Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
4. Versuch einer Übereinkunft mit den Reichsständen
Erster Ansprechpartner der Kaiserlichen waren, wie bereits im November und Dezember 1647, die Gesandten der katholischen Kurfürsten, die jedoch keine klare Bereitschaft zur Unterstützung der kaiserlichen Ziele signalisierten. Bereits am 11. Januar 1648 sondierten Lamberg, Krane und Volmar bei ihnen, wie sie zu einem Vorgriff auf der Grundlage eines im kaiserlichen Sinne geänderten Trauttmansdorffianums stünden. Die Gesandten erklärten für den (in der Praxis nicht anzunehmenden) Fall, daß Schweden und Protestanten den kaiserlichen Änderungswünschen zu-stimmen würden, einen Vorgriff gegenüber den katholischen Maxima-listen nur gemeinsam mit den Schweden und Protestanten militärisch durchsetzen zu wollen. Und auch für den (wahrscheinlichen) Fall, daß die Schweden die kaiserlichen Änderungswünsche ablehnen würden, blieb eine verbindliche Aussage aus: Die kaiserlichen Gesandten sollten dann
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zunächst die Haltung der protestantischen Reichsstände vernehmen und die kurfürstlichen Gesandten so lange mit diesem Szenario verschonen
. Vor diesem Hintergrund verfaßte Volmar Mitte Januar 1648 einen neuen kaiserlichen Gesamtentwurf für einen Friedensvertrag mit Schweden auf der Grundlage der Änderungsbestimmungen in der Hauptinstruktion. Dieser Entwurf blieb bis auf weiteres intern, da Volmar die Zustimmung der protestantischen Reichsstände zunächst in Gesprächen mit den Ge-sandten Kursachsens, Kurbrandenburgs sowie der Herzöge von Braun-schweig-Lüneburg absichern wollte
. Die kaiserliche Seite sah bei den genannten Reichsständen folglich die günstigsten Ansatzpunkte, um die Gesamtheit der protestantischen Reichsstände in ihrem Sinne zu beein-flussen.
Um so verhängnisvoller war es für eine erfolgreiche Verhandlungsführung der kaiserlichen Gesandten in Osnabrück, daß die Sondierungen bei den Gesandten der beiden protestantischen Kurfürsten so lange in einer Sack-gasse steckten, bis die Missionen Schröders und Blumenthals an die kur-fürstlichen Höfe einen Abschluß gefunden hatten
Die
Ges.
der beiden prot. Kf.en entschuldigten sich gegenüber den Ksl., über die ksl. Än-derungswünsche am Trauttmansdorffianum noch nicht instruiert zu sein (vgl. Nr. 88, 92). Auch die ksl. Räte in Prag rieten, zunächst das Ergebnis der Verhandlungen Schröders bei Kf. Johann Georg von Sachsen abzuwarten (
Ga.
zur Weisung vom 18. Januar 1648, d.i.
[Nr. 91] ).
. Da Blumenthal die Reise an den Hof Kurfürst Friedrich Wilhelms wie gezeigt gar nicht erst antrat
Vgl.
[ S. LXVf] . Die
Ges.
erhielten die Nachricht von der Unterbrechung der Mission Blu-menthals am 9. Februar 1648 (vgl.
[ Nr. 103] ).
, hing das Wohl und Wehe der kaiserlichen Gesandten von einem schnellen Erfolg Schröders bei Kursachsen ab, weil ohne eine entspre-chende kurfürstliche Weisung die notwendige Unterstützung für die kai-serlichen Änderungswünsche am Friedensentwurf durch den kursächsi-schen Gesandten Leuber nicht zu erlangen war. Erschwerend kam hinzu, daß Leuber ohne eine entsprechende Weisung die kaiserlichen Änderungs-bestrebungen in keiner Weise unterstützte, sondern offenbar im Rahmen seiner Möglichkeiten versuchte, diese zu hintertreiben. Volmar bilanzierte Anfang Februar, daß Leuber seinen Befehlen nicht nachkomme und offensichtlich der schwedenfreundlichen Partei unter den protestantischen Reichsständen anhänge
Vgl.
[Nr. 100] ; dazu auch
[Nr. 113] , wo es darum geht, daß Leuber den Weisungen Kf. Johann Georgs offenbar nur verspätet und dann nicht in vollem Umfang nachkomme. Leuber war wohl auch maßgeblich an der Verfassung der prot.
Rationes, warum die be-reits verglichenen Punkte des Friedensvertrags nicht mehr verhandelt werden sollten, be-teiligt (vgl.
[Nr. 97 Anm. 7] ). Darüber hinaus machte er sich mit der Forderung nach grö-ßerer Autonomie für die AC-Verwandten in den ksl. Erblanden und bes. Schlesien am Ks.hof unbeliebt (vgl. die
Ga.
zu
[Nr. 97] ; die ksl. Räte attestierten Leuber, fortwährend
böße officia zu leisten).
.
[p. LXXVIII]
[scan. 78]
Immerhin gelang es den kaiserlichen Gesandten, die protestantischen Reichsstände gegen den Widerstand der schwedischen Gesandten
Die schwed.
Ges.
waren bestrebt, direkte Verhandlungen der prot.
Ges.
mit den Ksl. zu unterbinden (vgl.
[Nr. 78] ,
[ 88] ). Volmar berichtete, daß viele prot.
Rst.
mit der schwed. Verhandlungsführung unzufrieden seien, sich aber nicht trauten, eigenständig die Initia-tive zu ergreifen und mit den Ksl. zu verhandeln (
[vgl. Nr. 100] ).
zu einer schriftlichen Erklärung zur Amnestie und zum Reichsreligionsrecht zu bringen – den
Declarationes ultimae der protestantischen Reichsstände, welche diese den Kaiserlichen und den Katholischen am 21. Januar 1648 übergaben
Vgl.
[Nr. 96] , dort auch zum folgenden; zum Inhalt vgl.
May,
484;
Schneider,
387ff.
. Ihre Erklärung war allerdings nicht dazu angetan, die Zu-versicht der kaiserlichen Gesandten in eine Unterstützung ihrer Ände-rungswünsche durch die protestantischen Reichsstände zu mehren. Lam-berg, Krane und Volmar stellten im Gegenteil ernüchtert fest, daß auf der Grundlage der protestantischen Erklärung das Scheitern einer Eini-gung auch mit den Protestanten absehbar sei. Indem nun wiederum die katholischen Reichsstände eine Erklärung zu den protestantischen
Decla-rationes ultimae abgaben
Declarationes ultimae
der kath.
Rst.
vom 2. Februar 1648 (vgl.
[Beilage [1] zu Nr. 109] ;
May,
484;
Schneider,
390ff). Der kurmainzische
Ges.
Vorburg behauptete ggb. Leuber, die ksl.
Ges.
hätten die kath.
Declarationes ultimae
selbst verfaßt und ursprünglich ent-haltene Zugeständnisse wieder gestrichen (vgl.
Meiern
IV, 932
li. Spalte).
, war es den Kaiserlichen zwar gelungen, die beiden Konfessionsparteien unmittelbarer in die Verhandlungen mit ein-zubeziehen, eine erfolgversprechende inhaltliche Annäherung blieb hier-durch jedoch ebenfalls aus.
Dementsprechend führten auch die Verhandlungen mit den schwedischen Gesandten zu keinen nennenswerten Fortschritten mehr – sofern sie denn überhaupt noch stattfanden. Zwischen dem 14. und dem 22. Januar 1648 wurde die Fortsetzung der Konferenzen mehrfach verschoben
. Nach der Aushändigung der protestantischen
Declarationes ultimae trafen sich Kaiserliche und Schweden noch weitere drei Mal, ohne dabei die Differen-zen in zentralen Punkten, wie der Amnestie in den kaiserlichen Erb-landen, überwinden zu können
Die drei Konferenzen fanden am 22., 26. und 29. Januar 1648 statt (vgl.
[ Nr. 96] ,
[ 99] ,
[ 104] ).
. Da die kaiserlichen Gesandten bis zum Ende des Monats von keiner relevanten Seite eine konkrete Zusage zur Unterstützung der kaiserlichen Änderungsbestrebungen am Trautt-mansdorffianum erlangen konnten, endeten ihre Bemühungen zunächst in einer Sackgasse.
Die Weisungen des Kaiserhofs begleiteten die Verhandlungsführung der kaiserlichen Gesandten in der zweiten Januarhälfte zunächst auf dem durch die Hauptinstruktion vorgegebenen Weg. Ferdinand III. be-schränkte sich darauf, eine umfassende Erklärung der schwedischen
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Gesandten zu den kaiserlichen Kompromißvorschlägen aus der zweiten Dezemberhälfte einzufordern
Vgl.
[ Nr. 91] und
[95.] Mit den Korrekturvorschlägen sind die in Nr. 29 Anm. 245 gen. Schriftsätze zu allen Punkten des Trauttmansdorffianums gemeint.
. In Anbetracht der aus Osnabrück be-richteten Aussichtslosigkeit der kaiserlich-schwedischen Verhandlungen wurde dieser Befehl schließlich dahingehend ausgeweitet, daß die Gesand-ten nun auch bei den protestantischen Reichsständen um Zustimmung zu den kaiserlichen Änderungswünschen werben sollten
Weisung vom 22. Januar 1648, d.i.
[ Nr. 95] . In der Weisung vom 29. Januar (Nr. 102) konkretisierte der Ks. den Kreis der vorrangig gemeinten
Rst.
auf Kurbg., Kursachsen und Braunschweig-Lüneburg.
– ein Vorhaben, das Lamberg, Krane und Volmar zur selben Zeit bereits für hoffnungslos erklärten
Vgl. die Relation vom 23. Januar 1648 (
[Nr. 96] ).
. Insofern war die folgende Weisung vom 24. Januar 1648 für die kaiserlichen Gesandten von großer Bedeutung, denn sie erhielt erst-mals die Ermächtigung, einen neuen Gesamtentwurf nach Maßgabe der Hauptinstruktion herauszugeben, falls eine Einigung mit den protestan-tischen Reichsständen auch weiterhin nicht zu erreichen wäre
Vgl.
[ Nr. 97] . Am 28. Januar 1648 drängte Salvius die ksl.
Ges.
ebenfalls zur Herausgabe eines neuen Gesamtentwurfs zur Überwindung der festgefahrenen Verhandlungen (vgl.
[ Nr. 104] ).
.
Diese Ermächtigung wurde dann, offenbar unter starkem Drängen der kurbayerischen und kurmainzischen Gesandten am Kaiserhof, in der Wei-sung vom 1. Februar 1648 in die vorbehaltlose Aufforderung umgewan-delt, einen neuen Gesamtentwurf für einen Friedensvertrag mit Schweden nun schnellstmöglich herauszugeben und ohne weitere Verhandlungen über einzelne Punkte eine Erklärung der Gegenseite über diesen Gesamt-entwurf einzufordern
Vgl.
[Nr. 108] , wiederholt in
[Nr. 112] . Mändl und Waldenburg unterstützten somit die schwed. Position, daß die ksl.
Ges.
einen neuen Gesamtentwurf vorlegen sollten, bevor die Schweden sich selbst erklärten.
. Die Entwicklung der Ereignisse in Osnabrück überholte jedoch die Zustellung der Weisung, denn bereits vier Tage vor deren Eintreffen wurden die kaiserlichen Gesandten zum Handeln ge-zwungen.