Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
Kurmainz. Nach gestriger veranlaßung zu consultiren, wie die protesti-
rende ständt zu außstellung der gravaminum zu promoviren. Die haben
vor diesem gantz eifferig darauff getrungen, sein gleichwol zum anstandt
gebracht worden; wan sie nun bey diesen tractaten nachmalß darauff gehen
mögten, wie sie abereins zu divertiren, gedancken zu eröffnen.
Kurtrier. Habe sich in instructione ersehen und cum condeputatis super
argumentis persuasivis conferiret, theilt selbige in 2 classes: [1.] wie die
gravamina zu suspendirn usque ad completus tractatus pacis, 2. wan man
tractirn müste, ad terminos deß Prager friedens auff 40 oder mehr iahr zu
erhalten.
1. Müste suspensio fundirt werden uff die rationes Ratisbonae allegatas
unnd schlüß, von beyden theilen zu Franckfort gemacht, cum coronis erst-
lich ratione pacis abzuhandtlen et postmodum cum statibus ratione grava-
minum.
2. Wan gravamina ietzo vorgenohmmen werden solten cum coronis, prae-
iudicirt religonsfrieden und wirdt die compositio gnugsamb extorquirt.
3. Differentiae zwischen beeden religionsverwandten ad caput supremum
et non ad coronas gehörig, ist gegen deß reichs hochheit und nachtheilig
deroselben.
4. Beim Passauer Vertrag und 5. beim Prager Frieden sind die Reichsangelegenheiten
von den Ständen allein erörtert worden, 6. würden auch die Kronen nicht dulden, daß
sich der Kaiser in ihre inneren Angelegenheiten mischt.
7. Protestantes müßen bekennen, das modus consultandi a coronis auffge-
trungen, und wan man denselben hierin auch folgen wurde, ists so nach-
theilig; wan protestirende hierauff nicht abstehen wolten, weren his et aliis
motivis coronae zu bitten, sie ab- und in alium conventum zu verweisen.
Timendum hiebey et pro 2., si pendente tractatu gravamina wolten auß
gesetzt werden, mögten coronae, praecipue Schweden, auffstoßen, haltet,
das auff solchen fall catholici sich mit den cronen und protestirenden einzu
laßen, aber ad terminum deß Prager friedens zu laborirn:
1. Haben den Prager frieden selbsten angenohmmen exceptis paucis et sic
sunt obligati.
bonae fidei.
3. Protestantes seindt pro sua possessione und gegen gewaldt versicheret.
4. Pendente isto termino kan die vergleichung der religion tentirt werden,
forte Deus dabit gratiam zur composition.
5. Vornembste gravamina concernunt non tantum catholicos status, sed
universam ecclesiam, Papam aliosque principes; wan man dißorts transigiren
wolte, könte aliorum interesse nit begeben werden. Ubi ipsa materia pro-
posita fuerit, wil sich weiter vernehmen laßen.
Kurköln. Contulit cum suis, qui gravamina suspendenda rationes, so zu
Regenßburg vorkommen, beysammenzutragen, status interea mutatus, und
mögen coronae ihr interesse suchen. Caesar declaravit se pro resolutione
gravaminum, deputati Caesarei mediatoribus angezeigt, durch ein toleramen
der sachen zu helffen
Wan man sich nicht anders accommodirn wolte, mögten adversarii sich zu
den cronen schlagen ad maius praeiuditium catholicorum; intentio nota,
daß chur- und fürsten auß den ihrigen gesetzt, und tali statu möchten sie
auff die erörterung tringen. Rationes honestatis, utilitatis et necessitatis in
acht zu nehmmen, wie weitlauffig in voto Trevirensi außgefuhret, et cum
statibus allein zu tractiren; Caesaris declaratio dahin außzudeuten, catholici
non proxime gravati propter bona vi et sine iudice occupata causam
haberent, dahin zu gehen, das die Augspurgische confessionsverwandte
catholicis satisfaction geben sollen, wie sie begehren, statum imperii von
ihnen also beschaffen, dan suspendendum wie bey vorigen reichstagen,
angesehen gravamina allemal vorkommen.
Turca imminet meritoque timendus, quia non servat fidem, außwertige
potentaten im reich und gleichsamb arbitriren mögten, underem vorwandt
gravaminum uneinigkeit fomentiren und anhang machen und den krieg
fortsetzen, landt einnehmen, reichswesen den ständten, auch Caesari so
schwehr machen, daß nicht daraußzukommen. Cron Franckreich zugesagt,
wolle keine satisfaction
So zuletzt in der Aufforderung an die Reichsstände, den Kongreß zu beschicken (vgl. z. B. das
Schreiben des Königs an den Fürstbischof zu Bamberg, Paris 1644 August 30, abgedruckt bei
Meiern I S. 273 ). Der Pariser Vertrag vom 1. November 1634 (Text: DuMont VI 1
S. 79f.) zwischen Frankreich und dem Heilbronner Bund nennt keine Satisfaktionsforderungen.
Vgl. auch F. Dickmann S. 167, 232.
endert, wan man gedencket, dem reich zu helffen, so muß man coronas nit
ad gravamina laßen […]; coronas gehen die gravamina nit an und gehören
aintzig vor die ständt. Separatverhandlungen der Stände untereinander würden
jedoch das Mißtrauen der Kronen erwecken und die allgemeinen Friedensverhandlungen
erschweren. Catholici magis laesi wollen amore pacis aquiesciren, simul Cae-
sari gutachten geben, coronis contentatur, könne auf terminum, zu Franck-
fort gemacht , gangen werden, interim seyen protestantes versichert von
catholicis, utilitas in praesenti et futuro; cum coronae viderint accommoda-
tionem, werden sich dem reich nicht mehr näheren und unruhe machen.
Mögten sich nicht einlaßen zur suspension, quia Caesar approbavit, alßdan
Trevirense votum ratione suspensionis zu gebrauchen, nemblich ad pacem
Pragensem in selbigen terminis alles zu laßen, si ulterius urgeant, wird zu
deliberiren sein wegen eines anderen
toleramen.
Österreich. Optandum, status also beschaffen, daß die protestirende ad
suspensionem zu bringen, weilen sie aber ihre gravamina zu papier gebracht
und den coronis uffgeben, und Sueci ad Caesaris declarationem sich halten,
und Caesar et protestantes duo vota contra catholicos machen, so ists zeit-
verliehrung
also beschaffen, das man ad pacem zu eylen; Franci hoc sciunt et proinde
ad suspensionem rathen, umb den frieden zu verlängeren. Auff die hat man
sich wenig zu verlaßen, wie im Magdeburgischen strit, haben erst darzu
gerathen, darnach contrarium. Wordt und werck weit voneinander, geben
sich vor freundt auß, aber verfolgen catholicos, hinwider acatholicos (wie
Heßen) befürdern, animadvertenda regula, quod quis per alium etc. In
circulo Westphaliae hoc bone ostendunt, führen Calvinische ein; ratio
status gilt mehr bey ihnen alß religio, Franci in consumptione Germanici
imperii desudant, ietzundt ist catholicismus gantz undertruckt per ipsos,
und kein anderer potentat kein facit zu machen, also amisso aequilibrio nit
mehr ad extrema zu gehen, sondern tempori serviendum; sperandum, quod
Deus assistet in his miseriis. Tentandum acatholici mögten sich vergleichen,
gravamina pari passu zu erörteren und darwider handtlung nicht vortzu-
setzen; zeit nicht zu verlieren und kein weiter unruhe mehr zu erwecken.
Bleibt dabey, daß gravamina zusammengetragen und praeparirt gehalten
werden. Osterreich habe landt und leuth auffgesetzt, wil es forthin continu-
iren, status agnoscant […].
Instructiones gantz zu machen, damit kein zeit verlohren werde, seye nötig
und rathsamb.
Bayern-Hg. Durchgehend wie Kurtrier und Kurköln.
Konstanz. Haec consultatio ad praeparandum angesehen und darfurge-
halten worden, argumenta persuasiva fertig zu machen in omnem eventum,
licet non speretur, daß alle gravamina können außgesetzt werden; wan
catholici thun, waß dem reich nützlich, und bey der posteritet entschultigt
sein, weiß Trierischem voto nichts zuzusetzen; agnoscent adversarii, das
bellum omnis mali causa und das dieser punctus wichtig, in 80 und mehr
iahren nit verglichen, fordert ietzt auch mehr zeit, alß modernus status
durante bello gestatten kan. Protestantes haben beym reichsconvent in
votis et privatim catholicis versichert, das die gravamina nit vorgenohmmen
werden sollen alß remoratoria pacis; wan solide tractirt solte werden, muß
es extra vim et metum geschehen. Haec maxime von adversariis allezeit
vorgehalten worden, hac vice non contrariabuntur considerabuntque, daß
catholicorum intentio dahin gehe, quod in praesens ob bonum publicum
differtur, non tollatur, dahin seye zu weißen.
Zu besorgen, wan die status ratione gravaminum sich nicht vergleichen,
welche keinen frieden im hertzen, mögten die tractaten auffstoßen, sie newe
foedera machen und ärgeren krieg verursachen. Gravamina fomes novorum
bellorum, deme im Prager frieden gesteuret, müßen gedencken, daß sie in
beßern standt; dißorts können catholici nachgeben, ne via facti compelli
dicantur, wie sie allezeit haben wollen; amnistia reservire bona, iura et
actiones. Protestantes haben daß vortheil wegen der cronen in der handt
und catholici daß contrarium, und werden dannenhero von der amnesti
kein genoß haben. Diese argumenta nicht dahin gehen, das gar nichts ver-
glichen werden solte, sondern das catholici moram von sich thun. Wan die
protestantes auff erledigung etlicher gravaminum tringen werden, hetten
catholici sich weiter zu bedencken. Hoc autem volent: auffhebung deß
geistlichen vorbehalts wegen eingezogener stifft- und güter, cui contradi-
citur per pacem Pragensem, und declarationem Ferdinandaeam, so auch kan
widerlegt werden. Nürnberger gesandter habe gesagt, wan gravamina vor-
kommen, solle man sich nit schrecken, leiden handlung, iusticiwesen zu
verbeßern. Catholici hetten zu begeren, diß gravamen vorderist abzuschaf-
fen, das in reichsstätten exercitium abgestrickt werde und geistliche iuris-
diction turbirt contra cives et religiosos in ehesachen unnd visitationibus
et confirmationibus.
Im ubrigen vergleichet sich durchgehendt mit Trier und Cöllen.
Augsburg ( Stadt). Ex dictatura apparet, mediatores darfurhalten, das
man sich nicht einzulaßen, wan gravamina solten vorgenohmmen werden,
machen erbitterung, timenda ruptura und weitlauffigkeit, durch welche
der fried verlängert wirdt, bellum et effusio sanguinis continuatur. Ist
schwehr, bey den cronen zu tractiren, quia in duobus locis sunt, darzu mehr
zeit gehört, und das friedenswerck gnug zu thun gibt, wirdt deputatis et
directoriis zuvielfallen; primum bellum tollendum.
Man möge daran denken, daß die Protestanten ebenso unter dem Krieg zu leiden
haben wie die Katholiken. Gravamina haben lang angestandten, können noch
ein wenig leiden, zu welchem endt catholici zeit und mahl zu begeren.
Wan friedt gemacht, wirdt Francis concept benohmmen auff das reich; zu
bedencken, wie weit den protestantibus nachzugeben, iis rogandis daran
zu sein, das die Schwedischen sich in pacem erclärn. Im ubrigen uff Trier
und Cöllen sich beziehendt.
37 beziehendt] In Kurbayern A II folgt noch: Sonsten vermeine er gar dienlich zu sein,
wan man der Kayserlichen erclärung, wie weit man den protestirenden nachzugeben,
imgleichen der protestirenden parere auf die Kayserliche responsion ad coronarum
propositiones neben der abtheilung underschiedlicher gradum, quoad gravamina,
zur handt zu bringen.
Kurmainz. Trier, Cöllen, Bayeren, Costnitz und Augsburg seindt in sus-
pensione ainig, Osterreich conformando se maioribus wil, das gravamina
praeparirt werden, wan nichts zu erhalten, daß man ad lucrandum tempus
fertig sein möge.
Churmaintz sehe gern, daß dem haubtwerck abgeholffen werde inter status
et Caesarem, weilen es aber zu zweiffelen, ob es andererseithen zu erhalten,
so weren die gravamina abzufaßen, damit bey der posteritet die vigilantz
gespüret werde. Motiva zur suspension zu papier zu bringen und zu ver-
suchen, ob die protestirende darzu zu bewegen sein mögen. Religion- und
Prager friedt wie auch reichsschluß resolvirn gravamina, dieser conventus
gehe uff den frieden, dahin die protestirende zu bewegen, wan coronae
nicht zu ruhe und vom reich zu bringen, protestantes seindt ursach daran,
status sollen sämbtlich dahin trachten, quia arma imparia, wie gütlich
coronae abzubringen. Gravamina wollen protestantes noch zur zeit beyseits-
setzen und iuxta conclusum Francofurtense negsten 1. Maii an handt
nehmen und beylegen helffen, ahn Caesare und catholicis kein mangel ad
compositionem, wan protestirende nit in extremis verbleiben.
Dahin sorgfältig zu sehen, wie man sich mit den cronen gütlicher handt-
lung einließe, siquidem timendum protestantes sich ihrer bedienen und
durch sie alleß durchtringen mögten, metuit ne coronae causam arripiant,
hierdurch pacem differendi seque melius armandi, dahero darfurhaltet, das
den protestirenden dieses zu gemueth zu fuhren und sie dardurch zur
suspension zu bewegen, in deßen verbleibung loquendum de gravaminibus
und wie ietzigen zeiten nach illaesa conscientia nachzugeben.
Vergleicht sich cum votis et petit ea in scriptis ad faciendam expeditionem,
quia omnino assequi non potuit, aufgesetzte gravamina sollen iuxta consul-
tationem gegeneinandergehalten und darmit morgen der anfang gemacht
werden.