Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
Euer Kaiserliche Majestät haben aus nr. 94 vernommen, welchergestalt wir
denen mediatoren die ursachen vorgetragen, derentwegen denn Franzosen
die cession der vestung Preysach nit könte eingewilligt werden. Nachgefolg-
ten sambstags, den 12. diss, haben ermelte mediatores uns relation gethan, das
sie zwar solches alles denn Franzößischen plenipotentiariis ad longum vorge-
halten, aber nit allein einige willfährige resolution nit heten erlangen mögen,
sondern es weren dieselbige mit sehr weitaussehenden und verbitterten ge-
genreden fürgebrochen, sich rundt vernemmen lassen, das die cron Franck-
reich ohne dise cession keinen friden machen, sondern den krieg ehender
noch 100 jar continuieren wolte, mit fürruckhung, als wann auf Eur Kayser-
licher Mayestät seiten denn Schweeden und protestierenden zu grossem
nachteil der catholischen religion alles, was sie begerten, eingewilligt wurde,
da sie doch, wan man ire satisfaction mit cession der bedeüten vestung vor-
derist richtiggemacht, dieselbe leichtlich dahin wolten gebracht haben, das
die Schweeden mit halb Pommern und dem erzstifft Bremen, die protestie-
renden aber mit 60 jahren heten content und begnüegt sein müessen. Nun
aber, bei so beschaffenen dingen, wolten sie das gegenspil thuen und beede
aufstifften, das sie auch mit disem, was inen anerbotten worden, nit zufriden
sein solten. Hinweis auf Beilage A. Es underlassen auch sie, Franzosen, und-
terdessen nit, solche ihre betrowungen bey denn catholischen ständen auf das
allerschärpfiste fürzuspieglen, sie zum widerwillen aufzustifften und genzlich
einzubilden, als wann bei der catholischen seiten alles gewunnen sein wurde,
wann nur Preysach vergeben wer.
Dann, ob wir zwar laut unserer negstvorgehenden relation in hoffnung ge-
standen, es solten die catholischen am obbestimbten sambstag zuesamen-
getretten sein und sich miteinander über die noch streittige puncten super
gravaminibus verglichen haben, so ist es doch nit beschechen, sondern seint
von dennselben etlich zu uns abgeordnet und begert worden, das wir uns
vorderist zu ihrer bessern nachricht über die in der beylag littera B ver-
merkhte quaestiones unserer mainung wolten vernemmen lassen, darauf
inen erstens von mir, grafen von Trautmanßdorf, dise generalantwortt er-
theilt worden: Nit ohne sein [es], das Eur Kayserliche Mayestät alle solche
beschwerungen und was uf einen oder andern fahl zu thuen sein möchte,
reifflich consultieren und berathschlagen lassen, jedoch aber denn catholi-
schen ständen hierinn nit leichtlich vorgreiffen, sondern lieber sechen wol-
ten, das selbige sich selbst undtereinander vereinigten, waßgestalten mit
denn protestierenden propter necessitatem publicam ehist zum vergleich
möchte gelangt werden. Wir weren iedoch erbietig, inen auf die überreichte
puncten ein unvorgreiffliche einlaittung in schrifften zuezustellen, wie dann
beschechen und in berüerter beylag auf iede quaestion annotierter zu sechen
ist.
Gestrigen vormittags seint die churfürstliche, sambt beyziechung der ordinari
deputierten aus denn anderen beeden collegiis, zuesamenkommen, aber aus
anlaitung der Churcöllnischen
Ges. Kurkölns auf dem WFK 1644 April–1649 waren Wartenberg (vgl. [nr. 4 Anm. 9] ), Busch-
mann (vgl. [nr. 8 Anm. 5] ), von der Recke, Merveldt und bis 1648 Landsberg ( APW III D 1,
348; Wolff, 209). – Dietrich Adolf von der Recke (Reck) (gest. 1661), zugleich Ges. des Hst.s
Paderborn, 1649–1650 auf dem Nürnberger Exekutionstag, 1650 Bf. von Paderborn ( Wolff,
209f.; Foerster, 9 Anm. 33; Bierther, Reichstag, 57; Kietzell, 104). – Dietrich Hermann
von Merveldt (Merfeldt) zu Westerwinkel, Drost zu Wolbeck (1598–1658), zugleich Ges. des
Hst.s Münster ( Walther, 42; Wolff, 209f.; Foerster, 5 Anm. 16). – Arnold von Lands-
berg (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden), zugleich Ges. des Hst.s Minden ( APW III
D 1, 349; Foerster, 9f.).
einßtheils sich der sachen mehrers nachzudenckhen, anderntheils aber, das
sie nit instruiert weren, benommen, hiebey aber sonderlich Cölln und Bayrn
auf entliche richtigmachung der Franzößischen satisfaction und cession der
vestung Preysach mit fast anzüglichen votis getrungen, allermassen das
Österreichische prothocollum littera C ein und andere darbey vorgeloffene
particulariteten umbstendtlich außweisen thuet.
Es haben sich auch, als ich, graf von Trautmanßdorf, daraufhin gestern
nachmittags der vier catholischen churfürsten gesandtschafften selbst be-
suecht, die Cölnische und Bayrische gegen mir vernemmen lassen, das die
Franzosen sambt und sonders vor inen protestiert heten, sobald ich ohne
entliche richtigmachung irer praetension nach Oßnabrugg verraisen wurde,
das sie solches für ein ruptur dises congress aufnemmen, alspald einen aig-
nen currier nach Pariß schickhen und darvonziechen wolten. Hingegen las-
sen sich die Schweeden, wie Eur Mayestät gesandten zu Oßnabrugg relation
mit sich bringt, ansechen, das sie ohne mein beysein auch zu endtlicher
richtigkeit nit fürschreitten wolten, gestalten sie bereits newe postulata
auf die baan gebracht und angemaast haben, das man inen zu ihrer mehrer
satisfaction die beede vestungen Vecht und Meppen (so sonder zweifl zu ei-
ner gegenwehr der Franzosen postulati auf Preysach beschicht) überlassen,
das bisthumb Oßnabrugg dem gewesten administratori der erzstifft Bremen,
das bisthumb Minden aber der Brandenburgischen satisfaction renuncieren
müest. Und weil sie mit dergleichen gedancken laut ihrer replic schon lang
umbgangen, so hab ich, graf von Trautmanßdorf, als der Servient zu Oß-
nabrugg gewesen, dem Cöllnischen adiunctum Dr. Buschman selbst erin-
nert, wann die Franzosen ie das ihrig zu erhaltung der stiffter thuen wolten,
so solte er dem Servient sagen, iezt wer es an der zeit, iezt solt er sein
aüsseristen fleiss anwenden. Was er aber gethan, das gibt der effect zu er-
kennen, woraus clärlich zu ersechen, das auch mit vergebung der vestung
Preysach der catholischen sach nit besser, sonder nur schwerer gemacht
wurde. Sonsten haben ermelte 4 churfürstliche gesandten sich uf mein zue-
sprechen erbietig gemacht, in puncto gravaminum heüt nachmittag wider-
umb zuesamenzukommen und zu sechen, ob zu einem schluss möchte ge-
langt werden.
Die Spanischen tractaten mit denn Vereinigten Generalstaaden seint nun in
vollem lauff und vorgestern sontags ihre propositiones gegeneinander gewex-
let und gleichwol von denn Staadischen deputatis, wegen ihrer proposition
im eingang vorgesezter bedingung, das sie dise handlung anderst nit, dann
coniunctim mit einschliesßung der Franzosen zu beschliessen gedächten, so-
vil erclärt worden, das sie wegen Catalonia und Portugal mit denn Franzosen
nichts interessiert weren, noch darmit zu thuen haben wolten, sondern es
were ire confoederation allein uf das Niderländsch weesen gerichtet. Und
wann auch die Franzosen sich mit billichen und vernünnfftigen anerbiettun-
gen nit wurden ersettigen lassen, so weren sie nit schuldig, derentwegen ihre
tractatus mit Spania aufzustossen, und haben sich noch mehr erbotten, so-
baldt sie mit Spanien zum schluss kommen, das entweder ihresorts der feldt-
zug genzlich eingestelt bleiben oder doch allein defensive gestanden und kein
feindtlicher angriff vorgenommen werden solte. Es hat sich auch undterdes-
sen einer aus den Staadischen deputatis bey mir, grafen von Nassau, verlauten
lassen, das die Franzosen wegen Preysach ie ein unbilliche praetension füehr-
ten und man solte sich wol vorsechen, das man darein nit willigte, dann es
wer ein solche bruslente nation, das man sie fürterhin nit wurde in zaum
halten können. Sonsten haben die mediatores bey obangeregter, uns gethaner
relation auch angezeigt, aus Danzig nachricht zu haben, das die Franzosen in
Polen bei 3000 mann zue fuess durch ihren daselbsthin verschickhten residen-
ten, monsieur Brisee
sich umb Danzig befinden thete.