Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
5. Interkonfessionelle Separatverhandlungen
Am 29. Januar 1648 fand die vorerst letzte Verhandlungsrunde zwischen Kaiserlichen und Schweden in Osnabrück statt
. In den folgenden Tagen verhinderten die Abschiedsbesuche Longuevilles, die Herausgabe der katholischen Gegenerklärung zu den protestantischen
Declarationes ultimae sowie eine vorzeitig abgebrochene Reise Oxenstiernas nach Münster das Zustandekommen einer weiteren kaiserlich-schwedischen
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Konferenz
Vgl.
[Nr. 109] und
[113] . Die kath.
Rst.
übergaben ihre
Declarationes ultimae am 2. Februar 1648 den Ksl., welche sie am folgenden Tag den prot.
Rst.
n aushändigten.
. Zwölf Wochen waren inzwischen seit der Ankunft Volmars in Osnabrück vergangen, ohne daß Kaiserliche und Schweden relevante Fortschritte auf dem Weg zum Friedensschluß vorweisen konnten. Lam-berg, Krane und Volmar hielten den neuen Gesamtentwurf, zu dessen Herausgabe sie durch die ihnen nunmehr vorliegende Weisung vom 24. Januar 1648 ermächtigt waren, jedoch noch zurück, um zunächst eine Er-klärung der Protestanten zu den
Declarationes ultimae der katholischen Reichsstände vom 2. Februar abzuwarten
Vgl.
[Nr. 113] . Das Risiko für die Herausgabe des neuen Gesamtentwurfs wurde auch in der Relation vom 30. Januar 1648 als zu groß eingestuft (vgl.
[Nr. 104] ). Die Weisung vom 24. Januar 1648 lag den ksl.
Ges.
in Osnabrück erst am 5. Februar vor.
.
Eine kleine Gruppe Reichsstände beider Konfessionen begann dagegen bald nach dem Erhalt der katholischen
Declarationes ultimae am 3. Februar 1648 mit der geheimen Vorbereitung von Separatverhandlungen – zu hoffnungslos erschien ihnen in Anbetracht der katholischen Er-klärung die Aussicht auf eine Einigung zwischen den beiden Konfessions-parteien unter Einschluß der katholischen Maximalisten
Zu den Vorbereitungen der interkonfessionellen Separatverhandlungen vgl.
Dickmann, 458, sowie die auf Akten prot. Provenienz beruhende Darstellung in
Meiern IV, 931
–944. Zur Darstellung der Vorgänge aus Sicht der ksl.
Ges.
vgl. grundlegend die Relation vom 10. Februar 1648 (
[Nr. 118] ) sowie das Schreiben Volmars an Trauttmansdorff vom selben Tag (
[Nr. 119] ). – Die treibende Kraft hinter den rst. Aktivitäten war nach Dar-stellung Volmars der würzburgische
Ges.
Vorburg. Dieser habe den Mainzer Kf.en Johann Philipp von Schönborn mit der Behauptung, die Ksl. würden die Friedensver-handlungen zugunsten Spaniens verschleppen, dazu gebracht, ihn zu geheimen Verhand-lungen mit ausgewählten prot.
Rst.
n zu ermächtigen. Den Protokollen bei
Meiern zu-folge setzte sich auf prot. Seite auch der kursächsische
Ges.
Leuber stark für das Zustan-dekommen der Geheimkonferenzen ein.
. Die kaiser-lichen Gesandten erhielten kurz vor dem Zustandekommen der ersten
geheimen conferentz
Kenntnis von den reichsständischen Bestrebun-gen, und sahen, um diese zu unterbinden und die Verhandlungsführung nicht aus der Hand zu geben, keinen anderen Ausweg, als am 8. Februar 1648 unverzüglich einen Teil ihres neuen, sechsten Gesamtentwurfs herauszugeben. Dieser umfaßte die ersten fünf Artikel des Vertragsent-wurfs und damit die für die Reichsstände relevanten Punkte der Amnestie und des Reichsreligionsrechts
Vgl.
[Nr. 89 Anm. 10] und Nr.
[118 Anm. 9] ;
May, 484f;
Schneider, 392ff. Die Beschrän-kung auf die ersten fünf Artikel des Gesamtentwurfs entsprang einer Empfehlung der
Ges.
von Kurmainz und Kurbayern (vgl.
[Nr. 118] ).
. Dessen ungeachtet fanden am gleichen Tag zwei der geplanten interkonfessionellen Konferenzen in Osnabrück statt, an denen sich Gesandte der Reichsstände Kursachsen, Kurbranden-burg, Sachsen-Altenburg, Braunschweig-Lüneburg, Reichsstadt Straß-
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burg, Kurmainz, Kurtrier, Kurbayern, Würzburg und Bamberg betei-ligten
.
Die beiden Konferenzen am Vor- bzw. Nachmittag des 8. Februar 1648 blieben zunächst die einzigen ihrer Art. Nichtsdestotrotz war das Miß-trauensvotum der Reichsstände an die Adresse der kaiserlichen und schwedischen Gesandten nachhaltig. Der schwedischen Verhandlungsfüh-rung im Winter 1647/48 hatten die Reichsstände entnehmen müssen, daß sie der Erfüllung ihrer eigenen Hauptforderungen Priorität gegenüber einer Einigung über die Amnestie und das Reichsreligionsrecht einräumte. Die Erklärungen der katholischen Reichsstände, an denen die Kaiserlichen ihre Verhandlungsführung bis Anfang Februar 1648 ausrichteten, hatten gezeigt, daß die Maximalisten zu keiner konsensfähigen Haltung zu be-wegen waren. Die aus diesen Rahmenbedingungen folgende Bilanz des Stillstands quittierte die genannte Gruppe bedeutender Reichsstände bei-der Konfessionen
Dickmann, 443–446 und
Albrecht, Maximilian I., 1046, bezeichnen die überkonfessio-nelle, reichsständische Gruppierung als „dritte Partei“; vgl. auch
APW
[III A 3/5, XLV Anm. 13.]
mit einer eigenen Verhandlungsinitiative, der die kai-serlichen wie die schwedischen Gesandten in der Zukunft Rechnung tra-gen mußten. Das Mitwirken einer am politischen Ziel eines vorbehaltlos schnellen Friedens orientierten reichsständischen Partei, die sich vor dem Hintergrund des faktischen Scheiterns der Verhandlungen im Winter 1647/48 gefunden hatte, wurde zu einer Grundkomponente der letzten Verhandlungsmonate bis zum Friedensschluß im Oktober 1648.