Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert

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Am Geistlichen Vorbehalt in der strikten Fassung des Religionsfriedens muß auf jeden
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Fall festgehalten werden. Zu dem und fürs ander so verstehet sich der geistliche

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vorbehalt nit nur auf die ecclesiasticas dignitates et beneficia Imperio immediate sub-
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iecta, sonder auch auf alle andere, welche in ihrer Kayserlichen mayestät und der
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catholischen chur-, fürsten und stendten territoriis gelegen, und derowegen seindt alle
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geistliche, sowohl mediati alß immediati, wan sie von der catholischen religion
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apostatiern, ipso facto et iure aller ihrer geistlichen · beneficien, digniteten und
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einkhommen unfahig und priviert; diese sollten kanonisch übertragen werden, damit
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der Geistliche Vorbehalt von den Protestanten nicht restringiert werden kann. Drittens
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würdt eben auß dieser ursachen rathsammer sein, den geistlichen vorbehalt nit auf die
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erz- und stüffter und andere geistliche güetter, welche die catholische den 12. Novem-
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bris im 1627. iahr possedirt, zu restringiern, sonder in der generalitet dem religion-
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friden gemeß zue lassen, in erwegung, daß khünfftig ein catholischer noch wohl per
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electionem, postulationem vel alium titulum legitimum zu einem solchen erz- und
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stüfft, canonicat oder andern beneficio ecclesiastico khommen khan, das 1627 pro-
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testantisch
war. Bey denn andern puncten die immediat erz-, stüffter und andere geist-
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liche güetter betreffend, welche die protestierende den 12. Novembris anno 1627
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ingehabt, weiln man doch dennselben salva conscientia iuxta communem theologorum
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sententiam in perpetuum nit renunciern khan, so seind hochstgedachte ihre churfürst-
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liche durchlaucht auch selbst der meinung, das hierin nit wohl ein anders mittel werde
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zu fünden sein, alß daß der im Prager friden bestimbte termin der 40 jahrn auf ein
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weittere gewisse anzahl jahr, wie man sich deren würdt vergleichen khönden, mechte
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prorogiert werden, jedoch mit disem außtruckhlichen und im Prager friden bedingten
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anhang, daß nach einem solchen Termin khein theil den anndern, damit frid und
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ruhe im Reich desto besser erhalten werd, via facti et armorum seines wissentlichen In-
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habers entsezen, sonder wer zu solchen stüfftern und geistlichen güettern waß zu
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sprechen vermaint, dasselb anderst nit, alß via amicabilis compositionis vel juris vor-
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nemmen solle.

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Daß aber auf den fahl, da die catholische und protestirende sich kheiner solchen pro-
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rogation ad certum numerum annorum vergleichen khönden, ein terminus indefinitus
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biß zu khünfftiger vergleichung der spaltigen religionen mochte gesetzt werden, gehet
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irer churfürstlichen durchlaucht diß bedenckhen darbey zu gmüht, daß diser terminus
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indefinitus gar zu weit möchte erstreckht und von etlichen pro infinito wollen gehalten
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werden, da doch die perpetuae renunciationes salva conscientia et sine consensu Summi
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Pontificis, welcher nimmermehr zu hoffen ist, nit geschehen khönden.

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Den protestantischen Stiftsinhabern ist weiterhin der Titel „Administrator“ zu geben.
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Der katholische und kanonische Titel „Bischof“ ist ihnen zu verweigern, da sie sich
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dadurch legitimiert fühlen könnten. Wegen ihrer Regalien ist ihnen wie bisher nur das
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Indult zu erteilen. Sessio und votum für die protestantischen Administratoren sind
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weiterhin abzulehnen, da es sonst immer schwerer wird, katholische Politik im Fürsten-
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rat zu machen. Kalvinisten. Das ius reformandi steht dem Kaiser wie den Reichsstän-
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den zu. Die von den Protestanten geforderte Freistellung der Religion würde den
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Untergang der katholischen Religion bedeuten.

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