Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Ist herrn hertzogs Friedrichs von Holstein alß gewesten administrators zu Bremen
cantzler, Dr. Reinbruck
in mein, Dr. Volmars, gegenwart. Sein anbringen wahr dhahin gestelt, daß sein gnädiger
fürst und herr sich nit weinig beschwehrt befinden thet, daß die satisfactionshandtlung
mit denen königliche Schweedischen plenipotentiariis, soviel die uberlaßung beeder stifft
Bremen und Ferden [ betreffe], ohne seiner fürstlichen durchlauchtt consens und ungehört
wehre vergliechen und benebens auch in einem von denen Kaißerlichen außgehendigten
proiect pro motivis angezogen worden, ob sölten die Schweeden diese stiffter iure belli
erobert und der herr administrator sich anderwerts umb kheine wiedergeltung angemel-
det haben; dha dan deßen fürstliche durchlauchtt denen Schweden einig ius belli nit
gestendich, sondern vielmehr sich zu beclagen, daß sie sich dieser stiffter contra datam
fidem bemächtigt hetten, im ubrigen die anforderung des aequivalentis allein der
ursachen underlaßen plieben, daß man hirdurch die sach nit hab schwehrer machen,
sondern dhahingestelt sein laßen wöllen, daß, gleichwie andern auch unangemeldet ire
satisfaction accordirt worden, alß Brandeburg und Mecklenburg, man gleichergestalt
auch seiner fürstlichen durchlauchtt eingedenck sein sölte. Sönsten aber begehrten seine
durchlauchtt den frieden mit dieser anforderung nit zu stecken noch schwehrer zu
machen, sondern allein zu fürkommen, daß sie so schimpflich nit möegten tractirt,
sondern weenigst auch iren standt und ires herrn vattern, des königs in Dennemarck,
gebührenden respect gemäeß bey diesem friedenschluß gehalten und mit einem gebüh-
renden aequivalente versehen werden. Wiedrigenfalß müste er crafft habenden bevelchs
wieder sothane vergleichung mit denen Schweeden, soweith die seinem gnädigen fürsten
und hern entgegen wehr, in meliori forma contradicirn, wiedersprechen und protestando
seiner fürstlichen durchlauchtt alle gebührende recht und gerechtigkeit per expressum
vorbehalten.
Ire excellentz haben ime antworten laßen, daß ir Kaißerliche majestätt nichts liebers
hetten wünschen und sehen möegen, dan daß die cron Schweeden sich zu leichtern
friedensmitlen hete behandtlen laßen, auch der herr administrator wiederumb in sein
gehabte possess gesetzt werden können, gestalt man auch in hofnung gestanden, nachdem
dieser stiffter restitutionsach in denen zwischen Dennemarck und Schweeden vorgewe-
sten friedenshandtlungen auf eine particular nach Stockholm remittirt worden
Vgl. den Art. 38 des dänisch-schwed. Friedens von Brömsebro vom 13./23. August 1645
(Druck: ST V.2 S. 595–626; Druck einer lat. ÜS: Meiern, APW I S. 632–649). In
Stockholm hatten zu Anfang des Jahres 1646, von Januar bis Februar/April, erfolglose
Verhandlungen stattgefunden ( Lorenz S. 57–66, 96–114).
entzwischen zu einem endtlichen vergleich kommen sein. Aldieweilen aber dergleichen
nit beschehen und die Schweeden so unbeweglich uf inbehaltung dieser stiffter beharret,
auch alle chur-, fürsten und stendte nichts anders dan quocunque tandem modo den
frieden zu befordern begehrn thuen, so wehre ir Kaißerlicher majestätt nit ungleich
außzudeüten, daß sie sich nun auch darzu bequemben und nit schüldich finden theten, ire
Kaißerliche und königliche erb- und patrimoniallande ferners in gefahr zu setzen. Ire
Kaißerliche majestätt wehren zwar [ bereit], dem könig in Dennemarck und deren hauß
alle Kaißerliche freundtschafft, gnad und guten willen zu erweisen, aber ohne würckliche
assistentz wehre der sach nit zu helffen. Denen Schweeden hab man khein ius armorum
nachgeben, derentwegen sie in foro interiori eins mehrern versichert sein würden,
sondern allein de nuda facti detentione, also dan iustitia belli externa geredt
Von ksl. Seite wurde Schweden nie zugestanden, für den Eintritt in den Dreißigjährigen Krieg
einen triftigen Grund gehabt zu haben; vgl. besonders die Ausführungen Ferdinands III. in
seiner Instruktion von 1646 März 5 (Druck: APW II A 3 nr. 188, hier S. 348 Z. 1–354 Z.
16). Der Ks. differenziert dort allerdings nicht, wie hier die ksl. Ges. , zwischen iustitia belli
interna und iustitia belli externa, d. h. vermutlich zwischen materiellem und formalem Recht
zur Kriegsführung. Auch Reinkingk kennt diese Unterscheidung in seinem Hauptwerk, dem
Tractatus de regimine seculari et ecclesiastico, 1619, 31 640, hier liber II classis III caput 2
§ 9, nicht, s. aber Grotius, de iure belli ac pacis 3.20.53. – Mit forum internum/interius ist
hier vermutlich, angelehnt an den kirchenrechtlichen Fachbegriff ( LThK IV Sp. 254–255),
das Gewissen oder das göttliche Recht gemeint.
außerhalb deßen seie man mit des hertzogen fürstliche gnaden gantz einig und halte nit
darfür, daß Schweeden weder ratione Pommern noch Mecklenburg und anderer posten
einige iustitiam belli internam vor sich habe. Waß die vor Brandeburg und Mechelburg
vergliechene recompens belangte, dha wehre solche ia uf der partheyen selbst eingeführte
handtlung vergliechen worden, derentwegen man schon lange zeit mit ihnen beschäfftigt
gewesen. Der herr hertzog verliere hirunder nichts, so ihme erblich angehördte. Man
hette diese stiffter hievor umb friedens willen ime uberlaßen, ungehindert daß andere
ansprachen darzu obhanden gewesen. Also werde anietz so viel weiniger beschwehrung
eingewendet werden können, dha mans gleich wiederumb umb friedens willen andern
uberlaßen müeste. Ir Kaiserliche majestätt pleiben dem könig in Dennemarck und dem
hertzogen, alle angenhembe freündtschafft, Kaißerliche gnadt und alles gutes zu erweisen;
wüsten aber ia nit, waß derzeit für einige recompens dem herrn hertzogen zu erzeigen.
Daß Reich hab keine gemeine Kaißerliche patrimoniallande, darauß ime einige wilfahr zu
erstatten, noch wehre auch billich, daß einem andern standt daß seinig derentwegen
entzogen werden solle. Es werden demnach sein fürstliche gnaden wol thuen, daß sie sich
derzeit bequemen und mit dem unglück gedülden.
Ille replicabat: Erstens wölte man vorderist die im proiect angezogene motivi wegen des
armistitii und underlaßener anforderung des aequivalentis außlaßen, auch seiner fürstli-
chen gnaden mit mehrern respect gedencken. Zum andern wehren sie der intention und
meinung nit, daß irenthalben der friedt solle gehindert oder einiger standt der recompens
halber zu nachtel gesetzt werden, noch auch, daß man ime ein mehrers, alß dhavon er
etwan ad dies vitae einigen genuß haben könt, einraumen solte. Wölte gleichwol
verhoffen, man würde inen nit gantz ubergehen und so schimpflich tractirn.
Responsum: Waß daß angezogene proiect ahnlangte, wehre daßelb ein abgeredter
vergleich mit Schweeden, albereit geendert und nit dhahin gemeindt gewesen, daß mans
also in instrumento pacis einrücken solte. Und laße man sich nit entgegen sein, seiner
fürstlichen gnaden suo loco et ordine honorifice zu gedencken. Im ubrigen laße man es
dhahin gestelt sein, waß die fernere handtlung ahn handt geben wurde.
Mit dieser resolution ist er abgeschieden, und scheint, daß der sachen etwan mit einer
pension ad dies vitae gehooffen werden könt.