Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
178. 156. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 August 21 10 Uhr
178
Osnabrück 1648 August 21 10 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 667’–671 = Druckvorlage. Conclusa in: Strassburg zu AA
1144; Bremen 2 – X. 8. m. ( II ) sowie 2 – X. 10. b.
Ultimatum Serviens an den Kaiser: Suche nach einem Ausweg.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Dortmund auf der Rheinischen, Nürnberg auf der Schwä
bischen Bank.
Herr Director proponirt: Es werde für diesmahl darum zu thun sein, ob
man es bey deme, was bey herrn Servien vorgegangen
Erklärung Serviens vom 19. sowie 21. August 1648 Meiern VI S. 343 f.
anderen entschließen wolle, und demnach zu denen herren abgesandten ste-
hen , ob sie ihre gemüthsmeinungen hierüber ohnbeschwert eröffnen wol-
len .
Lübeck. Er bekenne, daß es ein schwär werckh seye, laße zwar das desi-
derium pacis, so ein und anderer in particulari haben möchte, dahin gestelt
verbleiben, könne aber diesen modum tractandi, daß man die herren Kay-
serlichen auff eine seiten setzen und dasjenige, was geschloßen worden,
ihnen tanquam praecepta vorlegen solle, gar nicht für zulänglich halten,
sondern seye vielmehr dem Prager friden ähnlich und er, den Kayser zu
offendiren oder praecepta vorzuschreiben, nicht instruirt. Zu dem halten die
herren churfürstlichen selbsten dafür, man werde ohne die herren Kayser-
lichen in diesen sachen nicht fortfahren können, sondern eine reichsdeputa-
tion nacher Münster abordnen müßen. Solte es aber geschehen, hette man
sich nur neuen ohnlusts und widerwertigkeiten zu befahren; und wann
gleich die fürstliche darauff bestehen solten, würde es endtlichen, wann die
evangelischen Ihre Kayserliche Majestät offendiren theten, dahin, wie herr
Cran gegen den deputirten vor wenig tagen gesagt, daß nemblichen die
sachen anietzo in anderen terminis stehen, außlauffen. Halte diesem nach
dafür, daß alles, was der assistenz halben vorgenommen werden solle, domi-
nis Caesareis consultis et consentientibus vorzunemen seye.
Nürnberg. Er müße bekennen, daß er über gestriges tages bey herrn Ser-
vien vorgangene sachen, in dem man wegen des in Frantzösischen sachen
von ihme begehrten schlußes mit dem jawortt dergestalt außgebrochen und
gesagt habe, aut acceptabunt haec Caesareani, aut
res est, sin minus, aliud consilium capiendum, sehr erschrockhen, und wie
mit diesem modo procedendi fortzukommen seye, nicht sehen könne. Hielte
also gleichfalls dafür, es were dahin zu trachten, wie man einmahl zum effect
gelangen möchte, und weiln nicht allein herr Servien in vorgestriger con-
ferenz gedacht, sondern auch von herrn Salvio nicht ohndunckhel movirt
worden, daß es jener in puncto assistentiae bey dem articulo secundo noch
wohl laßen dörffte, alß were stättischen theils dahin zu sehen, daß, nachdem
das werckh meisten theils alhier abgehandelt worden, auch folgendts zum endt
gebracht. Immittelst mit der deputation nach Münster fortgefahren und zu-
gleich mit herrn Servien, daß er sich mit der generalassecuration begnügen
laßen wolte, gehandelt werden. Wolte er aber auff die particular assistenz
und solche sachen, die Ihrer Kayserlichen Majestät zum despect gereichen,
gehen, were ihme zu sagen, man köndte solcher gestalt alhier nichts decisive
handlen, sondern müße nacher Münster gehen und mit den herren Kayser-
lichen tractiren.
Kolmar. Er wolle sich mit vorgehenden votis durchaus conformiren, und
weiln man doch solcher gestalt nicht allein ohne die herren Kayserlichen,
sondern auch wider sie handlen würde und die cron Franckhreich die stände
mit Ihrer Kayserlichen Majestät gerne committiren wolte, alß were mit
hiesigen herren Kayserlichen aus dem werckh zu conferiren, per deputatos
nacher Münster zu gehen, zuvorderst aber sich eines gewißen, was man drü
ben thun wolle, zu entschließen und denen deputatis gemäße instruction
mitzugeben.
Dortmund idem.
Herr Director. Er seye auch von hertzen erschrockhen, daß die deputirten
am verwichenen sonnabendt bey herrn Servien so weitt heraußgebrochen,
und obwohln herr Lampadius gesagt, es habe die meinung nicht gehabt, die
herren Kayserlichen zu abandonniren, so seye jedoch aus herrn Dr. Krebsen
geführten wortten, quid si Caesar nolit, ein anderes genugsam abzu-
merckhen und stättischen theils die intention gar nicht dahin gegangen.
Weiln er nun auff vorgestrige des herrn Servien resolution sehr bestürzt
gewesen, habe er allerhand rationes, welche er mit etlichen fürstlichen com-
municiren wolle, zusammengetragen und seye zwar an deme, daß die herren
Kayserlichen dasjenige, was bißhero in den Frantzösischen sachen gehandelt
worden,
nen , vorgangen, nicht werden retractiren können. Daß man ihnen aber sel-
bige , als conclusa et praecepta vorlegen und das jawortt mit den waffen er-
zwingen wolle, solches lauffe wider bißherige der stätt conclusa und viel
fältige contestationes, maßen er dann allererst vor wenig tagen herrn Cran,
daß man in diesen tractaten wider Ihrer Majestät authoritet nichts zu tentiren
begehre, expresse versichert habe. Hingegen seyen ihme aber auch diese
gedanckhen beygegangen, daß man 1. gestriges tages herrn Serviens resolu-
tion pure acceptiret, 2. ob zwar die stätt auff keine extremiteten instruiret,
selbige dannoch überstimmet seyen und mit widersetzlichkeit anderst nichts
erlangen döfften, alß daß sie ihnen neben den höheren auch die cron Franckh-
reich , bey deren die meisten ratione satisfactionis interessiret, zu feinden
machen würden. So heiße es 3., wer nicht underschreibe, solle pro hoste im-
perii gehalten werden. 4. Seye auch keine causa belli mehr übrig, 5. ein jeder in
genere, den friden zu befürdern und umb außwertiger sachen willen, ohn-
angesehen die herren Kayserlichen bey dem reichsdirectorio, ob man sich
von den Spanischen sachen abziehen wolle, zu proponiren gesucht, densel-
ben nicht auffhalten zu laßen, instruirt, und wann sich die stände 6. derge-
stalt obligiren, werden die Schwedische sagen, wir haben nun alles gethan,
gebet uns also die fridensgelter. Wer würde aber solcher gestalt denjeni-
gen , welche von denen Kayserlichen indeßen occupiret werden möchten,
helffen oder diejenigen, welche bereits Kayserliche praesidia auff dem halß
haben, davon erledigen und befreyen? Sehe also kein ander mittel, alß daß
man sich zu Münster zu keinen tractaten verstehe, viel weniger in die Spani-
schen händel einmischen laße, sondern bey deme, was in puncto amnistiae
bißdato verhandlet worden und ex parte Caesareanorum bey den reichs-
constitutionen verbleibe. Wolle zwar nicht hoffen, wann die herren Kayser-
lichen ein solche resolution vernemen, daß sie bißherige tractaten zu impro-
biren oder, das haubtwerckh noch lenger auffzuhalten, gemeint sein werden.
Widrigen falls aber köndte man alßdann, wie herr Lampadius gesagt, con-
sultiren , quid facto opus sit, und inmittelst alhier mit herrn Servien die
tractaten continuiren und praeparatorie ein und andere vorschläg thun, sich
aber obligatorie nichts einlaßen. Ratione deputationis halte er dafür, wann
höhere nicht dahinziehlen, man solte sie auch dies orths mit stillschweigen
übergehen. Widrigen falls müßte den herren Kayserlichen, daß man nichts
contra respectum Caesaris tractiren und handlen wolte, versicherung gege-
ben werden.
Conclusum. Ob man wohl jüngstes beeder höherer collegien conclusum
stättischen theils lediglich dahin eingenommen, daß es zu mehrerer versiche-
rung angesehen seye, damitt nicht herr grav Servien, wann ihme in puncto
assistentiae annembliche vorschläge geschehen, den Teutschen friden nichts
deßto weniger so lang hinderziehe, biß der Spanische seine richtigkeit zugleich
erlangen, und man also bey den herren Kayserlichen einiges disgusto da-
durch erweckhen und doch des fridens von Franckhreich nicht theilhafftig
werden, sondern zwischen zweyen stühlen nidersitzen möchte, demnach je-
doch bey letztvorgangenen conferenzen sich soviel herfürgethan, daß man
nicht allein mit herrn grav Servien verbindtlich alhier zu schließen, sondern
auch auff den fall, da die herren Kayserlichen nicht condescendiren wolten,
mit denen, welche subscribiren und manutenenz versprechen werden, ein
armistitium zu schließen, übrige aber pro hostibus imperii et coronarum zu
halten, gemeinet seye, ist man stättischen theils in nicht geringe perplexitet
darüber gerathen, was bey so bewandten umbständen ihres orths zu thun
sein wolle. Ihre meinung ist zwar nicht, in neue tractaten über dem, was
bereits so sorgfältig alhie abgehandelt und verglichen worden, sich zu
Münster einzulaßen, viel weniger guth zu heißen, daß umb der Spanischen
differentien willen die Teutsche beruhigung noch länger retardiret und auff-
gehalten werde. Sie befinden sich aber auch zu keinen extremiteten, darauff
es eventualiter ankommen will, der zeitt instruiert, sondern erinneren sich
dagegen sowohl vorgehender conclusorum, nemblich praeparatorie allein
von dem puncto assistentiae alhie zu reden und den verbindtlichen schluß biß
auff Münster zu versparen, alß der gegen den herren Kayserlichen besche-
henen contestationen, daß es mit hiesigen Frantzösischen handlungen keine
andere intention und meinung habe, deßgleichen, daß in puncto satisfactio-
nis Gallicae den interessenten noch zur zeitt keine genugsame sicherheit
gegeben, viel weniger mit den herren Kayserlichen wegen der infeudation
communiciret worden seye. Halten demnach dafür, daß zwar mit herrn grav
Servien des assistenzpunctens halben nach anleittung der Kayserlichen wahl-
capitulation und reichsabschiedt alhie vorbereittungsweise zu reden, der
endtliche und verbindtliche schluß aber, biß mit den herren Kayserlichen aus
deren vorschlägen communiciret, einzustellen seye, damitt es nicht für eine
zu allen zeiten übel außgeschlagene einseittige handlung angesehen, noch zu
neuen weittläuffigkeiten und offencen anlaß dadurch gegeben werde, und
zwar umb soviel weniger, weiln herr grav Servien selbsten angestanden, ob
man mit diesem modo tractandi inconsultis et invitis dominis Caesareanis
alhie außlangen werde. Wolte er aber weder mitt dem articulo secundo
instrumenti Suecici noch demjenigen acquiesciren, was in capitulatione
Caesarea et constitutionibus imperii, der volckhhülff halben, außer dem reich
wider frembde potentaten zu führen, versehen ist, were ihme alsdann anzu-
deuten , daß man Ihrer Kayserlichen Majestät als dem oberhaubt, mit deme
die stände albereit verglichen, wider die reichsverfaßungen nichts auffdrin-
gen könne, sondern es zur handlung mit den herren Kayserlichen nothwen-
dig ankommen laßen müße.