Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
141. 121. Sitzung des Städterats Osnabrück 1648 Mai 25 9 Uhr
141
Osnabrück 1648 Mai 25 9 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 537–540’ = Druckvorlage; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.
Feilschen um die Höhe der Militärsatisfaktion. Ansprüche der Landgräfin von Hessen-Kassel auf
Abfindung ihrer Armee. Regensburgs Bitte um Exemtion aus dem Bayerischen Kreis.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Kolmar, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg und Nürnberg auf
der Schwäbischen Bank.
Herr Director referirt: Eß seye herrn grav Oxenstirns anbringen kürtzlich
darauff bestanden, er hette sich gestrigem verlaß gemäß, anietzo auff dem
rathshauß widerum einfinden und ob aus der sachen zu kommen seye, sehen
wollen
Meiern V S. 854f. , 861–863.
hoch desiderirte fridenszweckh dermahleins erlangt werden möchte, also
hette er zwar der stände gestriges erbieten, wegen der 4 millionen gulden mit
seinem herrn collega zu communiciren und zu überlegen, nicht underlaßen,
aber also beschaffen gefunden, daß darauff nicht zu gehen sein werde, mitt
wenigem nun ihre meinung zu eröffnen, köndten sie, ob defectum mandati,
näher nicht alß auff 6 millionen reichsthaler kommen. Wann nun die stände
selbige einwilligen,
gen falls müßten sie es an ihre majestät, die königin, gelangen laßen und
deroselben resolution darüber erwarten. Neben diesem hette herr grav
Oxenstirn 2. sein gestriges tags wegen contentirung der frau landtgrävin zu
Heßen Caßel militiae gethanes begehren repetirt und daßelbe de meliori
recommendirt.
Worauff herr Dr. Reigersperger geantwortet: Man hette vernommen, wohin
Ihrer Excellenz gedanckhen und erclärung außgefallen, weiln es aber eine
sach, welche nicht vor die deputirten allein, sondern auch übrige gesandten
gehöre, alß werde ihnen selbige zu hinderbringen und anietzo die frag sein,
was an seitten der erbaren stätt bey angehörter herrn grav Oxenstirns erclä
rung zu thun sein wolle, mitt bitt, sich darüber ohnbeschwert vernemen zu
laßen.
Lübeck. Seine meinung gehe ad 1. kürtzlich dahin, daß man bey den 5
millionen gulden finaliter zu bestehen und dabenebens herrn grav Oxenstirn
nicht allein seine eigene wortt, wann man nur einen termin anfänglich be-
zahlen thete, übrige beede selbsten fallen würden, sondern daß auch Ihre
Königliche Majestät in Schweden, wie an Ihrer Excellenz hoff verschieden-
lich gedacht worden, weiln sie der stände ohnvermögen wohl wißen, selbige
darüber zu treiben nicht begehren werden, zu remonstriren und sich damit
zu contentiren, zu bitten. Auff den nicht erhaltungsfall aber 2. pro extremo
und damitt man einmahl aus diesem labyrinthen kommen möge, das quan-
tum auff die 6 millionen gulden, doch sofern auch die höhere dahin schlagen,
und 3. die conditiones und quaestiones quis et cui dabey beobachtet und in
richtigkeit gestellet werden, zu erhöhen hette.
Ad 2. der frau landgrävin praetension betreffend, were selbige simpliciter
mit nein zu beantworten, dann die stände, den friden von ihr zu kauffen, nicht
ursach haben und die sach auch an ihr selbsten so ohnbillich seye, daß sie
kaum mit worten außgesprochen werden könne.
Regensburg. Er wiße fast nicht, weiln es zur impossibilitet ankommen
wolle, was darzu zu sagen seye, werde aber nicht können verdacht werden,
wann er dahin trachte, daß seine herren und oberen bey dieser satisfactions-
sach von dem Bayrischen craiß eximirt werden. Maßen er dann auff etliche
von denselben erhaltene schreiben resolvirt seye, bey den Kayserlichen und
Bayerischen zu protestiren, daß die statt das ihrige zwar zu dieser satisfaction
gern beytragen, mit dem Bayrischen craiß aber (welches er ad protocollum
zu nemen bitte) nichts zu thun, oder sich mit ihrem contingent demselben
anweisen laßen wolle.
Was nun das quantum anlange, werde zwar seinen herren und oberen, weiln
sie ohne das mit guarnison belegt und auch sonsten hart angefochten wer-
den , mit ihrem contingent aufzukommen, sehr schwär fallen, habe aber
gleichwohl auch keinen befelch, von den majoribus sich zu separiren, son-
dern vielmehr zu conformiren; und halte demnach dafür, wann die höhere
auff die 5 millionen gulden gehen, man hette sich dies orths gleichfalls zu
accomodiren. Ad 2. die Heßen Caßelische satisfaction betreffend, conformire
er sich mit Lübeckh.
Kolmar. Es seye zu erbarmen, daß die von den ständen aus freywilligkeit
vorgeschlagene 4 millionen gulden nicht acceptirt werden wollen; und er
also mitt Lübeckh einig, daß man es zu endlicher außtragung der sachen auff
die 6 millionen gulden stellen solle.
Ad 2. Conformire er sich durchaus mit Lübeckh, seye ein petitum
und werden es die herren Schwedischen zu behaubten vermuthlich
nicht begehren, noch gemeint sein.
Was 3. der herr Regenspurgische wegen seiner herren und oberen vorge-
bracht und in acht zu nemen gebetten habe, seye in alleweeg dahin zu sehen,
daß der guthen statt geholffen werde.
Nürnberg. Daß herr grav Oxenstirn in die 4 millionen gulden nicht wil-
ligen wollen, sondern dagegen auff 6 millionen reichsthaler seiner vorge
schützten instruction nach bestanden, darauß seye nichts anders abzunemen,
alß daß die herren Schwedischen, neue moras zu nectiren, suchen, zumahl sie
ein solches mit vorgebrachtem petito Hassiaco noch mehrers darthun. Was
nun die determinationem quanti belange, seyen zwar seine herren und obe-
ren mit geldt contributionen hart belegt, sie müßen aber jetzundt mehr, als
ihr contingent, wann gleich das quantum auff 120 Römermonat gestelt wer-
den solte, sich belauffe, geben und bezahlen. Könne sich also leichtlich mit
den höheren zu den 6 millionen gulden verstehen, es seye aber sorgfältig bey
der sach zu gehen, damit nicht etwa der soldat, wann daßelbe offerirt und
herauß, daßelbe erfahre und auf die stände platze, sehe es für ein praepo-
sterirt werckh an. Weiln aber remedia miserorum gegen armatos schlechten
effect haben und man einmahl aus dem traum kommen müße, were minus
malum zu amplectiren und die 6 millionen gulden einzuwilligen. Doch be-
dinge er dieses in specie dabey, bitte es auch ad protocollum zu nemen, daß
seine herren und oberen, wann die in den oberen craißen gelegene stätt von
dem churfürsten in Bayern zu seiner satisfaction gezogen werden solten, zu
dieser verwilligung nicht verstehen wolten oder köndten.
Neben diesem seye er auch mit deme, was Regenspurg vorgebracht, daß
nemblichen selbige statt aus der Bayerischen anlag gezogen werden solle,
gantz einig und daßelbe zu beobachten erbietig.
Ad 2. Seye der frau landtgrävin zu Heßen Caßel wegen ihrer militiae prae-
tendirtes satisfactionspostulatum von keiner consideration, zumahln be-
kandt , daß sie wider die constitutiones imperii, wider recht und billichkeit,
mit ansetzung so hoher contributionen gehandelt und durch solche contri-
butiones und exactiones das reich mehr in ohnruhe als guthen standt gesetzet
habe. Wann sie recht zu solcher forderung hette, würde das hauß Braun-
schweig , weiln sie die Schwedischen vielmahls in ihren landen underhalten,
wie auch Chursachsen für ihre völckher ebenmäßige satisfaction begehren
können. Hette man also denen herren Schwedischen die ohnbillichkeit dieses
petiti beweglich zu repraesentiren und es simplicissime abzuschlagen und
anzudeuten, daß man selbe anderst nicht, alß daß sich die frau landtgrävin
pro hoste imperii auffwerffen wolte, ansehen köndte.
Bremen. Er seye zwar, was bey dem anerbottenen quanto der 5 millionen
gulden zu thun, auf nichts gewißes, jedoch aber, mit den majoribus sich zu
conformiren, instruirt und befelcht.
Herr Director . Es were zu wünschen, daß sich einig expediens, aus dem
werckh einmahl zu kommen, ereignen thete, besorge, wann man auch gar
die 9 millionen gulden verwilligen solte, die stände dörfften dannoch des fri-
dens nicht gesichert sein, zumahl alle apparenzen zu continuation des kriegs
vorhanden, in dem herr grav Oxenstirn
residenten gesetzt, neue völckher aus Schweden geführet und die in Franck-
hen und Schwaben innhabende plätz von tag zu tag stärckher fortificirt wer-
den . Deßgleichen, daß herr grav Oxenstirn gesagt, er müße mitt den Frantzo-
sen aus der sach communiciren . Item wann in 2 monaten nicht geschloßen
werde, sie die völckher den ständen biß auf das früe jahr auff dem halß ligen
laßen müßten. Und jetzund sich erclärt habe, wann man die 6 millionen reichs-
thaler nicht einwilligen wolte, müße er es, aus mangel instruction, an die
königin gelangen laßen. Der von Lübeckh gethane vorschlag werde, weiln
es verba jocosa gewesen und die Schwedische sich ad pactum de non pe-
tendo schwärlich binden laßen werden, nicht zu practiciren, sondern wann
das, an die königin in Schweden zu schreiben, vorgeschlagene mittel von
den höheren dem werckh vorträglich gehalten werden solte, anzunemen
sein, daßelbe aber durch einen expressen courrier geschehen müßen. Solten
aber indeßen die höhere ein mehrers und zwar die 6. million vorigem quanto
addiren, köndten sich zwar die stätt davon nicht separiren, hetten aber dabey
expresse zu bedingen, daß solches erbieten keinen anderen verstandt, als
wann der friden immediate folge und die offt widerhohlte conditiones beob-
achtet werden, haben solle. Glaube gleichwohl nicht, daß die höheren
strackhs auff 6 millionen kommen werden.
Was 2. die Heßen Caßelische praetension betreffe, vermeine er, es werde sich
selbige, zumahln schon zweymahl auff negativam geschloßen worden, wohl
abwenden laßen und were, wann man darein willigen solte, zu besorgen, es
dörffte die cron Franckhreich wegen der zum krieg hergeschoßener gelder
und völckher hiernächst auch eine satisfactionem pro sua militia forderen,
und demnach selbige nochmahlen rundt abzuschlagen.
Was der herr Regenspurgische wegen seiner herren und oberen erinnert,
seye wohl gethan, weiln aber in der stätt mächten nicht stehe, sie von dem
Bayrischen craiß zu eximiren, sonderen die sach durch ein reichsconclusum
zuwegen gebracht werden müße, alß sehe er nicht, wie derselben anderst,
dann auff besagte weiß, zu helffen stehe.
Hatt demnach der herr Regenspurgische das löbliche stättcollegium nur
um intercession bey Ihrer Kayserlichen Majestät und den churfürsten in
Bayern ersucht und angelanget. Und ist das
Conclusum darauff bestanden, man werde, wohin der höheren gedanckhen
bey erhöhung des quanti gehen, zu erwarten und alßdann mit denensel-
ben sich zu conformiren haben.