Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
Verweis auf Nr. 96. Nuhn ist unß gleich bey abgefertigter post von dem
Churmayntzischen cantzler beyliegender extract numero 1 seiner ahn ihr
churfürstliche gnaden zu Mayntz auffgesetzter relation zugestelt worden,
auß welchem zu ersehen, waßgestalt der Chursachßischen abgesandter
Dr. Leuber sich bemühet, daß bedeuter paragraph
Bezug auf die Regelungen zur Amnestie in den ksl. Erblanden (vgl. Nr. [49 Anm. 4).]
puncto de solutione militiae in die reichsräthe gebragt werden solte, mit
versiecherung, daß die conclusa allerseits zu Ewer Kayserlicher Majestätt
contento außschlagen würden, welches er dan auch mit dem Churbran-
denburgischen rath, dem Wesenbeck, gleich darauff selbst bey unß ange-
bragt. Ewer Kayserlicher Majestätt geruhen aber auß dem beyliegendem
extractu protocolli numero 2 allergnädigst ahnzuhören, waßgestalten wir
für sehr bedencklich, auch dero gnädigsten befelchen zuwieder befunden,
in solchen vorschlag einzuwilligen. Dan obzwar allerhandt vertröstungen
beschehen, daß der churfürstliche rath völlich, im ubrigen aber die maiora
für Ewer Kayserlicher Majestätt stehen werden, so sein wir doch ver-
trewlich verwahrnt worden, daß auch sogar ethlich catholischen hierun-
der nit zu trawen, sondern vielmehr zu besorgen, daß sie ethwan ihren
votis die fast in allen vergangenen deliberationibus im mundt geführte
clausulam (wan aber die Schweden ie nit weichen wölten, so würde man
gleichwoll auff einige temperamenta gedencken müßen) ahnhencken
mögten, welches dan dem gegentheill eben den rechten anlaaß geben wür-
de, auff seiner meinung desto härtter zu bestehen.
Nichtsdestoweniger aber folgen die protestierenden gantz instendich
nach, daß solche consultation ungehindert unßer contradiction vortge-
setzt werden mögte, haben auch die catholische bereiths so weit gebragt,
daß von dem Churmayntzischen reichsdirectorio ahn die zue Münster
anwesende stände geschrieben worden, sich zu solcher consultation alhier
einzustellen. Und haben wir gestrigen tags vernohmen, daß der Chur-
sachßischer abgesandter denen Mayntzischen angezeigt, er hette sich be-
mühet, bey denen Sachßen Aldenburgischen, Weymar- auch Braun-
schweigischen und anderen ein versiecherten beyfall für Ewer Kayser-
liche Mayestätt in dem § „Tandem omnes etc.“ zu erhalten, aber alles
vergeblich, und wehren die resolutiones dahin außgefallen, daß man die-
sen puncten sambt der bezahlung des kriegsvolcks in die reichsräthe brin-
gen solte, alßdan sie sich mit ihren votis vernehmen laßen wölten. Hin-
gegen wehre von den Churbrandenburgischen contradicirt und zu verste-
hen geben worden, daß die materia des bedeuten paragraphi die Kayser-
lichen erblanden betreffend nit für die reichsstände, sondern für die
Kayserlichen und Schwedischen gesandtschafften gehörig, es wehren
auch die Churbrandenburgischen nit gemeindt, sich bey solcher consulta-
tion einzufinden.
Alß unß auch vorkommen, ob solte von ethlichen protestierenden ein
newes proiect uber diesen paragraphum auffgesetzt und dahin geziehlt
sein, daß dergleichen praetendenten ein stück geldts abgestattet werden
sölte, so haben wir nit underlaßen, den sachen ferners nachzuforschen,
da unß dan von Dr. Langenbeck beyliegende abschrifft numero 3 zuge-
stelt worden, auß welcher erscheindt, daß es kein auffsatz der protestie-
renden, sondern ein anbringen und postulatum der proscriptorum selbst
und von den protestierenden under sich per dictaturam communicirt
worden seie. Insgemein will darfürgehalten werden, daß die protestieren-
den entschloßen, sich dieses paragraphen halber in materialibus durchauß
nichts einzulaßen, sondern allein dahin zu trachten, wie diese remora auß
dem weeg gehalten werden mögte.
Sonsten aber die solutionem militiae betreffend, obwoll Ewer Kayser-
licher Majestätt allergnädigste intention und befehl vom 6. Decembris
negstvorgehenden jahrs
Bezug auf die ksl. Hauptinstruktion von 1647 XII 6 (vgl. [Nr. 3 Anm. 1] ).
subscriptam pacem gehandtlet werden solte, so haben iedoch die Schwe-
dischen, wie auß underschiedtlichen unßeren eingeschickten gehorsam-
sten relationibus erscheint, darzu niehmahlen verstehen wöllen, sondern
ieweils darauff getrungen, denselben puncten zuvor und noch ehe andere
materiae entschieden würden, zu erledigen . Die protestierenden sein
zwar auch der meinung gewesen, daß vorderist alle friedensarticul auff
ein endtlichs abgehandtlet werden sölten, haben aber benebens für un-
practicirlich gehalten, daß man diese materi werde biß nach geschloßenem
und underschriebenen frieden zurückstellen können, angesehen die
Schwedischen, wie ahnietz in der thatt selbst erscheindt, sölchs nimmer-
mehr zugeben würden. Unnd dieweil dan Ewer Kayserlicher Majestätt
instruction dahin gehet, unß davon nit abwendich machen zu laßen, es
wölten dan Churmayntz, Cöllen, Bayren, Sachßen, Brandenburgische
einer anderen meinung sein, diese alle auch solche instruction in handen
haben, also konten wir soviel weniger verwehren, daß nuhmehr diese
materia von ihnen und ubrigen ständen ad deliberandum vorgenohmen
werde. Haben aber darbey heudt dato den Churmayntzischen diese erin-
nerung gethan, wan ie für rathsamb geachtet werden wölte, darvon zu
handtlen, so sölten sie die sachen dahin richten, daß vorderist von ge-
sambter stände wegen den Schwedischen angezeigt werde, man wehre er-
bietig, alsogleich diesen punctum solutionis zu erledigen, doch wan sie
vorderist den § „Tandem etc.“ approbiren und mit unß underschreiben
werden, dan außerhalb deßen könten die stände des friedens nit versie-
chert sein, außer zweiffl setzendt, wan die Schwedischen diese resolution
vermercken, sie werden sich dermahlen anderst bequemen.
Ewer Kayserliche Mayestätt haben auch auß den beylagen
gnädigst anzuhören, waß die catholische unß für proiecta in puncto
iurium statuum, commerciorum, executionis et assecurationis zugestelt,
in deren ersten der § „Tam in universalibus etc.“
Bezug auf Art. VII § „Tam universalibus“ KEIPO4A (Text: Meiern IV, 577 zweiter Abs.;
vgl. später Art. VIII,4 IPO = § 65 IPM) betr. Stimmrecht der Reichsstände sowie allge-
meine Bestandsgarantie für das Reichsherkommen und die Reichsverfassung.
etc.“
Schwedischen noch die protestierenden zufrieden sein werden, außerhalb,
daß die chur- und fürstlich Sachßischen gesandten die außlaßung der statt
Erfordt mit Churmayntz sub diverso respectu zu behaubten begehren.
Bey dem puncto commerciorum wil die einrückung des Oldenburgischen
zolls und deßelben execution behaubtet werden. Der articulus de exe-
cutione et assecuratione pacis ist in denen von unß bey vorgehender rela-
tion angedeuten passibus corrigirt, ob aber die Schwedischen und pro-
testierenden damit zufrieden sein werden, daß stehet mit negsten zu er-
wahrten.
Sodan haben die Schwedischen und protestierenden inhalt protocolls ein
beschwehrung wieder den catholischen magistrat zue Augspurg und
deßelben ahn die Lutherische bürgerschafft abgangenen decret, darvon
numero 7 abschrifft beyliegt, fürgebragt und gebetten, Ewer Kayserlicher
Majestätt solches gehorsamst zu referiren, allermaaßen von denen Schwe-
den auch beschehen und zugleich erbietung gethan worden, wan wir die
conferentz mit ihnen reassumirten, daß die vergleichung des paragraphi
„Tandem omnes etc.“ sich leichtlich finden würde, alß darbey es endtlich
nur umb veranderung ethlicher zu hart gesetzter wörtten zu thuen sein
mögte. Dagegen wir sie aber wiederumb beanthwortten laßen, wie im
protocollo verzeignet stehet.
Alß auch Ewer Kayserliche Majestätt in ihren vom 11. Aprilis abgange-
nen befehl gnädigst verordtnen, waßgestalten bey denselben ein declara-
tion des worttleins „alias“
Bezug auf § „Et cum“ des Vorabkommen über das Reichsreligionsrecht von 1648 III 14/
24 (Text: Meiern V, 572 fünfter Abs. – [Beilage B zu Nr. 49] ; vgl. später Art. V,41 IPO ←
§ 47 IPM) betr. Vorbehalt künftiger Fürsprache Schwedens und der Reichsstände Augs-
burgischer Konfession zugunsten ksl. Untertanen Augsburgischer Konfession.
wegung, sie sich ethwan auff die protestierenden beziehen mögten, vor-
derist die Sachßen Altenburgischen und Braunschweigischen vor unß er-
fordert und ihnen diese intention vorgehalten. Die haben unß gleich zur
anthwortt geben, daß es mit diesem wortt keinen anderen verstandt
iemahls gehabt, auch noch nit habe, alß daß die vorbehaltene intercession
nit eben praecise auff einen reichstag, sondern auch außerhalb deßen ge-
schehen möge, keinesweegs aber, daß derentwegen einige tathliche handt
anzulegen sein solte, dan dies wehre fini pacificationis zuwieder. Hetten
demnach ihrsortts kein bedencken, daß einige verba declaratoria beyge-
setzt werden mögten, und halten nit, daß es die Schwedischen verweigern
würden. Doch weillen noch mit denselben wegen des § „Tandem etc.“ nit
vergliechen, vermeindten sie, nit rathsamb zu sein, mit ihnen noch der-
zeitt hiervon zu reden. Wir haben’s also nochweils dabey beruhen laßen.
Nechstverwiechenen sambstags, 2. huius ist der Frantzösische pleni-
potentiarius, conte Servient, alhierkommen, der unß aber, wie zuvor
auch niehmahlen beschehen, sein ankunfft nit anfügen laßen, derentwe-
gen auch wir die gegenbezeigung underlaßen. Von seinen vorhabenden
negotiationibus werden allerhandt reden außgeben, alß daß er die Frant-
zösische satisfaction, auch von denen ständen zu underschreiben
Das auf 1647 XI 11 datierte ksl.-frz. Vorabkommen über die frz. Territorialsatisfaktion
(Text: Meiern V, 161 –166) war den Reichsständen bislang nicht offiziell mitgeteilt wor-
den.
legen wie zugleich die exclusionem des Burgundischen craißs, des hert-
zogs von Lothringen, item die abstrickung der assistentz gegen der cron
Hispanien, sodan die cron Franckreich wegen deren sub titulo satisfactio-
nis vom Reich uberlaßender landen zum reichsstandt auffzunehmen
suchen und solches alles in die reichsräthe zu proponiren begehren werde.
Der Churbayrische abgesandter Dr. Krebs hat mir, Volmarn, referirt, daß
er gestern bey ermelten Servient gewesen und ein mehrers von ihme nit
verstanden hette, alß daß er begehrte, man solte den articulum executionis
et assecurationis zu Münster vollendts vergleichen wie auch die Frantzö-
sische satisfaction auch aldort, wie alhier mit der Schwedischen besche-
hen
Das zweite ksl.-schwed. Vorabkommen über die schwed. Territorialsatisfaktion (Beilage
[2] zu Nr. 79) war 1648 III 18 unterzeichnet worden (vgl. [Nr. 41).]
alhier die subscriptiones verrichtet, underschreiben und selbige zu sol-
chem endt nach Münster kommen laßen. Es wirdt aber under den ständen
ein famos schrifft, so auß der Frantzösischer sprach ins Teutsch ubersetzt
worden, herümbgetragen, in welchen obberührte puncten disputirt
werden, davon unß erst anheudt ein copey zukommen, so wir hienebens
numero 8 beyschließen sollen. Wir müßen also gewehrtig sein, ob derent-
wegen ethwaß in die reichsrathe zu bringen angemaaßt werden mögte, da
wir nit underlaßen werden, alle möglichste fürbawung zu thuen, daß man
keinen praeiudicirlichen schluß faßen thue.
PS Es hat unser heutiges zuesprechen bey denn Churmainzischen so viel
gewürckt, das durch ihr Vvermittlung im catholischen rath geschlossen
worden, eine deputation zu denn protestierenden ze thuen unnd sie
dahien zu behandtlen, daß im nahmen gesambter ständen denn Schwee-
den angezeigt werden solle, sich mit dem § „Tandem omnes etc.“ lenger
nit auffzehalten, sondern dessen innhalt sich zu bequemben, da alßdann
die stände erbiethig seyen, den punctum satisfactionis militiae auch also-
gleich vor hand ze nehmen unnd zu erledigen, sintemaln anderergestalt
aus disem handel nit zu komben noch auch die stände des friedens ver-
sichert sein khöndten. Waß nun darauff erfolgt, daß solle mit nechstem
allerunderthenigist referirt werden.