Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 XII 17

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1647 XII 17
Dienstag Schreiben Buschmanns und Bischopings 1647
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XII 16.

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W bei d’Avaux. Vertreibung des Pfarrers von Gütersloh und bevorste-
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hende
Einführung protestantischer Prädikanten und Lehrer. D’Avaux:
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Auf Ws Memorial vom Oktober ist jetzt eine schwedische Antwort einge-
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troffen , in der die meisten Vorfälle mit dem Stand von 1624 entschuldigt
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werden. W: Entscheidend ist der Stand beim Abschluß der Prälimina-
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rien
. [...] Weyln sie beyde iezt allein und sie seinen zelum in religions-
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sachen yederzeitt verspurt, so wolten ihnnen vor Gott coniuriren, ihro in
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confidentia zu sagen, ob er einige hoffnung hab, daß alles im stifft Osna-
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brug ratione religionis in vorigen standt restituirt und die praeliminaria
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widder eingeführt werden solten. Avaux andtwortete quod non; eß
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wehre dan, daß etliche circumstantiae sich mutirten, contestirte hoch, was
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sein persohn betreffen thete, seine gute intention nicht allein wegen I. H. G.
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stiffts, sondern auch des gantzen catholischen weesens, addendo, daß, wan
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er in hoc passu von seinen collegis recht secundirt, viele sacht nicht wehren,
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auch viel nicht wurden geschehen. Der hertzogh von Longueville seye opti-
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mae voluntatis et intentionis, und konte woll assecuriren, daß er in specie
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gegen I. H. G. persohn bey ihme gute affection verspurte; aber der gute
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furst hette dieses, das es potius heische vellem quam volo, und wehre also
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ein philosophica velleitas, konte sonst woll bezeugen, daß der hertzog
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underschiedtlich den Schwedischen ratione religionis starck und hefftig
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zugeredt, sich auch gar alterirt bezaigtt, aber nach ein par stunden hab er
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widderumb solche complimenta und offerten mundt- und schrifftlich
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gethan, daß sie das vorige nichtt geachtet. Daß negst seye aber, daß der
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Servient nit allein die religionssach so hoch nichtt abbracciere, sondern sich
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gar in specie gegen ihnen d’Avaux verschiedentlich ungestum vernehmen
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ließe, ob man dan wegen der stiffter und wegen der religion die alliance
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mit der cronen und protestirenden umbstoßen und dardurch ihren gantzen
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statum und die cron Franckreich in gefahr setzen solte. Wobey er doch in
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hochstem vertrawen nicht wolte bergen, daß er Servient I. H. G., wie auch
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dem gantzen hauß Bayern, Churcolln und Churbayern hochstens zuwidder,
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insonderheit thete er die aufhebung des armistitii I. H. G. gantz zumessen,
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wie er solches vor diesem in confidentia I. H. G. auch bedeutet, dahero die-
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selbe leicht abzunehmen, wie eifrig er gegen die Schweden cooperiren oder
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ihnnen unrecht geben werde. I. H. G.: Sie hetten vernohmen, daß er
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Servient von Osnabrug wehre widder zuruckkommen

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Servien war 1647 XII 6 nach Osnabrück gereist.
. Eß seye nunmehr.

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zum theil offenbahr, was allda negotiirt, hette gar geringe anzeig zum frie-
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den nach Osnabrug gebracht, indeme man woll wisse, was er vor wechsell
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fur Schweden und Hessen auf Hamburg mitgenommen, dardurch die un-
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catholische armeen widerumb zu verstercken. Avaux: Eß seye nicht
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ohne, und man konte es ihnen nicht verubelen, sintemahl die cron ihre
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alliirte nicht konte lasen. I. H. G.: Auf solche weise aber seye es einem
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frieden fast schlecht gleich. Avaux: Man sitze ietzo schon 4 jahr alhier
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und dannoch gebe sichs noch nicht zum ende. I. H. G.: Er d’Avaux
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hette schon 14 jahr laborirt, und wan nun er noch kein endt sehe, was dan
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andere zu hoffen. Avaux: Er hette nunmehr nicht allein 14, sondern in
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die 22 jahr gearbeitet. I. H. G.: Wusten woll, daß er pro corona so lang
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laborirt, sie rechneten aber nur diejenige jahren, welche er pro bona inten-
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tione pacis zu Hamburgh in faciendis praeliminaribus und hier angewen-
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det , die andere 7 jahr, die er in befurderung des kriegs gegen die catholische
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und das reich employret und mit den uncatholischen die uniones richten
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helffen, wolten sie nicht rechnen, weiln sie ihme ad meritum von Gott nicht
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werden geachtet werden. Ad quod subridens conte d’Avaux: Eß seye
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nit ohne, daß selbige jahr viele sachen vorgangen, die er hoffe, daß ihme
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Gott zu seiner verdamnuß nicht werde anrechnen, weiln er einmall das
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ubell, so darauß erfolgtt, zu praeiudiciren noch zu hindern vermöchtt.

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I. H. G.: Ob er dan dafur hielte, daß es den Schweden rechtt zum frieden
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ernst seye? Avaux: Wolte in confidentia nicht verhalten, daß I. H. G.
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nimmer darahn so sehr zweifelen konten, alß er selbst, und sey nit zu sagen,
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wie ubel die Schweden nit allein gegen dem hauß Bayern und allen dennen,
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so davon dependiren, sondern in specie gegen den churfursten in Bayern
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intentionirt und rabiati wehren. I. H. G.: Zweifelten darahn gar nit,
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dan deßen geben die iungst von Stockholm ahn den konig und konigin in
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Franckreich, auch den cardinal Mazzarini gethane schreiben

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Kgin. von Schweden an Kg. von Frankreich, an Kgin. von Frankreich, an Mazarin 1648
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X 24 ( Halv. IV fol. 7ff).
gnugsame
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zeugnuß. Avaux: Ob I. H. G. solche schreiben gesehen? Responsum
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quod sic, und daß sie den 24. Octobris datirt, welches der d’Avaux also zu
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sein gestehen müßen. I. H. G. vermeldeten weiters, man wisse auch gar
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woll, daß von Pariß auf gute information von hier widrige resolution und
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andtwort kommen und daß solche der Servient mit großen frewden den
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Schwedischen nacher Osnabrug ubergebrachtt. Avaux: Wegen der
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alliance muste viel geschehen. Er alß ein trewer diener vom hauß Bayern,
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masen er sich allezeitt profitirt, vermeine, daß man sich gar woll vorzu-
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sehen , mit contestiren, wan es nach seinem sin und willen gieng, solte es viel
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besser sein. Er hette schon verschiedene mahll deßwegen mit dem Servient
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contrasto gehabt, indem er Avaux in praesentia deß hertzogen von Longue-
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ville starck sustinirt und remonstrirt, wie hoch und viel ahn Churbayern
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und wol so viel alß ahn Schweden gelegen, und wehre dahero von der cron

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nicht zu disgustiren: 1. Daß Bayern so ein verwandtes catholisch-, mächti-
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ges und der cron Franckreich nicht ubell affectionirtes hauß, 2. Wehre klar,
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daß der churfurst und die fursten ihro der cron Franckreich mehr alß den
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Spaniern affectionirt unnd zugethan, ohne daß das altes mißtrawen
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zwischen beyden hausern Bayern und Osterreich wehre, deßwegen dan die
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Spanische selbsten keinen guten morgen zu Churbayern hetten, 3. So
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wehre auch Bayern dem Kayser und deßen ministris in consiliis zu hoch
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und sonsten zuwidder, masen er viel boße rhattschläg bis dato verhindert,
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dahero ihme die Kayserliche ministri gar nicht gut. Er wuste viel sachen
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selbst, die er alhier und sonsten mit seinen obren gehort, darauß abzuneh-
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men , daß sie ihnnen nit lieben, trawen, nach daß er mit ihnnen zuhielte,
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und wehre das testimonium von der cron Franckreich frieden uber alles
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hoch zu aestimiren und dahero billich dieser furst und hauß ye mehr und
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mehr an sich zu ziehen und zu erhalten. Hingegen aber sagte Servient
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offentlich, der churfurst in Bayern wehre der cron Franckreich schädtlich-
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ster feindt, den dieselbe hette, dahero besser auf alle mittel und weg zu
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gedencken, wie man sich ahn ihme rechen und ruiniren konte: 1. Er seye
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versipellis und kehre sich nach dem winde auf alle seithen, man hett es ietzt
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und iungst widder gesehen mit annehm- und aufkundigung des armistitii.
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2. Wehre der churfurst ein alter erlebter herr, wan er versterben solte,
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weiln die wittib des Kayßers schwester

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Maria Anna von Österreich; vgl. oben S. 274 Anm. 3.
, wurden die vormunder woll nach
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dern pfeiffen dantzen mußen und also alle diese potentia, auch das reich-
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tumhb , wie man sagt, daß daselbsten vorhanden, dem hauß Osterreich in
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die handt kommen und consequenter gegen die cron Franckreich mehrer
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mittel und gelegenheit gewinnen, dahero besser, ihnnen totaliter zu ruiniren
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und sich der yetziger und kunfftiger gefahr zu versicheren. Dem chur-
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fursten von Colln trawete der Servient eben so wenig auß ursachen, weiln
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er alles thun muste, was sein bruder, der churfurst in Bayern wolte, welcher
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sich deßen ansehentlicher landen und machtt nur zu seinem vortheyll miß-
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brauchte . Zudeme wehren Ihre Churfürstliche Durchlaucht auch gar facilis
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und traweten den Spanischen gar zu viel. I. H. G. von Osnabrug seyen der-
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jenig , welcher das armistitium widder zunichten gemachtt, sich sonsten
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auch gegen der cron Franckreich alliirte so gar eiferig bezeigte. I. H.
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G.: Man habe woll gewust, daß der Servient öell zum fewr gieße, daher
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leicht zu erachten, wan er solche sachen dem cardinal (da er so hoch daran
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sein woll) zuschriebe, was darnach im cabinet fur gute consilia ad pacem
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und auch ad amicitiam cum Bavaro geschmidet wurden. Avaux: Was
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er im vertrawen vermeldet, batte gar hoch, solches nicht weiters kommen
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zu laßen, mit widderholung seiner contestation, daß ers so gut mit dem
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hauß Bayern und allen fursten meinete. I. H. G.: Wusten woll, daß
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ihrentwegen von hierauß ahn den cardinal starcke schreiben und klagten in
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hac materia abgangen, so sie doch ahn sein ohrt musten laßen gesteltt sein,

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wurden sich aber dardurch nicht laßen abhalten, alles dasjenig zu bezaigen,
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was ihro aufflege pro conservatione religionis, des vatterlandts und was
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ihren stifftern nutzlich sein möchte, wan es gerad andere, deren gegen-
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wertige actiones nur zu ruin dieses gerichtet, verdrießen solte. Wolten auch
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einen yeglichen unparteyschen iudiciren laßen, ob ihro nit ursach gnug ge-
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geben wurde, ihr euserist ad hunc finem zu thun und zu tentiren.

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Avaux: Kondt I. H. G. woll versicheren, daß der hertzog von Longue-
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ville und er in diesem dem Servient offt widderpart gehalten und remon-
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strirt , wie bey gegenwertigen tractaten gegen die praeliminaria mit I. H. G.
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umbgesprungen wurde, und hette der hertzog noch uniengst selbst gesagtt,
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daß er I. H. G. nicht könte unrecht geben noch fur ubel halten, daß dieselbe
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solche proceduren generose zu hindertreiben und zu vindiciren gedächten,
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wolte es selbsten, wan es ihme geschähe, auch nicht underlaßen. Und hette
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der Servient aus relation des Mombas vermeldet, daß Ihre Churfürstliche
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Durchlaucht zu Colln sich bey der zweyten und dritten audientz auf alle
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puncten gar woll expectorirt hetten. Wie es aber darnach zur endtlicher
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resolution kommen und I. H. G. rhatt mit darzu gezogen, wehre die andere
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andtwort heraußkommen, ja es hetten sich diejenige rhätt, so bey ihme
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gewest, wenig der cron Franckreich affectionirt bezaigtt. Der Servient
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sägte und schriebe auch, daß I. H. G., der dhombprobst von der Reckh,
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cantzler Buschmann und I. H. G. sambtliche hoffstatt gantz Spanisch und
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daß der herr dhombprobst Reck offt bey der nacht zum Pinneranda fuhre
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und mit ihme rhatt hielte. I. H. G.: Das erste betreffend, konten nicht
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sagen, was Ihre Churfürstliche Durchlaucht mit dem Mombas allein geredt,
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nur was dieselbe dem herrn coadiutorn, ihro und den gehaimen rhäten vor-
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gangen zu sein vermeldet, daß nemblich der Mombas so viel sachen under-
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einander so geschwindt und lang geredt, daß hochstgemelte Ihre Churfürst-
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liche Durchlaucht sich nit expectoriren noch recht expliciren konnen, daß
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auch daher verursacht worden, die proposition schrifftlich zu begehren, mit
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dem erpieten, daß sie auch schrifftlich darauff andtworten wolten. [...] Ad
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2. wegen gemeldeter affection zue Spanien: Darinnen seye der conte Ser-
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vient , alß die, welche nit von selbst sehen, sondern von horen sagen urthey-
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len , weith betrogen; versicherten, daß sie und die Churcolnische ubrige rhät
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und deputierte so gut Franzosisch alß Spanisch und so gut Spanisch alß
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Franzosisch. Den Paderbornischen dhombprobsten in specie anbelangendt,
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sey das außgeben ganz ohn grund und der wahrheit zuendgegen; auß wel-
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chem und dergleichen leicht abzunehmen, wie der bericht von ihme
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Servient nacher Pariß beschaffen sein müßen und was gutes er bey Franck-
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reich und Schweden stifften werde. Plan einer Reise d’Avaux’ nach Osna-
40
brück
. D’Avaux: Der Plan besteht, doch halten ihn die spanischen
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Verhandlungen noch zurück. Gibt zu, daß zwischen Spanien und den
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Staaten nun alles verglichen sein soll; sieht darin den Grund für die spani-
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sche
Hartnäckigkeit gegenüber Frankreich. Man wird jedoch weiter rüsten;
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Belastung Spaniens durch den Aufstand in Neapel.

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