Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
Mit schmerzen habe ich Beilage B empfangen.
Nun gebührt mir nicht, mit einem so hohen churfürsten deß Reichs und ihrer Kayser-
lichen mayestät, meines allergnedigsten herrns, so nahen anverwanthen bluedtsfreundt,
mich in disputat einzulassen, khan aber gleich anfangs Eur Churfürstlichen
Durchlaucht gehorsamst versicheren, wan ich mit denjenigen, welche bey deroselben
mich ihrer aigensinnigkheit und passion nach angeben, zu thuen hette, das ich selbige
gewiß eines anderen verweisen khöndte und Eur Churfürstliche Durchlaucht hoffent-
lich meiner mit diser remonstration in gnaden verschont haben wurdten. Im massen ich
dieselbe hiemit in warheitsgrundt undterthenigst berichte, das man bißheriges alhie
verbleiben nicht aus meiner wahl und wilkhur, nicht wider die catholische religion,
sondern aus noth und bevorab zu gewün- und vereinigung der ständt und die
gemüetter widerumb zu gewinnen, beschehen. Wie sich dan die protestirendte erst
neülicher tage, alß sy mich durch einen außschuß ersuchen lassen, die
deputation der chatolischen ständt anhero zu befördern, außtruckhlich vernehmen
lassen und mich versichert, das sy auf den extremiteten nicht beharren, in acht tagen
die gravamina vergleichen und hoffen wolten, auf Ostern den friden geschlossen zu
haben. Ja, die Schwedische gesandten selbst haben die protestirendten erst neulich
widerumb ermanth, wegen deß geistlichen vorbehalts und der amnistiae auf anno 1618
hierauf nicht zu bestehen, sondern auf ein temperament gedacht zu sein, damit man
desto ehender zum beschluß khomen möge. Auß disem fundament, sowohl alß der
vorhero von Eur Churfürstlichen Durchlaucht mir repraesentirten und auf dem verzug
ligender gefahr, und damit man diß ohrts den chatolischen die moram protractae pacis
nicht aufbürdete, hab ich so instendige ahnman- und erinerung gethan, daß dieselbe
sich doch hierinnen uberwinden wolten, ein deputation ratione compositionis grava-
minum anhero zu thuen und dise zwahr ganz unverfenglich und anfenglich nur zu
hören, was für temperamenti die protestirendte ins mittel bringen und vorschlagen
möchten; wan ihnen, den chatolischen, solche sodan nicht beliebig sein wurden, stunde
doch gleichwohl bey denselben, widerumb auf und darvon zu ziehen. Ob nun dem
friden mehr vorträg- und ersprießlich, disen weeg abzubrechen, die protestirendte, in-
deme sy sich mit den chatolischen zu vergleichen suchen, in der vorigen uneinigkheit
zu erhalten und hierdurch wohl gar zur desperation zu bringen und hingegen sich ahn
die Franzosen, die zue oppression deß heiligen Reichs Teütscher nation und ver-
hinderung deß fridens nichts unversuchter lassen, ja, den Türckhen selbst zu disem
endt wider die Christenheit concitirt haben, zu henckhen und von denselben einige
bestendige rettung zu hoffen, lasse ich zu menigliches und bevorab zu Eur Churfürst-
lichen Durchlaucht höchst vernunfftigem nachdenckhen gestelt sein. Wie disem allem
aber, so hat man doch hierbenebens auch nit undterlassen, denen Franzosen undter-
dessen nit allein die unbilligkheit ihrer praetensionen durch die mediatores und meine
collegas zu Münster bey gehabten occasionen zu remonstriren (massen ich dan zu
solchem endt und sy zu ainem anderen zu disponiren, albereith vor etlich wochen auf
Münster gereist were, wan mich nit meine bißherige leibsindisposition neben denen
negotiis darvon abgehalten und wider meinen willen verhindert hette), sondern in
puncto beeder cronen replicarum die consultationes in allen dreyen reichsräthen so
weith fortgesezt, das die ständt alhie und zu Münster die erste classem bereits
absolvirt, und es darmit auf der re- und correlation bestehet. Demnechst man der von
ihnen selbst also beliebten ordtnung nach ad secundam und also ad satisfactionem
coronarum schreitten, disen punct neben denen gravaminibus vornehmmen, auch in
allem anderen weder zeit verliehren, noch mühe und arbeit spahren wirdt, damit man
ehendter, je besser zum schluß khommen möge.
Das sonst die Französische plenipotentiarii umb willen ich mich dahie die zeithero
befunden und die ständt miteinander undter sich und volgents dieselbe insgesambt mit
ihrer Kayserlichen mayestät zu vergleichen, erst rechte anlaß nemen möchten, das
fridenswerckh so vil möglich zu stärckhen oder ihre praetension desto stärckher zu
behaupten. Da bin ich meines thails vorhin allzeit der mainung gewesen, das, wie die
Franzosen bißhero nichts undterlassen, was zu verhinder- und verlengerung des fridens
immer hat gereichen khönnen, sy solches nochmals und bey allen vorfallendten
gelegenheiten nit undterlassen werdten, so lang und vil man ihnen nit die occasion der
innerlichen trennung der ständt benemmen thuet, und sy alßdan erst von ihren
unbillichen petitis abstehen und den friden mit ernst begehren werdten, wan sy sehen,
das die ständt undter sich verglichen und mit ihrer Kayserlichen mayestät vereiniget
sein werdten.
Ob sonst die Franzosen mit zuruckhhaltung ihrer replicarum oder die Schweden und
protestirendte mit ihrem postulato, das man die abhandlung der gravaminum allein
hieher, nacher Oßnabruckh, ziehen solle, den fortgang der tractaten verhindert haben,
solches lasse ich dahin gestelt sein. Mir werdten sowohl die herrn mediatores, auch meine
mit- und andere churfürstliche gesandten, alß auch die Schwedische plenipotentiarii
und hiesiger ständt deputirten das zeugnis geben miessen, das ich das werckh allerseits,
sowohl zue Münster ratione extraditionis replicae Gallicae, alß alhie ratione compo-
sitionis gravaminum, wie nicht weniger das beeder orthen alßbaldt ad consultationem
replicarum unverlengt geschritten und also die tractaten desto mehrers befördert und
zum schluß gebracht werdten möchten, zum eüfferigisten getrieben, sonsten ist es nichts
frembdes, das man bey so wüchtigen tractaten baldt danckh, baldt undanckh verdient
und eine aufrichtige intention auß mangl gnuegsamer information zu zeiten ungleich
aufgenohmmen wirdt. Inmassen ich durch meine gegenwarth und bißheriges alhier ver-
pleiben nichts anders und hoffentlich nicht ohne nuzlichen frucht, so sich in khurzem
im werckh erzeigen wierdt, gesuecht und intendirt hab. Alß die hießige ständt zu
voriger und bestendiger devotion gegen ihrer Kayserlichen mayestät gueten verstandt
und einigkheit, mit dennen chatolischen chur-, fürsten und ständen und hierdurch die
Schweden (welche ohne erörtterung der gravaminum zu kheiner weitteren handlung
verstehen wollen) zu annembung billichmessiger fridensmittel zu disponiren, in parti-
culari aber Eur Churfürstliche Durchlaucht bey der churdignitet in dero hauß und
dero Obernpfalz, biß Eur Churfürstliche Durchlaucht würckhliche satisfaction be-
schehe, zu erhalten. Will also nicht hoffen, das mir hierdurch und da ich mir dißes
alles ohne verliehrung einiger zeit, auch unerachtet meiner leibsindisposition eüsseristen
khräfften nach, hab angelegen sein lassen, die schwere verantwortung der verzögerung
deß fridens und alles darauf ervolgenden unhails beygemessen wirdt khönnen werdten.
Solte ich aber in diser meiner threugemainten intention, welche vast von allen chur-
und fürsten approbirt wordten, wider alle zuversicht so starckh geirrt haben, wirdt es
nir hoffentlich leicht zu verzeichen sein.