Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
Auf dieses Memoire aus der Kanzlei Richelieus hat bereits Avenel hingewiesen .
Es liegt in zwei Entwürfen der B-Stufe vor, die in unmittelbarem Zusammenhang
mit B-Entwürfen der Hauptinstruktion entstanden, aber nicht darüber hinaus zur
Ausfertigung gediehen sind; ferner in zwei Kopien dieser Entwürfe, ebenfalls der
B-Stufe, die mit entsprechenden Handschriften der Hauptinstruktion in einem
Dossier vereinigt sind. Es findet sich keine Spur davon, daß diese Aufzeichnung
den Gesandten mitgeteilt worden wäre. Dazu war sie offenbar auch nicht bestimmt,
sondern von Richelieu nur veranlaßt, um für sich selber über eine bestimmte Frage,
die ihm bei der Arbeit an der Instruktion gekommen war, Klarheit zu gewinnen
Vgl. Einleitung S. [5, 19–28] , [11, 21] – [12, 5] .
Dazu brauchte er eine Zusammenstellung und Begründung der alten Rechtsansprüche
Frankreichs an Spanien (nur um solche handelt es sich in der Aufzeichnung), und das
erklärt die sorgfältige Arbeit, die er an die beiden Entwürfe gewendet hat. Er gab
ihnen selbst in Korrekturen und Zusätzen die Fassung, die er wünschte. Avenel
sagt deshalb mit Recht von diesem Memoire: »C’est un curieux spécimen de son
travail personel«
a. a. O. VII S. 804. Die Angaben Avenels über Richelieus persönlichen Anteil an dieser
Aufzeichnung hat W. Mommsen S. 398 Anm. 63 vor allem aus inneren Gründen ange-
zweifelt. Diese Bedenken halten aber gegenüber dem Handschriftenbefund nicht stand. Zwar hat
Mommsen, der die Entwürfe nicht selbst gesehen hat, auch ihn angezweifelt. Er fragt, ob es
möglich sei, »in einem Gutachten von 13 Folioseiten, das so viel verschiedene Schriftzüge enthielt,
die Handschrift Richelieus mit Sicherheit nachzweisen, zumal einige seiner Sekretäre sie
täuschend nachmachen konnten«. Wahrscheinlich hätte aber auch Mommsen sich durch den
Augenschein überzeugen lassen. Die genaue Prüfung der Entwürfe gibt Avenel recht; es handelt
sich bei den in unserem Apparat als »von Ri« ausgewiesenen Korrekturen und Zusätzen ganz
zweifellos um solche von Richelieus Hand, die sich hier wie in den entsprechenden Entwürfen der
Hauptinstruktion (vgl. Vorbemerkung zu B1 und B2 von Nr. 5 S. 29ff.) sehr deutlich von der
Charpentiers, Cherrés und anderer Schreiber unterscheidet. Auch verraten die hastigen Schriftzüge
und erneuten Korrekturen die spontane Arbeit des Augenblickes, die für eine mühevolle Nach-
ahmung fremder Schriftzüge keine Zeit ließ. Überhaupt ist die Annahme eines Imitators oder
eines »secrétaire de la main« eine etwas gewagte, wenngleich in der französischen Forschung (und
nicht nur in der Richelieuforschung) zeitweise sehr beliebte Theorie; zu ihr hat schon Ch. Pfi-
ster S. 307 das Nötige gesagt. Er spricht dort von einer »manière de raisonner a priori« und
weist mit Recht darauf hin, daß für eine solche Imitation doch wenigstens in jedem Einzelfall ein
plausibler Grund erkennbar sein müsse und in geheimen, nie für die Öffentlichkeit bestimmten
Aufzeichnungen (wie wir sie ja auch hier vor uns haben) jeder Anlaß zu einem solchen Verfahren
fehlte. Wie wenig bei kritischer Prüfung von der Theorie übrigbleibt, zeigt R. Lavollée,
Le secrétaire de la main S. 148.
B1: AE , Corresp. pol. Espagne 19 fol. 417–429.
Am Kopf auf dem Rand der spätere Vermerk: Mémoire sur les condi-
tions de la Paix, 1639, von derselben Hand, die auch die Entwürfe B1 und
B2 der Hauptinstruktion und B1 der Zusatzinstruktion mit Vermerken
versehen hat; überall die gleiche unrichtige Jahreszahl
Vgl. Vorbemerkungen zu Nr. 5, Abschnitt B1 S. [29, 7–8] , B2 S. [31, 3–5] , und zu Nr. 11,
Abschnitt B1 S. [151, 4–6] . – Vgl. unser Datierungsergebnis für B1 der vorliegenden Auf-
zeichnung: etwa September/Oktober 1641, Einleitung S. [11, 21] – [12, 5] , [13, 21–24] .
Von den uns bekannten Entwürfen ist dies der früheste. Er stammt in
seiner ursprünglichen Fassung von der Hand des Schreibers, auf den das
Reinkonzept B2 der Hauptinstruktion zurückgeht
Dieser Schriftbefund wie auch der archivische Standort (Entwurf B1 der Hauptinstruktion
liegt in AE , Corresp. pol. Allem. 15, dieses Aktenstück aber in AE , Corresp. pol.
Espagne 19), läßt uns etwas zögern, den Entwurf als B1 zu bezeichnen. Wahrscheinlich steht
er schon B2 näher. Da er im übrigen auf einen Vorentwurf zurückgehen muß, andererseits der
im folgenden beschriebene Entwurf des Memoires wohl mit Recht als B2 bezeichnet wird, könnte
es sich um ein Zwischenglied zwischen B1 und B2 handeln.
scheinlichkeit fußt er auf einem nicht zutage getretenen Vorentwurf.
Richelieu hat den Entwurf stark überarbeitet. Eine ursprüngliche, lange
Einleitung ist gestrichen und von der Hand Charpentiers durch eine kurze –
die den ersten Teil der ursprünglichen Einleitung über den Zweck des Memoires
verwendet – ersetzt worden. Darauf folgt die Untersuchung der Rechte
Frankreichs auf die einzelnen Länder . Der zusammenfassende und betrach-
tende Schlußteil fehlt noch.
Die Handschrift ist benutzt von F. Dickmann S. 549.
B2: AE , Corresp. pol. Allem. 15 fol. 508–526’.
Dieser Entwurf (ohne Kopfvermerke) war zunächst ein nach B1 ange-
fertigtes Reinkonzept, vom gleichen Kanzlisten wie B1 geschrieben, also vom
Kanzlisten des Reinkonzepts B2 der Hauptinstruktion. Dann haben
Richelieu und Charpentier das ganze Stück erneut überarbeitet
Terminus ante quem der Handschrift und dieser Arbeiten: Juli 1642; vgl. S. [12, 5–11] , 38–41.
Die Handschrift enthält nur noch die kurze Einleitung, dafür aber am
Schluß, und zwar sofort als Reinkonzept von der Hand des Schreibers, eine
Klassifizierung der französischen Rechte und eine umfangreiche Schluß-
betrachtung , in der auch der zweite Teil der ursprünglichen, langen Ein-
leitung in veränderter Form Verwendung fand. Dieser Schlußteil, in dem die
ganze Aufzeichnung gipfelt und in dem Richelieus Arbeit – sei es sein Diktat
oder seine Feder – durch den Gebrauch der ersten Person Singularis deutlich
hervortritt
Vgl. die Textstellen S. [182, 13] (41–42) und S. [185, 21–24] ; zur Sache S. [83, 36–39] .
Benutzt von F. Dickmann S. 549.
B3: BN, Mss., F. fr. 5202 fol. 71–93.
Eine Kopie in dem Dossier, dessen Kernstück die als B3 bezeichnete
Handschrift der Hauptinstruktion ist und das außerdem nur die Dokumente
vereinigt, die wir gleichfalls zusammen mit ihr veröffentlichen
Vgl. die Übersicht über das Dossier S. [31, 20–23] , 36–45; zu seiner Datierung: vor Juli 1642,
Einleitung S. [10, 10–15] .
stammt von derselben Hand wie die Entwürfe B2 und B3 der Hauptinstruk-
tion und wie die Entwürfe B1 und B2 des hier behandelten Memoires. Sie ist
wie B3 der Hauptinstruktion von Charpentier kollationiert, weicht aber noch
in einzelnen Worten ganz gering fügig von B2 ab
Kollation (vgl. S. [170, 20–21] , [175, 19–20] ) wohl nicht mit B2; vgl. Vorbemerkung zu Nr. 5,
Abschnitt B3 S. [31, 25] – [32, 9] : Annahme einer unbekannten Handschrift vor B3.
B4: AE , Corresp. pol. Allem. 23 fol. 325–334.
Eine Kopie in dem Dossier am Schluß des Aktenbandes, das neben der als
B4 bezeichneten Handschrift der Hauptinstruktion dieselben Dokumente
enthält wie das unter B3 beschriebene Dossier. Ebensowenig wie für die Haupt-
instruktion kommt dem Dossier für das hier gedruckte Memoire selbständiger
Wert zu.
Wir legen unserem Druck die Reinschrift des zweiten Entwurfs zugrunde:
B3. Da sie nichts wesentlich Neues mehr bringt, kommen als Randzeichen, die das
erstmalige Auftreten der jeweiligen Textstücke anzeigen, nur B1 und B2 vor.
Im Apparat erläutern wir Korrekturen und Zusätze in diesen beiden Handschriften
und bringen gestrichene Textstellen, insbesondere die in B1 noch vorhandene ur-
sprüngliche Einleitung. Gemäß den Editionsgrundsätzen S. 36f. werden Lesarten von
B3 berücksichtigt, nicht aber von B4.