Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt

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Sabbatho sancto

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Ostersamstag.
, 11. Aprilis 1648 in aedibus excellentissimi domini comitis de Lamberg
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Sueci erscheinen, umb die Hessen Caßelische sach und sonderlich die noch unerledigte
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nebenpuncta zu volliger richtigkeit zue bringen. Exhibent memoriale

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Konnte nicht ermittelt werden.
, worinnen selbige
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nebenpuncta begrieffen, alß primo confirmatio primogeniturae in utraque linea Casselana
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et Darmstadina

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Wie Anm. 19.
, secundo confraternitatis

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Wie Anm. 15.
et pactorum familiae , tertio Hanovici pacti ,
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4. venia aetatis

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Wie Anm. 22.
, 5. confirmatio transactionis mit Waldeck

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Wie Anm. 23.
.

[p. 242] [scan. 330]


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Nos: Wir seindt allezeit bereith gewesen, die nebenpuncten sowohl alß hauptsachen der
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Caßelischen streittigkeiten abzuhandelen, wollen dem memorial nachgehen und unß darauf
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erclähren. Waß die confirmationem primogeniturae ahnlangt, hetten wir unß

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3 nachmahlen] In der Kopie: niemahls [!].
nachmahlen
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erclährt, daß es damit, soviel die Caßelische lini ahnlanget, kein bedencken habe, weilen
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aber yezo in dem memoriali beyder linien gedacht würde, müesten wir es [!] bevorderist
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mit den Hessen Darmbstattischen daraus reden, ob dieselbe darbey einig bedenckhen hette.
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Wegen des pacti confraternitatis hetten wir unß auch schon vor diesem erclährt, daß selbiges
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solte confirmirt werden, wie es hiebevorn von den vorigen kaysern confirmirt worden, und
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zwar mit extension auf daß hauß Brandenburg, und bey solcher erclährung ließen wir es
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ahnnoch bewenden. Die confirmatio pacti Hanovici, alß wobey Chursachßen interessirt,
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wie auch impetratio veniae aetatis müesten zu Kayserlicher majestätt verwiesen werden,
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und hetten wir keinen gewalt, waß darin zu dispensiren. Wegen der transaction mit
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Waldeck contradiciren die Hessen Darmbstattische, und wolle unß nit gebühren, stante
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huiusmodi contradictione ad unius partis instantiam waß einzuwilligen.

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Illi wolten mit den Hessen Caßelischen communiciren. Nos interea cum Darmbstadinis
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communicavimus. Die Darmbstattische laßen es geschehen, daß die confirmation in beyden
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linien, wie es in memoriali gesezet worden, möge gedacht werden; ratione confraternitatis
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haben sie auch nichts zu erinneren, aber wegen der transaction mit Waldeck hetten sie noch
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bey voriger ordinari befelch empfangen, ihrem gnädigen herren darbey sein recht vorzube-
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halten.

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Sueci in reditu dicunt, daß sich mit den Hessen Caßelischen, auch de[m] fürstlichen Alten-
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burgischen Thumbshiern, alß welcher über daß pactum Hanovicum informirt seye, under-
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redet hetten; vermeinten, daß es der confirmation halber wegen selbiges pacti Hanovici bey
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Chursachßen keine contradiction geben würde, dan der Chursachßischer gesandter Leüber
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sich erclähret, wan nur die clausula reservatoria, salvo iure domus Saxoniae, hiereingerücket
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würde, daß sein gnädigster herr gar wohl würde zuefrieden sein wie auch Darmbstatt wegen
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der primogenitur in utraque linea. In puncto confraternitatis sein nur die wörter „wie es von
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den vorigen kayser beschehen

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Bezug auf die Wörter a Caesarea majestate antehac concessum in § „Quarto, pacta“ des
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1648 III 24 den Ksl. übergebenen Textvorschlags der schwed. Ges. zur Satisfaktion Hes-
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sen
-Kassels (Text: Meiern V, 614 vierter Abs. – [Beilage A zu Nr. 49] ; vgl. später Art.
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XV,15 IPO sowie §§ 60 IPM) betr. hessische Hausangelegenheiten.
“ außzulaßen und simpliciter die confirmatio zu verwilligen,
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darbey yedoch eine reservatoria für die cron Schweeden wegen Pommern einzurückhen.
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Die impetratio veniae aetatis müeße alhie verwilliget werden, und wehren wir nomine
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Caesaris da, könten dergleichen sachen wohl verwilligen, weilen es niemandt zum nachtheil
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gereiche. Mit Waldeck blieben die Hessen Caßelischen auf ihrer meinung, daß selbige trans-
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actio zu confirmieren, und waß sie in diesem und vorigem puncten praetendiren, dz prae-
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tendiren sie alß einen [!] partem ihrer satisfaction.

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Nos: Wegen der confirmation der primogeniturae in utraque linea würde es kein be-
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denckhen geben, hetten mit den fürstlich Heßen Darmbstadischen darauß geredet, die unß
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den bericht gethan, daß die Darmbstattische lini die primogenituram schon anno 1606, die
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Caßelische aber allererst anno 1628 auf die in anno 1627 erfolgte transaction

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Wie Anm. 19.
eingefürt und
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ihrestheils auch damit zuefrieden sein, dz die confirmatio fraternitatis könte anderergestalt
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nit bewilliget werden, alß bey vorigen kaysern sey bewilliget worden, außer dz ietzo daß
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churfürstliche hauß Brandenburg mit hineingezogen würde. Selbige einnahm seye noch nie-
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mahlen confirmirt worden, die confraternität mit dem churfürstlichen hauß Sachßen aber
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schon ab anno 1563 [!] herbracht. Betörffte wegen Pommern einiger reservatori nit, dan
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Pommern gehöre nit under die confraternität, und würde solche insertio reservatoria ahn
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sich selbst praeiudicirlich sein, gleichsamb selbiges fürstenthumb mit darunder begrieffen
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wehre, darumb wir nit darzue verwilligen könten. Waß daß pactum Hanovicum ahnlanget,
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da hette der Chursachßische gesandter seithero bey unß daß contrarium ahngebracht, ge-

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sezet aber auch, derselbe mögte mit clausula salvatoria zuefrieden sein, so könten wir doch
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wegen Kayserlicher majestätt interesse nit darauf einwilligen, dan selbige graffschafft würde
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Kayserlicher majestätt alß domino directo apert werden, deren wir ihr recht nit vergeben,
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weniger waß darüber disponiren könten. Die venia aetatis gehöre nit zu diesen tractaten,
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seye de reservatis Caesaris

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Zu den ksl. Reservatrechten vgl. Pratje.
, worauf wir nit instruirt. Die landtschafft habe sich noch nie-
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mahlen bey Kayserlicher majestätt derentwegen ahngemeldet, seye nit herkommens, der-
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gleichen gnadt per pactum zu erlangen, müeße darumb bey Kayserlicher majestätt supplicirt
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und deren erclährung darüber erwarttet werden. Der ietzt regierender herzog von Würtem-
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berg

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Hg. Eberhard III. von Württemberg (1614–1674); 1628/1633 Hg. ( DBA I 261, 34; II 303,
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365; III 196, 303–304; Fischer). – Ferdinand II. hatte ihn aus innen- wie außenpoliti-
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schen Gründen vorzeitig für volljährig erklärt (vgl Lorenz / Mertens / Press, 152).
habe dieselbe per supplicationem apud Caesarem erlanget, ohnangesehen deßen da-
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mahligen vormünder, herzog Julius zu Wirtemberg

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Hg. Julius Friedrich von Württemberg-Weiltingen (1588–1635); 1617 Hg., 1631–1633
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Adm. des Hgt.s Württemberg ( DBA I 613, 353; Schukraft).
, dem Heilbrunischem bundt subscri-
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birt gehabt

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Bevor Hg. Eberhard III. 1633 V die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, war Hg.
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Julius Friedrich 1633 IV dem Heilbronner Bund beigetreten (vgl. Wolgast, 264).
, also stünde es dem herren landtgraffen auch zu, [ zu] versuchen, und ehedan
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ihm auf sein suppliciren ein abschläglicher bescheidt geben würde, hette er keine ürsach, die
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sache hier ahnzubringen. Seye eine sach, so ihrer eigentschafft nach zue diesen tractaten nit
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gehörig. Transactionem mit Waldeck belangendt, seye res inter alios acta, es begehrten
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iedoch die Hessen Darmbstattische diesem werck, soviel interesse Cassellanum ahnlanget,
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nit zu contradiciren, sondern nur ihren gnädigem fürsten und herren sein recht vorzubehal-
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ten. Dabey ließen wir’s auch unserstheils bewenden.

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Interea werden die catholische stände von den protestierenden ahngetrieben, unß zuzuspre-
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chen, damit wir in die confirmation des pacti confraternitatis simpliciter verwilligen und
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wegen außlaßung der wörter „wie die vorige kayser gethan“ unß nit aufhalten wolten wie
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imgleichen in concessione veniae aetatis, auch confirmationem pacti Hanovici, prout catho-
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lici apud nos instantias fecerunt. Nachdeme sie aber von unß beßern bericht empfangen und
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sonderlich bey dem pacto confraternitatis vermercket, daß durch außlaßung obbemelter
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clausul sogar auch die zur aequipollenz überlaßene geistliche stieffter mit hieneingezogen
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werden können

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Bezug auf die im § „Septimo, conventum“ des 1648 III 24 den Ksl. übergebenen Textvor-
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schlags der schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 615 zweiter
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Abs. – [Beilage A zu Nr. 49] ) festgelegten Gebietsabtretungen der Est.e Mainz und Köln,
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der Hst.e Paderborn und Münster sowie des Stifts Fulda an Hessen-Kassel. Bei einer Aus-
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lassung der angeführten Klausel wären diese Gebiete, für den Fall, daß die Erbverbrüde-
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rungsvertrag Anwendung fände, mit unter die Erbmasse gefallen.
, haben sie ihre interposition fallen laßen und sich selbst in hoc passu pro
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contradictoribus gestellet, wegen der übrigen sachen, auch weilen sie vernohmen, daß wir
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gar nit darauf instruirt, seinferners ahn uns nit gesezet, sondern alles zu unserem guetbefin-
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den anheimb gestellet sein laßen. Sueci, weilen sie gesehen, daß sie zu ihrem intent nit ge-
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langen können, haben alles usque ad

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29 proximam] In der Kopie: primam [!].
proximam conferenziam in suspenso gelaßen mit pitte,
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man solle selbiges werck in ein proiect bringen, würde sich alßdan beser richten laßen.

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Bey dieser conferenz ist auch der Pfalzische sach subscriptionem gedacht, aber von den
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Schweden abermahl difficultirt und dieses in specie von den Schweden erinnert worden,
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daß sie keine große ürsach hetten, des herren churfürsten in Bayern zu befördern, weilen
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auß demienigem recess, so derselbig sub dato 24. Februarii iüngsthien mit Kayserlicher ma-
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jestätt von newem aufgerichtet

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Bezug auf den 1648 II 24 von Ferdinand III. in Prag und 1648 III 28 von Kf. Maximilian
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I. von Bayern in München unterzeichneten sog. „Prager Rezeß“ (Text: Meiern V, 126 -
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129), der Ks. und Kf. bis zu einem endgültigen Friedensschluß miteinander verband. Der
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Kf. hatte sich darin verpflichtet, die ihm unterstellten Teile der Reichsarmee, allerdings
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mit finanzieller Unterstützung des Ks.s, zu verstärken und dem Ks. notfalls zu Hilfe zu
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eilen. Im Gegenzug hatte sich Ferdinand III. bereit erklären müssen, Maximilian eben-
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falls im Notfall zu unterstützen und, was ein sehr weitgehendes Zugeständnis war, bei
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Gefahr für das kfl. Territorium den Abzug der kurbay. Einheiten zum Heimatschutz zu-
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zulassen (vgl. Kapser, 54f; Albrecht, Maximilian I., 1075f).
, genugsamb abzunehmen, wie er gegen die cron Schweden

[p. 244] [scan. 332]


1
gesinnet. Wan er die cron wieder könte auß dem Reich hinausschlagen, würde er’s nit un-
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derlaßen, und gebe selbiger recess genugsamb nachricht, daß seine consilia dahien gerichtet
3
und er schon zu solchem ende mit Kayserlicher majestätt waß enger verbunden seye.

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