Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

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Auff ihr excellentz herrn obristen hoffmeisters befehl sein herr graff von Lamberg und
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ich, Crane, zu dem Frantzosischen gesandten comte d’Avoux gefahren und underschiedt-
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liche puncta negotiirt, alß erstlich, damit die clausula „quousque instituta cum Gallis
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tractatio perficiatur“, so der graff von Avoux dem recessui in puncto satisfactionis
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Suecicae wollen eingerichtet haben, moge außgelaßen werden, in erwegung, sonsten
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durch solche einruckung alles, waß zu Münster geschloßen, in effectu wieder wolle
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auffgehoben und selbiger schluß mehr pro tractatione adhuc complenda alß pro
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conventione perfecta gehalten werden, so man aber diesseiths nit nachgeben konte, sich
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auch nit versehen wölte, daß es bey denen Frantzosischen gesandten eine solche meinung
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haben werde. Zu Münster seie zwar bey dem puncto satisfactionis pro corona Galliae
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diese clausul gesetzt worden „quod conventio pro valida haberi non debeat, nisi simul
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etiam cum corona Sueciae super satisfactione fuerit conventum“. Nachdeme man aber
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nuhn auch mit der cron Schweden hierinnen einß worden, seie die conditio, so in den
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Münsterischen receß gesetzt worden, purificirt. Were consequenter selbiger schluß ein
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verbindtlicher schluß, und bedörffe es bey diesem Oßnabrückischen receß derentwegen
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einiger clausulae reservatoriae gar nit. Er, comte d’Avoux, habe die ehr hiebey gehabt, daß
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er pro interpositore seye gebraucht worden. Man wolle sich versehen, waß er also habe
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abhandtlen und vergleichen helffen, daß er solches auch gehrn werde wollen gehalten
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haben und nit selbst der erste sei, der solche vergliechene sach von newen wieder
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schwehrer machen wolte. Warauff der comte d’Avoux geanthworttet, daß ohne solcher
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clausul kein friedenschluß zu verhoffen. Wiße woll, waß zu Münster geschloßen und waß
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für conditionen hineingerückt werden. Selbigen schluß begehre die cron Frankreich nit
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zu ändern; daß man aber deroselben gedencke mit einer handt den frieden zu geben, mit
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der andern zu bekriegen, würde nit angehen und ehender alles wieder auffgestoßen
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werden. Die cron Franckreich wolte sich verpflichten, Kayserliche majestätt noch alß
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Römischen kayßern, noch alß ertzhertzogen zu Osterreich zu bekriegen, hingegen aber
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auch versiechert sein, daß sie von Kayserlicher mayestätt noch in einer, noch andern
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qualitet solle bekrieget werden. Solte Kayserliche mayestätt in qualitate alß ertzhertzog
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von Osterreich eine offene, freye handt behalten, wurde es eine große unbillichkeit sein.
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Franckreich wolle nit einen halben, sondern einen gantzen frieden haben, und darauff hin
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müste die handtlung gerichtet und der schluß gemacht werden. Nos: Man mercke es woll,
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waß er, graff von Avoux, sagen wolle, Franckreich wolle mit Kayserlicher mayestätt
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keinen frieden machen, wan nit zugleich auch mit Spanien frieden werde. Man laße selbe
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resolution ahn seinem orth gestelt sein. Es liege aber ahn der cron Franckreich, den
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frieden mit Spanien zu schließen, wan sie wolte. Sein ex parte Spanien so reputirliche
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conditiones anerbotten worden, daß sie keine ursach habe, dieselbe außzuschlagen.
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Warumb sie nit selbst das werck beforderten? Das ertzhauß Osterreich werde sich nit
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trennen laßen, und seye contra iura naturalia et gentium, daß Kayserliche mayestätt solte

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zugemuthet werden, sich ihres und ihrer jungen herrschafft einiges erbpatrimonii nit
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anzunehmen. Ille: Er konte unß nit verdencken, daß man des ertzhauß Osterreich recht
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und gerechtichkeit in acht nehme, hingegen auch er nit verdacht werden, daß er
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daßienige beobachte, warzu sich die cron Franckreich interessirt befinde. Es seie nuhr
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umb zweyen schlechte örther, nemblich den porto Longone und Piumbino zu thuen.
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Warumb resolvire sich Spanien nit, dieselbe zuruckzulaßen? Nos: Warumb laße Franck-
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reich nit selbe praetension, weilen es so schlechte örther sein, fallen? Man stehe in
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terminis tractatuum, da einer dem andern solte nachgeben. Ob dan selbe cron derentwe-
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gen den krieg continuiren und ihr glück in gefahr setzen wolte? Ille: Bey der cron
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Franckreich seie einmahl diese maxima gelegt, nichts von deme, waß sie einbekommen,
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wieder zuruckzugeben, solange sie nit alles, waß ihro bey vorigen zeiten abgenohmen
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worden, zurück habe: Non tollere ipsam aliena, sed recuperare propria. Nos: Es haben
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sonsten hiebevor die contestationes a parte Franckreich anders gelautet, nemblich daß
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alles, waß erobert würde, bey der friedenshandtlung wieder solle zurückgegeben werden.
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Ille: Statum esse mutatum. Nos: Waß dan endtlich wegen obgemelter clausul zu thuen,
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damit der schluß mit Schweden moge in einen schrifftlichen receß gebracht werden? Seie
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gleichwoll zu erhaltung der cron Franckreich intention nit nöthich, eine solche gefährli-
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che und in effectu prioris conventionis revocatoriam clausulam einzurücken. Ille: Habe
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sich gegen die Schwedische gnugsamb erclehrt, daß seine gedancken hiebey nit sein,
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daßienig, waß einmahl geschloßen, wieder in zweiffel zu ziehen. Es bestehe aber der cron
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Franckreich volliche satisfaction nit nur ploß in deme, waß zu Münster geschloßen
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worden, solches gehe nur terras et acquisita pro sumptibus bellicis ahn. Die vornembste
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satisfaction stehe in der versiecherung, daß sie vom ertzhauß Osterreich inskünfftich nit
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möge bekriegt werden, dan selbigs ertzhauß macht seie bey ihro considerabl, und müße
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sich dawieder in acht nehmen. Wofehrn ethwo obgemelte wortt waß bedencklich sein,
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konte man andere gebrauchen und das werck mit solchen terminis temperirn, so dem
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Münsterischen schluß nichts benehme, noch der cron Franckreich ahn ihrer ubrigen
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praetension verhinderlich seie. Prout fuit hinc inde acceptatum, daß man darauff
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beyderseiths, wie ein solches temperamentum zu finden, wolle bedacht sein.

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Propositum deinde dicto legato Gallico, waßgestalt sich die sach bey dem puncto
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gravaminum ie lenger, ie schwehrer veranlaßen. Die protestirende sein nit zu ersettichen.
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Dafehrn denselben alles, waß sie praetendirn, solte eingeraumbt werden, seie es mit der
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catholischen religion in Teutschlandt gethan. Haeresin in Germania hactenus quasi
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mutam fuisse, nunc incipere voce publica loqui. Man habe den uncatholischen ertz- und
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stifftern sessionem et votum einraumen müßen, fingen ahn, zu weith zu greiffen. Es seie
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ihme, graff von Avoux, vorhin schon bekandt, waß für eine erclehrung ex parte
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catholicorum noch underm dato, den 12. Julii, in vorigem iahr außgeanthworttet worden.
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Die koniglich Frantzosische gesandten hetten es selbst darfuhr gehalten, daß die
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catholische stände mehr alß zuviel gethan, ia dieselbe erinnert, weiters nit zu gehen oder
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denen protestirenden ein mehrers einzuraumen. Die catholische stande hetten iedoch,
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deme unangesehen, noch ein ubrigs gethan und sich under dato, den 30. Novembris

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Vgl. die Erklärung Trauttmansdorffs im Namen der kath. Reichsstände betr. die Gravamina
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( Endliche Erklärung) vom 30. November (vgl. nr. 148 Beilage C).
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solchergestalt erclehrt, daß sich nit anders versehen gehabt, es würde selbe erclehrung mit
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danck von den protestirenden sein angenohmen worden. Wolle aber alles bey denselben
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nit verfangen. Die brächten abermahls newe postulata uf die bahn, und vermercke man
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dern intention gar uf exstirpation der catholischen religion im Römischen Reich gerichtet
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zu sein. Gebrauchten sich dabey der cron Schweden authorität und assistentz; die rede,
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proponire und handtle bey den conferentiis für die protestirende, und waß von den
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protestirenden mit persuasionibus oder halßstarricher opposition nit könte durchgetrun-
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gen werden, wolte under authorität und protection der cron Schweden durchgetrungen
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werden, maßen daß exempl mit beyden stifftern Oßnabruck und Minden vorhanden.

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Hingegen stehen die catholische stände bloß, hetten außerhalb Kayserlicher majestätt
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niemandt, der sich derselben annehme, würden von menniglichen verlaßen, würden also
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getrungen, mehr nachzugeben alß in gewißen zu veranthworten. Man begehre diesseiths,
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von ihme, comte d’Avoux, zu vernehmen, waß man sich nuhmehr, da man mitt beyden
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cronen dern satisfaction halber vergliechen seie, für assistentz der religion halber bey
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Franckreich zu versehen habe. Ille: Er höre ungehrn, daß die religionssachen im Reich
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solchergestalt in verlauff gerahten. Seie der cron Franckreich intention bey diesem krieg
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nit gewest, der religion schäden zufügen zu laßen, darumb selbigs in confoederatione
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außdrücklich außgedingt worden. Wiße sich woll zu erinnern, daß die Frantzosische
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gesandten denen catholischen ständen noch hiebevorn eingerahten, denen protestirenden
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weiters nichts einzuraumben. Er verbleibe noch in solcher meinung, das man ahn
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Kayserlicher und catholischen stände seithen bestendich auff der negativa beharren sölle.
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Die cron Schweden und protestirende würden sich woll bedencken, ehedan wieder die
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catholische einen krieg anfangen. Es würden morgen die protestirende zu ihme kommen,
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wolte es denselben ungeschewet zu verstehen geben, daß es die cron Franckreich nit
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würde zugeben, daß denen catholischen weiters waß solte entzogen werden. Nos: Es
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würden dergleichen mündtliche erinnerung wenig helffen, der catholischen stande
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weigerung und negativa auch von den protestirenden außgelagt werden, wan nitt eine
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realhandtbietung erfolgen solle. Die catholische stande wehren bey dem krieg dergestalt
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abgemattet, daß durch macht der waffen die kirch gegen so großen gewaldt zu
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beschützen keine mittle mehr ubrig hetten. Ille: Er konte unß woll versiechern, daß die
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cron Franckreich ihre waffen mit denen Schweden nit coniungirter wieder die catholische
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halten, sondern solchesfahls zurückfordern werde. Ob sie aber mit der cron Schweden
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deßwegen brechen und denen catholischen positive assistirn werde, darob konte er keine
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versiecherung thuen. Habe doch, weilen er deßwegen von den catholischen ständen
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belangt worden, ahn seinen gnädigsten konig in hac materia geschrieben und erwahrte
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der anthwort. Vermeindt, daß man immittels, biß des konigs erclehrung einlangen würde,
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die sach in puncto gravaminum, auch wegen beyder stiffter Oßnabrück und Minden, in
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suspenso laßen und ethwo darzwischen, umb zeit zu gewinnen, gravamina politica
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abhandtlen solte.

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Nos erinnern weiters, daß man auch wegen der dreyen im hertzogthumb Wirtenberg
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gelegenen Osterreichischen ämbtern, Achalm, Blawbeurn und Hohenstauffen, angelauf-
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fen würde. Weilen aber die cron Franckreich hiebevorn zusag gethan hette, mit darob zu
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halten, damit selbige ambter bey dem erzhauß mogen erhalten werden, alß verlange man
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auch, daß er, comte d’Avoux, denen fürstliche Wirtenbergischen sowoll alß protestiren-
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den ständen, die sich des hertzogen hiebey annehmen, zusprechen wölte, daß das
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ertzhauß bey seiner inhabenden possession moge gelaßen werden. Ille wolte es thun,
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rathe aber seinestheils darzu, daß dahin zu sehen, wie selbige sach auff ein compromiß
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oder vergleich zu richten. Weilen dan auß selbiger anthwortt so viel zu vernehmen
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gewest, daß sich die Frantzosen umb dies werck nit viel werden annehmen wöllen, haben
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wir weitere instantz zu machen vergeblich zu sein erachtet und damit unßern abschiedt
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genohmen.

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