Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

28
Auf die ksl. Weisung vom 2. November 1646

35
Ausf.: RK FrA Fasz. 51b fol. 29–30 – Kopie: Giessen 208 nr. 8 p. 23–25 – Konzept: RK
36
FrA Fasz. 51b fol. 28–28’.
. Verweis auf das beiliegende
29
Protokoll. Es ist auch der Churbrandeburgischer gesandter graff von Witgen-
30
stein bey unß gewest, sich sehr wieder den Oxenstern beschwehrt, daß
31
derselb die anerbottene particulartractaten wegen Pommern unterm für-
32
wandt, ob sölte der Churbrandeburgischer gewaldt nit gnugsamb sein,

[p. 238] [scan. 314]


1
außschlage und doch nur zwo schlechte ursachen fürzuschützen wüste: 1.
2
daß die expeditio in Teütscher sprach gefertigt, 2. die clausula hineingerückt,
3
daß ire churfürstliche durchlauchtt pro bono pacis und auß affection gegen
4
die cron Schweeden zu solchen particulartractaten wehren bewogen worden.
5
Und obzwar sich die Churbrandeburgischen erclehrt, die umbfertigung in
6
Lateinischer sprach mit außlaßung angedeüteter clausula zu handen zu
7
bringen, so wölte sich doch der Oxenstern zu nichts bewegen laßen.
8
Derwegen er, graff von Witgenstein, gemeint seie, eine reiß zum churfürsten
9
zu thuen, umb denselben von allem zu berichten. Seinem gnädigsten churfür-
10
sten und hern würde zu nahe getretten; man wölle demselben halb Pommern
11
nhemmen und doch khein aequivalens verschaffen. Halberstatt allein seie
12
dhagegen zu weinig. Der duca de Longaville habe benebens vom ertzstifft
13
Magdeburg und einer million thaler gesagt; ließe sich noch hören. Weiln aber
14
sölcher vorschlag von denen Kaiserischen nit herkomme, seie khein funda-
15
ment darauf zu machen.

16
Nos: Könten es ihme, graven, wol sagen, daß die consilia beym gegentheil auf
17
diese alternatiff hinauslieffen, der cron Schweeden entweder halb Pommern
18
cum consensu electoris oder auf verweigerten consens alles, waß sie innenha-
19
ben, zu behalten zuzulaßen. Dhagegen würde irer churfürstlichen durch-
20
lauchtt auf erfolgenden consens Halberstatt, nach inhalt des instrumenti
21
pacis

34
Vgl. das IPOk vom [8. Mai 1646] (Druck: Meiern, APW III S. 66–73 ).
, abgetretten werden, und darin bestehe substantia rei. Dhawieder der
22
graff von Witgenstein allerhandt erinnerung gethaen, daß man den Schweedi-
23
schen nit zuviel deferirn wölte, es würde sein gnädigster herr der churfürst
24
auch noch beystandt finden; der seie itzo in den Hagen in Hollandt

35
Kf. Friedrich Wilhelm I. war am 13./23. November 1646 in Den Haag eingetroffen, um die
36
Anfang Oktober 1646 beschlossene Heirat mit Louise Henriette von Oranien (1627–1667) am
37
27. November/7. Dezember 1646 zu vollziehen ( Opgenoorth I S. 160–162).
. Die
25
benachbarten könige und potentaten würden es nit zugeben, daß der cron
26
Schweeden ein so mächtiges landt auß reichsboden sölte uberlaßen werden.
27
Der könig in Polen habe durch seinen residenten bey ihnen, Churbrandebur-
28
gischen, protestirn und ein memorial, dhavon er unß beykommende
29
abschrifft mitgetheilt, ubergeben laßen. Das werck laße sich ie lenger, ie
30
schwehrer ansehen, die ruptur dieser tractaten seie fürhanden. Er, graff, wölle
31
sehen, wie sich von dieser commission möege ledig machen und den degen
32
wieder anhencken. Besorge auch, sein gnädigster herr und Pfaltz Neüburg
33
dörfften aneinander wachßen

38
Pgf. Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578–1653); 1613 zum kath. Glauben konver-
39
tiert; 1614 Pgf. ( ADB XLIV S. 87–116 ). – Im Streit um die Erbschaft der Hgt.er Jülich,
40
Kleve und Berg leitete Pgf. Wolfgang Wilhelm seinen Anspruch aus der 1574 geschlossenen Ehe
41
seines Vaters, Pgf. Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (1547–1614; 1569 Hg.), mit seiner
42
Mutter Anna (1552–1632), der Schwester des letzten Hg.s von Jülich-Kleve-Berg, Johann
43
Wilhelm (1562–1609; 1592 Hg.), ab ( Hassel S. 113–137). (Zu den kurbg. Ansprüchen vgl.
44
[nr. 18 Anm. 5] .) Die Auseinandersetzung wurde 1613 durch den Glaubenswechsel von Pgf.
31
Wolfgang Wilhelm und Kf. Johann Sigismund von Brandenburg (1572–1619; 1608 Kf.)
32
verschärft. Weder der Dortmunder Vergleich vom 31. Mai/10. Juni 1609 (Regest: Moerner
33
nr. 13 S. 43–45) noch der Xantener Vergleich vom 2./12. November 1614 (Regest: Ebenda
34
nr. 30 S. 67–71; Druck: DuMont V.2 S. 259–261), noch der Düsseldorfer Provisional-
35
Teilungsvergleich vom 14./24. Mai 1624 (Regest: Moerner nr. 44 S. 86–92) oder der
36
Vergleich vom 9./19. März 1629 (Regest: Ebenda nr. 49 S. 97–99) hatten eine Einigung
37
herbeiführen können ( Schmidt).
: Der churfürst habe seine bey sich gehabte

[p. 239] [scan. 315]


1
reüterey im landt von Berge logirn laßen, würde Pfaltz Neüburg nit gefallen.
2
Die compositionshandtlung zu Münster wölle auch nit vonstatten gehen, und
3
sehe er ein großes fewer, alß wol zuvor niemaln im Römischen Reich gewest,
4
aufgehen. Ersucht unß, irer churfürstlichen durchlauchtt sachen in bester
5
obacht zu halten.

6
Es haben aber gestern sämbtliche Churbrandeburgischen gesandten, indeme
7
wir zum Oxenstern fahren wollen, durch ihren secretarium

38
Wahrscheinlich Paul Chemnitz ( UA I S. 788; UA IV S. 408; APW II C 3 S. 73 Anm. 3).
mir, dem graven
8
von Lamberg, andeüten laßen, sie vernhemen, daß wir zum Oxenstern fahren
9
und etwoh den punctum satisfactionis abhandtlen wolten; laßen unß ersu-
10
chen und bitten, bey selbiger sach also zu verfahren, dhamit mans hernegst
11
gegen chur-, fürsten und stendte des Reichs möege zu verantworten haben.
12
Ich, der graff von Lamberg, habe geantwortet, daß sich die Churbrandeburgi-
13
sche darauf zu verlaßen, daß wir nichts, warauf wir nit instruirt sein, seithero
14
gethan oder vorgenomben, auch forthan nit thuen oder vornhemen werden.

Documents