Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Sein schreiben von dem 23. passato hab ich zurecht erhalten und darauß ersehen, daß
er daß mein, darinen ich ihme den statum praesentem nostrarum miseriarum beschri-
ben, auß hinderung anderer occupationen, bevorab der handlung, so er mit den
Hungarn obhannden, nicht beantworthen kan, so auch nicht vonnöthen, dan ich diß
alles nicht schreibe, antworth darauf zu haben, sondern nur reflection auf ewere miserias
zu erweckhen, welche, wan sie solte erhalten können werden, die remedia befürderen
wurde, selbige aber mir zu genuegsamber antworth und contento geraichen, weiln sie
ihrer und unßerem undergang dardurch vorkohmen undt deme abhelfen theten.
Dißmahl ist zu communiciren, waß der herr graff von Trautmanstorff dem Dr. Krebsen
gesagt, so die beylag zaigt. Darauf muß ich nothwendig erinneren: Primo, daß meinem
genädigsten herren hertzlich laydt ist, daß er ad ista extrema nunmehr reducirt worden,
daß ihme pro salvatione propria nichts mehr alß dieße particulartractaten übrig, und er
umb eür und deß Reichß willen dießem werckh solang zugesehen, biß er gantz
untüchtig worden und also sich anderer discretion gleichsamb underwerffen muß, da er
zu zeitten, da seine waffen besßer florirt, hette können mit ehr, reputation und vortl von
dem krieg desistiren und anderen, die damit zugrundt gehen wollen, zusehen. Secundo,
daß zu wünschen wehre, ihr hettet die consilia pacis zu rechter zeith ergriffen undt nicht
zugewartet, biß der feindt alle craiß eüch entzogen, alle mitl benohmen und gleichsamb
in die erblandt eingeschlossen, auß welchen ihr nun den krieg führen müsßt. Wie lang
aber dießes tawren wirdt, daß waiß Gott; mit waß für nutz, werden die effectus zaigen.
Tertio, daß eüch auß sorg, den Spanniern disgusto zu erweckhen, lieber gewest, selbigen
consiliis zu adhaeriren alß den redlichen Teütschen, mit dem vinculo sanguinis und
Germana sinceritate becräfftigten erinnerungen statt zu geben, und nie erkhent, daß die
Spannische consilia nie angesehen geweßt, daß Reich oder eüch in particulari zu
salviren, sonder nur für ein medium und instrumentum dienen solten, ihr öffters
verderbte und verwahrloßte oeconomiam zu redressiren, es möge dabey dem Reich in
particulari gehn, wie es wolle. Quarto, daß nicht erkhennt, daß weder volckh noch geht,
weder proviant noch munition, weder genuegsambe quartir noch underhalt, weder capi
noch die condota bey der militia ewerseits weiter zu erheben, daß aber respect den
generalen im feldt und dem Khayser in seinem thron von der soldatesca entzogen und
verlohren gangen. Ewere landen haben erfahren, waß die soldatesca für muthwillen zu
treiben sich ohne hinderung undernehmen dörffen, daß Reich, waß man sich auf selbige
in casu necessitatis und da man an den feindt gehen sollen, zu verlassen, also daß ewer
armada nunmehr von geraumer zeith mehr ewer und anderer getrewer patrioten und
reichßständ landen ruinirt, feindtlich verfolgt und außgeraubt alß die feindt. Auß
welchem 5. erfolgt, daß nicht allein bey Nidda
Vgl. [nr. 124 Anm. 3] .
mäniglichen ins verderben undt den Khayßerischen scepter selbsten periclitiren macht,
sonder dem feindt zeith und weil gelassen, biß er in dieße landen ohne aintzige
hinderung eingebrochen undt einen vesten fueß gesetzt, und ob gleichwohlen ewer
völckher endtlichen deme auch nachgangen und meinen herren zu schützen sich
vernehmen lasßen, so ist doch solcher schutz unß soviel unnutz kohmen, alß euch
zuguthen kohmen wirdt, wan ihr eüch under Türckhische protection ergeben werdet,
welches ich gleichwol nur für ein rodomontada halte und wohl waiß, daß ihr so
khindisch nicht sein und eüch selbst sub iugum geben werdet, wohl aber mich
verwunder, daß ihr uns für so khindisch halt und glaubt, daß unß dieser braite worth
schreckhen werden, sachen zu underlassen, die wir nicht per capriccio, sonder per
necessitá, nicht auß disgusto, sonder pro salvatione propria an handt nehmen müssen.
Undt möcht daß erste wohl wissen, wan ein Römischer khayser, umb willen daß ein
hertzog in Bayern lenger nicht im krieg bleiben khan, ungeacht er seine erbkönigreich
und landen meistentheils noch in salvo hatt, der Spannischen assistenz, auf welche man
meniglich vertröstet, nach seinem favor, die ständt deß Reichß zu guthem theill zu
seinem willen, also, wie mann es anderen vorbildt, noch mitl genug hatt zu der
erforderten resistenz, gleichwohl will desperata consilia fassen, sich zu den Schweden
und protestirenden schlagen, ia deß Türckhen tributarius werden, umb seine protection
zu erhalten, wer meinen gnädigsten herren mit fueg wird verdenckhen khinden, wann
er, aller hülff und assistenz destituirt, mit deß feindts völckher in und außer landts an
den confinen umbgeben, von der Kayserlichen armada auf den eüßersten grad anstatt
verhoffter verthädigung außgesegert, aller benachbarten kraißbeytrag durch den feindt
entsetzt, aller mitlen beraubt, nachdem er seinen leib, seine cräfften, seinen vorrath,
seine landt und leüth, sein credit dem Khayßer und Heiligem Reich zu diensten biß auff
den letsten heller aufgesetzt und doch nichts mehr in 28 jahren alß seinen undergang
erworben, sich endtlich gleichwohlen in eines catholischen königs, der fast über daß
gantze Reich triumphirt, deme niehmandt mehr zu resistiren vermag, protection so weit
gibt, daß er seines völligen undergangs dergestalt, weil kein anders mitl mehr vorhan-
den, sich versichert.
Ich find endtlichen weder in der Guldenen Bull noch in der churfürstlichen verein, noch
in demiehnigen iurament, welches mein gnädigster herr einem Römischen khayßer und
dem Reich gethan, daß er schuldig sey, sich, die seinigen und seine landen für daz Reich
oder den khayßer zu sacrificiren. Ich find khein chur-, fürsten und stand deß Reichs, der
bey dem gemeinen wesen dieße betrübte zeiten mehrers gethan alß mein gnädigster
herr. Also main ich auch, eß seye keinem mehrers zu gunnen, daß er sich endtlich salvire
alß dem, der pro salvatione aliorum alles und meistentheills durch dieselbsten verlohren,
die hetten sollen danckhbar sein und die beneficia erkhennen. Man mißgunt ihrer
churfürstlichen durchlaucht ihr aigne salvation, die nur ein armes Bayerland haben, und
hatt bedenckhen, daß gantze Römische Reich mitls einer bar thaler fürstenthumben
Schlesien zu salviren, vergibt ehe Gott und der khirchen daß seinige, alß daß man sich
reflectiren thete, für wen und zu wessen conservation der krieg geführt wirdt, und
dahero de proprio die liberalitet mit verantwortung excerciren thete, die man ex alieno
corio larga manu profundirt.
Dießes alles, herr bruder, schreibe ich nicht, ewere actiones zu dadlen oder mich anderer
händl anzunehmen, sonder aintzig unnd allein in etwaß zu entwerffen, wie unbillich ihr
unß thüet, wan ihr unß unßer salvation mißdeüten und mißgönnen wollt, die ihr unß
rebus sic stantibus viel mehr rathen, dazu helffen und dergestalt danckhbar sein sollet.
Ich bin versichert, wan ihr hertzog auß Bayern und wir an ewer statt weren, ihr würdet
nicht viel in casu tam extremo nach ander leüth contradiction fragen, weil ihr eüch
dermahlen wollet zu dem Türckhischen joch bekhennen, da ihr noch voller mitlen zu
fortsetzung deß kriegs seyt. Sollt ihr aber gleich wir auffgezehrt haben, so thuet ihr eüch
ein torto, daß ihr eüch versaumbt, unß aber noch ein größern, daß ihr unß mit schönen
worten, mit lehren versprechen und mit unnöthigen trohungen wollet machen, neben
euch zu grundt gehen.