Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Sein des fürstlichen hauß Braunschweig Lüneburgh gesandten, Langerbeck, Lampadius
und Köhler, bey irer excellentz herrn obristhofmeister, praesente illustrissimo comite de
Lamberg, Volmar und Crane, erschienen und angezeigt, daß man sich noch gutermaaßen
würde zu erinnern wißen, waß sie, fürstlich Braunschweig Lüneburgische, sambt dem
ertzbischöflichen Magdeburgischen gesandten für weenig tagen in nahmen irer gnädigen
fürsten und herrn wegen dern ahn denen ertz- und stifftern Magdeburg und Halberstatt
habenden interesse fürgetragen und, dhamit selbe ertz- und stiffter dem herrn churfürsten
zu Brandeburg zu praeiuditz des fürstlichen haußs Braunschweig Lüneburg nit ubergela-
ßen werden möegten, erinnert hetten . Nuhn wehren sie in hofnung gestanden, es
würden sölche erhebliche und von denen Kaißerlichen herren abgesandten selbst für
billich erkente, dhamals zu gemüth geführte rationes und fundamenta bey dennselben
verfangen haben, derentwegen sie auch und in solcher zuversicht, daß ihnen mit einer
wilfährigen resolution begegnet werden sölte, bey irer seithero geführten negotiation
allen glimpff gebraucht und lieber iussionem secundam von iren gnädigen fürsten und
hern erwarten alß daßienig, waß sie schon dhomals bevehlicht gewest, volnziehen wöllen.
Hetten sich aber auch versehen gehabt, wan ie mit diesem werck einige veränderung
vorgenhommen werden sölte, man würde zum weinigsten vorhero mit inen darauß
communicirt haben. Nachdeme inen aber immitls ferner bericht zukommen und es fama
publica seie, daß dem herrn churfürsten zu Brandeburg obgemelte beede ertz- und stiffter
ungeachtet solcher irer, der fürstlich Braunschweigisch Lüneburgischen, dhawieder
angefüegten bedencken cedirt und uberlaßen worden, so könten sie bey so bewandten
sachen nit geübrigt sein, daßienig darbey zu beobachten, waß ihnen zu thuen anbefohlen
worden. Erachteten unnötig, des fürstlichen hauß Braunschweig Lüneburg bey denen in
Niedersachßen gelegenen ertz- und stifftern zustehendes recht und gerechtsamb außzu-
führen, seye an sich selbst offenkündig, und begehrten ir excellentz mit weitlauffichen
wiederholung, waß deswegen von ihnen iüngsthin angezogen worden, nit verdrüßig zu
fallen. Wölten auch den stifft Ratzenburg, bey welchem daß hauß Braunschweig
Lüneburg die coadiutoriam erlangt
von Mecklenburg gegen zurücklaßung seiner landtgütter selbigen stifft annhemmen
werde oder nit und solches letztern falß dem hauß Braunschweig Lüneburg sein ius
integrum et salvum pleibe. Wölten sich für diesmahl in terminis der beeden ertz- und
stiffter Magdeburg, Bremen und Halberstatt auffhalten: Bey Magdeburg seie ein coadiu-
tor auß dem fürstlichen hauß Braunschweig Lüneburg legitime erwehlt, imgleichen
auch schon für 3 iaren bey dem ertzstifft Bremen
beeder ertzbischoven vorgestandten heyrats
Der Heirat des Adm. s Friedrich von Bremen (1609–1670; 1648 Kg. von Dänemark) mit
Sophie Amalia von Braunschweig und Lüneburg (1628–1685), die am 1./11. Oktober 1643
vollzogen wurde, hatte das Bremer Domkapitel nur nach langem Zögern und schwierigen
Verhandlungen sowie unter dem Vorbehalt zugestimmt, einen Koadjutor mit Sukzessionsrecht
wählen zu können ( Lorenz, Koadjutorwahl). – Hg. August von Sachsen-Weißenfels
(1614–1680; 1628/1635 Adm. von Magdeburg) hatte am 20. November 1646 (st..?) Hg.in
Anna Maria von Mecklenburg (1627–1669) geheiratet ( Stammtafeln I Tafel 45; zur
Koadjutorwahl vgl. [nr. 218 Anm. 2] ).
hertzogen von Braunschweig Lüneburg thumbhern, und könte einem unter diesen die
succession mit entstehen, wan nur selbiger hochstifft in seinem freyen waalstandt gelaßen
würde. Solten nun obgemelte stiffter in solchen iren freyen waalstandt unverrückt
gelaßen, daß fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg auch in seinem successionsrecht nit
beeintrechtigt werden, so begehre selbigs anderer landt und güeter nit. Solte aber
angeregter ertz- und stiffter status geendert und solches vornhemmen mit gewaldt wöllen
behaubtet werden, so wehren die hertzogen zu Braunschweig Lüneburg nit weiniger alß
Churbrandeburg befuegt, ein billichmeßigs aequivalens zu begehren, gestalt sie dan zu
solchm endt die stiffter Hildesheimb, Minden und Oßnabruck solchergestalt darzu theten
vorschlagen, daß die itzige possessorn und einhaber zwar bey selbigen stifftern gelaßen,
aber coadiutores auß dem fürstlichem hauß Braunschweig Lüneburg noch bey gegenwer-
tigem convent anzunhemmen schüldich und gehalten sein sölten. Würde aber darunder
kheine status-immutation bey denen stifftern einzuführen, sondern vielmehr dieses
gesucht, daß dieselbe in irem freyen waalstandt erhalten werden sölten. Ersuchten
demnegst ire excellentz und ubrige Kaißerliche herren abgesandten und plenipotentiarios,
daß entweder die beede ertz- und stiffter Magdeburg und Halberstadt in dem lang
hergebrachten freyen waalstandt, die hertzogen von Braunschweig Lüneburg auch bey
iren erlangten successionsrechten möegen gelaßen oder aber dhagegen zum aequivalente
obgemelten 3 stiffter, welche ahn iahrlichen intraden die beede ertz- und stiffter
Magdeburg und Halberstatt bey weithen nit erreichen, auf gewiße maaß eingeraumbt und
darbey crafft des generalfriedenschluß gehandthabt werden.
Den abgesandten ist auf genhomenen bedacht geantwortet worden, daß man sich noch
gutermaaß wiße zu erinnern, waß sie, gesandten, noch hiebevorn eben dieser stiffter
halber angebracht. Seie inen aber dhomals auch ire unbefuegnuß und warumb sich das
fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg diesorts zu wiedersetzen keine ursach hab, für
augen gestelt worden. Darbey laße mans nochmals bewenden. Man gönne dem fürstli-
chen hauß Braunschweig Lüneburg sein aufnhemmen, praesupponiere aber auch, selbiges
werde des friedens sowol alß andere stendte vonnöthen haben. Weillen ohne zurückla-
ßung selbiger ertz- und stiffter Magdeburg und Halberstatt darzu nit zu gelangen, so
hette man gleichsamb auß getrungener noth, umb dem nothleidenden vatterlandt zu
helffen, in zurücklaßung bemelter ertz- und stiffter verwilligen müeßen, und seie es
dhamit nit mehr res integra. Man wölte sich gegen hochgemeltes fürstliches hauß so viel
desto weiniger versehen, daß selbigs sich hiebey opponiren und selbigs werck mit
allerhandt newen einströwungen schwehrer machen sölten, zumahl demselben ahn seinen
erblanden nichts entzogen würde. Wie es mit angegebener coadiutoreywaal zu Magde-
burg hergangen, laße man an sein ort gestelt sein. Erinnere sich gleichwol auß denen
geistlichen rechten, daß zu erhebung einer solchen coadiutoreywaal gewiße requisiten
vonnöthen; ob dieselbe nun alhie vorhanden, wölte man nit disputiren. Einmahl seie es
gewiß, daß solche waal in fraudem pacis und nachdeme man gewust, daß dergleichen
verenderung mit bemelten ertzstifft pro bono pacis obhanden gewest, vorgenhommen
worden. Bey dem stift Halberstatt laße man denen herren hertzogen von Braunschweig
Lüneburg ire canonicatus. Gebe aber keine nothwendige consequentz, daß sie gleich
darumb, daß sie aldha canonici sein, auch nothwendig bischove werden müsten. Hetten
unsers ermeßens nit mehr recht zu der succession, alß andere ire mitcapitulares und
thumbhern hetten. Gleichwie nun solchergestalt dern zu behaubtung ihrs angezogenen
interesse gelegtes fundament zerfalle, also wöllen auch die insinuirte praetensiones ratione
aequivalentis unfundirt sein, maßen man dan auch dieselbe also beschaffen befinde, daß
sie wieder die vernunfft, geist- und weltliche rechten, auch den religionfrieden und itzo
under handen schwebenden compositionshandtlung gelegten principiis directo lauffen
thuen. Wölten also die fürstliche Braunschweig Lüneburgische gesandten ersucht haben,
von dergleichen unbefuegnuß abzustehen, daß friedenswerck nit schwehrer zu machen,
sondern vielmehr dhahin ire consilia richten, zu helffen, dhamit daß Römische Reich zu
seiner beruhung gelangen und nit in gefahr des undergangs gestürtzet werden möege. Wir
wüsten sönst Kaiserliche majestätt gegen selbigs fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg
also gesinnet, daß dieselbe nit underlassen würden, selbigs auf alle begebenheit mit
Kaißerlichen gnaden und hülde zu bedencken. Und für unsere weinigkeit seie man
dennselben im ubrigen zu dienen begierich.
Illi facta inter se communicatione replicant, daß sie auß unser antwort vernhommen, daß
man die fundamenta ires bey diesem werck versirenden interesse und consequenter auch
die darauf begründete praetensiones aequipollentium für ungültig praesupponire. Müsten
solches dhahin laßen gestelt sein, könten unß aber dhabey versichern, daß es der weeg
zum frieden nit sein würde. Seie es Churbrandeburg recht gewesen, gegen seine
hinderlaßene erblande (so derselb doch ex mera gratia Caesaris hab) andere erblande zu
suchen, so sey dem fürstlichen hauß Braunschweig Lüneburg auch nit unrecht, gegen
hinderlaßung eines waallandes auch hingegen ein ander waallandt zu suchen. Pitten also
die Kaißerliche herren abgesandten, die sach auf solchen schlag einzurichten, dhamit dem
hauß Braunschweig Lüneburg darin möege satisfaction wiederfahren und selbiges nit
allein seie, so mit schimpff und spott von diesem convent abgewiesen werde. Wiedrigen-
fals müsten sie iren gnädigen fürsten und hern alle zulangende remedia außtrücklich
bedingen und vorbehalten, die wehren dergestalt hiebey fundirt, daß es ihnen nullo iure
könte abgeschlagen werden. Addebat Langerbeck, daß er seinstheils lieber wünsche, nit
gebohren zu sein, alß die zeit erlebt zu haben, daß seinem gnedigen fürsten und hern ein
solcher schimpff und schmach sölte angethan werden.
Ir excellentz herr obristhofmeister: Man trage gegen daß fürstliche hauß Braunschweig
Lüneburg allen schüldigen respect, befinde daßelb aber hiebey solchergestalt nit interes-
sirt, daß sich zu beschwehren ursach hab. Es seie selbigen hertzogen beßer bekandt, in
waß für noth und gefahr daß Römische Reich begrieffen. Werden vielmehr, umb den
lieben frieden zu erheben, mit beytragen alß denselben mit dergleichen oppositionen
noch schwehrer machen wöllen. Lampadius: Ohne obvermelte ex parte selbigs fürstlichen
haußes gesuchten aequipollenti seie kein friedt zu verhoffen. Daß hauß Braunschweig
Lüneburg wölte sein aequipollens sowol alß Churbrandtburg haben, würde es auch nit
nachgeben, wehre schon deßwegen der Schweedischen assistentz versichert. Ir excellentz:
Ob man unß dan einen newen krieg zu machen gemeindt, so müße mans erwartten und
Gott die sach befehlen. Illi: Man begehre deswegen keinen krieg zu machen, es müße aber
daß hauß Braunschweig Lüneburg gegen zurücklaßung des seinigen wiedererstattung
haben. Selbigs hauß habe den krieg nit verursacht, so könten demselben auch die
kriegscösten zu tragen nit auferlegt werden. Man solte selbe cösten dieienige tragen laßen,
so zum krieg ursach geben. Pitten die Kaißerliche gesandten, den sachen noch waß mehr
nachzudencken, auf billigmeßige terminos zu richten und inen nit in unguten zu
vermercken, daß sie, alß gehorsambe diener, daßienige, waß sie anzudeüten befehlicht
sein, erinnern müeßen. Ir excellentz: Sie wehren deswegen gar nit zu verdencken, theten
daran, waß trewen dienern zu thuen obligt. Hingegen aber würden auch die Kayserliche
gesandten nit zu verdencken sein, daß sie ebenmeßig hiebey die notturfft und warauf sie
sich instruirter zu sein befinden, anzeigen müeßen et cetera.