Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt

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Verweis auf Nr. 37. Nachdeme wir nuhn besorgt, wan wir alsogleich dar-
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auff nachgefolgten tags, ehe und dan wir der sachen mehrers versiechert,
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unß bey ihnen [ den schwedischen Gesandten] zu fernerer conferentz an-
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geben solten, daß wir abermahlen ethlich stundt vergeblich zubringen

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und vielleicht in mehrere weithlaufftigkeit gerathen mögten, haben wir
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für rathsamb erachtet, die Sachßen Altenburg- und Braunschweigische
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abgeordtnete, den von Thumbshirn, auch den Dr. Langenbeck, absönder-
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lich vor unß zu erfordern und ihnen umbständtlich für augen zu stellen,
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waß endtlich auß dieser von denen Schweden erscheinender hinderhaltig-
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keit zu gewahrten sein würde und daß wir bey sogestalten dingen fast
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bedencklich erachteten, dieses punctens halber ferner mit ihnen zu handt-
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len, wa wir nit versiechert wehrn, daß sie es allerdings bey unßerm letz-
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term erbieten verbleiben laßen wölten. Welches unßer zusprechen auch
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so viel gefruchtet, daß wir unß mit ihnen des auffsatz allerdings und zu-
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mahlen mit der Schweden hernach erfolgter gnembhaltung vergliechen,
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immaßen solcher auch bey gestrigen tags in ihrm quartier vorgangener
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conferentz unterschrieben und gegeneinander außgewechßelt worden, in-
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halts beykommender abschrifft.

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Und dieweil sie darauffhin ahn unß begehrt, daß wir gleichergestalt ihrn
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satisfactionsarticul underschreiben laßen wolten

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Die schwed. Ges. hatten den Ksl. 1648 I 7 einen Textvorschlag zur schwed. Territorialsatis-
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faktion übergeben ( APW [II A 7 Beilage 3 zu Nr. 78] ; vgl. später Art. X IPO).
, so haben wir nit thun-
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lich erachtet, sölches zu verweigern, sondern denen catholischen so weith
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zugesprochen, daß sie auch darin bewilligt, doch mit dieser bedi[n]gnuß,
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daß man im ubrigen die handtlung in angefangner ordtnung volführn,
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waß noch in articulo de gravaminibus ubrig

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Die Vereinbarungen über den späteren Art. V,1–29 und 42–52 IPO ← § 47 IPM wurden
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1648 III 24 unterzeichnet (vgl. [ Nr. 49] ).
, vollendts richtig machen,
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alßdan ad amnestiam und so fortahn biß zu ende des instrumenti ver-
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fahrn, wie nit weniger die Pfaltzische sach, alß welche ebenmäßig ein ab-
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gehandtletes und vergliechenes werck seie, zum unterschreiben richten
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laßen solte. Die Schweden haben es dergestalt bewilligt, daß mitthin
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auch die aequipollentzhandtlungen

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Gemeint sind die Vereinbarungen über die Entschädigungen für Kurbg. ( [Beilage [2] zu Nr. 103) und das Haus Braunschweig-Lüneburg (Beilage [1] zu Nr. 103] ), die 1648 III 15/25
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von Thumbshirn und Raigersperger unterzeichnet wurden (vgl. [Nr. 49] ), allerdings auf
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1648 III 9/19 datiert sind (vgl. später Art. XI und XIII IPO). Die Regelungen über die
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Entschädigung Mecklenburgs (vgl. später Art. XII IPO) und den Unterhalt des früheren
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Adm. s von Magdeburg (vgl. später Art. IV IPO) wurden nicht in Vorabkommen festge-
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halten.
zue absonderlichen articulen under-
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schrieben werdn solten, deßen man allerseits einig worden. Waß aber die
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ordtnung in fortführung der ubrigen handtlung anlangte, da wolten die
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Schwedischen nit allein unß, sondern auch die stände mit allem angelege-
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nem fleiß bereden, daß wir alsogleich die satisfactionem militiae Suedicae
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sambt denen Heßen Caßlischen praetensionibus vor die handt nehmen
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sölten. Es haben aber die catholische ebensowenig alß wir darin willigen
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wöllen, sondern sich mit unß ahn daßienige gehalten, daß die protestie-
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renden unß gleich anfangs dieses modi tractandi vorgetragen, daß vor

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allen dingen die beyde articuli de gravaminibus et de amnestia erledigt
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werdn müsten

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Zum aktuellen Verhandlungsmodus, dem die ksl. Ges. 1648 II 20 zugestimmt hatten, vgl.
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[Nr. 13] (zur Zustimmung s. auch [Nr. 19] ).
.

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Damit und aber zwischen unß und denen beyderseits ständen nit ethwan
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durch der Schweden absönderliche underbawung einige trennung erregt
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würde, so haben wir gestrigen nachmittags einen außschuß von denen
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protestierenden vor unß erfordert und mit ihnen von diesem zumuthen
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der Schweden außführlich gehandtlet unnd [!] neben umbstandtlicher er-
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zehlung, waß für verwirrung und ungelegeheiten auß underbrechung des
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angefangenen modi tractandi entstehen würde, da sie dan sich benohmen,
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mit ihrn mitverwanten von der sachen zu reden, auch solche mittl zu fin-
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den, daß man woll darauß würde kommen mögen, unß darneben ermah-
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nendt, daß wir denen Schweden hierunder nichts nachgeben solten.

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Alß wir nuhn heudt dato wiederumb zusamenkommen und vermeindt, es
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solten die subscriptiones der Pfaltzischen- und der aequipollentssache ab-
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geredtermaßen ihre vollenziehung erlangen, haben die Schweden aber-
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mahlen auff abhandtlung der Heßen Caßlischen forderungen getrungen,
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darüber wir zu denen catholischen und sie zu denen protestierenden, wel-
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chen wir gleichwoll auch nochmahlen beweglich zugesprochen hatten,
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abgetretten. Unnd nachdeme wir wiederumb zusamenkommen, auch der
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catholischen meinung wiederumb wie vor darauff bestanden, daß man
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bey der vergliechenen ordtnung verbleiben und sich darvon nit abwendig
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machen laßen solte, haben die Schwedischen zwar bekendt, daß die pro-
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testierenden fast gleicher meinung wehrn, daneben aber sich wiederumb
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bedingt, daß sie denen nit deferirn könten, iedoch im discurs sich von unß
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so weith führn laßen, daß wir wegen der paritet zu Augspurg wie auch
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wegen der pfandtschafften in starcken discurs gerathen und zumahlen der
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pfandtschafften halber unß soweith erclehrt, daß Ewer Kayserliche Maye-
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stätt im nahmen deroselben hochlöblichen hauß Osterreich mit vorent-
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haltung der statt Lindaw abgelösten pfandtschafft

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Zu Lindau vgl. [Nr. 10 Anm. 3] .
den frieden auffhalten
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zu laßen nit bedacht. Waß aber die Weißenburgen pfandtschafft ahnlang-
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te, da begehrten wir ihr fürstlicher gnaden, herrn bischoffen zu Aichstett

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Reichsfh. Marquard Schenk von Castell (1605–1685); 1621 Domherr in und 1637 Fbf. von
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Eichstätt ( DBA III 792, 273–274; Gauchat, 184; Gatz II, 419f). – Zu Weißenburg vgl
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[Nr. 10 Anm. 3] .
,
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ahn seinem derentwegen erlangtem rechten nichts zu praeiudicirn. Wel-
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che unßere erclehrung die Schwedischen, soviel die statt Lindaw betrifft,
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angnohmen, aber darbey vermeldet, ihnen bewust zu sein, daß die Chur-
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bayrische gesandten in ihrer instruction ebenmeßig befehlicht wehrn, auff
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derselben restitution zu tringen. Und alß wir dargegen replicirt, daß wir
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ahn sein ortt gestelt sein ließen, waß die Churbayrische instruirt sein
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mögten, unßerstheills blieben wir bey gethaner erclehrung, und werde

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das hochlobliche hauß Osterreich ihme von andern ständen kein maaß
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oder ordtnung vorschreiben laßen

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Hierauff haben sie einen abtritt zu denen protestierenden genohmen, umb
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sich mit denselben einiger temperamenten zu underreden, darüber diesel-
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ben zeitt ad deliberandum biß auff morgigen tag begehrt und sich der-
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gestalt zu erclehrn erbotten, daß man versehentlich auß der sachen werde
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kommen mögen. Die Schwedischen haben zwar nochmahlen eingewilligt,
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daß auff morgen die aequipollentiae underschrieben werden solten, aber
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daneben eingewendt, daß sie die Pfaltzische sach ehender nit, alß wan
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vorderist auch die Caßlische forderungen ihre richtigkeit erlangt [ haben]
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würden, underschreiben können, maßen von dem gantzen verlauff bey-
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kommendes protocoll mit mehrern nachführt. Wir wollen aber verhoffen,
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es werden die aequipollentisten hierunder selbst zu remidirn sich beflei-
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ßen und ihre interesse mit der Caßlischen nit stecken laßen wöllen.

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