Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
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II. Protokolle als Form des Kanzleischriftguts
Da in der vorliegenden Edition zum ersten Male Protokolle von reichsständischen Beratungen in größerer Anzahl und ohne wesentliche Kürzungen veröffentlicht werden, schien es angebracht, einige Überlegungen zur terminologischen und begrifflichen Klä-rung vorauszuschicken. Während die schriftliche Überlieferung des Mittelalters durch die Leistungen der Diplomatik und der Urkundenforschung des 19. Jahrhunderts in einer im wesentlichen abgeschlossenen und auch durch neuere Ansätze
Vgl. die Untersuchungen zur mittelalterlichen Urkunden- und Aktenlehre von
A. v.
Brandt, Vorbemerkungen zu einer mittelalterlichen Aktenlehre, in: Archivar und Historiker, Festschrift
H. O.
Meisner, Berlin 1956, S. 392–440;
K.
Dülfer, Urkunden, Akten und Schreiben in Mittelalter und Neuzeit. Studien zum Formproblem, in:
AZ 53 (1957), S. 11–53;
E.
Pitz, Schrift- und Aktenwesen der städtischen Verwaltung im Spätmittelalter (= Mitt. aus dem Stadtarchiv von Köln 45), Köln 1959.
nur schwer abzuändernden Systematik erfaßt ist, hat das neuzeitliche Aktenschriftgut trotz der bedeutenden Vorarbeiten von
F.
Küch
, G.
Wolf und
H. O.
Meisner
F.
Küch, Politisches Archiv des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen, 1. Bd. (= Publikationen aus den k. preuß. Staatsarchiven, Bd. 78), Leipzig 1904 (Neudruck Osnabrück 1965), Einleitung;
G.
Wolf, Einführung in das Studium der neueren Geschichte, Berlin 1910;
H. O.
Meisner, Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit, Leipzig 1950 (
21952).
noch keine vergleichbare Durchdringung erfahren. Dies gilt insbesondere für jenen Teil des Schrift-guts, dem auch die Protokolle zuzurechnen sind und der in der modernen Aktenlehre als „neutrale Schriftsätze“
, „interne Unterlagen“
G.
Schmid,
Aktenkunde, in: W.
Eckermann
und H.
Mohr,
Einführung in das Studium der Geschichte, Berlin 1966, S. 453.
, „Memorienschreibwerk“
oder „Aufzeichnung zur Gedächtnisstütze“
J.
Papritz,
Grundfragen der Archivwissenschaft, in: AZ
52 (1956), S. 143.
bezeichnet wird. Das Schriftgut dieser Art macht zusammen mit den „Schreiben zur Mitteilung an einen Entfernten“
oder kurz den Korrespondenzen die Masse der archivalischen Überlieferung aus. Nur die zuletzt genannte Gruppe ist jedoch in der systematischen, genetischen und analytischen Aktenkunde genauer untersucht worden
Vor allem in H. O.
Meisner,
Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit.
. Für das „Memorienschreibwerk“ liegt bis heute wenig mehr vor als das, was
F.
Küch und
G.
Wolf darüber ausgesagt haben
H. O.
Meisner behandelt die „neutralen Schriftsätze“, insbesondere die „Protokolle“, nur ganz kurz und im Anschluß und unter Verweis auf solche Schriftstücke, „die ‚Ausgänge‘ werden sollen“ (a. a. O. S. 72).
G.
Schmid (a. a. O. S. 454) stellt fest: „Die systematische Aktenkunde hat die Gruppe der internen Unterlagen bisher nur wenig berücksichtigt“; er verzichtet daher auf ihre Behandlung.
. Auch moderne Editionsregeln und die terminologischen Bemühungen der Archivare orientieren sich bewußt oder unbewußt am Bild des „Schreibens“ und gehen auf andere Kategorien vielfach nicht ein
Vgl. z. B.
H. O.
Meisner, Archivarische Berufssprache, in:
AZ 43 (1934), S. 260–280 (mit dem Protokoll der Terminologie-Kommission des Archivtags);
J.
Schultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte, zuletzt in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 102 (1966), S. 1–10 (zuerst 1930); Grund-züge einer deutschen Archivterminologie, bearb. von
H. O.
Meisner und
W.
Leesch, in:
Archivmitteilungen 10 (1960), S. 134ff. (zuerst 1955). Eine eingehende Untersuchung der Formen der „internen Unterlagen“ bei
S.
Muller
, J. A.
Feith
en
R.
Fruin, Hand-leiding voor het Ordenen en Beschrijven van Archieven, Groningen 1898 (deutsche Übersetzung und Bearbeitung von
H.
Kaiser, Leipzig und Groningen 1905), besonders §§ 85, 88, 89. Ihre Ergebnisse sind für unsere Zwecke jedoch nur bedingt verwendbar, da sie sich ausschließlich am Erscheinungsbild der niederländischen Überlieferung orientieren und die von ihnen gebrauchten Begriffe im Deutschen oft einen andern Sinn haben.
. So bestand eine gewisse Notwendigkeit, das Schriftgut,
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das wir unter den Händen hatten, einer näheren formgeschichtlichen Betrachtung zu unterziehen, um wenigstens für den hier in Frage kommenden Bereich zu der erforder-lichen Klarheit zu gelangen. Wenn sich dabei auch Ausblicke über die sachliche und zeitliche Begrenzung unseres Gebiets hinaus als notwendig erwiesen, so kann es sich freilich nicht um einen Versuch handeln, die gekennzeichnete Lücke in der modernen Aktenkunde zu schließen; Ziel war es vielmehr, die aus der Beschäftigung mit dem gegebenen Material erwachsenen Einsichten festzuhalten und künftigen Untersuchungen, die auf breiteren Grundlagen aufbauen müssen, zur Verfügung zu stellen.
Schon eine nähere begriffliche Umschreibung des Schriftguts, das innerhalb des „Memorienschreibwerks“ als „Protokoll“ in irgendeiner Form gelten kann und das in einer systematischen Darstellung genauer gegen andere Formen abzugrenzen wäre
Vgl. F.
Küch
S. XXXIVf., K.
Dülfer
S. 47f.
, erweist sich als schwierig. Selbst eine weitgefaßte und in den meisten Fällen sicher zutreffende Definition wie die von
F.
Küch – die „gleichviel von welcher Seite erfolgte Niederschrift einer mündlich geführten Verhandlung“
– ist in den Extremfällen unscharf: sie ist einerseits zu weit, da die „Niederschrift einer mündlich geführten Verhandlung“ auch als Tagebucheintragung oder in Form eines Berichts vorkommen kann; andrerseits ist sie zu eng, da sie nicht alle Erscheinungen berücksichtigt, die in der zeitgenössischen Benennung als Protokoll bezeichnet werden
Als Protokolle werden z. B. in der österreichischen Kanzleisprache auch die Eingangsjournale bezeichnet („Exhibitenprotokolle“, vgl. H. O.
Meisner
S. 84); desgleichen die Lohnlisten für Arbeiter und Handwerker (
HStA
Düsseldorf,
Kurköln IV. 4364, Baurechnungen 1737: „protocolla oder diarien“
).
.
Die moderne Systematik
Vgl. H. O.
Meisner
S. 48.
gliedert die Schriftgutform „Protokolle“ in Niederschriften über die Aussagen einzelner Personen (Vernehmungsprotokolle, Verhöre) und über Verhandlungen einer Mehrzahl von Personen (Sitzungsprotokolle), als weitere Art werden die Beschlußprotokolle genannt, die nur das Ergebnis einer Verhandlung oder Beratung festhalten oder den Entschluß des Entscheidungsberechtigten aufzeichnen.
Innerhalb der „Verhandlungsprotokolle“ haben die Niederschriften von Reichstags-verhandlungen einen besonderen Stil entwickelt, der sie deutlich von den Aufzeichnungen anderer Beratungskörperschaften unterscheidet und einen Typ sui generis darstellt. Die Form der Aufzeichnung ist u. a. abhängig davon, ob das beratende Gremium ständig beisammen ist, periodisch tagt oder in unregelmäßigen Abständen mit längeren Pausen zusammenkommt. Ständig oder periodisch verhandelnde Gremien sind ver-hältnismäßig früh dazu übergegangen, das Ergebnis ihrer Beratungen oder deren
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Verlauf in Bücher einzutragen: in den Stadtverwaltungen seit dem 13. Jahrhundert
, in fürstlichen Ratskörperschaften vereinzelt schon im 14. Jahrhundert
Vgl.
H.
Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre I S. 131, wo auf die Protokollbücher Hein-richs VII. (mit Aufzeichnungen über Beratungen und Beschlüsse von Ratsgremien) hingewiesen wird.
. In beiden Fällen wird das gebundene Protokollbuch, das laufend die Eintragungen empfängt, die Regel. Aufzeichnungen von Reichstagen hingegen sind immer lose Akten, die wohl später in Registraturen und Archiven zu „unechten“ (nachgebundenen) Bänden und Heften vereinigt werden können, ursprünglich aber aus „Büscheln“
Über die Berechtigung dieses Termini, der den unklaren Begriffen „Faszikal“, „Konvolut“, „Bündel“ oder „Dossier“ vorzuziehen ist, vgl.
J.
Papritz, a. a. O. S. 135.
loser Einzel-schriftstücke und Lagen bestehen. Das ist natürlich abhängig von der Art des hier vorliegenden Schriftgutes: zunächst wurden nur die bei den Verhandlungen anwach-senden Schriftstücke gesammelt; größtenteils Akten, die durch die Diktatur ver-breitet wurden, wie die kaiserliche Proposition, die Repliken der Stände, Dupliken, Conclusa und schließlich der Rezeß. Hinzu kamen Aufzeichnungen wie Teilnehmer-listen, Beschreibungen des Zeremoniells und dergleichen
Vgl. hierzu und zum Folgenden F. H.
Schubert,
Reichstage S. 164ff.
. Später ging man dazu über, zwischen die Akten einen verbindenden Text einzufügen
Zahlreiche Belege hierfür in den
RTA, Jüngere Reihe.
, und damit näherte man sich der Form, die von den Herausgebern moderner Editionen der Reichstagsakten als „protokollarische Aufzeichnung“ oder schlechthin als „Protokoll“ bezeichnet wird.
Derartige Protokolle findet man seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts, für andere Beratungskörperschaften schon beträchtlich früher
K.
Dülfer, S. 17, verweist auf „protokollartige Niederschriften“ des Mittelalters in den Rezessen der Hanse- und Städtetage. Zu erinnern ist auch an die Akten des Schwäbischen Bundes, in denen sich ähnliche Aufzeichnungen finden (vgl. z. B.
RTA JR VII/1 Nr. 732).
. Bei Ausweitung der Zwischen-texte, wo dann schließlich nur noch mit einer Anlagenummer auf die beigefügten Traktanden verwiesen wird, erhalten sie immer mehr den Charakter von Schluß-berichten im Sinne der relazioni oder aber, wenn die Aufzeichnungen schon während der Tagsatzung laufend niedergeschrieben wurden, von Gesandtschaftstagebüchern, Diarien. Für beide Arten gibt es in den einschlägigen Aktenpublikationen Beispiele in hinreichender Zahl. Erinnert sei an das Protokoll Valentin von Tetlebens vom Reichstag 1530
Herausgegeben von
H.
Grundmann (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayer. Akademie der Wissenschaften 4), München 1958.
, das einen diarienähnlichen Charakter hat, oder an das
„Proto-collum des Reichstags zu Speier a. 1529“
, das nach Ansicht des Herausgebers der Akten „beträchtliche Zeit nach den Ereignissen niedergeschrieben“ ist
und damit einer Relation im eigentlichen Sinne gleichkommt.
Bei vielen dieser „protokollartigen Niederschriften“ handelt es sich um Schlußrelationen (vgl. z. B.
RTA JR VII/1 Nr. 1778, 1779, 1780). Solche und „diarienähnliche Protokolle“ liegen sowohl von kurfürstlicher Seite als auch von fürstlicher und städtischer vor (vgl. z. B.
RTA JR II Nr. 9;
RTA JR III Nr. 3, 5, 51;
RTA JR IV Nr. 22, 25, 26, 28).
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Die Bezeichnung „Protokoll“ für derartige Niederschriften ist durchaus gerecht-fertigt, da sie, wie die angegebenen Beispiele zeigen, dem zeitgenössischen Brauch ent-spricht. Legt man Wert auf eine klare terminologische Unterscheidung, so muß man sich allerdings der Tatsache bewußt bleiben, daß damit die Grenzen zu anderen Formen des Schriftgutes, nämlich zu Tagebüchern (Diarien) und Relationen, die ja nicht „zur eigenen Erinnerung“ niedergeschrieben wurden, sondern an einen Dritten gerichtet waren, verwischt werden. Auch faktisch ist der Übergang leicht möglich: sehr häufig kann festgestellt werden, daß Mitschriften der Verhandlungen zur Grund-lage für Tagebuchaufzeichnungen wurden, diese wurden dann wörtlich (oft auszugs-weise) in die Berichte an den Landesherren übernommen
Das Protokoll eines Fürstentages zu Frankfurt/Main 1553, das die Einzelvoten der Sitzungs-teilnehmer verzeichnet, trägt das Lemma „Pro relatione facienda des gehaltenen tags zu Franckfort“
(
HStA
Düsseldorf,
Kleve-Mark XXX 122). Ein ähnliches Verhältnis läßt sich zwischen den Diarien und Relationen der kurmainzischen, kurbayerischen und braunschwei-gischen Gesandten auf dem Friedenskongreß nachweisen.
. Seit dem Ende des 16. Jahr-hunderts, möglicherweise schon früher, kommen Termini vor, durch die die verschie-denen Arten der Protokolle spezifiziert werden. So nannte man fortlaufende tägliche Aufschreibungen
„protocollum, was täglichs vorgeht“
So das Gesandtschaftstagebuch der kurmainzischen Gesandten in Osnabrück (
HHStA
Wien,
MEA
FrA
Fasz.
12). Das münsterische Gegenstück trägt den Titel
„Diurnale, in welchem verzeichnet, was sich zeit Ihrer Churfürstlichen Gnaden gesandten anwesenheit zu Münster täglichs zugetragen“.
Bei beiden handelt es sich um eine Art Journal (= Geschäfts-tagebuch) mit meist knappen Angaben über Ort, Zeit und Teilnehmer der Verhandlungen. Ähnlichen Charakter haben auch das Diarium Volmars und das Diarium Chigis (beide werden von der „Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte“ für die Edition vorbereitet. Zum Chigi-Diarium vgl. einstweilen K.
Repgen,
Protestplan).
oder
„protocollum actionis“
So ein jülichsches Protokoll vom Reichstag 1594 (
HStA
Düsseldorf,
Jülich-Berg II. 2344).
; Verhandlungsmitschriften, in denen die abgelegten Voten der einzelnen Stände erfaßt wurden, bezeichnete man hingegen zum Unterschied davon und eindeutig als
„protocollum votorum“
Jülichsche Protokolle von den Reichstagen 1594 und 1603 (
HStA
Düsseldorf,
Jülich-Berg II. 2344 und
2350, Kleve-Mark XXVII 78 IV), auch mit der Bezeichnung liber votorum.
Das von W.
Friedensburg
in ARG
34 (1937), S. 36–86, mitgeteilte „Protokoll der auf dem Augsburger Reichstage von 1555 versammelten Vertreter der freien und Reichsstädte über die Reichstagsverhandlungen“ trägt den Titel „Prothocollum aller reichs- und (frei)stett handlungen [...]“
(also: ein „protocollum actionis“
), enthält aber auch einige eingestreute „protocolla votorum“
. Es ist in Reinschrift überliefert und anscheinend aufgrund von Diarien-aufzeichnungen und Sitzungsmitschriften sowie unter Benutzung der amtlichen Akten, von denen einige in vollem Wortlaut eingefügt werden, zusammengestellt worden.
.
Die Frage nach dem ersten Auftauchen dieser
„protocolla votorum“, die sich hier stellt, impliziert sogleich eine weitere: seit wann wurde es für nötig befunden, die Voten der einzelnen Stände aufzuschreiben, d. h. seit wann wurden auf den Reichs-tagen die Stimmen gezählt und nach Köpfen abgestimmt? Da die Geschichte der Reichstagsorganisation noch weithin im Dunkeln liegt, ist man hier auf Vermutungen und auf die Aussagen älterer Autoren angewiesen. In
Lehenmanns Speyrischer Chronik wird von den Reichstagen 1471 und 1474 berichtet, daß die Kurfürsten und
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Fürsten auf die Umfrage
viritim geantwortet haben
Lehenmann,
Speyerische Chronik S. 967f.
, 1487 hat „jeder Chur- und Fürst, so anwesend, seine Erklärung der Kayserlichen Mayestät selbst in Schriften absonderlich übergeben, der abwesenden Rhät und Botschafften auch absonderlich“
. Dabei hat es sich möglicherweise um Ausnahmen gehandelt, denn später war man der Ansicht, daß auf den Reichstagen Friedrichs III. und Maximilians I. die Stimmen nicht
computirt – einzeln gezählt – wurden, sondern daß die „geringeren Stände“ den Voten der vornehmeren und mächtigeren zustimmten und so quasi durch Akklama-tion ein einhelliger Beschluß erreicht wurde
Vgl.
J.
Müller, Das Reichstagstheatrum, wie selbiges unter Kayser Maximilians I. Regierung gestanden, Jena 1718/19, T. III c. 42 § 6: „In damaligen Zeiten ist der Status Comitatus noch ziemlich divers von der heutigen Reichstagsform gewesen, und sind die Vota nicht eben, wie heut-zutage geschieht, computiert worden.“ Ähnlich
Leibniz in De Suprematu Principum (Akademie-Ausgabe IV/2 S. 161): „Scilicet illorum temporum simplicitas tam futiles argutias [gemeint sind Rang- und Präzedenzfragen] non capiebat neque tunc scrupulose numerabantur suffragia“, und weiter: „Qui eloquentia aut factione plurimum poterat, caeteros trahebat.“
. Dieses Verfahren kann sehr wohl noch bis in die Anfangsjahre des 16. Jahrhunderts hinein angewandt worden sein. Eine eindeutige Entscheidung über die Geltung des Majoritätsprinzips brachte erst der Reichsabschied 1512
, aber noch im 17. Jahrhundert wurde die Frage, ob die Stimmen gezählt oder gewogen werden müßten, diskutiert
Vgl.
Arumaeus,
De comitiis c. 7 n. 74–82;
Limnaeus,
Ius publicum l. 9 c. 1 n. 175–192. Bezeichnend D.
Otto
in
Arumaeus,
Disc. acad. V, disc. II: „An [...] suffragiorum multitudo praevaleat, aliis iudicandum relinquo.“
. Aus der Tatsache, daß von den Reichstagen bis in die dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts keine
„protocolla voto-rum“ vorliegen
Diese Beobachtung stützt sich auf die Durchsicht der Reichstagsakten in den Staatsarchiven Düsseldorf, Marburg und München (Geh. Staatsarchiv) für die Zeit bis 1550 sowie der ein-schlägigen Aktenpublikationen. Es ist durchaus möglich, daß bei systematischen Archivrecherchen noch frühere Protokolle als die unten genannten auftauchen können. Immerhin ist festzuhalten, daß in den RTA JR,
die bis 1529 vorliegen, und in den
Urkunden
und
Aktenstücken
des
Reichsarchivs
Wien
zur
reichsrechtlichen
Stellung
des
Burgundischen
Kreises
– beides Editionen, die sich weitgehend auf das
HHStA
Wien
stützen – keine proto-colla votorum
enthalten sind.
, ließe sich ebenfalls schließen, daß bis zu dieser Zeit das Prinzip der Beschlußfassung nach Zählung der Stimmen sich noch nicht endgültig durchgesetzt hatte. Auch in kleineren und überschaubareren Gremien, als es die allgemeine Reichs-versammlung war, ist anscheinend erst nach 1510 die Aufschreibung von Einzel-stimmen eingeführt worden
In den Hessischen Landtagsakten, herausgegeben von
H.
Glagau
, 1. Bd., Marburg 1901, ist unter Nr. 114 ein ausführliches Landtagsprotokoll gedruckt, das die Äußerungen der Teilnehmer an den Beratungen wiedergibt. – Für die Städte hat
E.
Pitz, a. a. O. S. 84, „echte Sitzungs-protokolle“ in den Ratsregistern von Köln seit 1523, möglicherweise seit 1513, nachgewiesen. In dialogischer Form abgefaßt sind teilweise die „Protokollarischen Aufzeichnungen über Bera-tungen der Pfälzer Hofräte“ auf dem
RT
zu Worms 1521 (
RTA JR II Nr. 10, 32).
. Auf den Reichstagen ist diese Art des Protokollieren noch später in Brauch gekommen, wenn auch nicht erst, wie
G.
Wolf meint
, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Kurfürstenratsprotokolle, die ganz die Form
[p. XXXVII]
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wie die hier wiedergegebenen aufweisen, liegen vom Nürnberger Reichstag 1542 vor
In:
Urkunden
und
Aktenstücke
des
Reichsarchivs
Wien
I Nr. 272, 273, 274, 277.
. Vom Reichstag 1541 ist das Protokoll einer Beratung unter fürstlichen Gesandten erhalten, das offenbar eine während der Sitzung angefertigte Mitschrift ist
StA
Marburg 3. 574 (vgl.
F.
Küch Nr. 574; auszugsweise gedruckt bei
M.
Lenz, Brief-wechsel Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen mit Bucer III [= Publikationen aus den k. preußischen Staatsarchiven 47], Leipzig 1891, S. 16–31). Es ist nicht ganz deutlich, ob es sich um eine Fürstenratssitzung oder um eine Sonderberatung unter evangelischen fürstlichen Gesandten handelt (das Exemplar ist stark beschädigt und restauriert; unter der Ultraphan-Einbettung sind die flüchtigen Notizen, soweit erhalten, kaum mehr lesbar). Eine kurmainzische „Originalprotokollsniederschrift“ vom selben Reichstag bringt keine Aufzeichnungen der einzelnen Voten, sondern einen fortlaufenden Bericht (vgl.
Urkunden
und
Aktenstücke
des
Reichs-archivs
Wien I Nr. 247, 248).
. Noch älter sind „protokollartige Aufzeichnungen“ von Ausschußsitzungen früherer Reichs-tage. Hier werden die Äußerungen der Gesprächspartner in dialogischer Form wieder-gegeben
Vgl. K. E.
Förstemann,
Urkundenbuch zur Geschichte des Reichstags zu Augsburg im Jahre 1530, Bd. 2, o. O. 1835 (Neudruck Osnabrück 1965), Nr. 144: Spalatins Bericht über die Verhandlungen des Ausschusses der 14 (1530 Aug. 16–19) – ebenfalls ein fortlaufender Bericht, in den aber die Äußerungen der Ausschußmitglieder aufgenommen sind. Ähnlich in den Auf-zeichnungen über das Religionsgespräch in Worms 1541 (benutzt:
HStA
Düsseldorf,
Jülich-Berg II. 2271) mit einem dialogischen Colloquium inter Philippum Melanchthonem et D. Joannem Eckium.
. Da es sich in diesen Fällen um die Beratung konfessioneller Streitpunkte handelte, erhielt die schriftliche Fixierung der Äußerungen jedes einzelnen Beteiligten besondere Bedeutung. Ob darüber hinaus die konfessionellen Auseinandersetzungen auf den Reichstagen dazu beigetragen haben, die einzelnen Stimmen genauer zu proto-kollieren, müßte gesondert untersucht werden. Jedenfalls hat noch bei den Friedens-verhandlungen in Münster und Osnabrück das konfessionelle Mißtrauen gegen die Fürstenratsdirektoren auf die Art der Protokollierung eingewirkt
Die evangelischen Gesandten forderten im Januar 1646, daß wegen der Wichtigkeit der bevor-stehenden Entscheidungen dem Direktorialsekretär ein evangelischer Protokollist beigeordnet werden sollte (vgl.
Meiern II, S. 240
,
250 ).
.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts – soweit ist
G.
Wolf
zuzustimmen – hat sich die Führung eines
protocollum votorum auf den deutschen Ständeversamm-lungen, auf Reichs-, Kreis- und Deputationstagen
Das älteste mir bekanntgewordene protocollum votorum
eines Kreistags stammt aus dem Jahre 1550 (
HStA
Düsseldorf,
Niederrheinisch-Westfälischer Kreis X. 9, Kreistag zu Essen 1550), eines Deputationstags von 1560 (
HStA
Düsseldorf,
Kurköln VI. 133).
durchgesetzt, allerdings noch nicht bei allen Ständen. Ursprünglich hatte nur Kurmainz als Reichsdirektorium das Recht, einen Sekretär zu den streng vertraulichen Sitzungen, in denen sonst nur die anwesenden Fürsten und die legitimierten Bevollmächtigten der abwesenden erscheinen durften, hinzuzuziehen
Vgl.
K.
Rauch, Traktat S. 63: „In dem Churfürsten Raht, ohngeacht es von alters nicht her-kommen, sondern allein Meyntz einen Reichs-Protocollisten gesetzt, so hat doch ein jeder Churfürst einen Secretarium, der alles, was vorgehet, auch auffzeichnet.“
. Doch auch die anderen kurfürstlichen Gesandten sind verhältnis-mäßig früh dazu übergegangen, ihre eigenen Sekretäre mitzubringen
Vgl. Anm. 7. Danach scheint sich zur Zeit der Abfassung des Traktats (1569) die Tatsache, daß die Kurfürsten keinen Sekretär in die Ratssitzungen mitbringen durften, noch in lebendiger Erinnerung befunden zu haben.
, desgleichen die
[p. XXXVIII]
[scan. 38]
Direktoren des Fürstenrates, Österreich und Salzburg. Allen anderen Gesandten war es verwehrt, dritten Personen Zugang zu den Sitzungen zu verschaffen. Daß die pommerschen und würzburgischen Sekretäre auf dem Reichstag 1640/41 mit den Gesandten in den Fürstenratssitzungen erschienen, galt als Ausnahme
. Änderungen traten erst auf dem Immerwährenden Reichstag seit 1663 ein. Dort durfte auch jeder fürstliche Gesandte einen Sekretär zu den Beratungen zuziehen
Genaue Schilderungen des modus procedendi
im 18. Jahrhundert bei J. J.
Moser,
Neues Staatsrecht V/1 S. 459f., C. F.
Häberlin,
Handbuch I S. 496.
und proto-kollieren lassen; die einzelnen Protokolle wurden dann miteinander kollationiert und mit den Direktorialprotokollen, die allein als authentisch galten, verglichen. Bei den Konferenzen der katholischen Stände in Münster und Osnabrück wurde – wie bei den anderen reichsständischen Beratungen auf dem Friedenskongreß – nach dem alten Brauch verfahren. Ein Bild von der äußeren Form der Beratungen wird uns durch ein
schema sessionis zu der Sitzung der Deputatio ad gravamina am 29. November 1645 vermittelt
. Aus den an dieser und an anderen Stellen gemachten Angaben
Vgl. S. 253. 17, wo die Anwesenheit des kurkölnischen Gesandtschaftssekretärs Lintz erwähnt ist.
geht hervor, daß im
CC
nur die kurfürstlichen Sekretäre zugelassen waren, nicht aber die der österreichischen und salzburgischen Gesandten, die hier keine Direktorial-funktionen ausübten
Daß der österreichische Gesandte im
CC
selbst protokollieren mußte, geht aus der Bemerkung zu S. 234. 31 hervor.
. Jedem Gesandten stand jedoch frei, sich selbst während der Sitzung Aufzeichnungen zu machen, diese dann auszuarbeiten und mit den Nieder-schriften von Kollegen zu vergleichen
Die Aussagen über die Form des Protokollierens bei den Verhandlungen zwischen den evangelischen und katholischen Ständen im November 1646 in Münster (vgl. S. 401f., 408) treffen sicher auch auf die Protokollführung im
CC
zu. Danach stand es jedem frei,
„in privatis pugullaribus zu annotiren“ und seine Aufzeichnungen anschließend mit anderen zu kollationieren. Daß viele Gesandte auf die Führung eines eigenen Protokolls verzichteten, geht aus den Äußerungen in der Sitzung 1647 Sept. 4 hervor, als nachgeforscht wurde, wie den Protestanten Teile eines Protokolls einer
CC
-Sitzung in die Hände gekommen seien.
. Es liegt auf der Hand, daß demnach die aus den kurfürstlichen Gesandtschaften stammenden Protokolle sehr viel ausführlicher und genauer sind als die der fürstlichen Gesandten, die sozusagen gleichzeitig votieren und protokollieren mußten
Vgl.
Meiern
II S. 240
: „Nemlich es war noch zu selbiger Zeit in Gebrauch, daß man in dem Reichsrath keine Secretarios oder Protocollisten bei den Consultationen oder Votirungen zuließ, sondern ein jeder Gesandter muste sein Protocoll selbst mit eigener Hand im Rath führen und zugleich votiren, sogar, daß auch das Directorium selbst alles notirte und hernach in ein Conclusum brachte.“ Das gleiche gilt für die Beratungen der katholischen Stände: der Zweitgesandte des Johannitermeisters, Schlitzweg, berichtete am 10. Febr. 1646, dem Hauptgesandten Giffen sei ein zweiter legitimierter Bevollmächtigter „sehr lieb, da ich mit führung des protocolls ihme ahn die hand gehen könde, welches er sonst allein und nicht ohne sondere beschwerd verrichten müße“
(GLA
Karlsruhe
90/87). Vgl. auch oben Anm. 5.
. Diese Verhältnisse spiegeln sich auch in der Über-lieferung wider: es liegen vier umfangreiche Protokollserien kurfürstlicher Provenienz
[p. XXXIX]
[scan. 39]
vor, jedoch nur zwei, die wirklich aus fürstlichen Gesandtschaftskanzleien stammen
. Viele der fürstlichen Gesandten haben auf die Führung eines eigenen Protokolls ver-zichtet; manche konnten sich Abschriften von einem kurfürstlichen Protokoll ver-schaffen, das solchen Ständen, die einem kurfürstlichen Gesandten ihre Vertretung anvertraut hatten, ohnehin zur Verfügung stand
Vgl. unten S. LVIIIf. über das augsburgische, eichstättische und hildesheimische Protokoll.
. Bei den fürstlichen Gesandten war es wohl auch Brauch, nur die Proposition und das Conclusum zu notieren, also die „offiziellen“ Verlautbarungen des Direktoriums. Den Akten wurde dann das eigene Votum, das häufig vorher schriftlich ausgearbeitet worden war, beigefügt
Vgl. unten S. LII; ein Hinweis auch S. 200: „Es seye nit wider brauch, daß man die vortrag und vota ex pugillaribus et charta ablese.“
. In dieser Form liegen z. B. ein bambergisches, das fuldische und das pfalz-neuburgische
CC
-Protokoll vor, ferner ein Fürstenrats-Protokoll des Deutschmeisters
. Dieser Modus war offenbar weit verbreitet: eine kurkölnische Instruktion für den Reichstag 1653 schrieb diese verkürzte Protokollführung für den Fürstenrat ausdrücklich vor, während die Voten im Kurfürstenrat vollständig mitgeschrieben werden sollten
HStA
Düsseldorf,
Kurköln VI. 274.
. Eine weitere Möglichkeit war es endlich, nach Schluß der Sitzung eine berichtartige Niederschrift ohne Aufzeichnung der Einzelvoten anzufertigen, ein
„summarisches Protokoll“, wie es in den Akten heißt
Ein Beispiel hierfür das Protokoll der Deputationssitzung 1646 November 18 (Nr. 62).
. Damit sind die drei Hauptformen genannt, in denen Protokolle begegnen: 1. als vollständiges
„protocollum votorum“; 2. als verkürztes Protokoll, das genaugenommen schon als Beschlußprotokoll, nicht mehr als Verhand-lungsprotokoll, aufzufassen ist; und 3. als „summarisches Protokoll“, die zusammen-fassende Schilderung einer Sitzung. Als weitere Form wäre dann noch die einfache Aktennotiz zu erwähnen, die lediglich Datum und Thema einer Sitzung vermerkt
Vgl. die Notizen über die Deputationssitzungen 1646 Januar 22, 23 und 24 (S. 96).
.
Bei der Betrachtung der Entstehungsstufen von Protokollen ist ebenfalls zu berück-sichtigen, daß es sich hierbei um grundsätzlich andere Formen handelt als beim Korrespondenz-Schriftgut. Die dort gültige Einteilung (Dekret, Konzept, Mundum, Ausfertigung) kann nicht durchgängig übertragen werden, sondern bedarf einiger Abänderungen. Man kann mit
F.
Küch
zwei oder drei hauptsächliche Stufen der Überlieferung unterscheiden: die während der Sitzung entstandene Mitschrift, danach die Ausarbeitung oder Übertragung in den Volltext, schließlich etwa noch eine hier-nach gefertigte Rein- oder Abschrift. Als Bezeichnung für die erste Entstehungs-stufe, die unmittelbare Mitschrift, bietet sich der zeitgenössische Terminus „Rapular“ an
In der genauen Terminologie der Niederländer: „Kladde“ oder „Memorial“ (vgl.
Muller,
Feith
en
Fruin, Handleiding § 89), nach dem Vorschlag von
J.
Papritz (a. a. O. S. 146) „Kladde“. Ich ziehe den Ausdruck „Rapular“ vor, da man im heutigen Sprachgebrauch unter „Kladde“ ein Heft oder Buch zu verstehen scheint, weniger aber lose Blätter oder Lagen (vgl.
Brockhaus 1940).
: die eilige Niederschrift – meist auf einem ganzseitig engbeschriebenen Blatt ohne
[p. XL]
[scan. 40]
jeden Rand oder in losen Lagen – in flüchtigem Duktus, in der stichwortartig in Anlehnung an die Formulierungen des Redners die wichtigsten Punkte notiert werden und wo über die üblichen Kürzungen hinaus oft nur Konsonantengruppen anstelle ganzer Wörter oder Sätze stehen. Für die hiernach gefertigte Ausarbeitung kann die Bezeichnung Konzept übernommen werden. Sie enthält vollständige Sätze mit kurialen Wendungen, in der Regel ist sie halbbrüchig („konzeptsweise“ in der zeitgenössischen Kanzleiterminologie) auf losen Lagen niedergeschrieben und bietet ausreichenden Raum für Ergänzungen und Korrekturen. Diese können, wenn die Übertragung sorgfältig abgefaßt worden ist und keine Zusätze nötig wurden, fehlen, dann wäre hier von einem Reinkonzept zu sprechen
In der niederländischen Fachsprache (vgl. S. XXXIX Anm. 9): das „Konzept“ ist die bloße Aus-arbeitung und Übertragung der „Kladde“ (des Rapulars) in Reinschrift, das noch nicht genehmigt ist; werden Ergänzungen und Korrekturen nachgetragen und wird das Stück dann von der Versamm-lung genehmigt, so ist von „Minute“ oder „Lap“ zu sprechen.
. Der Unterschied zwischen Rapular und Konzept sei durch ein Beispiel veranschaulicht
Das Rapular aus
Kurbayern
A III, das Konzept aus
Kurbayern
B I.
:
Votum des hgl. bayerischen und des pfalz-neuburgischen Gesandten in der Konferenz der katholischen Stände in Münster 1647 Juni
15
Rapular
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Konzept
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Bayern-
Hg
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Bayern-Hg |
Beziehe sich uff d curfl. votum, weil d sach nit geholffen, ws bey geth, wol auch liqutin, d By nit all be d liga sd hernach vill tonen ia million be-gszt, wolle erwart waß fur mitl an hdt gegen wrd. |
Wolle in allem d[as] Curbayer[ische] votum anhero wid[er]holt und sich durchgehendt darauf bezogen ha-ben, weil d[er] sach nit geholffen, was ein od[er] and[er]er gethan. Ir Churf[ürst]liche D [urchlaucht] in Bay[ern] werde auch woll liqui-tiren khonnen, d[as] dieselbe nit all[ein] bei d[er] liga, sond[ern] auch hernach vill tonnen, ia millio-nen beigesetzt, wolle daher erwar-t[en], waß für weitere mitl an handt gegeben werden |
Pfalz-Neuburg |
Pfalz-Neuburg |
Ad 1 weg d reunion haln sie dieselbe sehr nüzlich, vglich sich Curmeiz an-geführt, hat von Ir Dh dhalb noch khn resol, woln dhr iungstes votum anhero widhol. |
Halten ad 1
um die reunion für hogstnothwendig und nuzlich, v[er]gleiche sich dahero mit d[en]-ienig[en] motiven, so die h[erren] Curmeinz[ische] in ihrer prop[osi-tion] angeführt, und weil sie von ihrem gn[ädigsten] fürsten und
|
[p. XLI]
[scan. 41]
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h[errn] noch kheine resolution, müesten sie ihr den 20. passato ab-gelegtes votum hiehero widerholen. |
Mit der Herstellung des Konzepts kann die Ausarbeitung des Protokolls bereits abgeschlossen sein
Zu erinnern ist hier an die „Originalkonzepte“, die
H. O.
Meisner aus der französischen und österreichischen Aktenwelt bekannt sind (vgl.
H. O.
Meisner S. 63f.) – Konzepte, die „an die Stelle der (niemals hergestellten) Originale (= Reinschriften)“ getreten sind.
. Für die eigene Verhandlungsführung der Gesandten genügte es, eine vollständige und lesbare Niederschrift als Arbeitsgrundlage zur Verfügung zu haben. Bei Versammlungen, die sich wie der Friedenskongreß über einen längeren Zeitraum erstreckten, legten auch die heimischen Räte Wert darauf, nicht nur zusammenfassende Berichte von den Verhandlungen in den Relationen, sondern die Protokolle selbst zu erhalten
Eine ausdrückliche Aufforderung an die Gesandten, nicht nur in den Relationen von den Sitzungen zu berichten, sondern die Protokolle selbst einzureichen, findet sich in einem Reskript in den österreichischen Akten (
HHStA
Wien, Friedensakten der Staatskanzlei, Karton 1).
. Es wurden daher Reinschriften angefertigt und den Relationen als Beilage, oft nur als
extractus protocolli, beigefügt
So z. B. in
Bamberg
B, während
Bamberg
A das vollständige Protokoll enthält, das bei dem Gesandten verblieben ist.
. In ihrer äußeren Form unterscheiden sie sich von Rapularen und Konzepten dadurch, daß sie meist ganzseitig in sauberer Schrift auf Einzelbogen geschrieben und mit breiten Rändern und größeren Zwischenräumen zwischen den einzelnen Voten versehen sind. Eine Sonderform ist schließlich noch die als Konzept verwendete Abschrift eines fremden Protokolls (meist ebenfalls aus der Konzeptstufe). Beispiele hierfür kommen mehr-fach vor, und es scheint nicht selten gewesen zu sein, daß befreundete Gesandte ihre Mitschriften gemeinsam benutzten, um ein vollständigeres Protokoll herzustellen
Vgl. unten S. XLIX–LIII über das Verhältnis der trierischen, bambergischen, konstanzischen und stadtkölnischen Protokolle.
Vgl.
Meiern
VI Vorrede Fol. d’.
.