Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Verweis auf die Anregung zu den Waffenstillstandsverhandlungen im Oktober 1646 auf dem
WFK, auf die Instruktionen für Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich und Gallas, auf
verschiedene kurbayerische Schreiben und auf ksl. Resolutionen.
13 Alß wollen wir] Im Ga. folgt (fol. 213’–214) ein Verweis auf das Ga. Terranovas vom 8.
Februar 1647
Februar 1647. Euer Kayserlicher Majestät gehorsamste deputierte geheimbe räthe haben
dieß alles in fleissigster deliberation gehabt und waß furs 1. die Churbayerische
contestationes und denunciationes belangt, da erinnern sie sich gehorsamst, wazmaßen
ihre churfürstliche durchlaucht auch vor diesem zum offtern sich vernehmen laßen, daß
sie sich von Euer Kayserlicher Majestät separiren und absonderlich accommodieren
wolten, darauff aber der effectus nicht erfolgt. Halten aber darfür, daß daran numehr
nicht zu zweiflen, weilen die vorigen denunciationes gemeiniglich conditionaliter
gewesen und wan ihro in einem oder dem andern gewillfahret worden, wider zurukh-
getrieben worden, die ietzige aber sine conditione und gar absolute sein. Mußten auch
vermerkhen, daß ihre churfürstliche durchlaucht gantz resolvirt, quocumque 〈proiec-
to〉 sich particulariter sich [!] zu accommodieren oder auch wohl einige versicherung,
solches bey denen feinden zue erhalten, haben mögen, in ansehung, sie die arma gantz
fallen lassen, keine werbung anstellen und, waz mehrers, dieienigen, so von newem
geworben, abdanken, einkhombenen avvisen nach zu befahren, auch einige conferentz
mit Euer Kayserlicher Majestät ministris und dem don Michael Salamanca wegen
anstaldt auf den nothfall notwendiger apparaten zue fortsetzung des krieges nicht
zulaßen wollen, welches alles starcke anzeigen, daß sie gentzlich resolvirt, sich auff
andere Wege zu salviren, wie sie dann auch de facto ihre zu der armistitiihandlung
verordneten commissarien befohlen, da man an seiten Euer Kayßerlicher Majestät nicht
alsobald daran wolte, wegen ihrer particularaccommodation zu tractiren etc. Bei so
gestalten sachen und da wissentlich, daß Euer Kaißerliche Majestät allein weder
offensive noch defensive ietz zur zeit subsistiren können, ist die frag, waz zue thuen,
undt diese frage in drei stuck getheilt worden. 1. Waß in puncto armistitii zue Ulm zue
handlen, 2. waß bey Churbayern zue negociiren, 3. waß für anstaldten 〈…〉 in Euer
Khaiserlicher Majestät erbkhönig- und landen zu machen. Betreffend die erste Frage raten
die dep. Räte dazu, einen politisch erfahrenen Ges. nach Ulm zu schicken.
obbenendter unser reichshoffrath, sich alsobaldt nach empfahung dieser unserer instruc-
tion und der darzue gehörigen creditif ohne einigen umbgang den rechten weeg nacher
Ulm begebe und, wan er sich vermittelst beygefügtem unßerm Kayßerlichen creditif
undt vollmacht gebührlich legitimirt, zuevorderist vernehmen, wie weit man in tractatu
simplicis cessationis armorum oder auch in dem armistizitractat selbst khommen, undt,
wan die simplex suspensio armorum ad breve tempus mit einschließung unserer waffen
sowohl im Reich alß in unsern erbkönigreich und landen von allen theilen geschloßen
und acceptirt were, alßdan zue dem tractat eines formalarmistitii schreiten, undt zwar,
soviel die limites betrifft, vorigen unsern instructionen also nachgehen, daß er entlich,
dafern nichts beßers zu erhalten wäre, sich begnüegen laße, daß ein ieder theil in den
quartiern undt örthen, die er anietzo innen hat, verbleibe; maßen ohnedas dieser gantzer
punct der discretion undt guetbefinden mehrermeltes unsers generalleutenandts
anheimbgestelt worden und annoch gestelt verbleibt.
Waß aber fürs ander die zeit undt frist, wie lang solches armistitium zue wehren, anlangt,
da sehen wir, daß des churfürsten in Bayern liebden annoch darauf bestehen undt wollen,
daß dieselbe biß auf die erfolgung eines universalfriedensschlueß solle extendirt werden.
Nun können aber wir unß mit seiner liebden diesfalß umb der beraits vor diesem
außgeführten ursachen willen nicht vergleichen, weilen nemblich ein solches armistitium
auf ein continuirliches ‚uti possidetis‘ degeneriren, secundo die friedenstractaten undt
waß dabey verhandlet, ganz alteriren, ia zerschlagen wurde, in ansehung, dieser status
denen feindtlichen cronen viel ein größern vortheil alß der friedt selbst einraumete, auß
welchem hernegst sie sich mit schließung eines friedens nicht selbsten wurden setzen und
also den frieden niemahlen schließen wollen, welches fürß dritte nicht allein die
fürnemblich interessirte theil, sondern auch die mediatores undt gesanten empfinden und
die schuldt der confundirten tractaten alle zeit auf diesen Ulmischen tractat
22–23 undt unß schieben wurden] Im Ga. folgt dazu (fol. 215): Gesezt auch man sagte, wan
schon der terminus der friedtstractat undt dessen schlueß wer, es wurde demnach bei
Euer Kayserlicher Majestät stehen, die friedenstractaten selbsten zue rumpiren undt also
den armistitiiterminum unterbrechen khinden, so wird aber opponirt, daß sich solches
sehr schwehr wurde thuen laßen 1. wegen des unglimpffs, so auff Euer Kayserlicher
Majestät fallen werde, wan sie der erste undt alleinige weren, so die fridtstractaten
aussezen thete, 2. propter dubios belli et rerum eventus, weilen die zeiten komben
möchten, da man wider eine apertur zum tractat wunschen und nicht so leicht erlangen
möchte, 3. weegen der chur-, fürsten und stendte des Reichß, welche zu solcher ruptur
entweder alle oder theilß derselben sich nicht so leicht verstehen und dahero anlaß, ad
partem für sich selbsten mit denen außwertigen cronen zue tractiren und ze schließen,
nehmen möchten, 4. das man Euer Khaiserlicher Majestät non observati armistitii
insimuliern mechte, indeme p〈…〉diert khönte werden, das der fridtstractat so langh
continuirte, solangh das Reich auch ohne Euer Majestät den tractat continuierte, undt
selbe mit Euer Majestät ruptur noch unabrumpirt, consequenter einzige hostilitet zue
brechen salva fide in ihrer macht nit were, 5. daß der terminus armistitii, wan derselbe,
wie es die Churbayrische wollen, biß auff erfolgenden fridenschlueß gesetzt werde,
durch die ruptur der tractaten nicht vor geendiget verstanden mechte werden, sondern
in seinem esse verpliebe und viel mehr verlengert werde, weilen man sich solchergestaldt
vom fridenschluss noch weiter eusserte. 6. Weilen es, wan es ie ad 〈…〉 Spanien
khomben thete, der cron Spanien umb so viel weniger for einzige separation khente
ausgedeut werden, wan es ad 〈…〉 als wan es ad pacis conclusionem 〈möge〉
geschehe.
schieben wurden, zuemahlen undt fürnemblich viertens, weil wißend, daß noch zue
Münster die veranlaßung so weit nicht, sondern allein dahin geschehen, daß ein
stillstandt nur auff drey oder vier monat solle verhandlet werden, und zwar allein zue
dem ende, daß die nahent beysamben stehende armaden nit aneinander kommen undt
hierdurch das ganze negotium pacis alterirt wurde. Wollen derowegen, daß unser
reichshofrath nochmahlß auf dem anfangs von allen theilen beliebten termino der drey
oder vier monat (salva tamen prorogatione einßen, da es vonnöthen sein wurde,
allermaßen vielbesagtem unserm generalleutenanten anheimb gestelt) beharre
4–5 und sich davon nicht bewegen laße] Im Ga. folgt (fol. 215’): Wan aber das gantze
armistitiiwerkh cum periculo exclusionis Caesaris daran hafften thete, das ehr entlich
sich dahin erkhlerte, das ehr ihn ein frist von 14 tagen zu einholung Khaiserlicher
resolution bedingte oder es auch eingienge salva ratificatione Caesarea 〈intra〉.
davon nicht bewegen laße.
Betreffend fürs dritte,
6 quinam in hoc armistitio includendi?] Im Ga. ist dazu angeführt (fol. 215’–220): Da
vermeinen die gehorsamsten rathe, daß billich dahin zue gehen, daß der könig in
Spanien, hertzog von Lothringen, Churmaintz, Cöln und Bayern wie auch Hessen
Darmbstadt in specie und in genere alle andere churfürsten, fürsten und stende des
Reichß darinnen begriffen werden. Und haltet man nicht darfür, daß es wegen
Churmaintz und -cöln, Hessen Darmbstatt absonderlich große difficultet haben werde,
wohl aber 〈…〉 wegen einschließung der cron Spanien, massen der herr churfürst es
schon zeigen thuet. Dahero in sonderbarer erwegung gezogen worden, im fall man
sonsten des armistitii mit beiden cronen auff 4 monat einig und es allein umb die ein-
oder ausschließung der cron Spanien zue thuen were, ob man den schluess mit Bayrn
sein lauff lassen und Euer Majestät sich derhalben selbst hiervon 〈sich〉 ausschliessen
solte. Nun consideriren hierbey die gehorsamsten rhett, das 1. Euer Kayserlicher
Majestät waffen ein so überschweren 〈…〉 last zu tragen ohne die Beyerischen undt
gegen den feindt zu stehen nicht bastant, sondern uff solichen fahl das feldt 〈…〉 vor
den feindt raumben miessen. Zu dem andern, das sie hierdurch alle remontier-,
quartierungs-, recrutierungs-, creditmitel uff einmal undt unfelbar verlieren, 3. wan der
Wittenbergh sich einerseits der helffte des 〈…〉 gegen Euer Majestät separirte armada
von 〈Churbayern〉 moviert, das man sich mit nix als mit der Tonau, undt weiss Gott
wie langh, schutzen khan, 4. das hierdurch der eusseriste schaden der cron Spanien
widerfart, dan die lender undt die armada wurden zugleich verlohren gehen. 5.
Hingegen so wirdt hierbey 〈Podensee〉 salviert, 6. Meylandt hatt hiebey khein gefahr,
dan die pass khinden mit wenig 100 man salviert werden. So hatt auch die cron
Schweden gegen Spanien khein feindtschafft, ist consequenter von selber dorthin sich
nix zu befürchten. Die wenige macht, so von Franzosen vorhanden, khan disorts nix
praestiren. 7. Wan sie auch wolten vor beede thuen, so khonten sie wegen khürtze der 4
monat disorts zu dergleichen impresa sich nit resolvieren undt in tempore wider in
Teutschlandt zue sein. 8. Ebensowenig khonten sie was tentirn gegen Unterpfaltz,
weniger gegen Niderlandt. 9. So sein die Khaiserische waffen ietz zur zeit zu considerie-
ren, das sie ohnedas dem feindt nix in wegh legen khinden, ehr gehe gegen Meylandt,
Pfaltz oder Niderlandt, consequenter so accidirt dem Spanischen interesse mit derglei-
chen stilstandt khein unglukh, dem sie ohnedas wegen schwacheit der Kayserlichen
waffen nit schon unterworfen sein. 10. Da man hingegen sich von dem armistitio mit
Beyern ausschliessen last, so wirdt zu allen ietzgedachten gefahren in praeiudicium der
cron Spanien diese hinzugesetzt, das sie nit allein allen ietzermelten gefahren exponiert
ist undt bleibt, sondern das sie darzu noch in der gefahr ist, das sie alle Euer Majestät nit
weniger vor Spanien dienende waffen auff einmal sambt den hinaussigen landen
verlieren khinden, mit welchem man dan vermeint, das allen obangeregten des herrn
Spanischen bottschafters allegirte rationibus uff einmal abgeholfen. Was aber anlangt,
daß er sonderlich anziehet, die praeteritio der cron Spanien von diesem stillstand wie
auch von der simplice cessatione armorum sey eine öfnung und anlaß fuer den feind,
desto stercker dahin zue gehen, daß derselbe auch von den friedenstractaten außgeschlo-
ßen und von Euer Kaiserlicher Majestät separirt werde, darauff, waz das erste membrum
betrifft, wird geantwortet, daß ab armistitio ad pacem, wan man anderst ihr Kayserlicher
majestät uffrechten intention trauen will, nix inferiert khinde werden, sonder vilmehr
die conservatio armorum 〈…〉. Es folge aber darauß das andere nicht, daß man sich
deßwegen separiren, weniger ohne ihr khönigliche majestät von Spanien den fridt
eingehen wolle. Vilmehr ist dieses das medium, das man zu dergleichen nit necessitirt
khinde werden. Es were aber dem abgesandten dieß sonderlich wohl anzuebefehlen, das
ehr in die praeterition der cron Spanien nicht willige, es wer dan sach, daß es auff ein
particularschlueß mit Bayern sicher undt unfelbar stuende und anderster ihr Khaiserli-
che majestät ihr undt ihrer waffen exclusion nit dimovieren khente. Die Räte halten es für
besser, diese Überlegungen zuerst, bevor sie Terranova erklärt werden, Carretto
Trauttmansdorff mitzuteilen, damit diese sie dem span. Kg. bzw. den span. Ges. in Münster
vorab erläutern können. Sie haben auch überlegt, ob der bayerische Kf. von Gebhardt
darüber informiert werden solle. Und rationes pro et contra fürkhomben; in contrarium
dises, das nichts anderes zue praesumieren, als daß der churfürst alßbald alles wurde
wissen wollen und deßwegen ihme, Gebhardten, zuesetzen laßt. Demselben nun zue
willfahren ist nicht rathsamb, weilen er alsobald reclamiren wurde. Solte man ihme aber
theilß der instruction, wie vonnothen, vorhalten, so wurde es nachderhand bei eröfnung
derselben noch großem unwillen verursachen. So wurde auch vor unrathsamb gehalten,
sich in dergleichen sachen ihrer churfürstlichen durchlaucht gar zue subiect zue machen,
wie nicht weniger zu besorgen, es möchte der von Gebhardt selbsten durch die
oppositiones der Churbayerischen räthe und ministren perplex gemacht werden, nextens
das auch die reyss des von Gebharth verweigert wurde. Pro sein diese rationes gewesen:
1. das der herr churfürst 〈mit disem〉 besser auch khönte ersucht werden, das er die
seinige instruirte, nihil sine commissariis Caesaris zu tractiren, weniger ohn Euer
Majestät wissen zue schliessen, 2. das ihm repraesentirt wurde, obschon nicht viel
verfangen mechte, wie leicht das gantze negotium pacis mit unzeitiger praecipitanz
disturbiert undt der herr churfürst weder zu dem armistitio noch Teutschland zu fridt
gelangen, 3. das ihm die rationes, warumb ad tempus der 4 monat zu sehen, repraesen-
tiert wurde, 5. [!] das ehr requirirt wurde, uffs neue mit den Khaiserlichen allen
vertreulichkheit zu brauchen den seinen zu befehlen, 6. das auch von Wasserburgh aus
Euer Khaiserliche Majestät alsobald ein mehrern 〈grund〉 undt nachricht selbiger
coniunction mecht haben undt dan Euer Mayestät heimbgestelt, was sie vor ein wegh
disorts apprehendiren.
verbleibens bey deme, waß unsere vorige instructiones außweisen, daß nicht allein in
genere alle chur-, fürsten undt stände des Reichs, sondern auch in specie Churmaintz,
-cölln und Hessen Darmbstadt wie auch des königs in Spanien liebden wegen des
Burgundischen crayß undt die Untere Pfalz darinnen eingeschloßen werden, auch dahin
zue laboriren, daß der status Mediolanensis und andere reichsvasallen
4–5 in Italien darinnen begriffen werden] Im Ga. folgt darauf (fol. 220, 219’–220): Die dep.
Räte zogen zudem noch in Erwägung, ob Gebhardt, wenn er die kurbayerische Separation
nicht verhindern könne, wenigstens die Überlassung der kurbayerischen Truppen an den Ks.
verhandeln solle, verwarfen dann aber diesen Gedanken. Außerdem legten sie dem Ks. nahe,
den bayerischen Kf.en noch einmal zu ersuchen, ne summam rerum adeoque se et suam
domum una cum religione praecipitet. Sollten sich die Waffenstillstandsverhandlungen
zerschlagen, könnte mit dem Kf.en aufs Neue über die Fortsetzung des Krieges konferiert
werden.
begriffen werden. Gebhardt soll uns, aber auch Trauttmansdorff und Gallas von seinen
Verhandlungen berichten.