Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen

[p. LXIV] [scan. 64]

IV. Zur Textauswahl und Editionstechnik
Wie die vorausgeschickte Übersicht über die bekannten Protokolle zeigt, ist die Gruppe, die auf das kurtrierische Protokoll zurückgeht, die vollständigste und um-fangreichste. Alle anderen Provenienzen decken entweder nicht den gesamten Ver-handlungszeitraum, weisen in der Folge der Sessionen größere Lücken auf oder bieten nur verkürzte Niederschriften. Die Entscheidung der Herausgeber, der Edition das stadtkölnische Protokoll zugrunde zu legen, hat sich auch bei der Bearbeitung als richtig erwiesen. Es ist das Schlußglied in einer Kette von Filiationen und damit zwar nur eine wenn auch zeitgenössische Abschrift, die aber von mehreren Quellen gespeist wird und einem – nie vorhandenen – Idealprotokoll, das alle Voten in der von den einzelnen Gesandten selbst formulierten Fassung brächte, immerhin nahe kommt. Freilich fehlen auch hier einige Sitzungen, insbesondere die, an denen nur die kurfürst-lichen Gesandten teilgenommen haben. Für diese Sitzung werden die verwandten Serien in Kurtrier und Kurmainz B herangezogen. Grundsätzlich wurde so verfahren: Textgrundlage ist Köln ( Stadt). Fehlt hier das Protokoll einer ganzen Sitzung, so wird auf eins der kurtrierischen Gruppe zurückgegriffen. Fehlt es hier ebenfalls, so wird das vollständigste einer anderen Provenienz ausgewählt. Enthält Köln ( Stadt) oder eine verwandte Provenienz nur ein summarisches Protokoll, so wird ebenfalls auf eins einer Fremdprovenienz mit vollständigen Einzelvoten zurückgegriffen. Fehlen in einem Protokoll aus Köln ( Stadt) größere Teile im Kontext, so werden sie aus einem der kurtrierischen Gruppe ergänzt, und zwar im laufenden Text, mit entsprechender Angabe im Variantenapparat. Geringfügige Fehler in Köln ( Stadt), wie Schreiberversehen (soweit sie nicht stillschweigend verbessert werden dürfen), falsche oder ausgelassene Wörter, kürzere Lücken, falsche Zahlenangaben usw., werden nach den verwandten Protokollen im laufenden Text verbessert; die Form in Köln ( Stadt) wird im Apparat wiedergegeben, desgleichen etwaige Varianten aus der kurtrierischen Gruppe. Bringt Köln ( Stadt) den richtigen Text, während die verwandten Protokolle Fehler enthalten, so wird das nur ver-merkt, wenn es für die Textgeschichte von Bedeutung ist. Ist die Richtigkeit eines Wortes oder einer Textstelle nicht eindeutig zu klären, werden sämtliche Varianten aufgeführt. Kleinere Abweichungen in der Wahl einzelner Wörter und Formulierungen – z. B. der Gebrauch der lateinischen Form bei Fremdwörtern anstatt der ein-gedeutschten Form, unterschiedlicher Tempusgebrauch und dergl. – werden über-gangen. Bei den Abweichungen der einzelnen Provenienzen voneinander waren folgende Möglichkeiten zu berücksichtigen:
  • 1. Köln ( Stadt) ist knapper als ein verwandtes Protokoll
  • 2. Köln ( Stadt) ist ausführlicher als ein verwandtes Protokoll
  • 3. Köln ( Stadt) ist knapper als ein Protokoll fremder Provenienz
  • 4. Köln ( Stadt) ist ausführlicher als ein Protokoll fremder Provenienz
Zu 1.: Hierbei wurde wie oben angegeben verfahren. Handelt es sich bei den Abweichun-gen lediglich um Kurialien, Formalien, Rekapitulierungen, um Abschnitte also,

[p. LXV] [scan. 65]

die in der Regel ohnehin als Regest gebracht werden, so erfolgt nur ein Vermerk im Apparat, ebenso bei längeren Formulierungen ohne sachliche Ergänzungen. Sind solche vorhanden, werden sie angegeben.
Zu 2.: Die Art der Abweichung wird im Apparat charakterisiert. Zu 3.: Formalien, Kurialien, Rekapitulierungen und dergleichen werden nicht be-rücksichtigt. Sachliche Ergänzungen werden als Regest oder bei kürzeren Abschnitten oder wichtigen Formulierungen im vollen Wortlaut in den Apparat gesetzt. Weiter-gehende Charakterisierung des gesamten Protokolls unterbleibt, hierfür sei auf S. XLI–LXIII der Einleitung verwiesen. Zu 4.: in diesem Falle bleiben die Fremdprovenienzen unberücksichtigt. Der Text der Vorlage wurde um etwa ein Drittel gekürzt. Dabei wurden folgende Grundsätze angewandt: als Regest gebracht oder durch Auslassungszeichen [...] markiert werden die Wiederholungen der Proposition, meist in den Voten der zuerst stimmenden Stände, dann die Rekapitulierungen fremder Voten, die Häufung von Argumenten in einem Votum, in dem mit verschiedenen Formulierungen mehrmals dasselbe gesagt wird, die Wiederholung eines Votums, das schon in einer früheren Sitzung mehr oder weniger gleichlautend abgelegt worden ist, und Berichte über historische Vorgänge ohne individuelle Färbung. Wahrscheinlich wird man in Einzel-fällen unterschiedlicher Meinung sein können, wo ein Regest angebracht sei, desgleichen, ob überhaupt zu viele oder zu wenige Stellen gekürzt worden sind. Wie im einzelnen verfahren wurde, läßt sich am besten an einigen willkürlich herausgegriffenen Bei-spielen zeigen: Text der Vorlage zu dem Regest S. 69.26: Weylen uber vorigen befelch von Seiner Fürstlichen Gnaden von Eichstett, welcher simpliciter auff die exclusionem gangen, kein anderer seitthero eingelangt, so wüste er anderst nicht alß in illis terminis sich zu haltten und deßhalben vorhin abgelegte vota anhero zu wiederholen. Zu S. 71.12–14: Habe bey den herren deputatis zu dieser conferentz seine auffgebene verrichtung ex mandato Reverendissimi Moguntinensis abge-legt, repetirt solche nachmahlen mit angeheffter anwunschung glucklichen succeß gegenwertiger tractaten. Prothocollum weiset aus, das zu den grava-minibus deputirt, gestalt die von protestirenden eingebene zu examiniren, und waß darbey zu thun. Zu S. 71.21: Repetit propositionem, ob gravamina vorzunehmen oder auß-zustellen, und wan das nicht zu geschehen, was fur ein modus zu halten. Agit gratias fur die gnädigste zuentbietung von Churmaintz, wie auch vorhin geschehen, und wegen der anwunschung. Zu S. 72.5–6: mit auffhebung des geistlichen vorbehalts wegen occupirter und noch nicht eingezogener stiffter, deren sie sich doch vorhin begeben, dann wollen municipalständt und stätt in die freystellung bringen ver-mittelß edicti Ferdinandei. Gekürzt wurden auch die Angaben am Kopf der Protokolle in den Vorlagen. Dort sind die Plenarkonferenzen meist überschrieben mit In pleno catholicorum, Inter catholicos oder In conventu catholicorum; die Deputationssitzungen mit

[p. LXVI] [scan. 66]

näherer Spezifizierung (In concilio deputatorum ad gravamina ). Wo eine weiter-gehende Bezeichnung erscheint, wie z. B. zu Nr. 1, wird diese angegeben. Eine Numerierung der Sessionen findet sich nur in einigen Provenienzen für die ersten Konferenzen (Nr. 1–5) und in Wartenberg/ Kurköln für die Sitzungen des CC in Osnabrück im Herbst 1647. Die Präsenzlisten sind in den Vorlagen meist unvollständig, in der Regel sind dort nur die zuerst stimmenden Stände (bis Bamberg oder Würzburg) erwähnt, und auf die Anwesenheit der übrigen wird summarisch ( „et reliqui catholici“ ) verwiesen. In unserer Edition sind die Präsenzlisten aus den abgelegten Voten, unter Zuhilfenahme sämtlicher Provenienzen, zusammen-gestellt.
Die Datierung erfolgt in den Vorlagen unter Nennung des Wochentags, wodurch gelegentlich vorkommende Fehler ausgeschaltet werden konnten. Manchmal wird die Tageszeit dazugesetzt (ante prandium oder post prandium ), selten die genaue Uhrzeit (hora tertia ). Meist fanden die Sitzungen nachmittags statt. Wo die Angabe von Bedeutung ist, wird sie erwähnt. Der Ort der Beratungen wird meist mit loco consueto angegeben. Darunter ist bis zum 7. Dezember 1645 das Refektorium des Kapuzinerklosters in Münster zu verstehen (genannt bei Nr. 2), von diesem Tage an die kurfürstliche Ratsstube im Bischofshof, wohin man der khälte halben übersiedelte. Bei Versammlungen mit weniger Teilnehmern traf man sich auch im Quartier der kurmainzischen Gesandten. Da die Wahl des Versammlungsorts von gewisser Bedeutung für die rechtliche Stellung der Corpora war, ist er hier eben-falls vermerkt. Vereinzelt auftauchende Rubra (in der Art von Kopfregesten: In pleno catholicorum in puncto gravaminum ) sind fortgelassen worden. In den Angaben am Kopf der in dieser Edition wiedergegebenen Protokolle werden, etwas abweichend von dem üblichen Brauch, die Überlieferungsart und die Ent-stehungsstufen nicht genannt. Das hierzu notwendige wird für die einzelnen Provenien-zen in der Einleitung (S. XLI–LXIII) dargestellt, wo es erforderlich war, auch mit Nennung der einzelnen Sitzungen. Nicht aufgenommen wurden bei den Quellen-nachweisen aus den oben dargelegten Gründen die Protokolle, die in den kaiserlichen Korrespondenzen enthalten sind; ferner die Protokolle aus Kurtrier und die auf S. LXII Anm. 1 erwähnten kurbayerischen Rapulare, die beide erst während des Druckes bekannt wurden. Sie konnten noch für die Einleitung und in einigen wichtigen Fällen für die Varianten berücksichtigt werden. Am Ende einer mehrjährigen Beschäftigung mit den Protokollen ist es mir eine angenehme Pflicht, allen denen, die mich bei der Arbeit unterstützt haben, meinen Dank auch an dieser Stelle zu wiederholen. Vor allem sind die zahlreichen Archive des In- und Auslandes zu nennen, von denen mir viele bei der Aktenversendung und Beratung ein Entgegenkommen gezeigt haben, das weit über das Maß hinausging, das man billigerweise als Benutzer erwarten kann. Dem Stadtarchiv Köln, dem Bayerischen Staatsarchiv Bamberg, dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (Allgemeines Staatsarchiv und Geheimes Staatsarchiv), dem Hessischen Staats-archiv Marburg, dem Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, dem Badischen Generallandes-archiv Karlsruhe, dem Niedersächsischen Staatsarchiv Hannover und der Dom-bibliothek Hildesheim fühle ich mich in dieser Hinsicht zu besonderem Dank ver-

[p. LXVII] [scan. 67]

pflichtet
. Dank schulde ich auch Herrn Dr. Wilhelm Engels, Düsseldorf, dessen Vorarbeiten im HHStA Wien mir bei der Ermittlung der Texte zugute kamen und mit dem ich, ebenso wie mit Herrn W. Becker, Bonn, manches klärende Gespräch über sachliche und technische Einzelheiten der Edition führen konnte. Frau Hildburg Schmidt und Frau Hella Haupts haben mich bei der Kollationierung der Texte, beim Lesen der Korrekturen und bei der Anfertigung des Registers unterstützt; auch ihnen sei an dieser Stelle nochmals gedankt. Mein besonderer Dank gebührt dem Mitheraus-geber der Acta Pacis Westphalica, Herrn Prof. Dr. Konrad Repgen, der in allen Stadien der Arbeit einen großen Anteil an ihrem Fortgang genommen hat, der mich in jeder Hinsicht großzügig unterstützte und dessen Beratung, Ansporn und Ge-währenlassen ich immer als Hilfe empfinden konnte. Und schließlich sei nicht ver-schwiegen, daß die Arbeit an den Protokollen zu einem guten Teil neben der beruf-lichen Tätigkeit in den Stunden, die sonst der häuslichen Muße vorbehalten sind, geleistet wurde. Für die Bereitwilligkeit, mit der Liesel, Hanno und Julian manchen Verzicht auf sich genommen haben, danke ich ihnen.

Documents