Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
e. In eigener Sache: reichsständische Rechte
Ein Beratungsgegenstand, der die Reichsstände einerseits direkt betraf, andererseits aber nicht zu den wirklich umstrittenen Themen des Frie-denskongresses gehörte, waren die Rechte der Reichsstände. Am 10. Mai 1647, während einer Phase intensiver kaiserlich-schwedischer Verhandlun-gen, beriet der Fürstenrat Osnabrück über die kaiserlichen und schwedi-schen Textvorschläge für die später in Artikel VIII IPO fixierten Rechte
S. Nr. 134. Über den Stellenwert der allgemeinen politischen Rechte der
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innerhalb der Verhandlungsgegenständen des WFKs.
Repgen, Hauptprobleme, 410ff.
. Die Kaiserlichen hatten einer Reichsdeputation am 1. Mai 1647 drei ent-sprechende Schriftsätze mit der Aufforderung ausgehändigt, darüber ein Gutachten zu verfassen. Sie und auch die Schweden wollten erst dann weiterverhandeln, wenn das reichsständische Gutachten vorlag
. Bereits am 29. April 1647 hatten die Schweden dem Corpus Evangelicorum ihren Textentwurf ausgehändigt und um baldige Stellungnahme gebeten. Die Evangelischen hatten diese aber nicht abgegeben, sondern am selben Tag lediglich beschlossen, die Schweden um Fortsetzung ihrer Verhandlungen mit den Kaiserlichen sowie darum zu bitten, daß über die Punkte, über die sie keine Einigung erzielen könnten, in den Reichskurien beraten werden sollte. Seit sie den Schweden dies am 30. April mitgeteilt hatten, waren sie ohne offizielle Nachricht über die kaiserlich-schwedischen Verhand-
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lungsfortschritte
. In Münster hatten Kurfürstenrat und (Teil-)Fürstenrat bereits am 6. Mai beraten, der Städterat Münster seine Beratungen aber an diesem Tag noch nicht abschließen können. Auch der Städterat Osnabrück beriet noch am 21. Mai 1647 über die Sache
. Referiert wurden die Bera-tungsergebnisse aus Münster im Osnabrücker Fürstenrat nicht. Nur der österreichische Gesandte Richtersberger, der das Direktorium führte, gab am 10. Mai 1647 an, daß er bereits in Münster votiert habe, und zwar in dem Sinne, daß es bei dem Textentwurf der Kaiserlichen bleiben solle. So votierten auch Bayern und Freising, dieses aber nur, weil es keine Spe-zialinstruktion hatte und sich in solchen Fällen immer Bayern anschließen sollte. Salzburg war zu einigen Punkten nicht instruiert, nahm zu ande-ren Stellung und schloß sich jedenfalls nicht Österreich und Bayern an. Würzburg blieb bei seinen Ausführungen größtenteils im Allgemeinen und gab der Hoffnung Ausdruck, daß sich Kaiserliche und Schweden über die Unterschiede in ihren beiden Textvorschlägen zur Zufriedenheit der Reichsstände verständigen würden. Von den Evangelischen ging nur Sach-sen-Altenburg, das in dieser Sitzung (in Abwesenheit Magdeburgs) das erste evangelische Votum führte, die Schriftsätze Punkt für Punkt durch, wobei es teils an dem kaiserlichen Textentwurf, teils aber auch an dem ausführlicheren der Schweden, der eine Reihe thematisch nicht zugehöriger Punkte enthielt, Kritik übte
Ein bemerkenswertes Detail: Thumbshirn wollte (in Kritik an dem schwed. Textentwurf), daß die
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in ihrer Freiheit
(libertate) und nicht in ihren Freiheiten
(libertatibus) bestätigt würden (s. S. 228 Z. 18f), wie es später in Art. VIII,1 IPO =
§ 62 IPM auch geschah.
. Eine Reihe von Reichsständen schloß sich dem mehr oder weniger an. Das Votum Braunschweig-Celles brachte den Umschwung: Langenbeck machte darauf aufmerksam, daß Kaiserliche und Schweden gerade zur selben Zeit miteinander verhandelten. Man solle doch ihr Verhandlungsergebnis abwarten. Bis dahin suspendierte er, ebenso wie die meisten folgenden Votanten, sein Votum. Heher erinnerte (für Anhalt votierend) zwar daran, daß die Kaiserlichen die Stellungnahme der Reichsstände erwarteten; Thumbshirn sekundierte (in seinem Henne-berger Votum), doch die Mehrheit stimmte Braunschweig-Celle zu und wollte das Resultat der kaiserlich-schwedischen Konferenz abwarten. Bei dieser Zusammenkunft ging es allerdings um ganz andere Themen, wie eine Deputation des Corpus Evangelicorum spätestens am Nachmittag erfuhr
. Dennoch hat der Fürstenrat Osnabrück darauf verzichtet, in einer weiteren Sitzung jenen, die ihr Votum suspendiert hatten, Gelegen-
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heit zur Stellungnahme zu geben. Offensichtlich zog die Mehrheit vor, Kaiserlichen und Schweden die Verhandlungen zu überlassen. Exponen-ten dieser Mehrheit waren die Gesandten Braunschweig-Lüneburgs (hier also einmal uneins mit den fürstlich Sächsischen), aber auch Würzburg tendierte in diese Richtung, die sich behauptete. Es hat jedenfalls im Editi-onszeitraum im Fürstenrat Osnabrück keine Beratung über die Rechte der Reichsstände mehr gegeben.