Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
Auß mitkommenden protocollis geruhen Ewer Kayserlicher Mayestätt
allergnädigst anzuhörn, waßgestalten die Schwedischen plenipotentiarii
in dern vorgestrigen tags mit ihnen vorgewester conferentz sich ab denen
dem puncto reformationis iustitiae vorgesetzten conditionibus praelimi-
naribus beschwehrt und sonderlich darfürgehalten, daß die wiederholung
deßen, so wir unß in außliefferung des instrumenti pacificationis quoad
amnestiam et gravamina gegen ihnen und denen protestierenden bedingt
hetten
Bezug auf die bei der Herausgabe der Art. I–V KEIPO6 ( [Nr. 3 Anm. 1] ) aufgestellten
Bedingungen (vgl. APW [ III C 2/2, 974 Z. 30–975 Z. 25] ).
Bezug auf den ursprünglich ersten Punkt der Präliminarbedingungen zur Reform der
Reichsgerichte (Text: StK FrA Ka. 4 [WF XLIII] fol. 6; vgl. auch [Beilage C zu Nr. 25] ).
derredt mit denen catholischen der ursachen außzulaßen eingewilligt, die-
weil man dieserseits solcher bedingnuß ungeachtet in newe handtlung
eingetretten und also in der thatt selbst darvon gewiechen. Wiewoll wir
nuhn verhofft, es solte bey denen ubrigen dreyen conditionibus ungeen-
dert sein verbleibens haben , in gestalt man sich darauff vergliechen ge-
habt, daß dieser punct in vier underschiedtliche exemplar abgeschrieben,
catholischentheills von mir, Crane, und dem Churmayntzischen cantzler ,
anderntheills vom Salvio und denen Sachßen Altenburgischen under-
schrieben werden solte, auch zu solchem ende gestrigen tags denen
Schwedischen ein außgefertigt exemplar zugestelt worden, so haben sie
iedoch sowoll vor sich selbst alß im nahmen der protestierenden, ferner
bedenckens gemacht und conditione secunda die wörtt „immediate, sta-
tim etc.“
Bezug auf die ursprünglich dritte (Text: StK FrA Ka. 4 [WF XLIII] fol. 6; vgl. auch Bei-
lage [C zu Nr. 25] ) und spätere zweite (Text: StK FrA Ka. 4 [WF XLIII] fol. 14; Meiern V,
499 ; ST VI.1, 170) Präliminarbedingung zur Reform der Reichsgerichte.
ben nit vonnötten, dieweil ohnedaß alle handtlung die tacitam conditio-
nem in sich hette, si pax fiat etc.
Es erscheinet aber hierauß, daß die Schweden gar nit gemeindt seien, wan
schon alles, waß zuvor beschehen, newerdingen eingewilligt, den frieden
darauff alsobaldt zu schließen, sondern in beharrung ihrer ubriger prae-
tensionum dem angefangenen und weiters vorhabenden veldtzug den
lauff zu laßen und nach gestalt deßen außgang sich zu richten entschlo-
ßen. Die protestierenden aber, alß welchen dieses vorhaben woll bewust,
vermeinen sich dern mit denen catholischen erhaltender vergleichung der-
maaßen zu versiechern, daß ihnen allzeitt, es schlage gleich mit denen
waffen auß, wie es wolle, der vorthel in der handt verbleiben möge.
Und dieweil dan bey obberührter conferentz auch der punct von der un-
derthanen und mediatständen glaubensfreystellung (so die protestieren-
den ahnietzt iura subditorum nehnnen) auff die baan kommen, wie dan
auch wahrgenohmen, daß die Schweden abermahlen ein eigeninteresse
ihrer cron darauß machen und daher die von unß ihnen auß dem religion-
frieden entgegengesetzte argumenta, alß ahn welche die cron Schweden
sich nit binden laßen könte, in keiner obacht halten wollen, haben wir
für thunlich erachtet, hierunder mit denen Sachßen Altenburgischen und
Braunßschweigischen absonderlich zu handtlen. Befinden aber, daß die
fast auff ihrn vorigen principiis verharrn, ungeachtet der Chursachßische
abgesandter, deme wir diese bewandtnuß und wie weith man catholi-
schentheils zu gehen gedächte, umbständtlich vorgehalten und, daß er de-
nen ubrigen protestirenden zusprechen wolte, ersucht, unß angezeigt, daß
er fast außer zweiffl setze, die protestierenden damit woll zufrieden sein
würden.
Alß wir nuhn heudt dato unß wiederumb zu denen Schwedischen verfügt
und ihnen die bey negstvorgehender post unßerer relation beygelegte ver-
faßung des puncti autonomiae zugestelt
Bezug auf den 1648 III 2 zwischen den Ksl. und den Ges. der kath. Reichsstände verein-
barten Textvorschlag zur Autonomie der Mediatstände und Untertanen im Reich und in
den ksl. Erblanden (Beilage [D zu Nr. 25] ; vgl. später Art. V,30–41 IPO ← § 47 IPM).
rührter bedencken wieder die conditiones praeliminares wiederumb anre-
gung gethan und vermeindt, daß die bedeute wörtt außgelaßen werden
solten. Wir haben ihnen aber die erclehrung gethan, daß unßere meinung
auff alle articulos controversos gerichtet unnd, wan man derselben zwar
einig und doch nit alsogleich und ohne mittl der friedt darauff geschloßen
und alle feindtlichkeit eingestelt werden wolt, daß auff solchen fall ihr
Kayserliche mayestätt und die catholische nit verbunden sein könten
noch wölten. Warauff sie nichts anders zu replicirn gewust, als daß sie
gleichwoll soviel zeitt haben müsten, biß man mit denen Frantzosen
auch gehandtlet und sich des tags, wan die subscriptiones beyderseits ge-
schehen sölten, vergleichen könten. Solchem nach ist bey deme verblie-
ben, daß in conditione praeliminari secunda diese wörtt gesetzt werden
solten: „nisi pax immediate concludatur, eaque conclusa et subscripta sta-
tim hostilitas omnis cesset, idque, ut fiat, exercituum praefectis utrinque
significetur.“ Sodan soll das gantze instrumentum alhier allerdings usque
ad subscriptionem abgehandtlet und außgefertigt, beyderseits zugesagt
und versprochen werden, daran weiter nichts zu endern. Hierauff soll
man sich allerseits nach Münster begeben, die Frantzosen zu gleichmeßi-
ge[r] Schließung vermögen und sich des tags vergleichen, wan und auff
welchen tag die underschreibung zu Münster und Oßnabrück beschehen,
auch wie es gehalten werden soll, wan es allein ahn denen Frantzosen
erwenden thette.
Soviel aber den punctum autonomiae ahnlangt, sein sie damit zu denen
protestierenden abgetretten und nach lange[r] consultation unß folgende
einwenden vorgebragt. Erstlich versiculo „Hoc tamen etc.“
Bezug auf § „Hoc tamen“ des Textvorschlags von 1648 III 2 (wie Anm. 8) betr. Ein-
schränkung des Religionsbanns (ius reformandi) gegenüber Mediatständen und Unterta-
nen, die 1624 die öffentliche oder private Religionsausübung innehatten (Untertanen er-
ster Kategorie), und Garantie nach Normaljahr (Text: Meiern V, 505 letzter Abs.; vgl.
später Art. V,31 IPO ← § 47 IPM).
des privati exercitii gedacht werden. 2. Bey dem versiculo „Pacta autem
etc.“
Bezug auf § „Pacta autem“ des Textvorschlags von 1648 III 2 (wie Anm. 8) (Text:
Meiern V, 506 dritter Abs.; vgl. später Art. V,33 IPO ← § 47 IPM) betr. die Annullierung
entgegenstehender religionsrechtlicher Verträge der Reichsstände mit ihren Landständen
und Untertanen.
Durch den Goslarer Akkord von 1642 I 16 (Text: Londorp V, 762–768; DuMont VI/1,
233–238) mit den nachfolgenden Rezessen und Verträgen (Drucknachweise bei Reimann,
107 Anm. 32) zwischen Ferdinand III. und den Hg.en von Braunschweig-Lüneburg sowie
im Braunschweiger Hauptrezeß zwischen Kf. Ferdinand von Köln als Fbf. von Hildes-
heim und den Hg.en von Braunschweig-Lüneburg von 1643 IV 27 (Text: Lünig, TRA
V/1, 523–537) war die Restitution des Hst.s Hildesheim geregelt worden (vgl. Foerster,
92–124; Alphei, 121–124; Aschoff, 239–253).
stern erwenden thue, welche das hauß Braunschweig wiederumb crafft
dieses vertrags zurückgebe
gion, ubrige vier aber der Augsburgischen confession verbleiben und
uberlaßen werden sölten. 3. Waß die Churmayntzische wegen eines mit
der statt Erdfurt anno 1618 auffgerichteten vertrags einführn laßen
Bezug auf § „Pacta etiam“ des Textvorschlags von 1648 III 2 (wie Anm. 8) (Text: Meiern
V, 506 vierter Abs.) betr. Geltung des Vertrags zwischen Kurmainz und der Stadt Erfurt.
– Erfurt bemühte sich um Reichsstandschaft, während auf landesherrliche Rechte gegen-
über der Stadt auch die Wettiner Anspruch erhoben. Kurmainz hatte 1618 IV 21 mit Er-
furt einen formal vorläufigen, aber für verbindlich gehaltenen Vertrag geschlossen (Text:
Martens, 164f), in dem die Freiheit beider Bekenntnisse in der Stadt garantiert, aber auch
die kurmainzische Oberhoheit anerkannt worden war (vgl. Martens, 163–167; Press,
Kurmainz, 393). Die Stadt, die ihre Selbstständigkeit zwischen Kurmainz und Kursachsen
verteidigen mußte, war 1521 aus der Reichsmatrikel gestrichen worden (vgl. Ulman
Weiss, 542ff; Ventzcke, 33–43).
deßen eigendtliche bewandtnuß wehre denen ständen unbekandt, zumah-
len wegen der statt Erdfort diesmahls niemandt zugegen
Als Mediatstand war Erfurt nicht zum WFK eingeladen worden, der städtische Rat sandte
jedoch mit Geißler und Hallenhorst 1646 zwei Interessenvertreter. Ob der 1648 III in
Osnabrück anwesende Erfurter Agent (vgl. Ulman Weiss, 561) mit einem der beiden
identisch ist, konnte nicht ermittelt werden. Der Erfurter Subdelegierte Paul Christoph
Ziegeler (Lebensdaten und -umstände konnten nicht ermittelt werden) war zumindest
Ende 1648 III in Osnabrück, da die schwed. Ges. eine von ihm unterzeichnete Eingabe
nach Stockholm überschickten ( APW [II C 4/1 Beilage C zu Nr. 180] ). – Rudolf Geißler
(Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden); ab 1646 Interessenvertreter Erfurts; Stadt-
syndikus (Ulman Weiss, 548f; Lehsten II, 33). – Johann Hallenhorst (1602–1673); ab
1646 Interessenvertreter Erfurts; 1646 Oberster Ratsmeister (Ulman Weiss, 548f; Leh-
sten II, 38).
nichts darin einlaßen könten, und wehre der sachen bereiths iuxta praece-
dentem regulam de termino a quo etc. geholffen. 4. Begehrten die pro-
testierenden, daß man dieienige underthanen, so sich zu zeitt beschloße-
nen friedens ohne habende freyheitt gemeinen oder sondern glaubens-
ubung in der catholischen reichsständen landen der Augsburgischen con-
fession zugethan befinden, zeit ihrs lebens unvertrieben bleiben laßen
solt, unnd mögte gleichwoll solches dergestalt eingerichtet werden, das
es den schein einer freywilligen concession gehaben und keine verbindt-
lichkeit ex pacto publico auff sich tragen thue
Vgl. später Art. V,34 IPO ← § 47 IPM betr. die Duldung der Hausandacht, der Teil-
nahme an öffentlicher Religionsausübung in benachbartem Territorium und der Schuler-
ziehung der Kinder in der eigenen Konfession bei sonstigem Wohlverhalten zugunsten der
Mediatstände und Untertanen Augsburgischer Konfession, die zwischen 1624 und 1648
konvertiert sind oder die nach 1648 konvertieren (Untertanen zweiter und dritter Kate-
gorie), durch kath. Reichsstände und zugunsten solcher kath. Untertanen durch Reichs-
stände Augsburgischer Konfession.
aber, so erst nach getroffenen und vollenzognem frieden sich newerdin-
gen zu der Augsburgischen confession bekennen würden, hetten sich mit
3 jahrn termin zum außziehen zu begnügen. Doch wan sie ihre gütter nit
verkauffen könten, daß ihnen selbige durch mittlspersohnen zu verwahl-
ten und underweilen selbst darzuzusehen unbenohmen bleibe
Vgl. später Art. V,36 und 37 IPO ← § 47 IPM betr. Vermögenssorge für Emigranten
sowie die Fristenregelung für Auswanderung und Ausweisung der Untertanen der zweiten
und dritten Kategorie (Konvertiten bis 1648 und künftige Konvertiten) und das Verbot
einer Erschwernis oder Verhinderung der Auswanderung.
Kayserlicher Mayestätt erblanden halber haben sie sich nicht erclehrt,
sondern vorgewendt, die protestierenden hetten nit soviel zeitt gehabt,
sondern erbietig gemacht, wan wir unß vorderist uber diese ihre einwen-
dungen erclehrt haben würden, daß sie alßdan auch ihre meinung der erb-
landen halber eröffnen wölten.
Wir haben ihnen aber angezeigt, daß diese sachen miteinander gehen
müsten und wir unß ahnstatt der catholischen nichts würden erclehrn
können, die protestierenden hetten sich dan vorderist auch wegen besag-
ter erblanden vernehmen laßen. Darbey wir unß gleichwoll ein vor alle
mahl bezeügten, daß Ewer Kayserliche Mayestätt sich zu einiger weiterer
erclehrung, alß in unßerm auffsatz begrieffen und waß ihrer churfürst-
lichen durchllaucht zu Sachßen wegen verstattung dreyer kirchen zu
Schweinitz, Jaue und Großgloggaw außerhalb der stattmaurn bereiths
vertröstet worden
Vgl. Nr. [17 Anm. 4.]
nachzugeben per expressum verbotten hetten
In der Instruktion Schröders für die Verhandlungen mit Kursachsen von 1647 XII 13
hatte der Ks. deutlicher als in der Weisung von 1648 II 24 ( [Nr. 17] ) festgelegt, daß ihm in
den ksl. Erblanden ein mehrers alß andern königen und landtsfürsten nit zuegemuettet
werden dürfe (vgl. RK FrA Fasz. 54f fol. 274’ – Textnachweis: APW [II A 7 Beilage A zu Nr. 60] ).
Und dieweil immittls die zeitt biß umb 2 uhr nachmittag verloffen, so
haben wir unß von allen diesen sachen mit denen catholischen, wie im-
gleichen die Schweden wegen der erblanden mit denen protestierenden,
zu reden benohmen und darauffhin mordrigen nachmittags wiederumb
zusamenzutretten, ob man sich dieser puncten halber endtlich mitein-
ander vergleichen konte, auff deßen erfolg wir auch den rest unßers in-
strumenti heraußzugeben und darauff zu tringen vorhabens sein, daß
uber alles eine satte und endtliche resolution erhalten werden mögte.
Vorgestern ist der churfürstlichen durchllaucht zu Bayrn rath und vice-
cantzler Dr. Kreibs, gestern der Churcollnischer abgesandter und Pader-
bornische cantzler Dr. Buschman sambt dem Pfaltz Newenburgischen
wieder alhierkommen. Heudt vernehmen wir, daß auch der Venetianische
ambassadore Alvysio Contareni hier anglangt sein solle .
Empfangsbestätigung für drei kaiserliche Schreiben .