Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann

2. Werben um die Unterstützung der protestantischen Kurfürsten

Bereits in der zweiten Jahreshälfte 1647 hatte Ferdinand III. bei den Kur-fürsten von Sachsen und Brandenburg sondieren lassen, ob diese zu einem Bruch ihrer Neutralitätsverträge mit Schweden und zur Konjunktion mit dem Kaiser zu bewegen seien

Die Kf.en von Bg. und Sachsen hatten am 14./24. Juli 1641 bzw. am 31. März/10. April 1646 Waffenstillstandsverträge mit dem Kgr. Schweden abgeschlossen (vgl. [Nr. 20 Anm. 11] und [Nr. 29 Anm. 211] ).
. Allerdings reagierten sowohl Kurfürst

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Friedrich Wilhelm

Vgl. die Resolution Kf. Friedrich Wilhelms von Bg. auf die Werbung Blumenthals, Kleve 1647 Oktober 18[/28]. Text: UA IV, 605–611; Dickmann, 453; Ruppert, 323f.
als auch Kurfürst Johann Georg

Zur Mission des Reichsvizekanzlers Kurz im Oktober/November 1647 vgl. Schrecken-bach, Kursachsen, 72f; Dickmann, 450f; Ruppert, 322f.
äußerst zurückhal-tend auf die Avancen des Kaisers. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Kaiserhofs, sich vor einem möglichen Vorgriff zunächst auch der Unterstützung wichtiger (protestantischer) Reichsstände zu versichern, verfügte Ferdinand im Dezember 1647 erneut die Entsendung von Diplo-maten an die Höfe der beiden protestantischen Kurfürsten. Ziel war es in erster Linie, deren Unterstützung für die kaiserlichen Änderungswünsche am Trauttmansdorffianum zu gewinnen, und im Falle Kursachsens auch, erneut über eine militärische Konjunktion Johann Georgs mit dem Kaiser zu verhandeln. Die Entsendung Schröders und Blumenthals wurde am Kaiserhof auch im Hinblick auf den gewünschten zügigen Fortgang der Friedensverhandlungen gesehen, da bei direkten Verhandlungen an den kurfürstlichen Höfen der „Umweg“ über den Friedenskongreß entfiel

Vgl. [Nr. 60 bei Anm. 16.] – Die lebhafte Paralleldiplomatie zu den offiziellen Verhand-lungen in Münster und Osnabrück im Editionszeitraum zeigt, daß die Verhandlungspar-teien ihren Interessen auch durch direkte Einflußnahme an den Höfen Nachdruck zu ver-schaffen suchten. Exemplarisch genannt seien neben der Entsendung Schröders und Blu-menthals die Missionen der kurmainzischen bzw. kurbay. Ges. Waldenburg und Mändl am Ks.hof oder die Entsendung Burgsdorffs an den kursächsischen Hof.
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a) Die Mission Schröders nach Kursachsen

Wilhelm Schröder trat seine Reise nach Dresden Ende Dezember 1647 an und trug seine Proposition am 1. Januar 1648 vor . Die kaiserlichen Ge-sandten in Westfalen wurden vom Kaiserhof über seine Instruktion und den Verlauf seiner Gesandtschaft nur in dem Umfang unterrichtet, den man für ihre Verhandlungsführung für notwendig erachtete. Von der Instruktion für Schröder erhielten die Gesandten beispielsweise nur eine Abschrift der Passagen, welche die kaiserlichen Änderungswünsche am Trauttmansdorff’schen Friedensentwurf betrafen – die militärische Kom-ponente seiner Mission wurde ihnen vorenthalten . Dabei war die Ver-handlungsführung der Gesandten in hohem Maße von den Ergebnissen der Reise Schröders nach Dresden bzw. Lichtenburg abhängig, denn die Vorgehensweise Ferdinands III. bestand ja darin, zunächst die Haltung Kurfürst Johann Georgs von Sachsen zu den von Schröder überbrachten Änderungs- und Konjunktionswünschen abzuwarten, bevor er sich auf das weitere Vorgehen hinsichtlich eines Vorgriffs auf dem Friedenskon-greß in Westfalen festlegte

So ausdrücklich im Ga. dep. Räte vom 17. Januar 1648 (d.i. das Ga. zu [Nr. 91] ).
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Bis zum Vorliegen konkreter Ergebnisse verging jedoch – sehr zum Leid-wesen der kaiserlichen Gesandten in Osnabrück – geraume Zeit: Zunächst erlangte Schröder keinen direkten Kontakt zum Kurfürsten, da dieser nicht in Dresden, sondern auf seinem Jagdsitz in Lichtenburg weilte; dort ange-kommen, wurde ihm in der Reihenfolge der Audienzen der kurbranden-burgische Abgesandte von Burgsdorff vorgezogen, der dem sächsischen Kurfürsten die Konjunktionspläne Kurfürst Friedrich Wilhelms von Bran-denburg vortrug

Die Relationen Schröders befinden sich in RK FrA Fasz. 54f und sind teilweise im vor-liegenden Band ediert oder regestiert. Vgl. außerdem Schreckenbach, Kursachsen, 73ff; Dickmann, 450f; Ruppert, 322f. – Zur Mission Burgsdorffs vgl. oben bei Anm. 27.
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Die Reaktionen Kurfürst Johann Georgs fielen schließlich zwiespältig aus: Die kaiserlichen Änderungswünsche am Trauttmansdorffianum fanden zu großen Teilen die kurfürstliche Unterstützung , einen kaiserlichen Vor-griff lehnte Johann Georg unter Verweis auf den vorgeblich konstruktiven Fortgang der Verhandlungen in Osnabrück jedoch ebenso ab, wie er das kaiserliche Werben um militärische Konjunktion zurückwies

Zur Reaktion auf den ksl. Wunsch nach militärischer Konjunktion vgl. APW [ II A 8 Bei-lage [1]] [ zu Beilage [2] zu Nr. 2.] Volmars Einschätzung im Anschluß an die vorangegan-gene Mission Kurz’, daß der Ks. durch das Werben um Kursachsen zum erwünschten ende kommen werde (vgl. Nr. 7 bei Anm. 9), erwies sich damit als falsch.
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Der Bescheid aus Lichtenburg, daß ein Vorgriff des Kaisers zum gegen-wärtigen Zeitpunkt als unnötig erachtet wurde, torpedierte die geschilder-ten kaiserlichen Planspiele für einen Vorgriff und verwies das Reichsober-haupt auf weitere Verhandlungen in Westfalen über seine Änderungs-wünsche am Trauttmansdorffianum

Vgl. das Ga. dep. Räte vom 7. Februar 1648 (d.i. zu [Nr. 117] ).
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b) Die Mission Blumenthals zu Kurfürst Friedrich Wilhelm von Branden-burg

Die geplante Entsendung Joachim Friedrichs von Blumenthal an den Hof Kurfürst Friedrich Wilhelms von Brandenburg führte dagegen zu keiner-lei konkreten Ergebnissen, da sie über das Stadium der Vorbereitung nie hinauskam. Obwohl seine Instruktion ebenso wie die für Schröder am 13. Dezember 1647 ausgefertigt wurde, hielt sich Blumenthal am 21. Ja-nuar 1648 noch in der Fuldaer Residenzstadt Hammelburg auf, da er noch keinen hessen-kasselischen Paßbrief für seine Reise an den kurfürstlichen Hof nach Kleve erhalten hatte . Diesen sollte er auch nicht mehr benöti-gen, denn in Anbetracht veränderter politischer Rahmenbedingungen be-fahl ihm Ferdinand III. am 29. Januar 1648 den vorläufigen Aufschub

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seiner Reise, um zunächst den weiteren Verlauf der Verhandlungen in Osnabrück abzuwarten. De facto wurde die Reise später nicht mehr auf-genommen.

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