Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

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Hatt mich, den graven von Lamberg, der Frantzösischer resident de la Courte
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heimbgesucht, nach abgelegten complimenten mehrentheils in dem discursu zugebracht,
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daß es nötig seie, friede zu machen, weiln der Türck zu sehr herfürbreche und der
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gantzen christenheit gar zu große gefahr zugezogen würde. Der hette itzo Sebenico

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Šibenik (Sebenico); Hafenstadt in Dalmatien (Republik Venedig) an der Mündung der Krka
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ins Adriatische Meer. Erst während des Sommers 1647 versuchten türkische Truppen diese
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wichtige Hafenfestung zu erobern, hatten aber keinen Erfolg ( Zinkeisen IV S. 773;
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Eickhoff S. 90–92).

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belägert und dörffte wol gantz Dalmatien hinwegnhemmen. Er, resident, und alle
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Frantzösische ministri, unangesehen des großen glücks, so die cron Franckreich im
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krieg hette, indeme einen ort nach dem andern eroberte, auch noch unlengst Piumbino
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sambt dem porto Longone in Italia hinweggenhommen hette

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Die frz. Armee unter Charles de La Porte marquis (später duc) de La Meilleraie (1602–1664;
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1639 maréchal de France) und César duc de Choiseul sieur du Plessis-Praslin (1598–1675;
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1645 maréchal de France) hatte am 8. und 11. Oktober 1646 Stadt und Zitadelle von
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Piombino (Stadt gegenüber der Insel Elba auf dem it. Festland im gleichnamigen Ft.) und am
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29. Oktober 1646 Porto Longone (Ort auf der Insel Elba, zum span. stato dei presidii
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gehörig) erobert ( Chéruel II S. 293–299).
, verlangten nichts höhers
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alß den frieden. Der duca d’Angien

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Louis II François de Bourbon duc d’Enghien (1621–1686); 1646 4. Pz. von Condé; Pz. von
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Geblüt, gen. „der Große Condé“; frz. General und Feldherr ( GDEL III S. 2488–2489, 2902).
wünsche nur, die gelegenheit zu haben, in Ungarn
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wieder den Türcken zu kriegen. Man müße das werck also befordern, dhamit man noch
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füren Januario zum Schluß komme, sönsten würden die consilia hernacher auf einrich-
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tung der khünfftigen campagnia gerichtet und bey diesen tractaten weenig fruchts
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geschafft werden. Waß er zu beforderung solches algemeinnützigen wercks mit würde
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beytragen können, daran wölte er keine mühe noch arbeit erspahren, maßen er denen
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Schwedischen steits anlige, dhamit sich in puncto satisfactionis erclehren wölten. Hette
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auch noch gestern den Oxenstern deswegen angeredt und seie er, resident, willens
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gewest, nacher Münster zu verreisen, weiln der Salvius schon dhahin seie, habe aber bey
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dem Oxenstern noch kheine völlige resolution wegen deßen abreiß vermercken können.

[p. 202] [scan. 278]


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Der hette auch allererst den Schweedischen secretarium Mylonium nacher Münster
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abgeordtnet, und scheine, daß er deßen wiederkhombst zuvor erwarte. Derentwegen
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thete er, resident, seine reiß auch noch biß dhahin, daß der Oxenstern vortreise,
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suspendirn, vornhemblich der ursachen halben, dhamit er auf allen fall, wan etwoh
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durch ihne noch waß nützlichs alhie gerichtet werden möegte, gegenwertig möege
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gefunden werden. Es seie die cron Franckreich mit Kaiserlicher mayestätt und dem
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Reich schon allerdings vergliechen; die Schweeden würden sich entlich auch bequemben
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und nit allein fechten wöllen. Ich habe geantwortet, daß es wol zu verhoffen, daß sich
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die Schweedische entlich würden bequemen müeßen, wan nur die cron Franckreich
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denselben auf fall der nit-bequemung von einer Separation würde zu verstehen geben.

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Warauf aber der resident nichts geantwortet, sondern den punctum gravaminum
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berührt, mit vermelden, daß er selbigen punctum fürnhemblich auf 2 difficulte[te]n
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hinauszulauffen vermercke: 1. circa res iudicatas ab anno 1624; 2. circa autonomiam in
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der religion. Das erste postulatum halte er für unbillich, sönderlich daß dieienige urtheil,
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so beym Kayserlichen reichshofrath oder in camera Imperiali cum causae cognitione
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erörtert, wieder sölten cassirt werden. Das ander, obszwar waß schwehr falle, würde
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müeßen mit einem temperamento vermittelt werden. Müste ie auch die cron Franck-
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reich die Hugenotten gedülden und hette dern noch drey in ihren kriegsdiensten, den
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marschal de la Tourain, den Gassion

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Jean de Gassion (1609–1647); calv.; 1643 maréchal de France und conseiller d’État (DBF
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XV Sp. 627–628).
und marschal de la Force

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Jacques Nompar de Caumont duc de la Force (1558–1652); calv.; 1622 maréchal de France
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(NBG XXVIII Sp. 792–796).
, obzwar sönsten
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dieselbe zu kheinen andern officiis zu hoff oder im landt gezogen würden.

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Ego replicui: Es seye ein großer unterschiedt zwischen Franckreich und dem Römischen
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Reich: In Franckreich seie der könig allein absolut, habe die Hugenotten under seinen
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gewaldt, alle vestungen in handen. In Teutschlandt sehe man, wie die ketzerey
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praevalire, und wan Ewer Mayestät nur auch in dero erblanden das exercitium
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acatholicum zugeben solten, würde innerhalb 40 oder 50 jahren von der catholischen
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religion in Teutschlandt nit mehr ubrig, auch die cron Franckreich für überfall der
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Calvinisten nit sicher sein. Ille: Die gefahr seie ihnen genugsamb bekandt, darumb
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müeße man friede machen. Ist dhamit abgeschieden.

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