Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
I. Der Kriegsverlauf
Die militärische Entwicklung im Herbst 1647 verschaffte der kaiserlichen Armee für die Feldzugspause des Winters 1647/48 eine auf den ersten Blick komfortable Lage
Zur militärischen Entwicklung in diesem Zeitraum vgl.
Höfer, 93–107; demnächst auch
APW II A 6, Einleitung.
. Kurfürst Maximilian von Bayern kündigte im September 1647 den Ulmer Waffenstillstand gegenüber Schweden auf und schloß ein zunächst auf den Feldzug des Jahres 1647 begrenztes Militärbündnis mit dem Kaiser
Vgl.
[Nr. 6 Anm. 20] ,
[Nr. 84 Anm. 8] ;
Albrecht, Maximilian I., 1073–1079. Am 24. Februar bzw. 28. März 1648 schlossen Ferdinand III. und Kf. Maximilian von Bayern schließlich einen bis Kriegsende gültigen Bündnisvertrag (Text:
Meiern V, 126
–129).
. Gemeinsam gelang es den kaiserlich-kur-bayerischen Truppen, die schwedische Armee aus Böhmen zu vertreiben und in den niedersächsischen Reichskreis zurückzudrängen. Dort bezog die schwedische Hauptarmee unter Wrangel ihr Winterquartier bei Höx-ter an der Weser, wohin Mitte November auch Königsmarck mit seinen Truppen aufbrach und sich mit der schwedischen Hauptarmee vereinigte
. Die kurbayerische Armee bezog ihr Winterquartier von Mitte Dezember 1647 bis Mitte Februar 1648 in Kitzingen am Main, die kaiserlichen Trup-pen überwinterten in einem größeren Gebiet, das sich von Hessen bis Sachsen-Altenburg und in den Raum westlich von Kassel erstreckte
[Vgl. Nr. 23] ;
Höfer, 145ff, 150. Zur Zusammensetzung der Armeen des Ks.s, Kurbayerns und Schwedens im Jahr 1648 vgl.
Guthrie, 252–260.
.
Auch wenn den kaiserlichen Gesandten wiederholt Gerüchte über den an-geblich schlechten Zustand der schwedischen Armee zugetragen wurden
,
[p. XLVIII]
[scan. 48]
konnte diese in Wahrheit die Verluste des vorangegangenen Rückzugs kompensieren und besonders den Bestand an Pferden aus den braun-schweigischen Territorien kräftig aufstocken
. Auch die kurbayerische Armee überwinterte in Franken unter guten Bedingungen, wohingegen die kaiserlichen Truppen in unergiebigen Winterquartieren unter einer katastrophalen Versorgungslage litten und während der winterlichen Feldzugspause an Kampfkraft verloren. Besonders der starke Mangel an Zugpferden machte der kaiserlichen Armeeführung immens zu schaffen
Der ksl. Oberbefehlshaber Holzappel beklagte sich schließlich in einem Schreiben vom 10. Februar 1648 unmittelbar bei Kf. Maximilian von Bayern über diese Zustände und über den Umstand, daß sowohl der schwäbische als auch der fränkische Reichskreis exklusiv für die Versorgung der kurbay. Truppen reserviert waren (
Höfer, 154 Anm. 393).
. Diesen Umstand nutzend, eröffneten die Schweden das Feldzugsjahr 1648 außergewöhnlich früh
Volmar berichtete schon am 16. Dezember 1647 von entsprechenden Gerüchten (
[vgl. Nr. 49] ).
. Bereits am 5./6. Januar überquerte Wrangel bei Oldendorf, nordöstlich von Minden, die Weser und rückte mit den ihm unterstellten Truppen in Richtung Franken vor, ohne daß es jedoch im Editionszeitraum noch zu Auseinandersetzungen mit der kaiserlichen Armee gekommen wäre
Vgl.
[Nr. 78 Anm. 11] und
[Nr. 104 Anm. 11] ;
Heilmann, 752;
Höfer, 148. – Die hessen-kasselischen Truppen, welche mehrere befestigte Plätze der Ksl. angriffen und Anfang Februar 1648 die ksl. Besatzung aus Schloß Homberg in Hessen vertrieben (vgl.
[Nr. 110 Anm. 4] ), bestritten lediglich einige kleinere Gefechte mit ksl. Garnisonen.
. Da die kurbayerischen Truppen zu diesem Zeit-punkt die nördlich von ihnen gelegene kaiserliche Armee nicht unterstütz-ten, sondern bis auf weiteres in ihren fränkischen Quartieren verblieben, wich die geschwächte kaiserliche Armee vor den anrückenden Schweden nach Süden aus und gab dem Gegner das gesamte Gebiet nördlich des Mains preis. Am 15. Februar 1648 überquerte die kaiserliche Armee den Fluß und vereinigte sich mit den kurbayerischen Truppen
.
Kurfürst Maximilian von Bayern mußte derweil befürchten, daß seine Territorien einem Rachefeldzug der verbündeten Kronen zum Opfer fal-len und ein ähnlich vernichtendes Schicksal wie bereits zwei Jahre zuvor erleiden würden, da die Störungen im französisch-schwedischen Verhält-nis, die zum Zeitpunkt der Aufkündigung des Ulmer Waffenstillstands durch Kurbayern geherrscht hatten, Anfang Dezember 1647 ausgeräumt wurden
Servien reiste vom 6. bis zum 9. Dezember 1647 nach Osnabrück, um entsprechende Ge-spräche mit den schwed.
Ges.
zu führen, d.h. die schwed. Befürchtungen über eine mög-lichen Kooperation Frk.s mit Kurbayern zu zerstreuen (vgl.
[Nr. 31 Anm. 1] und
[Nr. 33] ). Auf höchster Ebene wandte sich Kg.in Christina von Schweden an Kg. Ludwig XIV., Kg.in Anna und Mazarin (vgl. zusammenfassend das PS von Nr. 45 mit den Beilagen [1]–[3]).
. In der Folge hielten sich am Kongreß hartnäckige Gerüchte
[p. XLIX]
[scan. 49]
über einen geplanten Rachefeldzug der beiden Kronen gegen Kurbayern
Bereits im Okt. 1647 hatten die ksl.
Ges.
entsprechend an den Ks.hof berichtet (vgl.
APW II A 6 Nr. 252 und 259; vgl. in diesem Band Nr. 45, 57, 66, 74). In erster Linie war es wohl Wrangel, der sich durch den Bündniswechsel Maximilians zu einem verheerenden Feldzug in die bay. Kurlande animiert fühlte. Mazarin und Servien dagegen bevorzugten im frz. Interesse eine zurückhaltende Kriegsführung gegenüber Kurbayern (
Albrecht, Maximilian I., 1080).
. Dazu paßte, daß Turenne am 6. und 7. Februar 1648 mit einer kleinen Armee von 6 000 Mann den Rhein überquerte, was Befürchtungen einer Vereinigung der französischen und schwedischen Truppen Vorschub leistete
Die Truppen der beiden Kronen vereinigten sich für kurze Zeit am 23. März 1648 bei Oettingen (vgl.
APW
[ II C 4/1 Nr. 176] und
[178] ). Zur Armee Turennes vgl.
Guthrie, 260f.
.
Da auch von Seiten Kursachsens die erhoffte militärische Unterstützung ausblieb
, ging es für den Kaiser mit Beginn des Jahres 1648 militärisch nur darum, einen erneuten Einfall des Gegners nach Kurbayern und in die kaiserlichen Erblande zu verhindern. Eigene Akzente, die den Gesandten in Westfalen die Verhandlungen erleichtert hätten
Die
Ges.
wiesen des öfteren darauf hin, daß ein Verhandlungsergebnis im ksl. Sinne nicht unerheblich von militärischen Erfolgen abhängen würde (vgl.
[Nr. 62] ,
[71] ,
[104] ,
[116] ). Zum Zusammenhang zwischen militärischer Stärke und politischen Verhandlungsmöglichkeiten vgl. auch
Repgen, Ferdinand III., 328.
, waren nicht zu er-warten.