmal gereut. Unndt wurdte die recuperation bey dieser fridenshandlung
5
schwerlich sein zu erhalten gewesen, sondern es heten die feindlichen
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cronen unndt reichsstendte meistentheils lieber die Oberpfalz der Heydel-
7
bergischen lini restituirt, Churbayren aber mit dem lanndt Ob der Ennß
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bezalt sechen wollen.

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15. Waß ich bey dempfung des angegangenen Fridtlendischen feuers
10
gethan, ist E. K. M. gnedigst wissendt. Da hat man gleichwol auch umb
11
cron unndt scepter periclitirt unndt ist ein haubtresolution und voto gewest,
12
so billich zuforderist kayserlicher Mayestet, nacher aber denen wenigen,
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so darzu gerathen, zuzuschreiben

37
Nur Fürst Eggenberg, Bischof Anton Wolfradt von Wien und Trauttmansdorff waren von
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Ferdinand II. im Jänner 1634 zum Gutachten über Absetzung oder Tötung Wallensteins heran-
39
gezogen worden. Vgl. H. Srbik S. 109f.
.

14
16. Die heroische resolution im Januario 1641 (alß Banier auf Regenspurg
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mit aller macht angezogen), aldort zu verbleiben unndt sich zu defendiren,
16
haben E. K. M. allein mit mier beratschlagt unndt darauf allergnedigst
17
resolvirt, welches E. K. M. bey aller welt grossen ruhm unndt das Römisch
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reich in ihrer handt erhalten hat

40
Zur mißlungenen Aufhebung des Reichstags von Regensburg durch Banér im Jänner 1641 vgl.
41
M. Koch I S. 254ff.
.

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17. Ich bekhenne aber mit allergehorsamster dankhsagung, daß alle meine
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geleiste schuldigiste dienst von E. K. M. herrn vattern unndt E. K. M. mier
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in gnaden von guet unndt eerhen genugsam seindt belohnt worden, dan
22
auch disses, so mir von E. K. M. reichsstendt unndt erblandten wegen des
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geschlosenen fridt freywillig mit E. K. M. einwilligung geschenkht wierdt,
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ich von E. K. M. alleruntertenigst erkhenne.

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18. Wie nun dergleichen merita (ohne eyteln rum zu melden) nicht
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jeglicher wierdt zu allegiren haben, noch die derowegen von mier empfan-
27
gene gnaden schedliche consequentias bey andern praetendenten nachkhu-
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men , also versichere zu E. K. M. unndt dero höchstlöblichsten hauß unndt
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dero posteritaet ich mich genzlich unndt allergehorsamst, wo khunfftig
30
meine armen khinder,

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30 deren vil sein] über der Zeile eingefügt.
deren vil sein, unndt deren nachkhomen in concursu
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aliorum, caeteris paribus, gnaden unndt befurderung alleruntertenigst
32
suchen wurden (dan mit mier es nun mehr, got geb, zu einem seligen endt
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lauffen wil), E. K. M. würden dieselben vor andern zu begnaden aller-

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1
gnedigst ingedenkh verbleiben. Dero ich mich hiemit zu beharrlichen
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kayserlichen gnaden allergehorsamst befelche. Wien, am heiligen Licht-
3
messen tag, anno 1649.

4
E. Römisch kayserlichen Mayestet allergehorsamster

5
M. gf. Trautmanstorff mp.

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