Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

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Verweis auf die Erklärung der schwed. Ges. betr. die pfälzische Restitution vom
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18./28. Februar 1647

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Vgl. nr. 280 Beilage [1].
. Selbe erclerung ist dhomals alsopaldt denen Churbay-
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rischen alhie anweesenden gesandten in abschrifft communicirt worden, und
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haben wir immitls auch mit denen Schweedischen gesandten hirüber, umb
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dero gemütsmeinung soviel desto eigentlicher zu erfahren, zu mündtlicher
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underredung zu kommen gelegenheit gesucht, dieselbe aber lauth beygefüeg-
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tem protocols, littera A, in behaubtung ires aufsatzes so bestendig und
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unbeweglich befunden, daß wir billich anstehen, ob sich zu einiger milterung
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selbigem von inen abgefasten, zu geschweigen annhemb- und beliebung
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dießeits aufgesetzten conditionen, werden erhandtlen laßen, und darumb
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soviel desto mehr daran zweiflen müßen, weiln solche erclehrung in gegen-
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wart des alhie anweesenden Frantzösischen gesandten, graven von Avaux,
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und zwar unerachtet deßen darwieder (seinem fürgeben nach) vorhero zu
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dreyen unterschiedtlichen mahlen und iedesmahls uber die drey stundt
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gewehrten concerto ist außgegeben worden. Und wil unß dhabey bedüncken,
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ob dörffte eins von beeden wahr sein, daß entweder zwischen beeden cronen
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hirunder eine geheimbe verstandtnuß oder an dem haubtfundament der von
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der cron Franckreich versprochenen manutention, warauf man sich ahn
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seithen Churbayern seithero verlaßen gehabt, mangl seie.

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Weiln dan auch die Schweedische kein bedencken machen, daß dies werck
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möege ahn die stendte des Reichs, umb deren gutachten einzuholen, gebracht
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werde, sondern sich solchesfals der mehren theil der stendte beyfall gnug-
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samb wöllen versichert halten, so stehen wir ahn, waß hiebey zu thuen und

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ob man daß werck soll under die stendte kommen laßen, dan wol zu
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vermuthen, daß dieselbe, sowol catholischen- alß uncatholischentheils, umb
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dergleichen conditionen willen den frieden nit lenger wöllen aufhalten laßen.
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Umb aber hiebey soviel desto sicherer zu gehen, haben wir bemelten
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Churbayrischen gesandten unsere bedencken zu gemüth geführt und, ob sie,
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deren unerachtet, nichtsdestoweiniger die sach ahn die reichscollegia pro
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voto gebracht haben wöllen, zu deren belieben anheimb gestelt. Die haben
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die gefahr auch apprehendirt und die bedencken von der wichtigkeit zu sein
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erachtet, daß sich für ir haubt allein eins gewißen nit entschließen wölten,
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sondern mit irem collega zu Münster vorhero darauß zu communiciren
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benhommen. Alß wir aber nachgehendts inen auch von demienigen, waß
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nach inhalt unsers protocols mit dem Salvio von der sachen gehandtlet
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worden, gestern vormittags bericht gethan, haben sie unß zur antwort geben,
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weil sie auß der Schweedischen plenipotentiarien hartneckigkeit clärlich
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verstehen müsten, daß sie keinen lust zum fried heten, auch der herr
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churfürst in solche conditiones nimmermehr einwilligen würde, so wehren
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seine churfürstliche durchlauchtt einmahl entschloßen, sich anderst in acht
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zu nhemmen und denen kriegsgefahren nit mehr underworffen zu pleiben,
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dan sie heten den ietzigen zustandt der wapffen, wie in dero schreiben

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Dieses Schreiben wurde nicht ermittelt (vgl. den Hinweis bei Egloffstein S. 162 Anm. 2).

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gemeldet würde, vierundzwantzigmahl uberlegt und anders nit befinden
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möegen, dan daß das gantze Römische Reich zugrundt gehen müeste, woh
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sie sich nitt dem uberwinder bequemen und ubergeben theten. Der zweck
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stünde ahn deme, daß man auf mitl und weeg bedacht sein solt, wie man sich
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mit der cron Franckreich in rechte befriedigung und freündtschafft stellen
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könte. Und wan hirzu die Bayrische, Schwäbische und Franckische und
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Westvalische craiß verstehen thäten, so würde man wol endtlich der cron
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Schweeden gnugsamb gewachßen sein und selbige wol zu miltern friedens-
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mitlen behandtlen und vermöegen können. Und ob inen wol hingegen auch
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zu gemüth geführt worden, daß hirdurch nit allein der sachen nit zu helffen,
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sondern außer allen zweifel noch viel schwehrere unruhen im Reich entste-
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hen würden, so seindt sie doch mit vorschützung habenden churfürstlichen
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befelchen auf der meinung verplieben, derentwegen wir zwar inen angedeü-
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tet, daß ir Kaiserliche majestätt nochmalen bey allem deme, waß mit seiner
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churfürstlichen durchlauchtt gehandtlet worden, zu verpleiben und sie dar-
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bey nach eüßeristem vermöegen handtzuhaben gedächten, gestalt wir auch
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auß habenden befehl von allem, so diesorts fürlauffe, inen treüliche nachricht
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zu ertheilen und mit irem rath zu verfahren erpietig wehren, auch für
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diesmahl nöttig erachteten, daß sie alßpaldt bey dem conte d’Avaux weiter
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anhalten solten, denen Schweedischen mit mehrern ernst zuzusprechen und
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mit außtrucklicher antrowung der bundtsaufkundung selbige zum beyfall zu
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vermöegen. Dan woh dieß nit geschehen solt, so sehen wir, daß alle ubrige
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einwendungen vergeblich ablauffen würden.

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Nachdeme unß aber neben dieser erinnerung auch bedüncken wollen, daß
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die sachen zwischen denen Frantzosen und Churbayrischen in geheimb
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zimblich weith komen und außer allen zweifl daß absehen auf abzweckung
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vorbenenter vier craißen gerichtet sein möegte, so haben wir durch gewiße
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personen bey dem Oxenstern nachforschung halten laßen, ob ime von
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dergleichen abseithigen handtlung etwaß bekandt und waß uf dergleichen
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begegnuß der cron Schweeden entschluß wehre, auch also wir verstanden,
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daß er hievon mit einem unsers mitls gerne selbst reden wölte, so haben wir
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vor gut funden, daß ich, Volmar, mich zue im begeben solle, und dies zwar
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umb soviel desto mehr, weil mir, graven von Trautmansdorff, der conte
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d’Avaux eben kurtz zuvor anzeigen laßen, daß er vor gewiß halte und
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gleichsamb versichert wehre, die Schweeden sich unseren aufsatz, soviel 1. die
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churwürde, 2. die uberlaßung der Obern Pfaltz, 3. die Bergstraaß und 4. die
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erhaltung der catholischen religion in der Unteren Pfaltz anlangte, bequemen
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würden, dhamit also durch mündtliche underred die gewißheit dieser vertrö-
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stung erlernt werden möegte.

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Alß ich nun zu ime, Oxenstern, kommen und angezeigt, weil wir vernhom-
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ben hetten, daß er von deme, waß etwan zwischen Franckreich und Bayern
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unterfangen werden wolle, auch nachricht und darüber sich vermercken
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laßen, daß die cron Schweden hirinnen kheinsweegs einwilligen, sondern
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vielmehr auf erhaltung des Heiligen Römischen Reiches sehen und diesorts
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mit Ewer Kaiserlicher Majestätt einig sein würden etc., also theten wir unß
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zwar dieser erclehrung bedancken, selbige auch auf allen fall alß aufrecht und
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redlich gemeint im nahmen Ewer Majestätt annhemmen. Wir wölten iedoch
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nit hoffen, daß es zu solchem aufstoßen kommen noch dergleichen abseithige
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abhandtlungen zu würcklichem schluß gerathen solten, sondern trügen
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vielmehr gegen Churbayern diese zuversicht, daß seine churfürstliche durch-
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lauchtt den standt dieser friedenstractaten nit veränderen, sondern in denen
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bißhero allerseits beliebten schrancken zu völligem vergleich befürdern laßen
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werden, dhaher wir auch unß uf ire propositionem der Pfaltzischen sach
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anderst nit dan inhaerendo prioribus erclären könten. Sölte aber wieder alles
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beßer versehen die sach einen anderen außchlag gewinnen und uf vorberürte
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zergliederung des Reichs gezielet werden wollen, so würden Ewer Kaißerli-
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che Majestätt in crafft irer zu erhaltung deßelben geleisteten Kayserlichen
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und königlichen pflichten auch zu anderen mitlen greiffen müeßen. Hirauf
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hat der Oxenstern weitlaufig erzehlt, waß ein zeitlang zwischen ime und den
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Frantzosen wegen der Pfaltzischen sach vorgelauffen, nhemblich so wehre
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anfangs beeder cronen ziel und zweck einhellig dhahin grichtet gewesen, die
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vertriebene pfaltzgraven und benentlich den churerben ahn der churfürstli-
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chen würdigkeit und darzugehörigen landen allerdings wiederumb in den
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standt zu setzen, wie es anno 1618 gewesen, und darauf seien alle ire
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handtlungen in beschließung des puncts gerichtet worden. Auß waß ursa-
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chen aber die cron Franckreich anders sprechen thue, daß laße er ahn sein ort
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gestelt sein; zum weenigsten kondt selbige nit leugnen, daß es denen mit

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Schweden aufgerichten vereinigungen zuwieder seie. Die Frantzosen wölten
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ime vorwerffen, alß wan er zu Münster inen daß wort gegeben, ebenmeßig
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bey denen dem herrn churfürsten oder (wie er das wort brauchte) dem
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Bayerfürsten der chur und Obern Pfaltz halber ertheilten vertröstungen zu
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verbleiben. Ime gescheehe aber unrecht, dan er hete uf ir so langes und
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instendiges zusprechen sich eins mehrern nit vernhemben laßen, dan, wan
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Ewer Kaißerliche Majestätt, die cron Frankreich, auch alle chur-, fürsten und
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stendte des Reichs solcher meinung wehren, so möegte es gleichwol der cron
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Schweeden etwaß nachdenckens verursachen, sönsten aber seie dern meinung
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niemahl gewesen, wie auch noch nit, daß hauß Bayern groß zu machen,
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heten auch derentwegen den krieg nit angefangen. Und obwol conte d’Avaux
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sich nochmaln gantz instendig bemüehen thet, sie, Schweeden, zum beyfall
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zu vermöegen und zu seinem mehren behelff angezogen, daß es der cron
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Franckreich staatsverfaßung erforderte, dem herrn churfürsten in Bayern zu
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seinem vorsatz zu verhelffen, dhamit des hauß Österreich macht desto beßer
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in zaumb gehalten werden könte, so hete er iedoch dhagegen replicirt, daß
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die cron Schweeden auch ire maximas status habe und keinsweegs zugeben
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könte, daß Bayern größer, dan es gewesen, gemacht werde. Er könte zumaln
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nit glauben, daß die cron Franckreich darumb so viel millionen goldts
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außgesecklet und so viel Frantzösisch blutt vergoßen, allein Bayern so hoch
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zu erheben, dan dha dies der zweck gewesen, hette sich nit bedörfft, daß sie
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so offt mit denen Bayrischen zu den streichen kommen sollen. Uber daß alles
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so wölte der königlichen majestätt und cron Schweden reputation viel zu
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nahendt tretten, daß man sich in diesem geschefft eben nach dem willen des
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herrn churfürsten in Bayern richten müeste. Er könte mir auch nit verhalten,
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daß der conte d’Avaux nit allerdings anredig sein wolle, daß die Frantzösi-
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sche gesandtschafft sich mit unß, Kaißerlichen, verglichen, seine churfürstli-
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che durchlauchtt bey denen aufgesetzten conditionibus handtzuhaben, son-
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dern daß allein deßentwegen etwaß discurs vorgangen und gleichwol zu
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verstehen geben worden, [ daß] die cron Franckreich darzu nit ungeneigt sein
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werde. Er, Oxenstern, ließe der Frantzosen interposition ahn sein ort gesteh
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sein, könte mich aber deßen versichern, daß weder des herrn churfürsten
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macht noch der Frantzosen androwende ruptur die cron Schweeden im
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geringsten hirunder etwaß nachzugeben nit vermögen würden. Die cron
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Schweden hete so viel lange jahr ohne die Frantzosen sich handtgehabt, auch
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ahn dieselbe einige verbundtnuß nit gesucht, sondern wehre darumb ersucht
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worden, könten noch künfftig wol ohne Franckreich stehen pleiben. Sie
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begehrten zwar, mit derselben nit zu brechen. Wan aber Franckreich mit
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Bayern solchergestalt anhalten und auch das Reich zu entgliedern anmaßen
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solte, dha würde und könte die cron Schweeden alß nuhmehr ein gehorsam-
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ster standt des Reichs darzu nit stilschweigen, sondern müeste zu andern
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resolutionibus greiffen und sich gegen Ewer Kaißerliche Majestätt dermaßen
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ercleren, wie es einem getrewen standt des Reichs und einer sölchen
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königlichen cron gebühre. Er vermeine benebens, Ewer Kayserlichen Maje-

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1
stätt und dero hochlöblichem hauß selbst nit thuenlich zu sein, daß man das
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hauß Bayern im Reich so mächtig machen solte.

3
Alß ime nun hirauf forderlichst umbstendtlich erzehlt worden, wie es der
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Pfaltzischen sach halber zwischen unß und den Frantzösischen gesandten in
5
beysein der mediatoren abgeloffen

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Vgl. die Relation vom 14. September 1646 (Druck: APW II A 4 nr. 344).
, auch welchergestalt selbige sich ver-
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bundtlich darzu erclärt, sodan weiters vorgetragen, daß Ewer Kaißerliche
7
Majestätt gleichwol dem herrn churfürsten mit Kaiserlichem wortt verbun-
8
den und, solang seine churfürstliche durchlauchtt sich bey derselben halten
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theten, ohne bösen nachclang dhavon nit außetzen könten. So hete es auch
10
nit viel zu bedeüten, daß des hauß Bayern macht durch behaltung der Obern
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Pfaltz zunhemmen thue, dan dieses landt nit also beschaffen seie, daß dhaher
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Ewer Kaißerlicher Majestätt viel ungemach zu befahren sein solt, und werde
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durch erbsuccession leichtlich wiederumb von ubrigen hertzogthumb abge-
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schnitten und die macht getrennet werden. Im übrigen aber, dha es wieder
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verhoffen zu anderm gesuech ausschlagen solte, so vermerckte ich, daß er,
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Oxenstern, gleichwol benötigt sein werde, solche begegnuß vorderist ahn
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königlich Schweedischen hof zu gelangen, dha dan Ewer Kaißerliche Maje-
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stätt mit seinem erpiethen weenig gedient wehre, wan immitls die Schweedi-
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schen waaffen wieder dieselbe feindtlich verfahren wölten. Hirauf gab er zur
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antwort, wir sölten allein unsre antwortliche erclerung, wie es unß beliebte,
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auf ire in causa Palatina gethaene proposition hinaußgeben und sie mit denen
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Frantzosen handtlen laßen. Allezeit solten Ewer Kaißerliche Majestätt versi-
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chert sein – es gehe auch, wie es wolle –, daß die cron Schweden dhahin ir
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absehen richten werde, auf daß einige zertrennung des Reichs nit zugelaßen,
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Ewer Kaißerliche Majestätt bey irer Kaißerlichen authoritet handtgehabt,
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auch der obligation gegen Bayern entledigt und derentwegen mit keiner
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weitern entgeltnuß beschwehrt, sodan auch der cron Franckreich sich
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mehrers in Teütschlandt außzubreiten im geringsten nit verstattet werde. Wir
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heten auch sehr weißlich und wol gethaen, daß wir der cron Franckreich
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wegen Elsaß khein standt und stimb im Reich zugelaßen. Batte darauf, wie
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wölten dhahin trachten, daß die gravamina vollents möegten vergliechen
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werden; wie dan morndrigen tags sich der Salvius derentwegen bey unß
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einstellen würde.

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Auf diese erclehrung nun haben wir mit abfertigung dieß mehrbesagtem
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Oxenstirn unsere replic, inhalts der abschrifft B zugeschickt, und werden nun
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des weitern erfolgs zu gewarten haben. Sölte nun von denen Churbayrischen
37
abgesandten iren vielfaltigen betrowen zufolg mit denen Frantzosen einige
38
abseithige handtlung fortgesetzt und geschloßen werden, so haben Ewer
39
Kayserliche Majestätt ein ofne handt, sich und dero hochlöbliches hauß
40
dermaßen in sicherheit zu stellen, daß solche unverschuldte absonderung
41
dero weinig nachtheil würde bringen möegen.

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