Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
Martis, 24. Martii 1648. In aedibus excellentissimi domini comitis de Lamberg. Sueci: Nach-
deme der articulus gravaminum, wie sie von denen Sachßen Altenburg- und Braunschweig
Lüneburgischen bericht worden, allerdings adgiustirt und gestern in gegenwahrt der Chur-
mayntz- und Trierischen, auch furstlich Altenburg- und Braunschweig Lüneburgischen
collationirt worden, also daß es nur bloß noch ahn der subscription ermangle, alß hetten
sie sich bey unß zur subscription einstellen wöllen, auch zu solchem ende zwey exemplaria
mitgebracht. Stelleten zue unßerm belieben, ob solcher actus vorhero zu verrichten und
darnach gleich darauff auch die aequipollentien zu underschreiben und die Heßen Caßlische
sach vorzunehmen.
Nos: Halten unß gleichergestalt zur subscription des puncti gravaminum fertig, aber wegen
der aequipollentien könten wir ihnen nit verhalten, daß dagegen gleich anfangs bey sub-
scription des puncti satisfactionis pro corona Sueciae
Das zweite ksl.-schwed. Vorabkommen über die schwed. Territorialsatisfaktion (Beilage
[[2] zu Nr. 79] ) war 1648 III 18 unterzeichnet worden ( [vgl Nr. 41] ).
Pfaltzischen sach beschehen, welcher condition wir unß nit begeben konten. Solten nuhn
die Schwedischen auch darin mit unß einig sein, so wolte man nit allein den punctum gra-
vaminum, sondern auch die aequipollentias und Pfaltzische sach zugleich underschreiben.
Illi: Wegen subscription des puncti gravaminum seie man allerseits einig, ratione aequipol-
lentiarum sein sie auch berichtet worden, ob hette es diesortts bey unß kein bedencken,
wölten sich auch versehen, die stände würden deßwegen auch kein bedencken machen, dan
selbige hetten ihre dependentz von dem puncto satisfactionis Suecicae, die Pfaltzische sach
aber damit keine gemeinschafft. Seie zwar nit ohne, daß sie, Schwedische, und die Frantzo-
sen sich darüber eines gewißen auffsatz vergliechen
Vgl. [Nr. 8 Anm. 8] .
bewenden laßen, seie aber die ruptur mit Churbayrn dazwischenkommen
ursach hetten, zurückzugehen, iedoch ließen es dahingestelt sein, und könten noch woll
temperamenta gefunden werden, auß der sach zu kommen. Vermeindten, man solt erstlich
den punctum gravaminum underschreiben, darnach den § „Tandem omnes etc.“ und die
Heßen Caßlische sach fürnehmen und, wan man darin richtig, die Pfaltzische sach und
punctum militiae. Es sein sönsten noch einige andere kleine erinnerungen bey denen aequi-
pollentien, so auch müsten richtig gemacht werden, alß bey denen Churbrandenburgischen
aequipollentien wegen der statt Minden
Bezug auf Art. X KEIPO4A § „Salvis tamen“ (Text: Meiern IV, 582 fünfter Abs.; vgl.
später Art XI,4 IPO) betr. die eingeschränkte Rechtsgarantie für die Stadt Minden.
Oßnabrück
Die Stadt Osnabrück hatte über die schwed. Ges. den Ksl. 1647 VII 20 einen Textvor-
schlag (Kopie: GehStReg Rep. N Ka. 83 Fasz. 60 pars 7 unfol. – Druck: Meiern VI,
449 ; hier ist die Übergabe auf 1647 VII 2[/12] datiert) zur Aufnahme in das IPO einge-
reicht, in dem die Restitution der Stadt in den politischen und religionsrechtlichen Status
von 1618, eine Beibehaltung ihrer alten Privilegien sowie die Erlaubnis zur Zerstörung
der bfl. Feste Petersburg, direkt unmittelbar vor Osnabrück gelegen, gefordert worden
waren. – Während Volmar Verhandlungen in dieser Frage nicht völlig abgeschlagen hatte,
war dies von Wartenberg in einem 1647 VII 22 den Ksl. übergebenen Gegenvorschlag
(Kopie: GehStReg Rep. N Ka. 83 Fasz. 60 pars 7 unfol. – Druck: Meiern VI, 449 ) abge-
lehnt worden (vgl. APW III C 3/2, 945f.).
tigkeit, dan der hertzog
Gemeint ist Hg. Adolf Friedrich I. von Mecklenburg-Schwerin (1588–1658); 1608 Hg.,
1636–1654 Verweser des Hst.s Schwerin ( DBA I 6, 375; Stammtafeln NF I.3 T. 307;
Findeisen, 209f.), zugleich Vormund seines Neffen Hg. Gustav Adolf von Mecklenburg-
Güstrow (1633–1695); 1636 Adm. des Hst.s Ratzeburg ( DBA I 440, 237–253; Stamm-
tafeln NF I.3 T. 307).
geldt
Gemeint sind die beiden im Hgt. Mecklenburg gelegenen Johanniterkomtureien Mirow
bei Neustrelitz und Nemerow bei Stargard. Sie unterstanden der Ballei Brandenburg, die
unter kurbg. Oberhoheit fiel (vgl. APW III C 2/2, 955 Anm. 1). Die geforderte Summe
Geldes wird bei Meiern irrtümlich mit 5 000 Rt. angegeben (vgl. Meiern V, 578 zweiter
Abs.) – In Art. XI KEIPO4A (Text: Meiern IV, 583 fünfter Abs.; vgl. später Art. XII,1–4
IPO) waren den Hg.en die Hst.e Ratzeburg und Schwerin sowie der Erlaß der künftig
auf Mecklenburg entfallenden Reichssteuern bis zu einer Höhe von 100 000 Rt. zugestan-
den worden. In Konferenzen mit den Ksl. hatten die schwed. Ges. 1648 I 19 und 22 eine
Verdoppelung dieser Summe sowie die beiden Komtureien für den Hg. gefordert (vgl.
APW [ II A 7 Nr.n 93] und [96] ).
Nos: Mit subscription der aequipollentzien gebe es kein anders bedencken, alß daß die
Pfaltzische sach auch mit müße underschrieben werden, dan man seie der verfaßung halber
eins, und verstünden wir das werck anderergestalt nit, alß daß es nur bloß umb die subscrip-
tion zu thuen seie. Wegen Mecklenburg sein wir zu nichts ferners instruirt, stünde aber bey
dem hertzogen, ob sich hernegst umb fernere gnadt bewerben wolte. Es hette zwar der
Mecklenburgische abgesandter für seiner abreiß
Dr. Abraham Kayser (1603–1652); 1643 Geheimer Legationsrat, 1644 Geheimer Rat; 1645–
1649 Ges. Mecklenburg-Schwerins und Mecklenburg-Güstrows sowie der Hst.e Schwerin
und Ratzeburg ( Kaster / Steinwascher, 272f.; Lehsten II, 45f.). – Er war (wahrscheinlich)
1648 I abgereist und erst 1648 IV zurückgekehrt (vgl. APW [III C 2/2, 1072).]
commenden insinui〈r〉et, wir aber iedesmahls unß darauff bezogen, daß es in ihrer maye-
stätt macht nit stehe, dem Johanniterorden das seinige zu vergeben. Der seie mächtig und
habe alle christliche potentaten ahn der handt, stehe steitz in expeditione contra Turcam,
deme solte man lieber noch waß zulegen alß entziehen, weilen es der gantzen christenheitt
zu dienst gerichtet. Wegen der statt Minden würde mit denen Churbrandenburgischen zu
reden sein. Der passus von der statt Oßnabrück gehöre in die capitulationem perpetuam
Bezug auf Art. XII § „Primo, omnium restituatur“ KEIPO4A ( Meiern IV, 584 dritter
Abs.; vgl. später Art. XIII,3 IPO) betr. u.a. die Vereinbarung einer beständigen Wahlkapi-
tulation für den künftigen (kath. oder prot.) Landesherrn von Osnabrück. Diese sog. Capi-
tulatio perpetua Osnabrugensis (Text: Fink, 57–77) wurde 1650 VII 28 unterzeichnet.
nit ad instrumentum pacis. Es hetten sich aber biß dato noch der herr bischoff zu Oßna-
brück noch auch die herren hertzogen zu Braunschweig, weniger das thumbcapittl darumb
angemeldet, wan es zu selbiges wercks abhandtlung kommen werde. Würde hievon zu re-
den sein, müste aber darumb die friedenshandtlung nit auffgehalten werden.
Illi: Bleiben bey ihrn principiis, daß die aequipollentzien zu underschreiben, die Pfaltzische
sach aber zurückzustellen, biß auch die Heßen Caßlische satisfactionsach vergliechen, be-
gehrten iedoch in dem auffsatz der Pfaltzischen sach nichts zu endern, außerhalb waß von
Churbrandenburg und Pfaltz Neuburg der Gülischen lehen
Bezug auf § „Ad haec si“ der von Biörenklou 1647 VIII 1[/11] unterzeichneten Verein-
barung über die pfälzische Restitution (Text: Meiern IV, 413 dritter Abs.; vgl. auch [Nr. 8 Anm. 8] ; vgl. später Art. IV,11 IPO = § 19 IPM) betr. den Rechtsanspruch Pfalz-Neuburgs
auf die von Jülich heimgefallenen Lehen. – Die pfalz-neuburgische Gesandtschaft hatte
1647 VIII ein Memorial (Text: Meiern V, 382 ff.) an alle reichsständischen Gesandten
betr. die Jülicher Lehen herausgegeben.
wehrn sie ihrstheills gar woll damit zufrieden, daß darin eine verenderung fürgenohmen
werde. In ubrigen bleibe es allerdings bey dem auffsatz, solten sich aber auch gegen die
churfürstliche durchllaucht in Bayrn versehen, daß dieselbe mit cooperirn helffn werden,
damit die ubrige puncta instrumenti auch ihre richtigkeit erlangen.
Nos: Benehmen unß mit denen catholischen ständen darauß zu communicirn, prout factum.
Catholici habita deliberatione
Die Kopie eines Protokolls der Konferenz der Ksl. mit den Ges. kath. Reichsstände sowie
deren Beratung untereinander 1648 III 24 befindet sich in RK FrA Fasz. 96 VI fol. 17–
19’. In ÖstA Tirol Fasz. 20i p. 307–309 ist eine Kopie des Protokolls abgelegt, die Bera-
tung der kath. Reichsstände fehlt dort.
gravaminum gar kein bedencken hab, sondern man solte damit in nahmen Gotts verfahrn.
Soviel die subscriptiones aequipollentiarum ahnlangt, da erinnerten sie sich, daß es von an-
fangs vergliechen gewest, daß beyde puncta gravaminum et amnestiae vollig solten zur rich-
tigkeit solten [!] gebragt werden, ehedan zu andern sachen solte geschrietten werden. Mög-
ten wünschen, daß solchem concluso stricte nachgangen und eine iede sach suo ordine trac-
tirt werde, so könten leichtlich alle confusiones vermitten bleiben. Es scheine aber, ob wöl-
ten die Schwedischen und protestierenden nur daßienige, waß ihnen zu nutzen und gutten
kombt, underschreiben und in siecherheitt gebragt haben, waß aber denen catholischen zu
gutten angesehen, in ungewißen standt laßen. Die Pfaltzische sach seie so woll eine abge-
handtlete sach alß die aequipollentzien, dahero müße auch so woll underschrieben werden
alß diese, maßen auch bey subscription der Schwedischen satisfaction außtrücklich dagegen
der Pfaltzischen sach subscription außgedingt worden. Der Oxenstirn hette damahls die
parola geben, daß andern tags darauff sölche subscriptio erfolgen solte, dahero könten sie,
die catholische stände, nit zugeben, daß die aequipollentien allein solten subscribirt, die
Pfa[l]tzische sach aber zurückgesetzt werden
dischen ferners zuzusprechen, daß dies werck lenger nit auffhalten wolten, dan einmahl
könten sie hierin nit nachgeben.
Caesareani referunt ad Suecos de mente cathol[ic]orum unnd gehet der Churmayntzischer
cantzler mit, umb den punctum gravaminum zu underschreiben.
Sueci inhaerent suis principiis, daß die aequipollentien ihre dependentz von der cron satis-
faction haben, also nottwendig vorhero underschrieben werden müsten, würde sonsten
punctus satisfactionis pro corona seine völlige richtigkeit nit haben, die Pfaltzische sach
aber habe mit der satisfaction keine gemeinschafft. Zudeme so hetten sie, Schwedische,
kein exemplar des Pfältzischen proiects bey handen, müsten erst darumb nacher Münster
schreiben, könte also nit collationirt noch underschrieben werden, biß sie ihr exemplar von
Münster bekommen, warzue ethliche tage gehen werden. Driettens, so werde ihnen ver-
weißlich fürgerückt, daß sie ihre foederirte, alß die fraw landtgräffin zu Heßen , zurück-
setzten unnd Churbayrn, der ihr feindt seie, vorzögen. Begehrten bey ihrn foederirten den
verweiß nit zu haben, sie wüsten nit auß der sach zu kommen, es seie dan sach, daß man die
aequipollentias auch zurückstelle. Churmayntzischen cantzler Reigesperger interloquendo
bittet, es wolten sich die Schweden hiebey ferners nit auffhalten, er getrawe sonsten in
ubrigen ferners nichts bey denen catholischen ständen zu richten.
Under diesen verlauff schickt der graff von Wittgenstein und laßet durch seinen secretari-
um
Hier könnten Schweitzer oder Chemnitz (Kemnitz) gemeint sein. – Dr. Johann Schweit-
zer (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden); Sekretär des Gf.en Johann von Sayn-
Wittgenstein, zugleich Ges. des Gf.en Friedrich Kasimir zu Ortenburg (1591–1658; 1603
Gf.) seit 1646 I ( APW III A 3/2 Nr. 86 Anm. 74; Lehsten II, 83). – Paul Chemnitz
(Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden); kurbg. Kammersekretär, Legationssekretär
der kurbg. Gesandtschaft.
gegen ihme, graffen, erclehrt hab, daß er gar woll könte geschehen laßen, daß die subscriptio
der aequipollentiarum ihrn vortgang erreiche. Reigersperger informat, wie solches von dem
Churbayrischen gemeindt gewest, nemblich, daß derselb dagegen praesupponirt gehabt,
man würde die subscription bey der Pfältzischen sach auch nitt difficultiren.
Sueci bleiben unbeweglich bey ihrer meinung, communicirn auch mit denen protestierenden
und geben für, von denselben zwar ersucht zu sein, wofehrn die Churbayrische die sub-
scriptiones aequipollentiarum ferners difficultirn würden, den puncten wegen der Pfält-
zischen sach nit underschreiben zu laßen, doch daß sie, Schwedische, es mogten in conside-
ration ziehen. Nuhn hetten sie ihre bedencken gesagt und sich nit versehen, nachdeme sich
erclehrt, daß man in materialibus einig und sie in dem auffsatz nichts begehrten zu ver-
ändern, daß die Churbayrische sich nit solten damit vergnüget haben. Einmahl konten sie
ohne vorhergehende communication mit denen Frantzosen und der fraw landtgräffin hierin
nichts statuirn, sein zu eng mit denselben verbunden und hetten ihre parol geben, ohne dern
vorwißen sich nit darin zu endern. Die Pfaltzische sach hab keine gleichheit mit den aequi-
pollentien, gehore nit ad materiam satisfactionis. Ersuchten den Churmayntzischen cantzler,
daß sich zu denen catholischen ständen verfügen und denselben nochmahlen diese be-
dencken fürhalten und zusprechen wölten, damit die subscription der aequipollentien fer-
ners nit möge auffgehalten, sondern vollenzogen werden.
Qui cancellarius relatione ad status facta, bringt dern erclehrung des inhalts zurück, daß die
catholische stände einmahl hierin nit weichen könten, laßen die Schwedischen nochmahls
ersuchen, sich hierin lenger nit auffzuhalten. Solten dieselbe aber gar nit darzu zu bewegen
sein, so ließen sie es ihrstheils geschehen, daß die subscriptiones aequipollentiarum biß zu
abgehandtleter Caßlischen sach mögen außgestelt bleiben.
Sueci: Sie verspührn, daß man heudt auß der sach nit kommen werde, vermeindten, man
solte die subscription des puncti gravaminum einrichten und damit heutige conferentz
schließen, prout fuit factum, und hat der Churmayntzischer cantzler seine wegen Erfurt
hiebevorn eingegebene protestation
Vgl. [Nr. 41 Anm. 14] .
sche seine gegenprotestation
Vgl. ebenda [Anm. 15.]
lich wiederholet und zu protocollirn gebetten. Dum ista expediuntur, ziehet unß der Oxen-
stirn ad partem und muthet unß zu, die aequipollentias in secreto insciis electoralibus Bava-
ricis zu underschreiben, welches wir rundt abgeschlagen und unß entschuldigt, daß wir sol-
ches gegen Kayserliche majestätt nit getraweten zu veranthwortten. Ille gibt für, es seie ihme
solcher vorschlag von den protestierenden ständen ahn handt gegeben worden.