Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
Sintenmahl dan daß ganze fridenswerckh an disem hafftet und, wie mich meine gesandte
berichten, und [ ich] es sowol von denn mediatoribus alß von denn Franzößischen plenipo-
tentiariis selbsten über öffters beschehnes zuesprechen, daß sie, die Franzößische, sich mit
denen über Rhein bewilligten landen contentieren und diserseits nichts praetendiren wol-
ten, vernommen, khein einige hoffnung zu machen ist, daß die cron Franckhreich von ihrer
so steiff gefassten resolution sich durch einiges ferner zusprechen im geringsten abwendig
machen lassen werde, entgegen aber Euer Khayserlicher Mayestät mehr als genuegsamb
bekhandt, wie übel der kriegsstatus und die gegenresistenz diserseits beschaffen und daß
einmahl anderß nichts zu gewartten, dan daß das gesambte Heylige Römische Reich, wan
Euer Mayestät mit erthailung einer willfährigen resolution inner dem verglichenen vierwo-
chigen termin nicht ins mittel khommen, sondern die feindt alßdan ins veldt ruckhen und
mit ihren mächtigen waffen fortfahren, in noch vil grössere gefahr und endtlich wohl gar in
der gegentail hand und gwalt gerathen werde, alß hab ich auß trewherziger gehorsamber
wohlmeinung und für Euer Mayestät und daß ganze Reich tragenden schuldigen sorgfalt
nicht underlassen khönden und sollen, dieselbe vermitels dises meines durch ein aigne staf-
feta eilfertig abgeschickhten schreibens aufs allerhöchst und eiferigst zu ersuechen, weylen
Euer Mayestät sich alberait in dem maisten deß Obern und Undern Elsäsß halber sambt
dem Sundtgaw so hochrühmblich erklärt haben, dieselbe wollen sich umb des gemainen
besten und hochnottwendigen fridens willen zu ihrem noch grösseren, unsterblichen ruhm
und immerwehrenden glori, auß vatterlicher lieb und compassion gegen dem ganzen in
höchstem squalor und trangsal nunmehr fast gänzlich zu boden sinchkhendem Teutsch-
landt, auch zue conservation ihres aigenen hochlöblichen hauses, vollendts yberwinden und
dero obristen hofmaistern der obberührter von den Franzößischen plenipotentiarien weiters
praetendirten baider ortt halber unverzugenliche, eilfertige undt gewirige resolution zu-
schickhen. Und obwohln mich meine gesandte darbey berichtet, wan die sach mit Breysach
richtig, daß gedachte plenipotentiarii villeicht die statt Newburg sogar fast nicht beharren
möchten, auch wohl zu wünschen und besser wehre, daß sie des grafen von Trauttmanstorff
oblation nach Benfelden für Breysach annemmen thetten, dieweilen iedoch ienes allein ein
vermuethung und noch zur zeit ungewiß, auf das letstere aber wegen der Franzosen gar zu
starckhen impression, welche sye obverstandtenermassen zue der västung Breysäch gefasst
haben, khein fundament zu machen ist, so verhoff ich, Euer Mayestät werden auf den wide-
rigen fall und da die Französische auch von disen postulatis nicht wurden abweichen wol-
len, es endtlich hieran nicht erwinden und von dißwegen allein daß gantze friedenswerckh a
monte gehen lassen. Ich zweifle nicht daran, daß Eure Kaiserliche Majestät einwilligen werden,
um das Vaterland vor dem Untergang zu retten.
Neben obangeregten sachen hab ich auß meiner gesandten bericht weiter vernommen, daß
die Schwedische sich mit halb Pommern und baiden stifftern Bremen und Verden doch
dergestalt contentiren lassen wollen, daß iezgedachte beede stiffter der cron Schweden als
feuda Imperii conferirt werden und sie deßhalben sessionem und votum im Reich haben
sollen. Dieweilen aber diser stiffter halber allerhandt starckhe bedenckhen einfallen, war-
umb dieselbige den Schweden nit einzuraummen und sonderlich zu besorgen ist, wan man
ihnen mit der begehrten infeudation willfahren und also dise beede stiffter gleichsamb zu
weltlichem fürstenthumb machen und prophaniren solte, daß die protestirende, welche
eben auch dergleichen stiffter inhaben, es alsobaldt in eine consequentiam ziehen und
gleichmesßige belehnung, auch session und stimm im Reich wegen solcher ihrer inhaben-
den stiffter desto sterckher begehren und behaubten, welches aber dem gemainen catholi-
schen wesen in vihl weg sehr grossen nachtail verursachen wurde, derowegen wirdt meines
unmasßgeblichen ermessens vihl rhatsamber, verantworttlicher und also auch thunlicher
sein, wan ihnen, den Schwedischen, anstatt der praetendirten zway stiffter neben Hinder-
auch Vorder- und also daß ganze hertzogthumb Pommern sambt der darauff hafftenden
reichssession und voto iure feudi eingeraumbt oder endtlich auff den euseristen fahl, da sie
ia obgemelte beede stiffter sambt Hinderpommern per forza beharren und sich derselbigen
in kheinem weg begeben, sonder eher die fridenstractaten ganz aufstossen wolten, daß ih-
nen solche in eben der gestalt, formb und qualitet wie denn andern protestierenden die von
ihnen anno 1627, dem 12. Novembris ingehabte stiffter
Der im PF eingegangene Interims-Verzicht von Ks. und Katholiken auf Rechtsansprüche aus
immediaten Stiftern bezog sich auf solche, die die Protestanten am 12. November 1627 inne-
hatten (vgl. [nr. 11 Anm. 2] ; Ruppert, 241).
jahr oder ad tempus indefinitum, wie man sich dessen noch vergleichen möchte, bewilliget
und wegen Hinderpomern dan noch ein absonderliche session und stimm im Reich gegeben
wurde. Und khan die cron Schweden diß mittel mit desto wenigerm fueg außschlagen, weil
sie wegen Pomern ein stand des Reichs mit sein will und dahero billich auch auf denn
geistlichen stifftern und güettern khein mehrere praerogativ alß andere protestierende prae-
tendiren solle.
Dieweil auch endpfangnem bericht nach die cron Franckhreich daß deroselben anerbottne
Ober- und Underelsäsß sambt dem Sundtgaw kheineswegs iure hypothecae pro tollerabili
summa cum iure reluitionis annemmen will, sonder von dem Reich alß lehen zu recognos-
ciren und derenthalben ius sessionis et suffragii in Imperio zu haben begehrt und auf disem
begehren vermög der plenipotentiarien erclärung zu beharren genzlich resolvirt und, da
mans auch iure feudi dergestalt, wie sie es begert, zu investiren difficultiren wurde, zu be-
sorgen ist, daß sie dannenhero erst ursach nemmen mechte, besagte landen iure belli alß ein
allodialguett
Allodialgut ist in vollem Eigentum stehendes Gut, das nicht Lehnsgut ist ( HRG I, 120f.). Nach
einer im 17. Jahrhundert weit verbreiteten, auf Inst. 2,1,17 und D. 41,1,5,7 fußenden Auf-
fassung gingen die durch Kriegshandlungen verlorenen, sowohl beweglichen als auch unbeweg-
lichen Güter in das Eigentum des Feindes über ( Zedler XXV, 331); zu dem so verstandenen
ius belli s. Dickmann, 50, 216, 223, 228f., 231.
die infeudatio mit seiner gewissen masß Euer Kayserlicher Mayestät und dero hochlobli-
chem hauß vihl nuzer, alß da es gemelter cron ganz freyaigenthumblich für allodial gelassen
werden solte oder endtlich, wolte man anderst den friden haben, gelassen werden müeste,
sinteinmal es auf die weiß von Euer Mayestät erblanden und dem Römischen Reich ganz
und gar abgerissen und auf ewig allienirt, auf dem andern weg aber dero hauß, sonderlich
wan man die belehnung auf ein gewisse lini der königlichen Französischen famili restringirt,
annoch die hoffnung und der regress verpleiben wurde, auff khünfftig begebende lehens-
apertur widerumb darzue zu gelangen. Von der reichssession und voto aber wird sich die
cron Franckhreich, wan mans Schweden wegen Pommern verwilligt, kheineswegs auß-
schliessen lassen und also nit deterioris conditionis alß die cron Schweden sein wollen.
Neben deme meines unfürgreifflichen darfürhaltens bey disem werckh wol zu consideriren
und in acht zu nemmen ist, daß die protestierende durch die cron Schweden in den reichs-
rhäten einen starckhen ruckhen und fortel bekhommen, dahero denn catholischen rhat-
samb, ia höchstnöttig, daß sie durch gleichmesßige admission der cron Franckhreich ihnen
ebenermassen eine assistenz machen und denn protestierenden daß contrapeso halten, da-
mit, wan die cron Schweden denn protestierenden in religionssachen gar zu starckhen vor-
schub und beystandt laisten wolte, die cron Franckhreich sich denn catholischen zum be-
sten darwider sezen, daß aequilibrium erhalten helffen und die uncatholische iederzeit in
terminis moderationis und gezimend respect continieren khönde, wie dan die Französische
plenipotentiarii, alß man ihnen im Reich session und votum zu bewilligen difficultirt, eben
disen ieztangedeüten vortl, welchen die catholische durch die cron Franckhreich in dem
fürstenrhat erlangen, selbst erinnert und versichert, auch sich verwundert haben, daß man
catholischerseits nit ebensowol, alß die protestierende mit Schweden thun, mit Franckh-
reich einen vortel und mehrere assistenz wider die uncatholische in den reichsrhäten sue-
chen thuet. Es wurde auch auf solchen fahl die cron Franckhreich alß ein catholischer mit-
standt deß Reichs desto weniger ursach haben, sich mit den protestierenden in praeiudicium
religionis catholicae et Imperii dergestalt, wie bißher geschehen, zu confoederiren, sonder
hoffentlich alzeit die einem Römischen kayser und dem Reich geschworne pflicht und ayd
gebürendermassen respiciren und in acht nemmen.