Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
e) Die Abhängigkeit der Protokolle untereinander
Die Überlieferung der Protokolle des Städterats Osnabrück ist überschaubar
Sie ist einfacher als die Überlieferung der Kurfürstenratsprotokolle (vgl.
APW
[III A 1,1 S. LXXXVIff] ); sehr kompliziert ist die Lage beim Fürstenrat Münster, während für den Für-stenrat Osnabrück eine mit dem Städterat vergleichbare Lage besteht.
, und doch waren auch Varianten zu berücksichtigen. Dies erklärte sich aus der Ent-stehungsgeschichte des offiziösen Protokolls. Das von Heuß erstellte Reinkonzept wurde offenbar gemeinsam kollationiert bzw. von den einzelnen Deputierten eingesehen und dabei in manchen seiner Formulierungen verändert oder durch Einschübe ergänzt. Während es bei dieser berichtigten Rohfassung des straßburgischen Protokolls verblieb, es also nicht nochmals neu geschrieben wurde, erfolgten davon direkt Abschriften für Ulm
Darauf deuten Dictatum-Vermerke im Ulmer Protokoll hin: Das Protokoll vom 16. März 1646 ist am 23. März, das vom 17. März am 16. März 1646 diktiert worden.
und Nürnberg. Erst zu einem späteren Zeitpunkt ist dann die straßburgische Urfassung erneut um weitere Zusätze ergänzt worden, die naturgemäß in diesen beiden Abschriften keine Berücksichtigung mehr fanden. Von diesen beiden wurden – wie es scheint – weitere Kopien angefertigt, allerdings nicht zur gleichen Zeit, und danach von einzelnen Gesandten an ihre Räte verschickt. Es wurden dabei jeweils die Fassungen übernommen, die der ulmische bzw. nürnbergische Gesandte bei erneuter Durchsicht vor allem ihren eigenen Voten zwischenzeitlich gegeben hatten. So ist z. B. sicher, daß die in Isny überlieferten Protokolle eine direkte Abschrift der endgültigen ulmischen Rein-schrift sind
In beiden Exemplaren fehlt z. B. die 19. Sitzung vom 10. März 1646; auch ist die Numerierung beider gleichlautend.
; in enger Abhängigkeit von diesem Exemplar ist auch die Lübecker und die Eßlinger
Hier sind z. T. die späteren Ulmer wie Nürnberger Einschübe mitverarbeitet (vgl. Sitzung vom 1. Juni 1646 Nr. 59).
Überlieferung zu sehen, sind doch die mit anderer Hand erfolgten Ein-schübe in der Ulmer Reinschrift bei beiden bis auf geringe Ausnahmen nahtlos einge-eingearbeitet. Keine weitere Abschrift scheint dagegen von der nürnbergischen Reinfas-sung mehr erfolgt, die ebenso wie die ulmische noch zahlreiche Ergänzungen bzw.
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[scan. 71]
Berichtigungen von anderer Hand, besonders der nürnbergischen Voten, aufweist. Aufgrund dieser Ergänzungen ist das nürnbergische Exemplar für den Zeitraum des Jahres 1646, für den es vorliegt, das umfassendste aller überlieferten Exemplare; da e-auch leichter lesbar ist als das straßburgische Reinkonzept mit seinen zahlreichen Bes richtigungen aus dem Revisionsverfahren, die es für die Anfangsmonate des Jahres 1646 unübersichtlich und damit schwerer lesbar machten (das ulmische Exemplar weist Lücken auf), ist es für die Sitzungen des Jahres 1646 als Druckvorlage gewählt worden (Nr. 18–87).
Bei allen Exemplaren handelt es sich also, bis auf die bremische Mitschrift, nicht um eigenständige Protokolle, sondern um Abschriften des mit Zusätzen versehenen offizi-ellen. Dies erleichterte im Gegensatz zu den Protokollen des Kurfürstenrats die Be-arbeitung. In den Variantenapparat sind nur Zusätze, Berichtigungen und Auslas-sungen der anderen Überlieferungen gegenüber der jeweiligen Druckvorlage aufgenom-men. Offensichtliche Hör- und Abschreibfehler, wie z. B.
amnistio statt
armistitio oder Zeilensprünge, die im Isnyer, aber auch im Eßlinger Exemplar recht häufig auf-treten, wurden stillschweigend übergangen; auch sind unwesentliche Auslassungen und Zusätze nur dann berücksichtigt worden, wenn die Abhängigkeit der einen von der anderen Protokollfassung dokumentiert werden sollte.
Diese Bemerkungen über Einschübe, Berichtigungen etc. haben allerdings nur für die ersten Monate der offiziellen Beratungen Gültigkeit. Denn mit zunehmender Dauer des Kongresses scheint sich die Fertigung des Protokolls verzögert und das allgemeine Interesse an einer Kollationierung mit anschließender Diktatur immer mehr nachge-lassen zu haben. So verliert das fortlaufend geschriebene straßburgische Exemplar mehr und mehr den Charakter eines Reinkonzeptes und wird zum „Originalent-wurf“
Zur Terminologie H.
Meisner
S. 267f.
. Es ist deshalb von 1647 an Durckvorlage der restlichen offiziellen Sitzungs-niederschriften geworden (Nr. 88–95, 97–133, 136–160, 165–181). Die in ihm enthaltenen Randbemerkungen sind hier nicht aufgenommen worden, da es sich dabei nur um kurze Inhaltsangaben von späterer Hand handelt. Der Schluß auf eine relativ späte Niederschrift wird auch durch die Bemerkung des Beschlußprotokolls vom 13. De-zember 1648 nahegelegt, wonach
das protocoll angefangenermaßen ergenzet und einer ieden stadt uff ihr begehren [...] communicieret werden sollte
. Das Interesse an vollständigen Exemplaren des Protokolls scheint aber nicht besonders stark gewesen zu sein, umfaßt doch das nürnbergische Exemplar nur das Jahr 1646, das ulmische die beiden Jahre 1646 und 1647 (mit Lücken), während allein das straßbur-gische den gesamten Zeitraum der offiziellen Beratungen in Osnabrück abdeckt. Die übrigen Überlieferungen aus dem Jahr 1646 können nur als Bruchstücke bezeichnet werden.
Für die Edition sind folgende Protokolle herangezogen worden:
Stadtarchiv
Strassburg:
AA 1144 fadengeheftet mit Lederdeckeln (1646 I 24 – 1648 IX 2, dazu lose 1645 IX 3 u. 17)
[p. XLVIII]
[scan. 72]
Stadtarchiv
Ulm:
A 1560 ca. 800 Seiten, unfoliiert (1645 IX 3 und 17, 1646 I 26 – 1648 I 25 [mit Lücken])
Staatsarchiv
Nürnberg: Aus den aus dem Archiv der Reichssstadt Nürnberg stammenden sog. B-Ladenakten sind folgende Protokollserien verwandt worden: S I L 203 Nr. 17 fol. 21–26; S I L 203 Nr. 19 fol. 1–200’ (1646 I 24 – X 8); S I L 203 Nr. 20 fol. 111–122’ (1646 XII 1 – 1647 I 26)
Archiv der Hansestadt
Lübeck: Im Bestand „Senatsakten Reichsfriedensschlüsse“ befindet sich ein Band mit 70 Seiten von Protokollen des Städterats 1646 I 24 - III 10 (Senatsakten Reichs-friedensschlüsse 24) ohne Folioangabe sowie in den Beilagen, die Gloxin an den Rat der Stadt sandte, Conclusa im gleichen Bestand 20 nr. 38 fol. 157–157’ (1648 VI 24), nr. 58 fol. 18–21 (1648 XII 13) und nr. 72 fol. 56–56’ (1649 II 8).
Stadtarchiv
Esslingen:
Im Bd. IV der „Tomi actorum ... pacis Westphalicae“ befinden sich eng eingebunden 57 Städteratsprotokolle (fol. 1–263’) für den Zeitraum von 1646 I – VII 22.
Stadtarchiv
Isny:
In Büschel 865 finden sich die Protokolle von 1645 IX 17, 1646 I 24 u. 26, 27, in Büschel 868 die Protokolle von 1646 I 29 – VI 1 (mit Lücken).
Riksarchivet
Stockholm:
Im Bestand der Salvius-Sammlung E 5274 vol. XXIV nr. 77 fol. 1–14’ befinden sich sechs Protokolle im Zeitraum von 1646 II 9–III 2.
Staatsarchiv
Stade: In der Erskeinschen Sammlung Dienstregistratur nr. 44 befinden sich einige Städteratsconclusa, ebenfalls in der Abt. Westfälischer Friede u. dessen Exekution. Kgl. schwe-disches Archiv Stade Rep. 5a Fach 39 nr. 3a Konvolut V
Fasz.
1 von 1647 I X 4/14, 1648 V 30 sowie Protokolle von 1647 IX 8118 und 1647 X 30.
Staatsarchiv
Bremen: Hier befinden sich Protokollextracte für 1646 I 29 (2–X.7.a), Conclusa von 1648 IV 26 – 1648 XII 26 st. v. (2–X.8.m), 1648 V 1 – IX 2 (2–X.10.b), 1648 XII 26 st.v. (2–X.10.c), ein Protokoll 1645 VIII 11/21 (2–X.8.n), Kurzprotokolle von 1645 IX 17 u. 18 (2–X.10.b), und vor allem die Mitschrift von Dr. Gerhard Koch für den Zeitraum 1645 VI 18 – 1648 VII 31 (2–X.8.m), die recht schwierig zu lesen und zu entziffern ist.